Trotz medizinscher Fortschritte und Etablierung von weitreichenden Impfprogrammen gegen Pneumokokken, Meningokokken und Haemophilus influenzae B (HiB) stellt die bakterielle Meningitis besonders im Säuglings- und Kindesalter eine schwerwiegende und lebensbedrohliche Erkrankung dar. Ebenfalls selten, aber zuletzt vor Beginn der durch die „coronavirus disease 2019“ (COVID-19) ausgelösten Pandemie zunehmend, ist das Vorkommen einer Enzephalitis. Diese führt in über 40 % der Erkrankungsfälle zu schweren Folgeschäden. „Emerging pathogens“, wie das Enterovirus(EV)-A71 oder West-Nil-Virus (WNV), spielen dabei eine Rolle.

Klassifikation und Ätiologie von Infektionen des Zentralnervensystems

Infektiöse Erkrankungen des Zentralnervensystems (ZNS) werden je nach Lokalisation in folgende 3 wesentliche Gruppen unterteilt:

  • Infektionen im Bereich der Meningen: Meningitis,

  • Infektionen von Groß- und Kleinhirn: Enzephalitis und Zerebellitis sowie

  • Infektionen des Rückenmarks: Myelitis.

Merke.

Bei schwer kranken Säuglingen und Kleinkindern bleibt die ZNS-Infektion eine der wichtigsten Differenzialdiagnosen.

Virale Meningitis

Mit einer Inzidenz von 30 pro 100.000 Einwohner und Jahr ist die virale Meningitis in den hiesigen Breitengraden etwa 3‑mal so häufig wie die bakterielle mit 0,5–4 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner und Jahr [16, 22, 24].

Wesentlich für diese Verteilung scheint die systematische Einführung der Impfungen gegen Pneumokokken, Meningokokken und HiB. Eine britische prospektive Studie analysierte 388 Verdachtsfälle von Meningitis bei Kindern und Jugendlichen im Alter unter 16 Jahren. Bei 70 wurde eine Meningitis bestätigt, wovon 13 bakteriell, 26 viral und 29 ohne auslösenden Erreger waren [24]. Erreger der viralen Meningitis in den hiesigen Breitengraden sind v. a. Enteroviren wie Echovirus 11, 13 und 30, die Kleinraumepidemien im Sommer und im Herbst auslösen [19, 22, 23].

Durch die Einführung der Masern-Mumps-Röteln- und zusätzlich Varizellen(MMR-V)-Impfung 2004 einfach bzw. 2009 zweifach ist die Häufigkeit der Meningitis, ausgelöst durch eine Infektion mit dem Varizella-Zoster-Virus (VZV), deutlich zurückgegangen [24]. In Entwicklungs- und Schwellenländern mit noch nicht flächendeckend etablierten Impfprogrammen sind Enteroviren deutlich seltener Auslöser der viralen Meningitis, während das Mumps- und Masern-Virus, aber auch andere Viren wie das Tollwut-Virus, das „human immunodeficiency virus“ (HIV) und das Zytomegalievirus (CMV) das Infektionsgeschehen dominieren [15]. Das Herpes-simplex-Virus (HSV) hingegen wird weiterhin unter den Top-3-Erregern der viralen ZNS Infektionen genannt, wobei HSV 2 eher bei der Meningitis vorzukommen scheint. Je nach Region spielt auch die Meningitis im Rahmen einer Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) eine Rolle [6].

Bakterielle Meningitis

Weltweit bleibt die bakterielle Meningitis eine der gefürchtetsten Erkrankungen mit einer hohen Fallsterblichkeit. Sie verursachte 2019 weltweit ca. 250.000 Todesfälle. Bei 1 von 5 Erkrankten kam es zu schwerwiegenden Folgeschäden [29]. Deshalb hat die WHO aktuell eine „road map“ für die bakterielle Meningitis ausgerufen, mit dem Ziel, bis 2030 Epidemien von bakterieller Meningitis weltweit zu eliminieren, Erkrankungsfälle von impfpräventabler Meningitis um 50 % und Todesfälle um 70 % zu reduzieren [29].

In den hiesigen Breitengraden dominieren bei Patienten bis zur vollendeten 6. Lebenswoche Infektionen mit Gruppe-B-Streptokokken und E. coli mit dem Kapseltyp K 1. Sehr viel seltener als Auslöser sind Listerien, Staphylokokken, Klebsiellen, Pseudomonaden, Salmonellen und andere, überwiegend gramnegative Erreger. Ab der 7. Lebenswoche dominieren bei immungesunden Kindern Neisseria meningitidis und Streptococcus pneumoniae. Eine HiB-Meningitis wird bei vollständig geimpften Kindern seit der erfolgreichen Einführung der aktiven HiB-Schutzimpfung in den frühen 1990er-Jahren nur noch äußerst selten nachgewiesen. Listerien treten vornehmlich bei immunsupprimierten Patienten auf. Nosokomiale Meningitiserreger – nach neurochirurgischen Operationen/Shunt-Anlagen – sind Staphylococcus aureus und insbesondere Koagulase-negative Staphylokokken (KNS), gelegentlich Enterokokken [6].

Enzephalitis

Mit einer über die letzten Jahre zunehmenden Inzidenz von 14 Kindern pro 100.000 Einwohnern weltweit ist die Enzephalitis etwas seltener als die virale Meningitis [6, 14]. Säuglinge scheinen mit Inzidenzen von 13,5 pro 100.000 Einwohnern häufiger betroffen zu sein als Kinder im Alter zwischen 10 und 14 Jahren [14]. Ursächlich für die zunehmende Inzidenz könnte der vermehrte Einsatz von Immunsuppressiva sowie Knochenmark- und Organtransplantationen sein. Des Weiteren tragen die vermehrte Verfügbarkeit und die verbesserte Auflösung der Magnetresonanztomographie zur wachsenden Zahl der Diagnosestellungen einer Enzephalitis bei [14]. Die epidemische und endemische Zirkulation von Arbo- und Enteroviren führt zu einer saisonalen Häufung der Enzephalitis in Sommer und Herbst [8].

Eine Enzephalitis ist als eine Entzündung des Hirnparenchyms, die mit neurologischer Dysfunktion einhergeht, definiert [27, 28]. Neben infektiösen Ursachen wurde gerade in den letzten Jahren eine Vielzahl von Antikörpern identifiziert, die das Krankheitsbild hervorrufen können, wie N‑Methyl-D-Aspartat(NMDA)-Antikörper. Auf diese wird im vorliegenden Beitrag, der Infektionen zum Thema hat, nicht weiter eingegangen [14].

Die Ätiologie schwerer ZNS-Infektionen hat sich in den letzten Jahren gewandelt

Nur in ca. 50 % der Fälle findet sich im Kindesalter ein Auslöser der Enzephalitis [8, 11]. Infektiöse Formen der Enzephalitis werden v. a. viral, seltener auch von atypischen Bakterien, Pilzen oder Parasiten ausgelöst [14]. Haupterreger der akuten viralen Enzephalitis sind HSV, insbesonder HSV1, und seltener der meist perinatal erworbene HSV2. Am zweithäufigsten im Kindesalter sind Enteroviren. Gerade im letzten Jahrzehnt kam es v. a. im asiatischen Raum, aber auch in Südeuropa zu einer Häufung von Hirnstammenzephalitis, ausgelöst durch EV-A71 [2, 10, 12]. Humane Parechoviren scheinen besonders bei Säuglingen für die Meningoenzephalitis verantwortlich zu sein [6, 14].

Weitere Auslöser sind Arboviren und in den hiesigen Breitengraden das durch Ixodes ricinus, aber auch durch verunreinigte Kuhmilch übertragene FSME-Virus. In den USA hingegen überwiegt das durch Mücken übertagbare La-Crosse-Virus (LACV), gefolgt von weiteren durch Mücken übertragbare Viren wie das WNV, „eastern equine encephalitis virus“ (EEEV) und St.-Louis-Enzephalitis-Virus (SLEV) [7, 14, 26]. Bisher spielt in Deutschland von diesen Arboviren nur das WNV eine Rolle. Es gelangte über Zugvögel aus den Tropen auch in Gebiete am Mittelmeer und in Europa und wurde 2018 das erste Mal in Deutschland in Wildvögeln und Pferden nachgewiesen. Im Jahr 2019 wurden das erste Mal auch Erkrankungsfälle beim Menschen bekannt [21]. Auslöser der akuten para-/postinfektiösen Enzephalitis sind Masern‑, Mumps‑, VZV und Mykoplasmen. Chronisch subakute Formen, hervorgerufen durch Infektionen mit HIV oder dem John-Cunningham(JC)-Virus, und auch die „Slow-virus“-Enzephalitis nach Masern oder Röteln sind in Industrieländern eher selten [30].

Klinische Zeichen

Bakterielle Meningitis

Die bakterielle Meningitis äußert sich je nach Erkrankungsalter unterschiedlich. Im Neugeborenenalter ist eine plötzliche Atemstörung das häufigste Symptom, gefolgt von Veränderungen des Hautkolorits, Krampfanfällen und Erbrechen. Weitere Symptome sind bei Früh- und Reifgeborenen eher unspezifisch. Hierzu zählen schrilles Schreien, Nahrungs- oder Trinkverweigerung, gespannte Fontanelle, Opisthotonus, Hyperexzitabilität, Schlaffheit, Bewusstseinsstörungen, Ödeme, ein meteoristisch geblähtes Abdomen, eine Untertemperatur oder ein Ikterus. Jede unklare Verschlechterung des Allgemeinzustands sollte daher, sofern dies kardiorespiratorisch möglich ist, mithilfe einer Lumbalpunktion abgeklärt werden [6].

Bei Patienten jenseits der 5. Lebenswoche weisen v. a. Fieber und Erbrechen auf die Erkrankung hin. Begleitsymptome können Apathie/Lethargie, Unruhe, Berührungsempfindlichkeit und eine vorgewölbte Fontanelle sein. Auch weitere Symptome wie Nahrungsverweigerung, Krampfanfälle, Lichtempfindlichkeit, plötzliches Schielen, Hautblutungen, Blässe, schrilles Schreien können vorliegen [6].

Ältere Kinder präsentieren sich meist mit der typischen Trias aus Erbrechen, Kopfschmerzen und Nackensteifigkeit [6].

Virale Meningitis

Neugeborene mit einer viralen Meningitis weisen häufig Zeichen einer schweren Infektion auf, wohingegen die Beschwerden von Klein- und Schulkindern denen der Erwachsenen ähneln. Typischerweise werden Kinder mit Fieber und Kopfschmerzen, z. T. mit Erbrechen, vorgestellt [6].

Wichtig bei beiden Formen der Meningitis – bakteriell und viral – ist, dass gerade bei Neugeborenen und Säuglingen keine Meningismuszeichen vorliegen, aber auch bei älteren Kindern das Nichtvorliegen dieser Zeichen eine Meningitis nicht sicher ausschließt. In einer britischen prospektiven Studie konnte nur bei 6 % bzw. 11 % der Patienten mit später gesicherter bakterieller bzw. viraler Meningitis ein Meningismus nachgewiesen werden [3].

Enzephalitis

Hauptsymptom der Enzephalitis ist die Bewusstseinsstörung [14]. Zu Erkrankungsbeginn sind die Beschwerden allerdings oft unspezifisch. Insbesondere bei jüngeren Kindern sind im Verlauf oft nur Zeichen wie Irritabilität, Trinkschwäche und ein veränderter Muskeltonus festzustellen. Nur ein Drittel der Kinder mit einer HSV-Enzephalitis weist zu Beginn der Erkrankung typische neurologische Zeichen auf [30]. Die Sonderform der Hirnstammenzephalitis ist charakterisiert durch das Vorliegen von Myoklonie, Ataxie, Nystagmus, Augenmotilitätsstörungen, bulbäre Lähmung einzeln oder in Kombination sowie der Isolation von EV-A71 aus Rachen, Stuhl oder Liquor cerebrospinalis (LCS) [12].

Frühsommer-Meningoenzephalitis

Die FSME ist im Kindesalter meist leichter als bei Erwachsenen und älteren Jugendlichen ausgeprägt. Der zweigipflige Verlauf ist durch grippeähnliche Symptome mit Fieber, Kopfschmerzen, Erbrechen oder Schwindel und nachfolgend Zeichen einer Gehirnhautentzündung mit hohem Fieber, starken Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit und Erbrechen gekennzeichnet. Bei etwa einem Viertel der erkrankten Kinder kann es zu einer schweren Erkrankung kommen. Die Häufigkeit von neurologischen Langzeitfolgen scheint bisher unterschätzt zu werden [25].

Diagnostische Tools

Grundlagen der Diagnose einer infektiösen ZNS-Erkrankung sind die Anamnese und die Erfassung der klinischen Symptome, gefolgt von der Liquordiagnostik. In einigen Fällen besteht zusätzlich oder alternativ die Indikation zur bildgebenden Untersuchung des ZNS.

Zur Festlegung des diagnostischen Vorgehens empfiehlt sich der Algorithmus der im Rahmen der 2015 aktualisierten S1-Leitlinie Nicht-eitrige ZNS Infektionen von Gehirn und Rückenmark im Kindes- und Jugendalter (Registernr. 022/004 [30]). Besteht der Verdacht auf eine Meningitis, sollte zeitnah eine Lumbalpunktion erfolgen, sofern keine Kontraindikationen wie moderate bis schwere Bewusstseinsstörung, fokal neurologische Defizite, klinische Hinweise auf erhöhten Hirndruck, eine schwere Thrombozytopenie oder Gerinnungsstörung, ein kritischer kardiopulmonaler Zustand oder eine Lokalinfektion vorliegen (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Flowchart zum diagnostischen Work-up bei Verdacht auf eine Meningitis. ABCDE Airway, Breathing, Circulation, Disability, Exposure, HSV Herpes-simplex-Virus, LP Lumbalpunktion, MRT Magnetresonanztomographie, PCR „polymerase chain reaction“, PCT Prokalzitonin, VZV Varizella-Zoster-Virus. Zusammengestell gemäß nach AWMF S1‑Leitlinie 022/004 [30]

Je jünger das Kind, desto wichtiger ist bei unklarem Infektionsfokus eine Lumbalpunktion

In einer schwedischen retrospektiven Studie zur Meningitis an über 700 Patienten ergab sich durch eine vorgeschaltete bildgebende Untersuchung eine durchschnittliche Verzögerung des Therapiebeginns um 1,6 h, und pro Stunde Therapieverzögerung erhöhte sich die Mortalität um 12,6 %. Die Untersuchungssequenz CT → LP → Antibiotikagabe ist mit einem fatalem Ausgang assoziiert [9]. Die Bedenken einer durch die LP bedingten Herniation bei akut bakterieller Meningitis können weder mithilfe des CT ausgeschlossen werden, noch existieren hierzu klinische Studien, sondern nur Einzelfallberichte und Fallserien. Im Fall einer notwendigen bildgebenden Untersuchung, insbesondere bei Verdacht auf eine Enzephalitis, protrahierter oder sich verschlechternder neurologischer Symptomatik, sollte bevorzugt eine MRT-Untersuchung gewählt werden. In Abb. 2 sind magnetresonanztomographische Aufnahmen eines 3‑jährigen Jungens mit Z. n. Herzstillstand aufgrund einer Sepsis, Meningitis und Subarachnoidalblutung (SAB), ausgelöst durch eine Pneumokokkeninfektion, dargestellt. Eine SAB ist eine seltene Komplikation der bakteriellen Meningitis, die mit einer hohen Sterblichkeit und Morbidität verbunden ist. Bei Patienten mit bakterieller Meningitis, deren klinischer Zustand sich verschlechtert, sollten wiederholte neurologische Untersuchungen durchgeführt werden, um die zugrunde liegende Ursache, wie z. B. eine SAB, festzustellen. Entzündungsmechanismen wie eine intrazerebrale Vaskulitis und infektiöse Aneurysmen sind wahrscheinlich die Ursache der SAB bei bakterieller Meningitis.

Abb. 2
figure 2

Magnetresonanztomographische Aufnahmen eines dreijährigen Jungens mit Z. n. Herzstillstand aufgrund einer Sepsis, Meningitis und Subarachnoidalblutung (SAB), ausgelöst durch eine Pneumokokkeninfektion. a T2-Sequenz, sagittal, mit Hirnödem und Herniation: diffuse Auftreibung und Signalsteigerung des Kortexbandes, supra- und infratentoriell, mit korrespondierender Diffusionsrestriktionen in der „Diffusion-weighted-imaging“(DWI)-Sequenz (nicht gezeigt) und konsekutiver Einengung der äußeren Liquorräume. Die basalen Zisternen sind aufgebraucht. Pathologische Signalveränderungen und Auftreibung auch im gesamten Hirnstamm und erfassten Myelon (bis HWK 6). b T1-Sequenz, axial: SAB entlang des Interhemisphärenspalts frontal und der Sylvischen Fissur beidseits; zudem Auftreibung des Kortexbandes im Rahmen des Hirnödems. c T2*-Sequenz, axial: diffuse subarachnoidale Signalauslöschungen um die basalen Hirnarterien (v. a. die A. cerebri media beidseits) und um den Hirnstamm

Sofern keine radiologischen Kontraindikationen bestehen, sollte die LP im Anschluss an die MRT durchgeführt werden, um rasch eine i.v.-Antibiotika- und ggf. eine i.v.-Aciclovir-Therapie beginnen zu können [30].

Um die klinischen Befunde besser einordnen zu können sowie zwischen bakterieller und viraler Meningitis zu differenzieren, wurde 2007 der Bacterial Meningitis Score entwickelt, für Kinder > 3 Lebensmonate validiert und in der Folge noch durch die Hinzunahme des Parameters Prokalzitonin zum „Meningitest“ aktualisiert [4, 20]. Er weist eine hohe Sensitivität und gute Spezifität auf. Ist mehr als ein Kriterium dieses Scores positiv, sollte eine antibiotische Therapie gestartet werden (Tab. 1).

Tab. 1 Meningitest [20, 30]

Cave.

Bei enteroviraler Meningitis ist der Liquor in der Frühphase granulozytär, bei Neugeborenen oder sehr jungen Säuglingen sogar zellfrei.

In Bezug auf die Liquordiagnostik sind sowohl erhöhte Lactatwerte über 3,5 mmol/l und ein erniedrigter Liquorglucose-Blutglucose-Quotient richtungweisend [6]. Weitere Laborparameter, die zur Diagnosestellung und im Verlauf erhoben werden sollten, sind die Serum-Elektrolyte, einschließlich des Säure-Basen-Haushalts. Eine gefürchtete Komplikation der bakteriellen Meningitis ist die Entwicklung eines Syndroms der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH). Im Verlauf einer Meningokokken-Meningitis sollte eine CH50-Komplementanalyse erfolgen [6].

Bei vorliegender Enzephalitis ist der Liquorbefund oft nicht sehr wegweisend. Typisch ist ein katarrhalisches Prodromalstadium. Der MRT-Untersuchung kommt bei einer Enzephalitis im Gegensatz zur Meningitis ein besonderer Stellenwert zu (Abb. 3; [30]).

Abb. 3
figure 3

Flowchart zum diagnostischen Work-up bei Verdacht auf eine Enzephalitis. ABCDE Airway, Breathing, Circulation, Disability, Exposure, HSV Herpes-simplex-Virus, LP Lumbalpunktion, MRT Magnetresonanztomographie, PCR „polymerase chain reaction“, VZV Varizella-Zoster-Virus. Inhaltlich erstellt nach AWMF S1-Leitlinie 022/004 [30]

Im Idealfall sollte bei Verdacht auf virale ZNS-Infektionen eine „multiplex polymerase chain reaction“ (Multiplex-PCR) auf neurotrope Viren, wie HSV, Enteroviren, humanes Herpesvirus 6 (HHV-6), CMV und Epstein-Barr-Virus (EBV), erfolgen. Ist diese Methode nicht verfügbar, sollten symptomorientiert Enteroviren mithilfe der PCR in Liquor oder Stuhl untersucht und der Befund an die Nationale Enterovirussurveillance am Robert Koch-Institut weitergeleitet werden [18]. Ergibt die initiale HSV-PCR einen negativen Befund und besteht der Verdacht einer Enzephalitis (klinische Zeichen, EEG-, MRT-Befund) weiter, sollte sich nach 48 h eine erneute Liquorpunktion bzw. eine breitere differenzialdiagnostische Abklärung anschließen.

Spezifische Therapie

Bakterielle Meningitis

Bei der bakteriellen Meningitis ist neben der Stabilisierung der Vitalfunktionen die sofortige kalkulierte parenterale Antibiotikatherapie wesentlich.

Im Neugeborenenalter sollte die bakterielle Meningitis ähnlich der Sepsis mit Cephalosporin plus Ampicillin behandelt werden. Bei bekannter Vorbesiedlung des Kindes mit multiresistenten gramnegativen Erregern kann eine Ergänzung mit einem Aminoglykosid oder dem gut ZNS-gängigen Meropenem erwogen werden.

Jenseits des Neugeborenenalters wird initial mit Cefotaxim oder Ceftriaxon als Monotherapie behandelt [6]. Ceftriaxon scheint laut neueren Studien die Bakteriämie schneller innerhalb des Liquors zu sterilisieren [5].

Bereits 2016 waren in Deutschland nur 31 % der Meningokokken mäßig empfindlich gegenüber Penicillin G und 6 % resistent [6]. Bei den Pneumokokken wird v. a. im Ausland die Entwicklung einer Penicillin- oder Multiresistenz beobachtet, weshalb bei Vorliegen entsprechender individueller Risikofaktoren (Reiseanamnese) initial mit Cefotaxim oder Ceftriaxon, ggf. ergänzt um Vancomycin oder Rifampicin, behandelt werden sollte [6]. Je nach Erreger unterscheidet sich die Behandlungsdauer. Zur Behandlung einer Infektion mit Meningokokken sind 5 Tage ausreichend, wohingegen Infektionen mit E. coli und Enterobakterien 21 Tage behandelt werden müssen ([6]; Tab. 2).

Tab. 2 Behandlungsempfehlung bakterielle Meningitis [6]

Therapieart und -dauer hängen vom Erregernachweis ab

Die adjuvante Therapie mit Dexamethason, 0,4 mg/kgKG, wird von der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) aktuell nur bei Kindern > 6 Wochen angeraten, wenn eindeutige Hinweise auf eine akute bakterielle Meningitis und kein ausreichender Impfschutz (≥ 3 Impfungen) gegen HiB vorliegen [6]. Dexamethason senkt das Risiko für Hörstörungen und neurologische Defizite bei H.-influenzae-Infektionen sowie die Mortalität in Industrieländern signifikant [1, 17]. Andererseits zeigen sich kein Effekt auf durch Meningokokken ausgelöste Hörstörungen oder neurologische Defizite sowie eine erhöhte Rate an rekurrierendem Fieber [1]. Dexamethason kann in der Behandlung von cephalosporin-/penicillinresistenten Pneumokokken durch Störung der Wirkung von Vancomycin nachteilig sein und weist keinen sicheren Benefit gegenüber einer alleinigen Therapie mit Ceftriaxon auf [5, 13]. Neuere Studien nach der Einführung der Impfungen gegen Pneumo- und Meningokokken sind zur abschließenden Beurteilung notwendig [5]. Die antiinfektive Therapie soll im Verlauf bei negativer Liquorkultur, negativem serologischen Borreliennachweis und sicher negativer HSV-PCR zügig abgesetzt werden [30].

Virale Meningitis

Therapeutisch bleibt bei der viralen Meningitis bisher v. a. die symptomatische Behandlung mit Analgesie und Flüssigkeitsgabe. Im Fall von schweren Verläufen wird die Therapie mit Immunglobulinen kontrovers diskutiert [23]. Ist der kulturelle Nachweis von Bakterien – meist nach 24–48 h – negativ, kann eine initial begonnene Antibiotikatherapie abgesetzt werden. Ein schwerer Verlauf rechtfertigt keine prolongierte Antibiotikatherapie bei aseptischer Meningitis, außer bei einer nachgewiesenen Borreliose.

Virale Enzephalitis

Die virale Enzephalitis durch HSV wird mithilfe von Aciclovir i.v. für 3 Wochen behandelt. International wird diskutiert, diese Therapie bis zu 6 Monaten zu verlängern.

Dexamethason sollte bei einer Enzephalitis nur im Fall des Hirndrucks verabreicht werden

Die adjuvante Therapie mit Dexamethason sollte nur in Sonderfällen wie bei Verdacht auf eine HiB-Infektion erfolgen. Dexamethason sollte im Zusammenhang mit einer Enzephalitis nur zur Behandlung von Hirndruck eingesetzt werden. Bei schweren Enzephalitisverläufen (meist ohne Erregernachweis) können eine Steroidstoßtherapie und eine Immunglobulinbehandlung analog den Behandlungsprinzipien der Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis erwogen werden [30].

Fazit für die Praxis

  • Die Inzidenz der Enzephalitis im Kindesalter nimmt zu, dies u. a. auch aufgrund der Zunahme von Infektionen mit dem humanen Enterovirus (EV)-A71 und dem West-Nil-Virus (WNV) in den hiesigen Breitengraden.

  • Zur Diagnose der Meningitis ist eine zeitnahe Lumbalpunktion wesentlich.

  • Bei Verdacht auf eine Enzephalitis sollte eine bildgebende Untersuchung mithilfe der MRT, begleitet von einer frühzeitigen Behandlung mit Aciclovir, erfolgen.

  • Steroide sollte nur in Sonderfällen zur adjuvanten Behandlung einer Meningitis und in Einzelfällen zur Therapie bei Enzephalitis eingesetzt werden.