Skip to main content
  • 2998 Accesses

Zusammenfassung

Vor einiger Zeit hielt ich (Marina Kojer) einen öffentlichen Vortrag zum Thema Demenz. In der anschließenden Diskussion richtete eine etwa 80-jährige Dame folgende Frage an mich: „Finden Sie, dass man einem Menschen mit beginnender Demenz seine Diagnose mitteilen sollte?“ Ich antwortete, wie wohl fast alle Ärztinnen geantwortet hätten: Jeder Mensch hat ein Recht darauf zu erfahren, dass er krank ist und was ihm fehlt. Das gibt ihm die Möglichkeit, sich rechtzeitig auf die veränderte Lebenslage einzustellen, für später vorzusorgen und zur Zeit der Diagnose bereits bestehende Probleme besser zu verstehen. Die Krankheit ist zwar nicht heilbar, es gelingt aber, bei einem großen Teil der Patientinnen und Patienten mit Hilfe bestimmter Medikamente, kurzfristig eine gewisse Besserung zu erzielen und das weitere Fortschreiten der Demenz bis zu einem Jahr hintanzuhalten. Die alte Dame meldete sich noch einmal: „Dann soll ich ‚diese Tabletten‘ doch nehmen?“, fragte sie unsicher. „Sie ist selbst eine Betroffene!“, dachte ich erschrocken. Mich erfasste ein Gefühl großer Hilflosigkeit. Was hatte ich ihr in diesem Augenblick, was haben wir als Gesellschaft den Betroffenen überhaupt anzubieten? Die Antwort, die ich dann gab, war zwar richtig, aber war sie eine Hilfe für diesen Menschen in großer Not? Ich sprach von dem Wert der gewonnenen Zeit, davon, wie wichtig es ist, alles noch rechtzeitig regeln zu können. Ich erzählte von dem wachsenden Selbstbewusstsein von Menschen mit beginnender Demenz, die sich in den letzten Jahren immer öfter auch selbst zu Wort melden, zu ihrer Krankheit Stellung nehmen und beginnen, ihre Rechte einzufordern (Taylor, 2010; Demenz Support Stuttgart, 2010; Braam, 2011). Die alte Dame sah mich aus weisen Augen zweifelnd an: „Ist es wirklich erstrebenswert, die Qual zu wissen, was auf einen zukommt, um ein Jahr zu verlängern?“

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Institutional subscriptions

Authors

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2011 Springer-Verlag Wien

About this chapter

Cite this chapter

Kojer, M., Schmidl, M. (2011). Einleitung: Unheilbar dement. In: Kojer, M., Schmidl, M. (eds) Demenz und palliative Geriatrie in der Praxis. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-0201-5_1

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-7091-0201-5_1

  • Publisher Name: Springer, Vienna

  • Print ISBN: 978-3-7091-0200-8

  • Online ISBN: 978-3-7091-0201-5

  • eBook Packages: Medicine (German Language)

Publish with us

Policies and ethics