Zusammenfassung
Klagen über das Defizit an theoretischer Durchdringung des Gegenstands Alter(n) sind oft geäußert worden. Die Alternsforschung sei zwar reich an Daten, aber arm an theoretischen Konzepten, die diese Datenfülle sinnvoll integrieren können. Demgegenüber seltener, aber dennoch deutlich wahrnehmbar, wurden allerdings Versuche unternommen, diesen Mangel zu überwinden. Gerade in jüngerer Zeit machten einige Arbeiten soziologische Ansätze für stärker theoretisierende Zugriffe auf den Gegenstand „Alter(n)“ — dies auf diversen Ebenen und Aspekten — fruchtbar (vgl. Backes 1997; Saake 1998; Schroeter 2000a, 2000b; Göckenjan 2000; von Kondratowitz 2000; Dallinger 2000). Im theoretischen Fundus der Soziologie wird ein Reservoir auch für die Alterssoziologie vermutet, mit dessen Hilfe ihre Theoriedefizite angegangen werden können (vgl. Prahl, Schroeter 2000). Auf diesen Theorieimport reagierende kritische Stimmen mahnen nun sogleich an, dass das Ziel eines solchen Vorgehens nicht geklärt sei oder dass die Angemessenheit von Konzepten der allgemeinen Soziologie für das Phänomen Alter keineswegs schon bewiesen sei. Der grundsätzliche Diskurs um den Stellenwert der Theorie muss an anderer Stelle geführt werden (siehe etwa Dallinger, Schroeter 2002). In diesem Beitrag ziehe ich die Notwendigkeit von Theorie nicht in Zweifel und gehe der Frage nach, wie Theorieentwicklung befördert werden kann.
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Dallinger, U. (2002). Alterssoziologie ohne Theorie?. In: Motel-Klingebiel, A., Kelle, U. (eds) Perspektiven der empirischen Alter(n)ssoziologie. Reihe Alter(n) und Gesellschaft, vol 7. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11027-9_3
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