Zusammenfassung
Dass Geschlechteraspekte in Bezug auf gesundheitliche Lage und Gesundheitsverhalten auch im Kontext Arbeit eine Rolle spielen, ist in zahlreichen Publikationen nachgewiesen. Die Praxis der (betrieblichen) Gesundheitsförderung und Prävention bleibt derzeit jedoch noch weit hinter den vorliegenden Erkenntnissen zurück. Welche Faktoren hindern und welche fördern geschlechtersensible Praxis? Welcher Handlungsbedarf lässt sich daraus ableiten und welche konkreten Ansätze gibt es? Im Mittelpunkt des Beitrags stehen ausgewählte Ergebnisse des Forschungsprojekts »Gender als Qualitätsmerkmal in der settingbezogenen Gesundheitsförderung und Prävention«, das von Oktober 2014 bis Februar 2015 von der Landesvereinigung für Gesundheit/Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen gemeinsam mit der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld durchgeführt und von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) finanziert wurde. Mithilfe qualitativer Interviews von Expertinnen und Experten wurden im Sinne einer Bestandsaufnahme der Sachstand der Berücksichtigung von Geschlechteraspekten in der Gesundheitsförderung und Prävention in ausgewählten Settings abgebildet, Einflussfaktoren identifiziert und Handlungsbedarf abgeleitet. In diesem Beitrag werden die Ergebnisse zum Setting Betrieb vorgestellt.
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Notes
- 1.
In Anlehnung an die Luxemburger Deklaration wird Betriebliche Gesundheitsförderung als eine moderne Unternehmensstrategie definiert, die darauf abzielt, »Krankheiten am Arbeitsplatz vorzubeugen (einschließlich arbeitsbedingter Erkrankungen, Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und Stress), Gesundheitspotenziale zu stärken und das Wohlbefinden am Arbeitsplatz zu verbessern.« (Europäisches Netzwerk für betriebliche Gesundheitsförderung 2007).
- 2.
Arbeitsschutz und arbeitsplatzbezogene Gefährdungsbeurteilung, die in diesem Themenfeld von großer Bedeutung und auch aus Geschlechterperspektive hochrelevant sind, bleiben in diesem Beitrag unberücksichtigt. Einen guten Überblick bieten die Berichte der Arbeitsgruppe »Geschlechterperspektive für wirksameren Arbeits- und Gesundheitsschutz« der GFMK 2011 und 2012.
- 3.
§ 20a SGB V: »(1) Die Krankenkassen erbringen Leistungen zur Gesundheitsförderung in Betrieben (betriebliche Gesundheitsförderung), um unter Beteiligung der Versicherten und der Verantwortlichen für den Betrieb die gesundheitliche Situation einschließlich ihrer Risiken und Potenziale zu erheben und Vorschläge zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation sowie zur Stärkung der gesundheitlichen Ressourcen und Fähigkeiten zu entwickeln und deren Umsetzung zu unterstützen. § 20 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend. (2) Bei der Wahrnehmung von Aufgaben nach Absatz 1 arbeiten die Krankenkassen mit dem zuständigen Unfallversicherungsträger zusammen. Sie können Aufgaben nach Absatz 1 durch andere Krankenkassen, durch ihre Verbände oder durch zu diesem Zweck gebildete Arbeitsgemeinschaften (Beauftragte) mit deren Zustimmung wahrnehmen lassen und sollen bei der Aufgabenwahrnehmung mit anderen Krankenkassen zusammenarbeiten. § 88 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Zehnten Buches und § 219 gelten entsprechend.
- 4.
Sämtliche Beschlüsse des 19. Ordentlichen Bundeskongresses des DGB finden sich unter: http://www.dgb.de/uber-uns/dgb-heute/bundeskongress/19-obk/++co++3d349ab2-5847-11df-7067-00188b4dc422.
- 5.
Sämtliche Beschlüsse des 20. Ordentlichen Bundeskongresses des DGB finden sich unter: http://bundeskongress.dgb.de/++co++09119e5a-db9f-11e3-9d96-52540023ef1a.
- 6.
www.gda-portal.de/de/Arbeitsprogramme2013-2018/Psyche.html.
- 7.
Es wurden insgesamt 13 Expertinnen und Experten interviewt. Der Auswahl der Interviewpartnerinnen und Interviewpartner wurden die folgenden Kriterien zugrunde gelegt: ausgewiesene Expertise im Bereich Gesundheitsförderung und Prävention, eine berufliche Position bzw. Funktion, die einen Überblick über das Setting ermöglicht wie Tätigkeit auf Bundes- oder Landesebene, Expertise im Themenfeld Frauen- bzw. Männergesundheit. Die Auswertung erfolgte inhaltsanalytisch nach Kuckartz (2014).
- 8.
Jedes wörtliche Interviewzitat enthält als Quelle neben der Kennung des Interviews die Zuordnung zum Absatz des jeweiligen Interviewtranskripts in Form der entsprechenden Absatznummer. Die Kennzeichnung erfolgt durch die Auswertungssoftware MAXQDA 2010.
Literatur
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Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen & GKV Spitzenverband (MDS & GKV) (Hrsg) (2014) Präventionsbericht 2014. Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung: Primärprävention und betriebliche Gesundheitsförderung. Berichtsjahr 2013. Berlin
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Klärs, G. (2015). »Wünschenswert wäre, dass es sowas wie gelebte Praxis wird.« – Sachstand, Handlungsbedarf und Perspektiven der Berücksichtigung der Kategorie Geschlecht in der Betrieblichen Gesundheitsförderung. In: Badura, B., Ducki, A., Schröder, H., Klose, J., Meyer, M. (eds) Fehlzeiten-Report 2015. Fehlzeiten-Report, vol 2015. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-47264-4_6
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