Zusammenfassung
Mehr als je zuvor ist Wissen zu einem zentralen Faktor des gesellschaftlichen Wandels geworden, nicht nur in der Ökonomie, sondern zugleich auch in allen anderen „Funktionssystemen“ — und dies mit weitreichenden Folgen für die materielle und symbolische Reproduktion der modernen Gesellschaft. In der sozialwissenschaftlichen Debatte zur „postindustriellen“ oder „Wissensgesellschaft“ (vgl. Bell 1973; Stehr 1994; Eickelpasch/Rademacher 1997) werden diese Veränderungen mit unterschiedlichen Hoffnungen verbunden: Die „Wissensgesellschaft“ könne die Strukturprobleme moderner kapitalistischer Gesellschaften beheben, das viel beschworene Szenario vom Ende der Arbeitsgesellschaft (vgl. den Beitrag von Bonß in diesem Band, S. 331ff.) verhindern und eine lang anhaltende wirtschaftliche Prosperitätsphase bis weit in das nächste Jahrhundert einläuten (vgl. Meyer-Stammer 1997), wenn der Faktor Wissen gegenüber den traditionellen Produktionsfaktoren Boden, Kapital und Arbeit an ökonomischer Bedeutung gewinne (vgl. Willke 1998: 162f). Die „ Wissensgesellschaft“ begünstige eine Demokratisierung der Aneignung und Nutzung von Wissen, da die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien den Zugang zu Wissen auch für bisher bildungsferne Bevölkerungsgruppen erleichtere (vgl. Stehr 1994). Die „Wissensgesellschaft“ erlaube neue Formen demokratischer Partizipation durch die Möglichkeit der Kommunikation unter physisch Abwesenden.
Der Aufsatz basiert auf einem Vortrag, den wir auf der Tagung „Wandel des Arbeitsmarktes — Wandel von Ungleichheit?“ der DGS-Sektion „Soziale Ungleichheit und Sozialstrukturanalyse“ am 20.11.1998 in Rostock gehalten haben. Wir danken Peter A. Berger und Dirk Konietzka für hilfreiche Anregungen.
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Kraemer, K., Bittlingmayer, U.H. (2001). Soziale Polarisierung durch Wissen. In: Berger, P.A., Konietzka, D. (eds) Die Erwerbsgesellschaft. Reihe „Sozialstrukturanalyse“, vol 16. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09694-8_11
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