Skip to main content

Ethik in der Psychiatrie

  • Chapter
  • First Online:
Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie

Part of the book series: Springer Reference Medizin ((SRM))

Zusammenfassung

Die ethischen Anforderungen an die Psychiatrie und die psychiatrische Forschung gehören zu den brisanten Problemkreisen unserer Gesellschaft. Ethische Fragen gewinnen immer dann an Bedeutung, wenn tradierte humanistische und religiöse Wertsysteme entweder infrage gestellt werden oder die allgemeingültige Normfunktion verloren haben. Da heutzutage ehemals grundlegende Überzeugungen ihre Verbindlichkeit abgelegt haben, fordert und fördert die Ethik das Reden über Moral, da alle Beteiligten eine neue Orientierungssicherheit benötigen (E. Waibl). Wichtig ist heute mehr denn je eine ehrliche und offene Auseinandersetzung mit den unserer Gesellschaft zugrunde liegenden Wertesystemen, gefordert sind ethische Grundhaltungen, die die Würde und Rechte des Menschen respektieren. Die Psychiatrie ist dabei aufgefordert, die wachsende Wahrnehmung von Menschen- und Bürgerrechten genauso zu reflektieren, wie die Vorstellungen von menschlicher Würde, Freiheit und Selbstbestimmung, auch (oder gerade) wenn letztere durch psychiatrische Erkrankungen oft eingeschränkt oder aufgehoben ist. Das Aufzeigen und Besprechen ausgewählter Problemfelder der psychiatrischen Ethik ist für die Entwicklung der beruflichen Identität künftiger Ärzte und Fachärzte von fundamentaler Bedeutung. Der ethisch reflektierende und handelnde Arzt muss sich bemühen, moralische Probleme zu gewichten. Damit er diese mit der nötigen Sensibilität wahrnehmen kann, ist es unerlässlich, dass er seine Wachsamkeit schärft und mit großer Aufmerksamkeit die Entwicklung der biomedizinischen und biotechnischen Möglichkeiten verfolgt. Die Verführung durch das Machbare ist in der Tat gewaltig, das technisch Realisierbare hat Dimensionen angenommen, die vor wenigen Jahren noch nicht vorstellbar waren. Dabei können allerdings auch bei guter Begründung ethischer Empfehlungen den Therapeuten schwerwiegende Entscheidungen nicht abnehmen, sie können aber die Last der Entscheidung verringern, wenn sie dazu beitragen, ihnen in ihrem Handeln größere Klarheit zu vermitteln. Und so kann und soll sich in der Erörterung der ethischen Fragestellungen ein begriffliches Instrumentarium entwickeln, mit dessen Hilfe es gelingt, Problemfälle zu erkennen und diese einer adäquaten Lösung zuzuführen.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Institutional subscriptions

Literatur

  • Améry J (1976) Hand an sich legen. Diskurs über den Freitod. Klett-Cotta, Stuttgart, S. 33, 43

    Google Scholar 

  • Beauchamp TL, Childress JF (2001) Principles of biomedical ethics, 4. Aufl. University Press, New York/Oxford

    Google Scholar 

  • Birnbacher D, Kottje-Birnbacher L (1999) Ethische Aspekte bei der Setzung von Therapiezielen. In: Ambühl H, Strauß B (Hrsg) Therapieziele. Hogrefe, Göttingen

    Google Scholar 

  • Birnbacher D, Kottje-Birnbacher L (2006) Ethische Fragen bei der Behandlung von Patienten mit Persönlichkeitsstörungen. Psychotherapie 11:248–256

    Google Scholar 

  • Bundesärztekammer (2004) Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung. Dtsch Arztbl 101:A.1298–A.1299

    Google Scholar 

  • Deisenhammer EA, Hinterhuber H (2003) Plazebokontrollierte Antidepressiva-Studien. Überlegungen zur Frage der ethischen Beurteilung. Fortschr Neurol Psychiat 71:243–248

    Article  CAS  PubMed  Google Scholar 

  • Emanuel EJ, Emanuel LL (2004) Vier Modelle der Arzt-Patient-Beziehung. In: Wiesing U, Ach JS, Bormuth M, Marckmann G (Hrsg) Ethik in der Medizin. Ein Studienbuch. Reclam, Stuttgart, S 101–104

    Google Scholar 

  • Feinberg J (1986) Harm to self. Oxford University Press, New York

    Google Scholar 

  • Finzen A (1991) Sozialpsychiatrische Aspekte der Ethik. In: Pöldinger W, Wagner W (Hrsg) Ethik in der Psychiatrie. Springer, Berlin/Heidelberg/New York/Tokio, S 206–215

    Chapter  Google Scholar 

  • Fleischhacker WW, Czobor P, Hummer M et al (2003) Placebo or active control trials of antipsychotic drugs? Arch Gen Psychiatr 60:458–464

    Article  PubMed  Google Scholar 

  • Galert T, Bublitz C, Heuser I et al (2009) Das optimierte Gehirn. Gehirn & Geist 11:1–12

    Google Scholar 

  • Greely H, Sahakian B, Harris J et al (2008) Towards responsible use of cognitive-enhancing drugs by the healthy. Nature 456:702–705

    Article  CAS  PubMed  Google Scholar 

  • Harris J (1995) Der Wert des Lebens. Eine Einführung in die medizinische Ethik. Akademie Verlag, Berlin

    Google Scholar 

  • Helmchen H (2005a) Ethische Implikationen placebokontrollierter Forschung mit psychisch Kranken. In: Bormuth M, Wiesing U (Hrsg) Ethische Aspekte der Forschung in Psychiatrie und Psychotherapie. Deutscher Ärzteverlag 2005, S 55–70

    Google Scholar 

  • Helmchen H (2005b) Ethische Herausforderungen der Psychiatrie. J Neurol Neurochir Psychiatr 6:322–328

    Google Scholar 

  • Hinterhuber H (1995) Ermordet und Vergessen. Nationalsozialistische Verbrechen an psychisch Kranken und Behinderten. VIP-Verlag Integrative Psychiatrie, Innsbruck-Wien

    Google Scholar 

  • Hinterhuber H (2003a) Ethische Herausforderung in der Gerontopsychiatrie. In: Wancata J, Meise U, Marksteiner J (Hrsg) Grauzone – Die Versorgung älterer psychisch Kranker. VIP – Verlag Integrative Psychiatrie, Innsbruck, S 1–13

    Google Scholar 

  • Hinterhuber H (2003b) Das Menschenbild in Medizin und Psychiatrie. In: Hinterhuber H, Heuser MP, Meise U (Hrsg) Bilder des Menschen. VIP – Verlag Integrative Psychiatrie, Innsbruck, S 82–91

    Google Scholar 

  • Hinterhuber H (2005) Philosophisch-literarische Aspekte des Suizids. Neuropsychiatr 19:72–77

    Google Scholar 

  • Hinterhuber H (2007) Zum Stellenwert der medizinisch-psychiatrischen Rehabilitation. Editorial Neuropsychiatrie 21:1–4

    Google Scholar 

  • Hinterhuber H (2009) Neue Indikationen und ethische Implikationen der tiefen Hirn-Stimulation. Neuropsychiatr 23:139–143

    PubMed  Google Scholar 

  • Hinterhuber H, Meise U (2005) Wi(e)der das Schweigen: Gedanken zu den Euthanasiegesetzen in Belgien und den Niederlanden. Nervenarzt 76:1286–1291

    Article  Google Scholar 

  • Hinterhuber H, Meise U (2008) Gedanken zu den Sterbehilfe-Bestrebungen in europäischen Ländern. Neuropsychiatr 22:277–282

    PubMed  Google Scholar 

  • Hinterhuber H et al (2009) Verhaltenscodex für Psychiater. Neuropsychiatr 23(4):263–266

    PubMed  Google Scholar 

  • Kitchener KS (1984) Intuition, critical evaluation and ethical principles. The foundation for ethical decisions. Couns Psychol 12:43–56

    Article  Google Scholar 

  • Knoepffler N (2000) Zur Frage nach einer menschenwürdigen Sterbehilfe: Ein Eskalationsmodell. In: Knoepffler N, Haniel A (Hrsg) Menschenwürde und medizinische Konfliktfälle. S. Hirzel-Verlag, Stuttgart

    Google Scholar 

  • Körner U et al (2003) DGEM-Leitlinie enterale Ernährung: Ethische und rechtliche Gesichtspunkte. Aktuel Ernaehr Med 28(Suppl 1):36–41

    Article  Google Scholar 

  • Krug H (2009) Neuroethische Verantwortung in der nervenärztlichen Praxis. Nervenarzt 80:941–947

    Article  CAS  PubMed  Google Scholar 

  • Lauter H (1993) Ethische und juristische Probleme der Demenz. In: Hinterhuber H (Hrsg) Psychiatrie im Aufbruch. VIP –Verlag Integrative Psychiatrie, Innsbruck/Wien, S 76–86

    Google Scholar 

  • Paul N, Ilkilic I (2007) Schöne neue Welt der Prävention. Das Gesundheitswesen 69:53–62

    Article  PubMed  Google Scholar 

  • Pieper A (1991) Anthropologische Aspekte. In: Pöldinger W, Wagner W (Hrsg) Ehtik in der Psychiatrie. Springer, Berlin/Heidelberg/New York/Tokio, S 18

    Google Scholar 

  • Quitkin FM (1999) Placebos, drug effects and study design. Am J Psychiatry 156:829–836

    Article  CAS  PubMed  Google Scholar 

  • Roelcke V, Maio G (2004) Twentieth century ethics of human subjects research: historical perspectives on values, practices and regulations, 1. Aufl. Franz Steiner Verlag, Stuttgart

    Google Scholar 

  • Rothärmel S (2004) Einleitung und Abbruch der künstlichen Ernährung. Internist 4:485–491

    Article  Google Scholar 

  • Schläpfer T (2007) Neuromodulatorische Interventionen zur Therapie psychiatrischer Erkrankungen. Nervenheilkunde 26:923–926

    Google Scholar 

  • Schleger HA, Pargger H, Reiter-Theil S (2008) „Futility“ – Übertherapie am Lebensende? Gründe für ausbleibende Therapiebegrenzung in Geriatrie und Intensivmedizin. Z Palliativmed 9:67–75

    Article  Google Scholar 

  • Shiffman A, Helmchen H (1998) Deklaration von Madrid 1996, dtsch. Übersetzung Nervenarzt 5:454–455

    Google Scholar 

  • Tress W (1987) Sprache, Person, Krankheit. Springer, Berlin/Heidelberg/New York

    Book  Google Scholar 

  • Tress W, Erny N (2008) Ethik in der Psychotherapie. Plädoyer für einen dynamischen Begriff des autonomen Patienten. Psychotherapeut 53:328–337

    Article  Google Scholar 

  • Tress W, Langenbach M (1999) Ethik in der Psychotherapie. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, S 72–86

    Google Scholar 

  • Uchtenhagen A (1999) Der Arzt und die Sucht. In: Bondolfi A, Müller H (Hrsg) Medizinische Ethik im ärztlichen Alltag. EMH – Schweizerischer Ärzteverlag AG, Basel Bern, S 313–321

    Google Scholar 

  • UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. BGB Jahrgang 2008. Teil II Nr. 35, ausgegeben am 31.12.2008

    Google Scholar 

  • Waibl E (2004) Grundriss der Medizinethik für Ärzte, Pflegeberufe und Laien. LIT-Verlag, Münster, S 13–16

    Google Scholar 

  • Weltverband für Psychiatrie/World Psychiatric Association (WPA) (1996) Madrid Declaration on Ethical Standards for Psychiatric Practice. http://www.wpanet.org/detail.php?section_id=5&category_id=9&content_id=48. Zugegriffen am 09.06.2010

  • Weltverband für Psychiatrie: Declation of Hawaii (1977). J Med Ethics 4(2):71–73

    Google Scholar 

  • Wiesing U (2004) Der Hippokratische Eid. In: Wiesing U, Ach JS, Bormuth M, Marckmann G (Hrsg) Ethik in der Medizin. Ein Studienbuch. Reclam, Stuttgart, S 36–42

    Google Scholar 

  • World Medical Association WMA (Hrsg) (1964) Declaration of Helsinki – Ethical Principles for Medical Research Involving Human Subjects. Aktuelle Version auf http://www.wma.net/en/30publications/10policies/b3/17c.pdf. Zugegriffen am 08.06.2010

  • Zimmermann-Acklin M (1999) Töten und Sterben lassen: Ethische Aspekte der gegenwärtigen Euthanasie – Diskussion. In: Bondolfi A, Müller H (Hrsg) Medizinische Ethik im ärztlichen Alltag. EMH – Schweizerischer Ärzteverlag AG, Basel Bern

    Google Scholar 

  • Zutt J (1970) Freiheitsverlust und Freiheitsentziehung. Springer, Berlin/Heidelberg/New York, S 68

    Book  Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Hartmann Hinterhuber .

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2017 Springer-Verlag GmbH Deutschland

About this chapter

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this chapter

Hinterhuber, H. (2017). Ethik in der Psychiatrie. In: Möller, HJ., Laux, G., Kapfhammer, HP. (eds) Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie. Springer Reference Medizin. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-49295-6_2

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-49295-6_2

  • Published:

  • Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg

  • Print ISBN: 978-3-662-49293-2

  • Online ISBN: 978-3-662-49295-6

  • eBook Packages: Medicine (German Language)

Publish with us

Policies and ethics