Pro Jahr werden in Deutschland ca. 130.000 Appendektomien durchgeführt. Damit gilt die Appendektomie als der häufigste chirurgische Notfalleingriff. Diese „kleine“ und oftmals von Chirurgen belächelte Operation hat ökonomisch und chirurgisch-fachlich im Sinne der Weiterbildung eine immense Bedeutung, insbesondere unter den Aspekten der Versorgung und der Versorgungsforschung. Es war den Herausgebern der Zeitschrift „Der Chirurg“ daher ein besonderes Anliegen, im vorliegenden Heft dieses Thema erneut aufzugreifen und nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin analytisch darzustellen.

Die Entfernung des entzündeten Wurmfortsatzes stellt in Deutschland einen unwidersprochenen Standard dar und dies auch aus medikolegaler Sicht. Diagnostisch gilt – so wie vor 100 Jahren – der klinische Symptomenkomplex aus Spontanschmerz im rechten Unterbauch und reproduzierbarem Druckschmerz in Verbindung mit Entzündungszeichen (Leukozytose, Fieber) als wegweisend [1]. Die Ultraschalluntersuchung hat sich in den vergangenen 20 Jahren mit einer Sensitivität und Spezifität von deutlich über 80% bei fehlender Strahlenbelastung als Standardbildgebung herauskristallisiert [2]. In unklaren Fällen kann die wesentlich aufwendigere Computertomographie zusätzliche Entscheidungshilfen geben [3].

Die laparoskopische Appendektomie ist auf dem Vormarsch

Bei 10–15% unserer Patienten werden nach wie vor „unschuldige“ Appendices entfernt [4]. Daher sind chirurgische Strategien zur Vermeidung negativer Appendektomien klinisch relevant und eine Beschäftigung mit diesem für unsere Patienten wichtiger werdenden Thema ist angezeigt. Nach wie vor schlägt die zu strenge Indikationsstellung auf der „anderen Seite“ der häufigeren Perforationen zu Buche. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass die weitergehende histopathologische Untersuchung der Appendix unter Inanspruchnahme von immunhistochemischen Analyseverfahren bei einem Teil der in der primären HE-Untersuchung blanden Befunde noch das Ergebnis einer speziellen schmerzverursachenden chronischen Inflammation erbringt [5]. Im Einzelfall ist daher vom Pathologen die weitergehende Untersuchung der „blanden“ Appendix zu fordern.

Die beste Strategie zur Vermeidung einer negativen Appendektomie ist der klinisch erfahrene Chirurg, der unter Zuhilfenahme von Standardlaboruntersuchungen (Leukozyten, CRP) und einem bildgebenden Verfahren (Ultraschall) den Patienten hospitalisiert und ihn bei vorhandenen Kriterien zeitnah operiert bzw. im Verlauf von 24 h die Indikation stellt oder verwirft. Die Entfernung einer makroskopisch unauffälligen Appendix ist in jedem Falle unproblematisch, wenn das im präoperativen Aufklärungsgespräch mit dem Patienten vereinbart wurde.

Die laparoskopische Chirurgie zur Therapie der akuten Appendizitis ist in Deutschland ohne Zweifel auf dem Vormarsch, obwohl die aktuellen landesweit registrierten Zahlen eine 50:50 Verteilung offene Appendektomie vs. laparoskopische Appendektomie zeigen. Im eigenen Heidelberger Krankengut ist die Rate der laparoskopischen Wurmfortsatzentfernung bei 96% angekommen. In randomisierten Studien und Metaanalysen ist der Vorteil der laparoskopischen Appendektomie hinsichtlich Schmerzverminderung, geringerer Wundinfektionsrate, besserer Kosmetik, schnellerer Krankenhauserholung und Wiedereintritt in das Berufsleben belegt; die Nachteile liegen in einer Erhöhung der Rate intraabdomineller Abszesse und auf der Seite der höheren Krankenhauskosten (ca. 20% durch höhere Materialkosten) [6, 7].

Die laparoskopische Revolution hat sich bei der Appendektomie langsamer vollzogen als bei der Cholezystektomie. Es ist jedoch davon auszugehen, dass das Pendel in den nächsten 10 Jahren eindeutig zugunsten der laparoskopischen Therapie ausschlagen wird, zumindest wird sie immer häufiger eingesetzt, allerdings mit leicht höheren Komplikationsraten, wenn man auf aktuelle Ergebnisse der Versorgungsforschung zurückgreift [8]. Die offene Appendektomie ist ohne Zweifel und vor allem auch aus medikolegaler und ökonomischer Sicht weiterhin gleichberechtigt einsetzbar, insbesondere wenn kein laparoskopisch erfahrener Chirurg im jeweiligen Nachtdienst anwesend ist.

Die vorliegenden vier Übersichtsartikel aus Aachen, Berlin und Heidelberg reflektieren eindrucksvoll die aktuellsten wissenschaftlichen und klinischen Daten zur Diagnostik und Therapie dieser häufigsten Notfalloperation. Ein neuer Kapitän (Laparoskopie) ist an Bord, ob er den Tanker (130.000 Operationen) mit ruhiger Hand in die richtige Richtung lenkt, wird die Zukunft zeigen. Man traut es ihm zu.