Betreuung von Heimbewohnern durch eine Psychiatrische Institutsambulanz
Versorgungsauftrag, Patientencharakteristika, Behandlungsangebot
Abstract
Die Vereinbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung von 2001 wurde zum Ablauf 2008 bundesweit von Seiten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung aufgekündigt. Eine Neuvereinbarung der vertraglichen Grundlagen zur spezifischen Versorgung durch psychiatrische Institutsambulanzen (PIA) steht an. In Berlin aber auch in anderen Regionen des Landes wird von Krankenkassen in großem Stil die Notwendigkeit einer PIA-Behandlung besonders bei älteren und im Heim lebenden Menschen infrage gestellt. In diesem Kontext werden Charakteristika und gerontopsychiatrischer Behandlungsbedarf bei durch eine Berliner PIA betreuten Heimbewohnern untersucht, der Versorgungsauftrag und das Leistungsspektrum dargestellt. Bei N = 155 durch eine PIA betreuten Heimbewohnern wurde neben demographischen Merkmalen das Vorkommen von verschiedenen Verhaltensstörungen untersucht, die vorliegenden psychiatrischen und behandlungsrelevanten somatischen Diagnosen erhoben, die Mobilität sowie das Vorhandensein einer Sehbehinderung oder Schwerhörigkeit eingeschätzt und die Pflegestufe mit aufgenommen. Die Ergebnisse zeigen ein besonderes Muster von Verhaltensstörungen mit einem hohen Vorkommen von Verhaltensstörungen wie insbesondere mangelnder Kooperation (70 %), Aggressivität (50 %) aber auch Wahn und Halluzinationen (25 %). Die betreuten Heimbewohner sind in der Regel chronisch und schwer krank, multimorbid und erheblich pflegebedürftig. Im Mittel werden je Bewohner 2.6 psychiatrische und 9.8 behandlungsrelevante somatische Diagnosen vergeben. Darüber hinaus liegen in hohem Grad weitere Einschränkungen vor, z. B. in den Bereichen Mobilität (79 %), Schwerhörigkeit (33 %), Sehbehinderung (52 %). Die Klientel erfüllt damit unzweifelhaft die Voraussetzungen sowohl für eine PIA- als auch für eine spezialisierte gerontopsychiatrische Behandlung.
The agreement between the national associations of health insurance funds, the German Hospital Federation and the Association of Statutory Health Insurance Physicians from 2001 was revoked nationwide in 2008 by the last mentioned. The rescheduling of stipulated basics for the specific treatment through psychiatric outpatient departments (german PIA) is pending. In Berlin as in other regions the necessity of PIA treatment especially for the elderly and nursing home residents is widely challenged by health insurance funds. In this context the characteristics and the demand for psychogeriatric treatment are examined using the example of a Berlin PIA attended residents of nursing homes. Moreover the health care mandate and the medical service offer are described. Besides demographic features N = 155 PIA supervised residents of nursing homes have also been analysed for the occurrence of different conduct disorders, the existing psychiatric and relevant somatic diagnosis were collected, mobility and the existence of visional impairment or hardness of hearing were estimated and the care level added. The results show a special pattern of conduct disorders with a particularly high occurrence of lack of cooperation (70 %), aggressiveness (50 %), but also delusion and hallucinations (25 %). As a rule the supervised residents are chronically and critically ill, multimorbid and considerably high-maintenance. On average every resident is assigned 2.6 psychiatric and 9.8 relevant somatic diagnosis. In addition there exist further distinctive limitations concerning mobility (79 %), hardness of hearing (33 %), visional impairment (52 %). Without doubt the clientele fulfils the requirements for a PIA (a psychiatric outpatient department) as well as for a specialised psychogeriatric treatment.
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