Lernziele

Nach der Lektüre dieses Beitrags

– kennen Sie die Häufigkeitsverteilung nosokomialer Infektionen und können den Sinn von Surveillance erklären;

– wissen Sie, welche Maßnahmen im Umgang mit den wichtigsten multiresistenten Erregern zu beachten sind;

– kennen Sie die wichtigsten Maßnahmen zur Prävention der beatmungsassoziierten Pneumonie;

– kennen Sie die wichtigsten Maßnahmen zur Prävention der gefäßkatheterassoziierten Sepsis.

Epidemiologie

In Deutschland wurde im Zeitraum der Jahre 2011/2012 eine Stichprobe von 132 Krankenhäusern mit insgesamt 41.539 Patienten analysiert. Die Prävalenz von nosokomialen Infektionen (NI), die während des aktuellen stationären Aufenthalts erworben wurden, lag bei 3,8 %. Zählt man die bei vorangegangenen Krankenhausaufenthalten erworben NI mit dazu, betrug die Prävalenz 5,1 %. Auf Intensivstationen (ITS) wurde eine Prävalenz von 18,6 % beobachtet [1]. Abb. 1 zeigt die Verteilung der häufigsten nosokomialen Infektionen. Postoperative Wundinfektionen, Harnwegsinfektionen und Infektionen der unteren Atemwege kommen mit 22–24 % ungefähr gleich häufig vor. Auf der Intensivstation spielen v. a. Infektionen der unteren Atemwege und die katheterassoziierte Sepsis eine große Rolle. Doch nicht jede ITS weist die gleichen Infektionsraten auf. In Abb. 2 werden die deviceassoziierten Infektionsraten für verschiedene Intensivstationsarten dargestellt (Device: Tubus oder Katheter). Die Zahlen basieren auf Daten, die an 839 Intensivstationen von insgesamt 2.428.398 Intensivpatienten mit 9.003.299 Intensivstationstagen im Zeitraum Januar 2009 bis Dezember 2013 im Rahmen des Krankenhaus-Infektions-Surveillance-Systems (KISS) erhoben wurden (aktuelle Daten: [2]; KISS: [3]).

Abb. 1
figure 1

Die häufigsten nosokomialen Infektionen. (Im gesamten Krankenhaus, n = 132; adaptiert nach [1])

Abb. 2
figure 2

Anzahl deviceassoziierter Infektionen pro 1000 Devicetage auf der Intensivstation

Sind nosokomiale Infektionen vermeidbar?

Die Studienlage weist auf ein erhebliches Präventionspotenzial hin. Eine Reduktion des Infektionsrisikos von bis zu 55 % durch Maßnahmen, die auf die Prävention aller nosokomialen Infektionen gleichermaßen abzielen, wurde gezeigt. Gezielte Maßnahmen zur Reduktion der katheterassoziierten Sepsis konnten das Risiko sogar um bis zu 70 % senken [4]. Vor allem die patienteneigne Flora ruft nosokomiale Infektionen hervor. Bei bis zu 15 % aller auf der ITS erworbenen Infektionen stammt der Erreger jedoch von einem anderen Patienten [4, 5].

Gesetzliche Regelungen

Laut Infektionsschutzgesetz (IfSG, §23) ist die Aufzeichnung von nosokomialen Infektionen, multiresistenten Krankheitserregern (MRE) und Antibiotikaverbrauch mit konsekutiver Bewertung und Anpassung der internen Maßnahmen gesetzlich vorgeschrieben [6]. Dieses als Surveillance bezeichnete Verfahren dient der internen Qualitätssicherung und kann zur Senkung von Infektionsraten und Antibiotikaverbrauch führen. Die zu erfassenden MRE und die je nach den einrichtungsspezifischen Erfordernissen auszuwählenden nosokomialen Infektionen werden vom Robert Koch-Institut festgelegt [7].

Umgang mit multiresistenten Erregern

Während das Vorkommen von methicillinresistentem Staphylococcus aureus (MRSA) bei ITS-Patienten auf hohem, aber stabilem Niveau bleibt, steigt die Häufigkeit von Patienten mit vancomycinresistenten Enterokokken (VRE) und insbesondere mit Extended-spectrum-β-Laktamasen(ESBL)-Bildnern stark an. Die KISS-Daten zur Gesamtprävalenz von MRE bei ITS-Patienten aus den Jahren 2005–2013 sind in Abb. 3 dargestellt. Durch die Resistenz der Erreger werden Therapieoptionen stark eingeschränkt. Es besteht ein erhöhtes Risiko, dass die kalkulierte Antibiotikatherapie versagt und bis zur adäquaten Therapie wertvolle Zeit vergeht.

Abb. 3
figure 3

Gesamtprävalenz von multiresistenten Erregern (MRE) bei Patienten auf Intensivstationen in den Jahren 2005–2013. MRSA methicillinresistentem Staphylococcus aureus, MRGN multiresistente gramnegative Stäbchen, ESBL Extended-spectrum-β-Laktamasen, VRE Vancomycinresistente Enterokokken.

In der Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) aus dem Jahr 2012 [8] wird die Multiresistenz bei gramnegativen Stäbchen nicht mehr anhand bestimmter Resistenzmechanismen (z. B. ESBL-Bildner) oder Resistenzgene, sondern anhand der fehlenden In-vitro Empfindlichkeit gegen 4 bestimmte Antibiotika(gruppen) eingeteilt.

Ein Isolat mit Resistenz gegen 3 der 4 Gruppen wird als 3MRGN (multiresistente gramnegative Stäbchen ), eines mit Resistenz gegen alle 4 Antibiotikagruppen entsprechend als 4MRGN bezeichnet. Seit dem Jahr 2013 werden auch im Surveillance-System KISS nicht mehr ESBL, sondern MRGN erfasst. Bei der in Abb. 3 dargestellten MRGN-Gesamtprävalenz kamen im Mittel 1,38 3MRGN pro 100 Intensivpatienten und 0,3 4MRGN pro 100 Patienten vor. In den restlichen Fällen wurden die MRGN nicht näher differenziert.

In Tab. 1 sind die wichtigsten Hygienemaßnahmen bei Patienten mit MRE auf ITS zusammengefasst.

Tab. 1 Übersicht über Hygienemaßnahmen bei Patienten mit multiresistenten Erregern auf der Intensivstationa. (Adaptiert nach [7, 10, 11])

Der Hauptübertragungsweg dieser Erreger im Krankenhaus ist der direkte oder indirekte Kontakt. Die Hände des Personals, die eigenen Hände, sind die größten Risikofaktoren für eine Transmission. Die wichtigste Maßnahme um eine Übertragung zu verhindern ist die Händedesinfektion (HD). Sie sollte entsprechend den 5 Indikationen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durchgeführt werden [9, 10]: Vor und nach Patientenkontakt, vor aseptischen Tätigkeiten, nach Kontakt mit potenziell infektiösem Material und nach Kontakt mit der unmittelbaren Patientenumgebung. Keimarme Einmalhandschuhe ersetzen die Händedesinfektion nicht. Sie fungieren als Barrieremaßnahme bei relevantem Kontakt (direkter Kontakt zum Patienten und Kontakt mit der unmittelbaren Patientenumgebung, wie Oberflächen, Gegenstände) und zum Eigenschutz. In den neuen Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) zum Umgang mit MRSA werden Einmalhandschuhe nur noch zum Eigenschutz empfohlen [11]. Nach Ablegen der Handschuhe sollte eine Händedesinfektion erfolgen. Die Handschuhe selbst sind nicht sicher dicht, eine Kontamination der Hände beim Ausziehen der Handschuhe kann nicht ausgeschlossen werden [8].

Ein Mund‐Nasen-Schutz sollte bei möglicher Kontamination (Patient hustet oder niest und Tätigkeiten mit erhöhter Aerosolfreisetzung, wie endotracheales Absaugen, Intubieren, Wundversorgung) und ein langärmeliger Schutzkittel sollte bei relevantem Kontakt sowie bei Reinigungsarbeiten getragen werden. Beide sollten nur einmal verwendet und direkt im Zimmer des Patienten entsorgt werden. Bei MRSA sollte der Mund-Nasen-Schutz generell als Barrieremaßnahme bei Kontakt und Reinigung getragen werden [11].

Mit MRE besiedelte bzw. infizierte Patienten sollten in einem Einzelzimmer untergebracht werden. Wenn die Einzelunterbringung nicht möglich ist, kann eine Kohortenisolierung (gemeinsame Unterbringung und Pflege von Patienten mit dem gleichen Erreger) erwogen werden. Bei 4MRGN sollte eine Zuordnung des Pflegepersonals zu kontaktisolierten Patienten erfolgen [8]. Wichtig ist der patientenbezogene Geräteeinsatz (z. B. Stethoskop, Blutdruckmanschette, usw.). Vor Gebrauch bei anderen Patienten sollten Geräte und Materialen als Teil der Standardhygiene wischdesinfiziert werden. Eine strikte patientenbezogene Toilettenhygiene ist v. a. bei 4MRGN und VRE von besonderer Bedeutung.

MRE‐Patienten dürfen Besuch empfangen. Dieser soll durch das Stationspersonal in die Händedesinfektion und in Verhaltensweisen auf Station eingewiesen werden.

Für den Umgang mit VRE existieren in Deutschland keine allgemein gültigen Leitlinien. In einer kürzlich veröffentlichten Übersichtsarbeit wird die Notwendigkeit der konsequenten Durchführung der Standardhygienemaßnahmen unter besonderer Beachtung der Händedesinfektion betont [12].

Beatmungsassoziierte Pneumonie

Auf der ITS stellt die mit invasiver Beatmung assoziierte Infektion der unteren Atemwege die häufigste NI dar (Abb. 2). Für Patienten verlängert sich die Verweildauer auf der Intensivstation durch eine nosokomialen Pneumonie um bis zu 9 Tage [13]. Vor allem durch den verlängerten Intensivaufenthalt bei einer beatmungsassoziierten Pneumonie („ventilator-associated pneumonia“, VAP) entstehen dem Krankenhaus erhebliche Zusatzkosten [13].

Die aktuellen Empfehlungen der KRINKO zur Prävention der nosokomialen VAP wurden im Jahr 2013 veröffentlicht [14]. In Tab. 2 sind die Kategorien (Kat.) zu diesen Empfehlungen aufgeführt.

Tab. 2 Kategorien/Evidenzgrad der Empfehlungen zur Prävention der nosokomialen beatmungsassoziierten Pneumonie

Allgemeine Maßnahmen

Standardhygiene

Die Händedesinfektion stellt die wichtigste infektionspräventive Maßnahme dar. Das Tragen von Schutzkittel oder Schürze, Einmalhandschuhen und Mund-Nasen-Schutz sollte bei möglicher Kontamination (s. o.) erfolgen.

Personal

Bei der Datenanalyse von 182 deutschen ITS zeigte sich, dass ein Zusammenhang zwischen personeller Unterbesetzung und der Anzahl der nosokomialen Infektionen besteht [15]. Neben einem adäquaten Personalschlüssel [16] kommt der regelmäßigen Schulung der Mitarbeiter eine essenzielle Bedeutung zu. Jeder Mitarbeiter soll in die stations-/abteilungsinternen Präventionsmaßnahmen eingewiesen werden, um diese selbst durchführen und weitervermitteln zu können. Dies bezieht sich auch auf den korrekten Umgang mit neuen Geräten und Produkten (Kat. IV).

Spezielle Maßnahmen

Der häufigste Kolonisationsweg der unteren Atemwege erfolgt über die Deszendenz der Erreger aus Mund und Nasenrachen. Der Tubus hält die Stimmlippen weit geöffnet, wodurch sich herunterlaufendes erregerhaltiges Sekret subglottisch über dem Cuff sammelt. Die Folge ist ein stark erhöhtes Risiko der Mikroaspiration.

Die KRINIKO empfiehlt, dass unter engmaschiger Überwachung und Beachtung der Kontraindikationen eine nichtinvasive Maskenbeatmung zu erwägen ist, um eine endotracheale Intubation zu vermeiden (Kat. II). Die orotracheale Intubation ist der nasotrachealen vorzuziehen (Kat. II). Hierdurch reduziert sich das Risiko für Nasenschleimhautnekrosen und -nebenhöhlenentzündungen.

Die KRINKO empfiehlt den Cuffdruck je nach Beatmungssituation auf Werte zwischen 20 und 30 cm H2O einzustellen und überprüft zu halten (Kat. IB). Die Verwendung von Endotrachealtuben mit der Möglichkeit zur subglottischen Sekretdrainage ist für Patienten mit einer zu erwartenden Beatmungsdauer von mehr als 72 h empfohlen (Kat IA).

Aktuelle Übersichtsarbeiten mit Metaanalysen zeigen eine Reduktion der Pneumonierate durch antiseptische Mundpflege mit Chlorhexidin bei kardiochirurgischen Patienten [17], während bei nichtkardiochirurgischen ITS-Patienten dieser Effekt nicht signifikant bzw. sogar mit einer tendenziell erhöhten Letalität assoziiert war [18]. Die KRINKO empfiehlt eine regelmäßige Mundpflege mit antiseptischen Substanzen mit nachgewiesener Wirksamkeit (Kat. IA).

Erreger können durch Manipulation, Diskonnektion oder Absaugen in das Beatmungssystem gelangen. In Bezug auf die Prävention der VAP wurde kein Unterschied zwischen offenen und geschlossenen endotrachealen Absaugsystemen gezeigt (Kat. IA). Wenn die Patienten in den Atemwegen mit MRE kolonisiert oder infiziert sind, sind bevorzugt geschlossene Absaugsysteme einzusetzen (Kat. II). Beim offenen endotrachealen Absaugen sind sterile Katheter und sterile Handschuhe zu verwenden und nach einmaliger Nutzung zu verwerfen. Eine Händedesinfektion ist sowohl nach dem offenen als auch nach dem geschlossenen Absaugen als Teil der Standardhygiene zwingend erforderlich.

Die KRINKO empfiehlt, den Wechsel von Beatmungsschläuchen nicht häufiger als alle 7 Tage durchzuführen. Häufigerer Wechsel wirkt sich nicht auf eine Senkung der Pneumonierate aus (Kat. IA). Bei Beschädigung oder sichtbarer Verschmutzung ist ein sofortiger Wechsel der Beatmungsschläuche vorzunehmen (Kat. IV). Auf der ITS ist ein patientenbezogener Einsatz der Beatmungsschläuche erforderlich. Beim Umgang mit Medikamentenverneblern sind die Händedesinfektion und das Tragen von Einmalhandschuhen empfohlen (Kat. IA).

Aufsteigen von Magensekreten und retrograde Besiedlung des Oropharynx durch Erregern des Verdauungstrakts mit nachfolgender Aspiration stellt den gastrointestinalen Kolonisationsweg dar. Oberkörperhochlagerung von ITS Patienten wird zur Aspirationsprävention eingesetzt. Die Studienlage zeigt jedoch, dass in der Mehrzahl der Fälle eine halbaufrechte Körperhaltung gar nicht erst erreicht [19] bzw. das Risiko für eine VAP nicht verringert wird [20]. Die Rolle der Lagerung für die Prävention der VAP bleibt ungeklärt.

Die enterale Ernährung ist beim Erwachsenen mit geringeren Pneumonieraten assoziiert und somit der parenteralen Ernährung vorzuziehen (Kat. II). Bei enteral ernährten Patienten wird empfohlen, auf eine Stressblutungsprophylaxe mit alkalisierenden Substanzen zu verzichten, da sie mit einem erhöhten Pneumonierisiko einher geht (Kat. IB).

Es liegt eine Vielzahl konsistenter Studienergebnisse vor, die eine signifikante Senkung der Pneumonierate und Mortalität unter selektiver Darmdekontamination (SDD; gleichzeitige systemische und topische Antibiotikagabe) zeigen. Die KRINKO gibt bewusst keine Empfehlung zum generellen Einsatz dieser Maßnahme, da unter SDD durch Selektionsdruck die Entstehung von MRE begünstigt wird. Das dabei häufig verwendete Antibiotikum Colistin stellt bei den 4MRGN meist die letzte verbleibende Therapieoption dar.

Maßnahmenbündel

Die stationsinterne berufsfeldübergreifende Erarbeitung von Maßnahmenbündeln wird nachdrücklich empfohlen (Kat. IB). In Studien wurde so eine VAP-Reduktion um bis zu 71 % erreicht [21]. Zur dauerhaften Umsetzung sind regelmäßige Überprüfungen anhand von Checklisten mit Feedback an die Mitarbeiter und Neubewertung der Maßnahmen notwendig.

In Tab. 3 sind wichtige Maßnahmen zur Prävention einer VAP und einer katheterassoziierten Sepsis dargestellt, die zu Bündeln kombiniert werden könnten.

Tab. 3 Erstellung potenzieller Bündel von Präventionsmaßnahmen

Katheterassoziierte Sepsis

Mit der Anlage eines Katheters wird die mechanische Schutzbarriere des Körpers durchbrochen und eine kontinuierliche Verbindung zwischen unsteriler Umwelt und physiologisch sterilem Blutgefäßsystem hergestellt. Die Kontamination von Gefäßkatheter, Infusionssystem oder Infusionslösungen können gravierende Infektionen verursachen. Die katheterassoziierte Sepsis führt zu einer Verlängerung der Liegedauer und somit zu zusätzlichen Kosten für das Krankenhaus [22].

Eine Aktualisierung der KRINKO-Empfehlungen zur Prävention gefäßkatheterassoziierter Infektionen aus dem Jahre 2002 steht noch aus. Aktuellere evidenzbasierte Empfehlungen wurden im Jahr 2011 vom amerikanischen Healthcare Infection Control Practices Advisory Commitee (HICPAC) des Center for Disease Control and Prevention (CDC) veröffentlicht [23]. In Tab. 2 sind die Empfehlungskategorien dargestellt.

Allgemeine Maßnahmen

Standardhygiene

Die Händedesinfektion gemäß der 5 Indikationen der WHO ist die wichtigste präventive Maßnahme [10].

Personal

Das HICPAC empfiehlt eine ausreichende Pflegepersonalausstattung (Kat. IB). Bei der Überprüfung der Compliance auf deutschen Intensivstationen wurde deutlich, dass wesentliche Punkte der KRINKO-Empfehlungen aus dem Jahr 2002 nicht umgesetzt werden [24]. Das HICPAC empfiehlt nachdrücklich die Personalausbildung in den Indikationen, in der Katheteranlage und -pflege sowie in weiteren erforderlichen Maßnahmen zur Prävention katheterassoziierter Infektionen (Kat. IA). Die Kenntnisse und Adhärenz bei der Durchführung der Maßnahmen sollen regelmäßig überprüft werden (Kat. IA).

Spezielle Maßnahmen

Bei der Anlage eines ZVK besteht das Risiko, auf der Haut befindliche Erreger in das Blutsystem zu verschleppen. Die V. subclavia sollte aus infektionspräventiver Sicht der V. jugularis vorgezogen (Kat. IB), die Katheteranlage über die V. femoralis ganz vermieden werden (Kat. IA). Das HICPAC empfiehlt nachdrücklich die Einhaltung von maximal sterilen Bedingungen bei der Anlage eines ZVK (Kat. IA). Dies beinhaltet:

  • hygienische Händedesinfektion,

  • Mund-Nasen-Schutz,

  • Operationshaube,

  • großflächige Hautdesinfektion (Chlorhexidin > 0,5 %/Alkohol bzw. – in Deutschland – Octenidin/Alkohol),

  • steriler Kittel,

  • sterile Handschuhe,

  • sterile großflächige Ganzkörperabdeckung des Patienten (mindestens. Radius des Seldinger-Drahts).

Bei der Hautdesinfektion sollte ein Alkoholkombinationspräparat mit Remanenz eingesetzt werden. Vorteil eines solchen Präparats ist die sofort eintretende desinfizierende Wirkung des Alkohols in Kombination mit den über die Einwirkzeit hinaus antiseptisch wirkenden, auf der Haut befindlichen, Molekülen des remanenten Mittels.

Bei liegendem Katheter besteht das Risiko, dass Erreger zwischen Katheter und Haut entlang des Stichkanals in die Blutbahn gelangen können. Das HICPAC empfiehlt die Verwendung von steriler Gaze oder permeablen transparenten Folienverbänden (Kat. IA). Die Gaze sollte nach Primäranlage als Erstverband angelegt werden. Während die Gaze alle 2 Tage gewechselt werden sollte (Kat. II), sind die Intervalle für Folienverbände länger (7 Tage; Kat. IB).

Die Desinfektion der Einstichstelle mit einem Desinfektionsmittel wird beim Verbandswechsel nachdrücklich empfohlen (Kat. IA). Hier sollte ein Desinfektionsmittel mit Remanenz verwendet werden. Bei längerer Liegezeit des Katheters ist es im Hinblick auf die bessere Materialverträglichkeit ratsam, anstelle eines alkoholhaltigen Produkts ein Mittel auf wässriger Basis zu wählen.

Wenn die ZVK-Sepsisrate trotz Durchführung der bereits genannten Präventionsmaßnahmen nicht reduziert werden kann, wird zur Auflage auf die Einstichstelle zusätzlich die Verwendung von Chlorhexidinpatchs empfohlen (Patientenalter > 2 Monate; (Kat. IB).

Eine kürzlich erschienene große Studie zur MRSA-Reduktion auf der Intensivstation zeigt, dass die generelle Dekolonisation (Mupirocinnasenalbe und Ganzkörperwaschung mit 2 %igen Chlorhexidintüchern) aller Patienten während des gesamten Aufenthalts die Sepsisrate erheblich verringert [25].

Bei jeder Manipulation am ZVK-/Infusionssystem (Öffnen, Zuspritzen, Diskonnektieren, Blutabnahmen usw.) besteht die Gefahr eines Erregereintrags. Die grundlegende Maßnahme zur Vermeidung intraluminaler Besiedlungen ist die Händesinfektion vor aseptischer Tätigkeit (Kat. IB).

Das HICPAC empfiehlt nachdrücklich, alle Zuspritzstellen zu desinfizieren (trocknen lassen) bevor eine Spritze aufgesetzt, mit einer Kanüle punktiert oder ein Infusionssystem konnektiert wird (Kat. IA). Des Weiteren gilt: so wenig Manipulationen wie möglich. Allein die Öffnung und Diskonnektionen am in sich geschlossenen Infusionssystem stellt einen Risikofaktor für eine Blutstrominfektion dar [26]. Ein routinemäßiger Wechsel des Infusionssystems sollte nicht häufiger als alle 96 h, spätestens aber nach 7 Tagen erfolgen (Kat. IA). Ausnahmen stellen Lipidlösungen/parenterale Ernährung (Wechsel nach 24 h; Kat. IB) sowie Blutprodukte (Wechsel nach 6 h; Kat. IC gemäß deutschem Transfusionsschutzgesetz) dar.

Es gibt klare Empfehlungen für einen strikten Umgang mit Infusionslösungen, um das Risiko einer Sepsis zu reduzieren [27]:

  • Mehrdosenbehältnisse:

    • angebrochene Medikamente mit Konservierungsstoffen nicht in unmittelbarem Versorgungsbereich von Patienten und nur nach Herstellerangaben lagern (Kat. IA);

  • Einzeldosisbehältnis (z. B. NaCl):

    • Medikamente ohne Konservierungsstoffe nicht für mehrere Patienten verwenden, keine Lagerung für spätere Entnahmen (Kat. IA);

  • Infusionslösungsgebinde (grundsätzlich ohne Konservierungsstoffe):

    • keine Nutzung zur Entnahmen für mehrere Patienten (Kat. IB).

Maßnahmenbündel

Das HICPAC empfiehlt die Durchführung von einrichtungsspezifischen oder vorgegebenen Initiativen, bei denen evidenzbasierte Infektionspräventionsstrategien gebündelt werden (Kat. IB; Tab. 3). Die Maßnahmen müssen zusammen und zuverlässig durchgeführt werden, um eine signifikante Reduktion der ZVK-assoziierten Sepsisrate herbeizuführen [28].

Fazit für die Praxis

  • Auf deutschen Intensivstationen steigt die Anzahl der Patienten mit multiresistenten gramnegativen Erregern stetig an. Im Fall einer Infektion stehen nur limitierte Therapieoptionen zur Verfügung.

  • Die Händedesinfektion stellt auf Intensivstationen die wichtigste Präventionsmaßnahme dar.

  • Maßnahmen zur Prävention einer Mikroaspiration reduzieren das VAP-Risiko deutlich.

  • Bei der ZVK-Anlage sollte auf die strikte Einhaltung von maximal sterilen Bedingungen geachtet werden. Im weiteren Verlauf kommt der Pflege der Einstichstelle und dem Umgang mit den Zuspritzstellen besondere Bedeutung zu.

  • Die konsequente Umsetzung von infektionspräventiven Maßnahmen gelingt nur bei vollem Problembewusstsein, Motivation und Einbindung aller Mitarbeiter.

  • Regelmäßige Personalschulungen und die Einführung von Maßnahmenbündeln können die Infektionsraten nachhaltig senken.

CME-Fragen

Welche Aussage zu nosokomialen Infektionen ist richtig?

Auf der ITS sind Harnwegsinfektionen am häufigsten.

Die meisten nosokomialen Infektionen auf der ITS werden durch Erreger verursacht, die von Kontaktpatienten stammen.

Endogene Erreger spielen eine untergeordnete Rolle, da sie gut mit Antibiotika bekämpft werden können.

Prozentual treten die meisten nosokomialen Infektionen auf der ITS auf.

Operation Zero: durch konsequente und gezielte Maßnahmen ließen sich nosokomiale Infektionen komplett vermeiden.

Welche Aussage ist korrekt? Surveillance im Gesundheitssystem …

muss man nicht durchführen, wenn die stationseigenen Infektionszahlen niedrig sind.

wird von extern durch IT-Fachleute durchgeführt, die Zugriff auf die Stationsserver haben.

ist zwar nur die Erfassung von Infektionen, aber trotzdem ein Mehraufwand für die Ärzte.

wird durch das Gesundheitsamt übernommen.

kann zu einer Reduktion von Infektionsraten und Antibiotikaverbrauch führen.

Wie stellte sich 2013 die Häufigkeit von MRE bei ITS-Patienten in Deutschland dar („>“= häufiger als)?

MRSA > VRE > 3MRGN

3MRGN > VRE > MRSA

MRSA > 3MRGN > VRE

VRE > MRSA > 3MRGN

3MRGN > MRSA > VRE

Welches ist die wichtigste Präventionsmaßnahme, um auf der ITS eine Übertragung von MRE zu verhindern?

Keimarme Handschuhe

Saubere Bereichskleidung

Hygienische Händedesinfektion

Steriler Schutzkittel

Frischer Mund-Nasen-Schutz

Sie sehen bei der Visite, dass der Beatmungsschlauch von einer Patientin innen an einer Stelle gräulich verkrustet ist. Was tun Sie?

Sie belassen ihn, da er erst 2 Tage im Einsatz ist und dann nach 7 Tagen ausgetauscht werden sollte.

Sie belassen ihn, da eine Verschmutzung häufig vorkommt und der Schlauch nach einem Wechsel bald wieder verschmutzt sein wird.

Sie ersetzen ihn durch einem neuen.

Sie ersetzen ihn durch den Beatmungsschlauch des Bettnachbars, der nur 1 Stunde an dem Bettplatz war.

Sie notieren es und übergeben es der nächsten Schicht.

Welche Maßnahme reduziert das Risiko einer VAP?

Den Cuffdruck auf Werte zwischen 10 und 20 cm H2O einstellen

Die Verwendung von Endotrachealtuben mit subglottischer Sekretdrainage

Keimarme Handschuhe beim offenen endotrachealen Absaugen verwenden

Die Oberkörperflachlagerung

Die kontinuierliche parenterale Ernährung

Welche Maßnahme ist mit einem erhöhten Risiko für eine VAP assoziiert?

Die Stressblutungsprophylaxe mit alkalisierenden Substanzen

Offene endotracheale Absaugsysteme

Die selektive Darmdekontamination

Die nichtinvasive Maskenbeatmung

Die enterale Ernährung im Bolus

Sie bereiten eine ZVK-Anlage vor. Welches Item benötigen Sie nicht ?

Händedesinfektionsmittel

OP-Haube

Hautdesinfektionsmittel

Keimarme Handschuhe

Mund-Nasen-Schutz

Beim ZVK-Verbandswechsel empfiehlt das HICPAC:...

den Gazeverband 10 Tage zu belassen.

den Folienverband alle 3–4 Tage zu wechseln.

den Verband trotz Verschmutzung nicht vor den empfohlenen Intervallen zu wechseln.

eine Desinfektion der Einstichstelle durchzuführen.

Chlorhexidinpatchs schon bei Neugeborenen (Alter ≤ 1 Monat) anzuwenden.

Welche Aussage zum Umgang mit Infusionssystemen ist richtig?

Das Tragen von keimarmen Handschuhen ist die wichtigste infektionspräventive Maßnahme.

Solange die Hände desinfiziert werden, hat die Häufigkeit der Manipulation an Zuspritzstellen keinen Einfluss auf das Sepsisrisiko.

Die Zuspritzstellen müssen desinfiziert werden, bevor ein Infusionssystem angeschlossen wird.

Ein Wechsel des Infusionssystems sollte spätestens nach 3 Tagen erfolgen.

Systeme mit Lipidlösungen sollten spätestens nach 12 h, bzw. mit Blutprodukten nach 9 h, gewechselt werden.