Zusammenfassung
Im Rahmen dieses Beitrags wird Globalisierung als Metanarration analysiert und in Bezug zu dem lehr-lernprogrammatischen Ansatz des forschenden Lernens gesetzt. In dieser Auseinandersetzung mit Globalisierung liegt ein Schwerpunkt auf der Diskussion des „Konkurrenznarratives“ (vgl. Schreiber 2015), das Globalisierung diskursiv als einen ökonomischen Wettkampf fasst, der gesellschaftliche Felder – auch die Universität – durchdringt und eine ökonomisch-effiziente Ausrichtung dieser gesellschaftlichen Felder einfordert. Im Anschluss wird diskutiert, ob sich forschendes Lernen und dessen bildungstheoretischer Hintergrund als ein Korrektiv zu dem Konkurrenznarrativ verstehen lassen.
Ausgehend von dieser Fragestellung wird abschließend die Möglichkeit geprüft, ob durch das forschende Lernen als Gegennarrativ zum Konkurrenznarrativ im Bildungsraum Universität ein alternativer Zugang zu dem Phänomen Globalisierung jenseits des Konkurrenznarrativs eröffnet werden kann.
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Notes
- 1.
Der Epochenbegriff orientiert sich hierbei an Achermanns (2002) und Tietzmanns (2002) neostrukturalistischen Epochenkonzepten: Signifikante Wesensmerkmale bzw. diskursive Topoi ermöglichen es, Entwicklungsstränge und Problematisierungen, Diskurskonstellationen sowie Wissensformationen herauszuarbeiten, die für einen begrenzten Zeitabschnitt das gesellschaftliche Selbstverständnis prägen, dass als diskursive Manifestation einer Epoche konstruiert werden kann. Da es sich bei Epochen um Konstruktionen handelt, werden diese eher rekonstruierend und in Abgrenzung formuliert, z. B. ‚Neuzeit/Mittelalter‘, ‚Modern/Postmodern‘.
- 2.
„Hauptsächlich angetrieben von ökonomischen Kräften, so die allseits geläufige Ansicht, nimmt nach dem Ende des Kalten Kriegs der globale Austausch von Gütern, Kapital, Informationen und Menschen in einem bis dato nicht erreichten Ausmaß zu“ (Schreiber 2015, S. 6).
- 3.
Gerhards et al. (2014) weisen hier auf den Mangel einer fundierten forschungsempirischen Aufarbeitung hin: „Was demzufolge fehlt, sind längsschnittliche und komparative Studien, die sich den Auswirkungen von Globalisierungsprozessen auf Bildungssysteme, Arbeitsmärkte und nachgefragte Kompetenzen widmen. Ein damit zusammenhängender Schwachpunkt der meisten vorliegenden Analysen ist ihre Konzentration auf die OECD-Mitgliedstaaten. Das ist bedauerlich, da gerade in einigen Ländern außerhalb der OECD eine besonders dynamische Globalisierungsentwicklung“ stattfindet (Gerhards et al. 2014, S. 14).
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Kergel, D., Hepp, R. (2016). Forschendes Lernen zwischen Postmoderne und Globalisierung. In: Kergel, D., Heidkamp, B. (eds) Forschendes Lernen 2.0. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-11621-7_2
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