Eine Vielzahl von Beobachtungen zeigt, dass sich das Klima ändert. Um der Gesellschaft eine fundierte Antwort darauf zu ermöglichen, ist es notwendig, Natur und Ursachen des Wandels zu verstehen und die mögliche zukünftige Entwicklung zu charakterisieren. In der Klimaforschung sind numerische Modelle dafür unverzichtbare Werkzeuge. Sie beruhen auf mathematischen Gleichungen, die das Klimasystem oder Teile davon abbilden und sich nur mithilfe von Computern berechnen lassen. Die Klimamodelle helfen uns, das komplexe Zusammenspiel verschiedener Komponenten und Prozesse im Erdsystem zu verstehen und Beobachtungen zu interpretieren. Mit Modellen lassen sich Projektionen des künftigen Klimas erstellen. Diese liefern Antworten auf die Frage: „Was wäre, wenn?“ Wie entwickelt sich das Klima unter bestimmten Bedingungen, beispielsweise wenn der Mensch zusätzliche Treibhausgase in die Atmosphäre entlässt? Oder: Welchen Effekt hätte ein großer Vulkanausbruch auf das Klima?

1 Geschichte der Klimamodellierung

Die aktuell verwendeten Klimamodelle sind das Ergebnis einer seit über einem halben Jahrhundert andauernden und bei weitem nicht abgeschlossenen Entwicklung. Das erste Modell, das auf physikalischen Grundlagen beruht, war ein eindimensionales Strahlungskonvektionsmodell (Manabe und Möller 1961). Darin sorgen Sonneneinstrahlung und vertikale Luftströmungen für eine stabile vertikale Temperaturverteilung auf der Erde – es stellt sich eine Gleichgewichtstemperatur ein. Seit 1969 rechnen Energiebilanzmodelle mit der Energie von Strahlungs- und Wärmeflüssen (Budyko 1969; Sellers 1969). Obwohl die einfachsten dieser Modelle den horizontalen Wärmetransport vernachlässigen, lässt sich mit ihnen abschätzen, wie empfindlich die Gleichgewichtstemperatur an der Erdoberfläche etwa gegenüber Änderungen der Sonneneinstrahlung reagiert. Heute werden dreidimensionale atmosphärische Zirkulationsmodelle (atmospheric general circulation models, AGCMs) verwendet. Diese stammen aus der Wettervorhersage: Der Meteorologe Norman Phillips fragte sich 1956, ob die Modelle zur Wettervorhersage auch die allgemeine Zirkulation der Atmosphäre und damit das Klima wiedergeben würden (Phillips 1956). Obwohl er in seinem Experiment nicht mehr als 30 Tage simulieren konnte, wird es häufig als die erste Klimasimulation angesehen. Die moderne Klimamodellierung und Wettervorhersage basiert auch weiterhin auf der rechnerischen Lösung ähnlicher Gleichungssysteme.

Bahnbrechend war die Simulation der Klimaeffekte, die aus einer Verdopplung des Kohlendioxidgehalts in der Atmosphäre resultieren (Manabe und Wetherald 1967). Das Modell verwendete eine idealisierte Verteilung von Land und Meer und vernachlässigte den täglichen und saisonalen Zyklus der Sonneneinstrahlung. Dennoch zeigte die Berechnung erstmals das Temperaturmuster der Erde mit einem starken Land-See-Kontrast und einer maximalen Erwärmung in den hohen nördlichen Breiten. Die „Mutter“ der heutigen Klimamodelle, das erste gekoppelte Atmosphäre-Ozean-Zirkulationsmodell, entstand 1969 (Manabe und Bryan 1969). Inzwischen werden vermehrt sogenannte Erdsystemmodelle (ESM) verwendet, die außer den Komponenten Atmosphäre, Landoberfläche, Ozean und Meereis auch den Kohlenstoffkreislauf und andere interaktive Komponenten wie Aerosole (atmosphärische Mikropartikel, die die Strahlungsbilanz beeinflussen und eine Lufttrübung bewirken) berücksichtigen. In einem solchen Modell kann z. B. berücksichtigt werden, dass ein wärmerer Ozean tendenziell weniger CO2 aufnimmt, sodass mehr CO2 in der Atmosphäre bleibt. Es handelt sich dabei also um einen positiven, d. h. einen die Reaktion des Klimas auf menschengemachte Antriebe verstärkenden Rückkopplungseffekt.

Der schwedische Physiker und Chemiker Svante August Arrhenius untersuchte 1896 als Erster die Änderung der Oberflächentemperatur in Abhängigkeit von der CO2-Konzentration (Arrhenius 1896). Er berechnete eine Gleichgewichtsklimasensitivität (im Folgenden kurz „Klimasensitivität“) von etwa 6 °C, spekulierte aber, dass sie möglicherweise überschätzt sein könnte. Die Klimasensitivität gibt an, wie sich die globale Erdoberflächentemperatur langfristig ändern würde, wenn sich die atmosphärische CO2-Konzentration verdoppelte (Abschn. 2.2). Auf der Basis von nur zwei Klimamodellen schätzte die US-amerikanische National Academy of Sciences 1979 einen Wert zwischen 1,5 und 4,5 °C (Charney et al. 1979). Bis vor kurzem hatten sich die Schätzungen nur geringfügig verändert. Auch im Fünften Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC 2013a, b) findet man diese Temperaturspanne. Eine Bestandsaufnahme von Sherwood et al. (2020) konnte nach Analyse von historischen und Paläoklimadaten sowie des Prozessverständnisses diesen Bereich einschränken. Im aktuellen Sechsten Sachstandsbericht (AR6) wird der „wahrscheinliche“ (d. h. die Wahrscheinlichkeit dafür liegt über 66 %) Bereich der Klimasensitivität jetzt mit 2,5 bis 4 °C angegeben, bei einer besten Schätzung von 3 °C (IPCC 2021a, b).

Die sogenannte transiente Klimareaktion gibt an, um wie viel Grad Celsius die globale Erdoberflächentemperatur bereits zum Zeitpunkt einer CO2-Verdopplung angestiegen sein wird, und zwar konkret im Jahr 70 eines idealisierten Klimawandels, bei dem, ausgehend vom präindustriellen Zustand, die CO2-Konzentration jährlich um 1 % erhöht wird. Im AR6 wird die „sehr wahrscheinliche“ Spanne für diese Klimareaktion mit 1,2 bis 2,4 °C angegeben (Forster et al. 2021). Selbst wenn die CO2-Konzentration nach einer Verdopplung nicht mehr steigen sollte, würden sich die Troposphäre, d. h. die Atmosphäre bis in etwa 10 km Höhe, und die Ozeane über viele Jahrhunderte weiter erwärmen – so lange, bis eine Gleichgewichtstemperatur, also die oben definierte Klimasensitivität, erreicht ist.

Aktuell hat sich die globale Oberflächentemperatur im Mittel bereits um etwa 1,1 °C (2011–2020) im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten (1850–1900) erwärmt (IPCC 2021b). Über den Kontinenten ist die Erwärmung etwa doppelt so stark wie über Ozeanen und liegt gemittelt über alle Landflächen bei etwa 1,6 °C (IPCC 2021b). Die bisher beobachtete Erwärmung hat also bereits fast den unteren Rand des „sehr wahrscheinlichen“ Bereichs der transienten Klimareaktion erreicht, obwohl sich der atmosphärische CO2-Gehalt gegenüber der vorindustriellen Zeit bisher nur um etwa 50 % erhöht hat. Allerdings spielen für die realen Beobachtungen auch andere Treibhausgase, wie Methan, und sonstige Änderungen eine Rolle, die in den eher theoretischen Größen Klimasensitivität und Klimareaktion nicht berücksichtigt sind.

Weltweit sind sich die Klimaforscher einig: Die Erde wird sich weiter erwärmen, wenn noch mehr Treibhausgase die Atmosphäre belasten. Wie sehr, wird von den zukünftigen Treibhausgasemissionen abhängen – das zeigen die Projektionen für verschiedene Zukunftsszenarien (Abschn. 2.4.2). Außerdem ist zu erwarten, dass sich Regionen weiterhin unterschiedlich stark erwärmen. So erhöht sich die Temperatur in der Arktis wesentlich schneller als der globale Mittelwert, und die mittlere Erwärmung über dem Land wird weiterhin deutlich größer sein als über dem Meer.

2 Komponenten des Klimasystems, Prozesse und Rückkopplungen

Die wesentlichen Komponenten des Klimasystems für kürzere als geologische Zeiträume sind:

  • die Atmosphäre,

  • der Ozean mit seinem Meereis und seiner Biosphäre,

  • die Landoberfläche mit der Landbiosphäre sowie den ober- und unterirdischen Wasserflüssen und

  • die Eisschilde inklusive der Schelfeise.

Das Wettergeschehen spielt sich in der Troposphäre ab. Wichtige Kenngrößen des Wetters sind u. a. Druck, Temperatur, Wind und die Komponenten des Wasserkreislaufs wie Wasserdampfgehalt, Niederschlag und Bewölkung. Über diese Größen erfährt der Mensch das Wetter und seine langfristige Statistik – das Klima. Der entscheidende Antrieb des Klimasystems (Abb. 2.1) ist die Sonneneinstrahlung, die vom Ort sowie von der Tages- und Jahreszeit abhängt. Sowohl die Erdoberfläche als auch die Wolken streuen einen Teil dieser (kurzwelligen) Strahlung direkt zurück in den Weltraum. Der größere Teil der Strahlung wird jedoch vom Boden, also von den Ozeanen und dem Land, sowie von Wolken und Spurenstoffen (Gase und Mikropartikeln) in der Atmosphäre aufgenommen und führt zu deren Erwärmung. Die so vom Klimasystem aufgenommene Strahlungsenergie der Sonne wird letztendlich zu einem kleinen Teil direkt vom Boden und zu einem größeren Teil von strahlungsaktiven Substanzen in der Atmosphäre über (langwellige) Wärmestrahlung in den Weltraum geschickt. Diese Substanzen sind vor allem die Treibhausgase (s. u.), aber auch feste und flüssige Partikel wie Wolkentropfen, Eiskristalle oder Aerosole. Langfristig besteht ein Gleichgewicht zwischen einfallender und ausgehender Strahlung. Da die Ausstrahlung des Klimasystems in den Weltraum zeitlich und räumlich wesentlich gleichmäßiger erfolgt als die Sonneneinstrahlung, gibt es einen Energiegewinn in den Tropen und einen Energieverlust in hohen Breiten. Wärmetransport durch Strömungen in der Atmosphäre und im Ozean gleicht diesen Unterschied aus.

Abb. 2.1
figure 1

Wesentliche Antriebe des Klimasystems: Globale Klimaantriebe stören das Strahlungsgleichgewicht zwischen einfallender kurzwelliger Strahlung (KWS) von der Sonne und in den Weltraum hinausgehender langwelliger Strahlung (LWS). Von Menschen verursachte Emissionen von Gasen und Aerosolen greifen in den Strahlungshaushalt ein: entweder direkt als Treibhausgase oder Aerosole oder indirekt über chemische Reaktionen wie die Änderung der Ozonkonzentration über sekundär gebildete Aerosole oder Änderungen der Wolkeneigenschaften und Wolkenbedeckung. Außerdem verändert der Mensch die Oberflächeneigenschaften der Erde, besonders die Rückstreuung von KWS durch das Erdsystem und das Verhältnis von latenten und sensiblen Wärmeflüssen. Zu den anthropogenen Antrieben kommen natürliche hinzu, z. B. Schwankungen der solaren Einstrahlung oder Emissionen durch Vulkane und natürliche Waldbrände. (Sausen nach IPCC)

Ein großer Teil der langwelligen Ausstrahlung gelangt nicht direkt in den Weltraum, sondern wird von den Treibhausgasen, insbesondere Wasserdampf, Kohlendioxid, Methan, Distickstoffoxid (Lachgas) und Ozon, absorbiert und in alle Richtungen, also auch zum Erdboden hin, wieder emittiert. Dieser Treibhauseffekt sorgt dafür, dass in Bodennähe Temperaturen herrschen, die in den meisten Gebieten der Erde Leben ermöglichen.

Wasserdampf ist zwar für den größten Anteil am Treibhauseffekt verantwortlich, hat jedoch eine kurze Lebensdauer und reagiert schnell, insbesondere auf Temperaturveränderungen, die sowohl Verdunstung als auch Niederschlag beeinflussen. Wenn es aufgrund einer Erhöhung der Konzentration anderer, langlebigerer und damit in der unteren Atmosphäre gut durchmischter Treibhausgase zu einem dauerhaften Temperaturanstieg in der Troposphäre kommt, zieht dies auch eine ebenso dauerhafte Erhöhung des Wasserdampfgehalts der Atmosphäre nach sich, da wärmere Luft mehr Wasserdampf aufnehmen kann, und verstärkt wiederum die Temperaturerhöhung – ein positiver Rückkopplungseffekt (z. B. Lacis et al. 2010).

Kohlendioxid, Methan, Distickstoffoxid und Ozon stammen zum Teil direkt aus natürlichen Quellen, gelangen durch menschliche Einflüsse in die Atmosphäre oder werden durch chemische Prozesse gebildet. Daher gehören auch die chemischen Kreisläufe mit ihren Quellen, Transporten, Senken und Prozessen zum Klimasystem, beispielsweise die Kreisläufe von Kohlenstoff, Stickstoff und Schwefel oder die Ozonchemie. Auch die Aerosole, ob fest oder flüssig, sind sowohl im Bereich der Sonneneinstrahlung als auch der Wärmestrahlung aktiv. Viele Aerosole dienen zudem als Kondensationskerne bei der Wolkenbildung und beeinflussen diese damit.

Der Mensch greift in das Klimasystem ein, indem er Spurenstoffe freisetzt und die Erdoberfläche durch Landnutzung verändert. Letzteres beeinflusst den Wasserkreislauf und die Rückstreuung der Sonneneinstrahlung. Insbesondere durch Nutzung fossiler Brennstoffe hat sich der atmosphärische Volumenanteil des Kohlendioxids (CO2) von einem vorindustriellen Wert von ca. 280 ppm (parts per million; d. h. 280 von einer Million Luftmoleküle waren CO2) auf im Mittel etwa 416 ppm im Jahr 2021 erhöht (gemessen am Mauna Loa, Hawaii). Diese erhöhte Treibhausgaskonzentration verstärkt, wie oben erläutert, den Treibhauseffekt und führt zur Erderwärmung. Durch anthropogene Emissionen von Schwefelverbindungen in die Atmosphäre hingegen kommt es durch verstärkte Rückstreuung der Sonneneinstrahlung zu einer Abkühlung, es leidet jedoch auch die Luftqualität und es entsteht saurer Regen.

Betrachtet man die von Menschen verursachten (anthropogenen) Änderungen der Konzentrationen von Treibhausgasen und anderer strahlungsaktiver Spurenstoffe sowie die direkten Folgen daraus für das Klima, so stellt man fest: Die tatsächliche Klimaänderung ist größer, als man es aufgrund des geänderten Strahlungsantriebs dieser Gase erwarten würde. Das liegt an den positiven Rückkopplungen im Klimasystem wie der oben genannten Wasserdampf- und der Eis-Albedo-Rückkopplung. Letztere beruht darauf, dass bei einer Erwärmung Schnee- und Eisbedeckung der Erde reduziert werden. Schnee und Eis reflektieren jedoch Sonneneinstrahlung besser als die meisten Landoberflächen und insbesondere Ozeanwasser. Durch geringere Reflexion von Sonneneinstrahlung erwärmt sich die Erde zusätzlich. Andererseits strahlt jeder Gegenstand, also auch die Erde, mit steigender Temperatur mehr Wärme ab. Das dämpft die Erwärmung der Atmosphäre – eine negative Rückkopplung.

Die gesamte Wirkung aller Rückkopplungen im Klimasystem kann man über die oben angesprochene Klimasensitivität erfassen. Sie lassen sich nicht direkt messen, sondern nur durch Kombination von Messungen, z. B. auch von Temperatur- und Treibhausgaskonzentrationsänderungen auf paläontologischen Zeitskalen, und numerischen Studien abschätzen. Die Unsicherheit dieser Abschätzungen (Abschn. 2.1) ist eine der Ursachen für Streuungen in den Projektionen des zukünftigen Klimas (Abschn. 2.4.2).

3 Ensembles von Klimamodellen und Szenarien

Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind auf wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse über den Klimawandel angewiesen, um Entscheidungen zu treffen. Insbesondere ist die Frage von Interesse, wie die Menschheit das Klima der Zukunft beeinflusst. Diese Frage kann nur mithilfe von Klimamodellen untersucht werden, die das Klimasystem mit all seinen Prozessen möglichst genau und zuverlässig beschreiben.

Die Modellergebnisse des jüngsten Weltklimaberichts AR6 beruhen vor allem auf Simulationen mit ca. 60 verschiedenen komplexen Erdsystemmodellen (IPCC 2021a). Diese Simulationen wurden im Rahmen des internationalen Modellvergleichsprojekts Coupled Model Intercomparison Project Phase 6 (CMIP6) koordiniert (Eyring et al. 2016). Ein Ziel des Projekts, wie auch seiner Vorgänger, ist es, vergangene und mögliche künftige Klimaänderungen aufgrund anthropogener und natürlicher Strahlungsantriebe mithilfe mehrerer Modelle zu verstehen. Dazu werden verschiedene Simulationen definiert und die Randbedingungen für die Simulationen vorgegeben. Klimamodellgruppen weltweit rechnen diese dann mit ihren Modellen und stellen die Ergebnisse in einem für die Gemeinschaft frei zugänglichen Datenarchiv für Analysen bereit. CMIP6 wurde erstmals in 23 Teilprojekten organisiert, die sich auf unterschiedliche Fragestellungen konzentrieren. Modellierungszentren müssen nicht an allen Teilprojekten teilnehmen. Voraussetzung für die Teilnahme ist allerdings die Durchführung der sogenannten DECK-Simulationen („Diagnostic, Evaluation and Characterization of Klima“), die unter anderem die Bestimmung der Klimasensitivität ermöglichen, sowie einer historischen Simulation von 1850 bis 2014, um die Modelle mit Beobachtungsdaten zu evaluieren.

Im Verlauf des CMIP wurden die Prozesse und Rückkopplungen in den Modellen erweitert und verbessert. In CMIP5 simulierten einige Modelle erstmals den Kohlenstoffkreislauf interaktiv (Friedlingstein et al. 2014). Einige Modelle berücksichtigten erstmals chemische Prozesse (Eyring et al. 2013) und Aerosole (Flato et al. 2013). In CMIP6 haben verschiedene Projektteilnehmer größere Ensembles fast identischer Simulationen berechnet. Bei diesen Ensembles unterscheiden sich die einzelnen Simulationen üblicherweise nur durch Startbedingungen, was eine Quantifizierung der internen Variabilität und damit eine Unterscheidung zufälliger und systematischer Klimaeffekte erlaubt (z. B. Maher et al. 2019). Ebenso hat die Gesamtzahl der Modelle weiter zugenommen. Die neueste Generation von Klimamodellen hat eine verbesserte Darstellung der physikalischen Prozesse und höhere Auflösung im Vergleich zu früheren Generationen. Ebenso hat die Zahl der Erdsystemmodelle zugenommen, die auch biogeochemische Zyklen, wie z. B. den Kohlenstoffkreislauf, darstellen. Verschiedene Modelle reagieren auf einen gleichen Strahlungsantrieb unterschiedlich. Die dadurch hervorgerufene Schwankungsbreite der Ergebnisse wird häufig im Hinblick auf die Unsicherheit künftiger Klimaänderungen interpretiert.

3.1 Beschreibung der Szenarien

Für die CMIP6-Simulationen, die in den Sechsten Sachstandsbericht eingeflossen sind, hat ein internationales Team von Klimawissenschaftlern, Ökonomen und Energiesystemmodellierern eine Reihe von Shared Socioeconomic Pathways kurz „SSPs“ entwickelt, die in verschiedenen Entwicklungspfaden mögliche zukünftige Veränderungen der globalen Gesellschaft beschreiben (Riahi et al. 2017). In Kombination mit verschiedenen Emissionsminderungszielen bilden sie ab, wie sich gesellschaftliche Entscheidungen auf die Treibhausgasemissionen auswirken und wie die Klimaziele des Pariser Abkommens erreicht werden können. Je nach Modell und Experiment gehen die Konzentrationen oder die Emissionen der Szenarien in die Simulationen ein, deren Ergebnisse dann die Grundlage für Klimaprojektionen bilden. Die von den Szenarien abgedeckte Spanne von Treibhausgasemissionen wird in Abb. 2.2 am Beispiel von CO2 gezeigt. Die Ziffer am Ende der Szenarienbezeichnung gibt den jeweiligen Strahlungsantrieb am Ende des 21. Jahrhunderts relativ zum präindustriellen Zustand in Watt pro m2 an, was den repräsentativen Konzentrationspfaden (RCPs) (van Vuuren et al. 2011) entspricht, die im AR5 verwendet wurden. Im Vergleich zu den RCPs, decken die SSPs eine breitere Spanne möglicher Treibhausgasemissionen, -konzentrationen und daraus resultierender Strahlungsantriebe ab. Das SSP1-1.9 erweitert die Bandbreite deutlich in Richtung geringerer Emissionen. Im Vergleich zu den SRES-Szenarien aus dem Vierten Sachstandsbericht (IPCC 2007; Nakicenovic und Swart 2000) war bereits das Szenario RCP2.6 eine Erweiterung nach unten.

Abb. 2.2
figure 2

(Nach Abb. SPM.4, Tafel a), IPCC 2021c)

Zukünftige jährliche anthropogene CO2-Emissionen über fünf illustrative Shared Socioeconomic Pathways (SSP).

4 IPCC-Bericht: Fortschritte und Schlüsselergebnisse

Auch im Sechsten Sachstandsbericht behandelt der Bericht der ersten Arbeitsgruppe die physikalischen Grundlagen des Klimawandels und benutzt eine einheitliche Sprachregelung zur Angabe von Wahrscheinlichkeiten und Unsicherheiten (IPCC 2021a). So gilt eine Aussage als sehr wahrscheinlich, wenn sie mit mehr als 90-prozentiger Sicherheit zutrifft. In diesem Kapitel sind derartige Angaben durch kursive Schrift als Zitat aus dem Bericht gekennzeichnet.

4.1 Simulation des historischen Klimawandels

Ein wichtiges Element des CMIP-Projekts, dessen Ergebnisse in den IPCC-Berichten verwendet werden, ist die Simulation des Klimas von 1850 bis nahe der Gegenwart (in CMIP6 bis 2014). Angetrieben wird diese Simulation mit Daten aus Beobachtungen, insbesondere der zeitlichen Entwicklung der Zusammensetzung der Atmosphäre und der Sonneneinstrahlung. Ziel dieser Simulationen der Vergangenheit ist insbesondere die Bewertung der Modelle: Wenn ein Modell das beobachtete Klima annähernd widerspiegelt, steigt das Vertrauen in seine Fähigkeit, mögliche zukünftige Entwicklungen des Klimas abzubilden. Darüber hinaus liefern historische Simulationen Anfangszustände für die Projektionen des zukünftigen Klimas und dienen als Referenz.

Zur Bewertung wird das simulierte Klima inklusive seiner räumlichen und zeitlichen Variabilität mit dem beobachteten Klima verglichen. Verlässliche Beobachtungen oder Rekonstruktionen bis in die vorindustrielle Zeit zurück sind allerdings rar. Erst seit Beginn des Satellitenzeitalters hat sich die Beobachtungslage deutlich verbessert. Wie realistisch können die heutigen Modelle also langfristige Entwicklungen, aber auch saisonale Klimaschwankungen und Schwankungen zwischen einzelnen Jahren darstellen? Im Vergleich zu ihren Vorgängern können die Modelle von CMIP6 die Entwicklung vieler Kenngrößen besser abbilden, etwa der regionalen Oberflächentemperaturen, Niederschlagsmuster oder Druckverteilungen (z. B. Eyring et al. 2021a). Dieses gilt sowohl für das Mittel aller Modelle als auch für die jeweils besten Modelle einer Generation. Es gibt aber immer noch Prozesse, deren Darstellung für einige Zwecke unzureichend erscheint. So gibt es seit CMIP6 nur eine geringe Verbesserung in der Simulation einiger Kenngrößen des tropischen Niederschlags, wie dessen Tagesgang und Frequenz (Fiedler et al. 2020). Es gibt deswegen Anstrengungen, die Horizontalauflösung von Modellen deutlich über die typischen etwa 100 km zu erhöhen und damit auch beispielsweise Konvektionsereignisse aufzulösen, wie sie z. B. Gewitterstürmen zugrunde liegen (Satoh et al. 2019). Des Weiteren werden neue auf maschinellen Lernverfahren basierende Parametrisierungen von subgridskaligen Prozessen entwickelt, die hochauflösende Simulationen und Beobachtungsdaten als Information nutzen, um neuronale Netze zu trainieren. Diese neuralen Netze können dann im Erdsystemmodell zum Einsatz kommen und dort auch im grobaufgelösten Modell z. B. Wolken sehr viel genauer darstellen, als das heutzutage möglich ist (Gentine et al. 2018; Reichstein et al. 2019; Eyring et al. 2021b). Unter Verwendung nichthydrostatischer regionaler Klimamodelle können inzwischen Simulationen auf konvektionsauflösender Skala (<3 km) auch für dekadische Zeiträume durchgeführt werden (z. B. Coppola et al. 2019). Diese verwenden die Ergebnisse globaler Klimasimulationen als Antrieb an den seitlichen Rändern des Modellgebiets (Kap. 4).

Zu CMIP6 haben neben dem Max Planck Institute Earth System Model (MPI-ESM, Mauritsen et al. 2019) zum ersten Mal zwei weitere Modelle deutscher Forschungsinstitute beigetragen, die jedoch alle Varianten des ECHAM-Modells (z. B. Stevens et al. 2013) als Atmosphärenkomponente nutzen: das Alfred Wegener Institute Climate Model (AWICM, Semmler et al. 2020) und das Chemie-Klima-Modell ECHAM5/MESSy for Atmospheric Chemistry (EMAC, Jöckel et al. 2016).

Abb. 2.3 zeigt den Verlauf der mittleren globalen oberflächennahen Lufttemperatur aus Simulationen und Beobachtungen seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Die meisten Modelle, und insbesondere das Multimodellmittel, geben die beobachtete Temperaturvariation und besonders den langfristigen Anstieg gut wieder, auch wenn die Mitteltemperatur einiger Modelle deutlich vom beobachteten Temperaturmittel abweicht. Deutlich erkennbar sind die Auswirkungen großer Vulkanausbrüche, insbesondere der zwei größten: Krakatau, 1883, und Pinatubo, 1991. In einer ähnlichen Grafik des AR5 (IPCC 2013a) lag zum Ende des damaligen Beobachtungszeitraums (2005) die Temperaturänderung des Modellmittels etwa 0,15 °C über der aus den Beobachtungen. Mögliche Ursachen des sogenannten Hiatus, d. h. der relativ geringen Erwärmung zwischen 1998 und 2012, und der Überschätzung der Erwärmung durch die CMIP5-Modelle wurden im AR5 intensiv diskutiert (IPCC 2013a). Seitdem ist festgestellt worden, dass die tatsächliche Erwärmung etwas stärker war als damals abgeschätzt, aber immer noch geringer als im Multimodellmittel sowohl von CMIP5 als auch CMIP6. Wegen verschiedener Unsicherheiten ist es unmöglich, die langsame Erwärmung währende dieser Periode eindeutig einer einzelnen Ursache zuzuordnen (Hedemann et al. 2017). Es ist aber klar, dass der Hiatus ein temporäres Ereignis war, zu dem interne Klimavariabilität und natürliche Antriebe beigetragen haben (Cross-Chapter Box 3.1, Eyring et al. 2021a). Wie auch in Abb. 2.3 zu erkennen ist, hat sich die Erwärmung nach 2012 wieder verstärkt.

Abb. 2.3
figure 3

(Nach Abb. 3.4, Tafel b, IPCC 2021a); die Abbildung ist ein Update aus Bock et al. (2020), deren Abb. 2/CC BY4.0 https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

Beobachtete und simulierte Zeitreihen der Anomalien von global und jährlich gemittelten oberflächennahen Lufttemperaturen. Alle Anomalien sind Differenzen des zeitlichen Mittels der Jahre 1850–1900 der individuellen Zeitreihen. Die Referenzperiode 1850–1900 ist grau schattiert. Farbige Linien markieren die Multimodellmittelwerte der CMIP5- (blau) und CMIP6-Ensembles (rot) und zugehörige 5–95-Perzentilbereiche (schattierte Bereiche), d. h., nur jeweils 5 % der Simulationen liegen oberhalb und unterhalb dieses Bereichs. Die schwarzen Linien markieren Beobachtungsdaten von HadCRUT5, Berkeley Earth, NOAAGlobalTemp-Interim und Kadow et al. (2020). Die historischen CMIP6-Simulationen wurden mit SSP2-4.5-Simulationen für den Zeitraum 2015–2020 und die CMIP5-Simulationen mit RCP4.5-Simulationen für den Zeitraum 2006–2020 erweitert. Es wurden alle verfügbaren Ensemblesimulationen verwendet. Die Multimodellmittelwerte und Perzentile wurden ausschließlich aus den für den gesamten Zeitraum (1850–2020) verfügbaren Simulationen berechnet.

Dank besserer Modelle und längerer Beobachtungszeitreihen lässt sich im sechsten noch klarer als in den vorangegangenen Sachstandsberichten nachweisen, dass der Mensch das Klima beeinflusst. So wird erstmals als eindeutig (unequivocal) bezeichnet, dass der Mensch Atmosphäre, Ozean und Land erwärmt hat. Als „wahrscheinlicher“ Bereich für den Beitrag des Menschen zur gegenwärtigen Erwärmung der Erdoberfläche seit dem präindustriellen Vergleichszeitraum (1850–1900) gilt jetzt 0,8 bis 1,3 °C, wobei die beste Schätzung mit 1,07 °C angegeben wird, demnach also so gut wie die gesamte beobachtete Erwärmung anthropogen ist. Zudem gilt jetzt als „wahrscheinlich“, dass der Mensch zur beobachteten Änderung von Niederschlagsmustern seit der Mitte des 20. Jahrhunderts beigetragen hat, und als „sehr wahrscheinlich“, dass er hauptverantwortlich für den Rückgang von Gletschern seit den 1990er-Jahren und den Rückgang des arktischen Meereises seit 1979 ist (Eyring et al. 2021a). Neben verbesserten Modellen und Beobachtungen hat auch die Weiterentwicklung von Analysemethoden zu großen Fortschritte gegenüber AR5 bezüglich der Attribution (Kap. 28) von Extremereignissen beigetragen. Es gilt jetzt beispielsweise als „so gut wie sicher“, dass Hitzeextreme seit 1950 zugenommen haben, und es besteht „großes Vertrauen“ darin, dass der menschliche Einfluss der wesentliche Antrieb dafür ist. Einige der extremen Hitzeereignisse der letzten Dekade wären ohne menschlichen Einfluss „äußerst unwahrscheinlich“. Für die Zunahme von Starkniederschlagsereignissen über den meisten Landgebieten seit den 1950er-Jahren ist die Menschheit „wahrscheinlich“ hauptverantwortlich (gesamter Abschnitt: Seneviratne et al. 2021).

Seit AR5 werden CMIP-Modelle nicht mehr nur für Projektionen über Zeitskalen von mehreren Jahrzehnten bis Jahrhunderten genutzt, sondern sie werden auch im Hinblick auf die Qualität sogenannter dekadischer Vorhersagen analysiert. Man kann davon ausgehen, dass bei Vorhersagen von 10 Jahren die Unsicherheit aufgrund interner Klimavariabilität deutlich höher ist als die Unsicherheit, die sich aus dem Emissionsverlauf ergibt. Umgekehrt ist deren Verhältnis, wenn man mehrere Jahrzehnte betrachtet. Zur Evaluation der Vorhersagen auf der Zeitskala bis zu einer Dekade werden seit CMIP5 vergangene Dekaden mit beobachteten Anfangswerten simuliert und diese mit historischen Simulationen verglichen, die nicht mit Beobachtungen initialisiert wurden. Bezüglich der Oberflächentemperatur verbessert diese Initialisierung die Vorhersagen insbesondere für den Nordatlantik, aber auch für verschiedene Landregionen Eurasiens. Die Vorhersagequalität für Niederschlag ist im Allgemeinen geringer, mit der Ausnahme der Sahelregion (Lee et al. 2021).

4.2 Projektionen des zukünftigen Klimas

Bei Projektionen des Klimas für das weitere 21. Jahrhundert schaut die Öffentlichkeit häufig auf die mittlere globale Oberflächentemperatur oder die eng verwandte global gemittelte bodennahe Lufttemperatur (Abb. 2.3). Abb. 2.4 zeigt den Anstieg der Oberflächentemperatur nach den verschiedenen SSP-Szenarien bis Ende des 21. Jahrhunderts im Vergleich zum Mittel der Jahre 1850 bis 1900. Traditionell wurden in solchen Abbildungen Mittelwerte und Schwankungsbereiche aller CMIP-Modelle gezeigt, die die entsprechenden Projektionssimulationen durchgeführt hatten. Die Abschätzung der zukünftigen Erwärmung wurde in AR6 zum ersten Mal durch eine Kombination der Modellsimulationen mit dem Wissen um die Repräsentation der historischen Erwärmung sowie der Klimasensitivität und transienten Klimaantwort der einzelnen Modelle bestimmt (Lee et al. 2021). Für Szenario SSP5-8.5 wird der Anstieg der oberflächennahen Lufttemperatur bis Ende des Jahrhunderts (2081–2100) gegenüber dem vorindustriellen Referenzzeitraum (1850–1900) mit 4,4 °C angegeben. „Sehr wahrscheinlich“ (5 %- bis 95 %-Bereich) liegt der Wert zwischen 3,3 und 5,7 °C. Für das Niedrigemissionsszenario SSP1-1.9 liegt der entsprechende Bereich bei 1,0 bis 1,8 °C. Die Bereiche liegen etwas niedriger als das CMIP6-Modellmittel, denn CMIP6 enthält einige Modelle, deren Klimasensitivität höher ist als im AR6 als „sehr wahrscheinlich“ bewertet wird. In der nahen Zukunft (2021–2040) ist das Überschreiten des 1,5 °C-Ziels aus dem Pariser Klimaabkommen „sehr wahrscheinlich“ in Szenario SSP5-8.5, „wahrscheinlich“ in den Szenarien SSP2-4.5 und SSP3-7.0 und „wahrscheinlicher als nicht“ (>50 %) in den Szenarien SSP1-2.6 und SSP1-1.9. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass, wie oben für die bereits beobachtete Erwärmung diskutiert, auch in Zukunft über den Kontinentalregionen ein stärkerer Anstieg als im globalen Mittel zu erwarten ist (Referenz für alle Daten in diesem Abschnitt: Lee et al. 2021).

Abb. 2.4
figure 4

(Nach Abb. SPM.8, Tafeln a und b, IPCC 2021c)

Ausgewählte Indikatoren des globalen Klimawandels bei den fünf illustrativen Szenarien, die in IPCC (2021a) verwendet werden. Die Projektionen für jedes der fünf Szenarien sind in unterschiedlichen Farben dargestellt. Schattierungen stellen Unsicherheitsbereiche dar. Die schwarzen Kurven stellen die historischen Simulationen dar. Historische Werte sind in allen Grafiken enthalten, um den projizierten zukünftigen Änderungen Kontext zu geben. a Änderungen der globalen Oberflächentemperatur in °C gegenüber 1850–1900. Diese Änderungen wurden durch die Kombination von Modellsimulationen aus dem CMIP6-Projekt mit beobachtungsbasierten Eingrenzungen auf der Grundlage von simulierter vergangener Erwärmung sowie mit einer aktualisierten Bewertung der Klimasensitivität (s. Box SPM.1; IPCC, 2021c) ermittelt. Änderungen gegenüber 1850–1900 auf der Grundlage von 20-jährigen Mittelungszeiträumen werden berechnet, indem 0,85 °C (der beobachtete Anstieg der globalen Oberflächentemperatur von 1850–1900 bis 1995–2014) zu simulierten Änderungen gegenüber 1995–2014 addiert werden. „Sehr wahrscheinliche“ Bandbreiten sind für SSP1-2.6 und SSP3-7.0 dargestellt. b Arktische Meereisfläche im September in 106 km2 auf der Grundlage von CMIP6-Modellsimulationen. „Sehr wahrscheinliche“ Bandbreiten sind für SSP1-2.6 und SSP3-7.0 dargestellt. Die Arktis wird laut Projektionen bei mittleren und hohen Treibhausgasemissionsszenarien etwa Mitte des Jahrhunderts praktisch eisfrei sein.

Wegen der langen Lebensdauer von Kohlendioxid und der Trägheit des Klimasystems hängt die Erwärmung der Erdoberfläche vor allem von den kumulativen, d. h. den über die Emissionshistorie angehäuften Gesamtemissionen ab (IPCC 2021b; Abb. 2.5). Wegen dieses Zusammenhangs lassen sich verbleibende Emissionsbudgets für das Erreichen bestimmter Erwärmungsziele bestimmen. So wird abgeschätzt, dass es eine 50 %-Chance gibt, das 1,5 °C-Ziel bzw. 2 °C-Ziel einzuhalten, wenn seit dem Beginn des Jahres 2020 insgesamt global nur noch 500 bzw. 1350 Mrd. t CO2 (GtCO2) emittiert werden (IPCC 2021b). Aktuell betragen die globalen Emissionen etwa 40 GtCOpro Jahr. Daraus wird geschlossen, dass die Erwärmungsziele von 1,5 °C und 2 °C im Laufe des 21. Jahrhunderts überschritten werden, wenn es nicht in den nächsten Jahrzehnten zu einer drastischen Reduktion der Emissionen von CO2 und anderer Treibhausgase kommt (IPCC 2021b).

Abb. 2.5
figure 5

(Nach Abb. SPM.10, obere Tafel, IPCC 2021c)

Nahezu lineare Beziehung zwischen den kumulativen CO2-Emissionen und dem Anstieg der globalen Oberflächentemperatur. Historische Daten (dünne schwarze Linie) zeigen den beobachteten Anstieg der globalen Oberflächentemperatur in °C seit 1850–1900 als Funktion der historischen kumulativen Kohlendioxidemissionen in Gt CO2 von 1850–2019. Der graue Bereich mit seiner Mittellinie zeigt eine entsprechende Berechnung der historischen, vom Menschen verursachten Oberflächenerwärmung. Die farbigen Bereiche zeigen die bewertete „sehr wahrscheinliche“ Bandbreite an Projektionen der globalen Oberflächentemperatur, und die dicken farbigen Mittellinien geben den Median als Funktion der kumulativen CO2-Emissionen von 2020 bis zum Jahr 2050 für die verschiedenen illustrativen Szenarien (SSP1-1.9, SSP1-2.6, SSP2-4.5, SSP3-7.0 und SSP5-8.5, s. Abb. 2.2) an. Für die Projektionen werden die kumulativen CO2-Emissionen des jeweiligen Szenarios verwendet, und die projizierte globale Erwärmung umfasst den Beitrag aller anthropogenen Antriebsfaktoren.

Als weiteres Beispiel für einen häufig diskutierte Klimaparameter zeigt Abb. 2.4b den von den CMIP6-Modellen projizierten zukünftigen Rückgang des arktischen Meereises. Daraus ist abzuleiten, dass in den Szenarien SSP2-4.5, SSP3-7.0 und SSP5-8.5 die Arktis zum Ende des 21. Jahrhunderts im September praktisch eisfrei sein wird, je nach Szenario etwas früher oder später (Lee et al. 2021). In den Niedrigemissionsszenarien SSP1-2.6 und SSP1-1.9 wird zwar auch ein deutlicher Rückgang gegenüber dem aktuellen Zustand erwartet, aber die Wahrscheinlichkeit einer eisfreien Arktis ist deutlich geringer.

Bis Ende des 21. Jahrhunderts steigt der Abschätzung aus AR6 zufolge der Meeresspiegel global gemittelt „wahrscheinlich“ um 0,33 bis 0,61 m in SSP1-2.6 und 0,63 bis 1,02 m in SSP5-8.5 verglichen mit der Zeit von 1995 bis 2014 (Fox-Kemper et al. 2021). Allerdings sind in dieser Projektion nur Prozesse berücksichtigt, in deren Kenntnis mindestens „mittleres Vertrauen“ besteht, d. h. insbesondere die thermische Ausdehnung des Wassers, Gletscherschmelze und einige Prozesse, die zur Schmelze der Eisschilde der Antarktis und Grönlands beitragen. Bezüglich dieser Eisschilde gibt es jedoch auch schlecht verstandene Prozesse, sodass ein deutlich stärkerer Meeresspiegelanstieg zwar nicht wahrscheinlich ist, aber auch nicht ausgeschlossen werden kann (Fox-Kemper et al. 2021). Bekannt ist, dass der Meeresspiegel nicht überall gleich ansteigt. Das liegt daran, dass sich Bodendruck und Ozeandynamik regional unterschiedlich ändern. Auch wirken sich Änderungen der Eisbedeckung auf der Erdoberfläche auf das Gravitationsfeld der Erde nicht überall gleich aus. Das heißt: Der Meeresspiegel steigt an einzelnen Küsten unterschiedlich stark.

Auch hinsichtlich der Entwicklung von Niederschlägen sagt der globale Wert wenig aus. Über globale Landmassen gemittelt steigt laut AR6 der Niederschlag von 2081 bis 2100 im Vergleich zur Periode 1995 bis 2014 im Szenario SSP1-1.9 um –0,2 bis 4,7 % und in Szenario SSP5-8.5 um 0,9 bis 12,9 % an (Lee et al. 2021). Regional kann es jedoch starke Unterschiede geben. Als Faustregel wird häufig wet gets wetter, dry gets drier (Held und Soden 2006) angegeben. Diese gilt näherungsweise auch für Europa: Während für den trockenen Mittelmeerraum weniger Niederschlag projiziert wird, soll es im nassen Skandinavien mehr Niederschlag geben. Detailliertere Untersuchungen des regionalen Klimawandels werden mit regionalen Modellen durchgeführt (Kap. 4), die Ergebnisse der globalen Modelle als Randbedingungen nutzen. Im Zusammenhang mit dem AR6 hat der IPCC einen interaktiven Onlineatlas bereitgestellt in dem viele Informationen zu beobachteten und projizierten regionalen Klimaveränderungen abgerufen werden können (https://interactive-atlas.ipcc.ch).

5 Kurz gesagt

Computermodelle des Klimas sind die einzig verfügbaren Werkzeuge für belastbare Klimaprojektionen. Diese beschreiben mögliche Entwicklungen des Klimas unter der Annahme von Szenarien künftiger Emissionen von Treibhausgasen. Die im aktuellen Sachstandsbericht des IPCC (AR6) benutzten Szenarien beinhalten auch Niedrigemissionsszenarien, die massive Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels bis hin zu negativen CO2-Emissionen in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts voraussetzen würden. Die „besten Abschätzungen“ des Anstiegs der global gemittelten bodennahen Temperatur bis zum Ende des 21. Jahrhunderts verglichen mit der Zeit von 1850 bis 1900 liegen laut AR6 je nach Szenario bei 1,4 bis 4,4 °C. Über den Kontinenten wird sich die Atmosphäre deutlich stärker erwärmen als über den Ozeanen. Daneben sind weitere spürbare Veränderungen des Klimas zu erwarten: So wird z. B. projiziert, dass der Meeresspiegel weiter ansteigt und das Meereis weiter zurückgeht.

Die Erwärmung ist bereits auf 1,1 °C im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten angestiegen, d. h., wir sind von dem 1,5 °C-Ziel nicht mehr weit entfernt. Jedes der vergangenen vier Jahrzehnte war wiederum wärmer als jedes der vorangegangenen Jahrzehnte seit 1850. Die Erwärmungsrate in den fünfzig Jahren seit 1970 ist mindestens innerhalb der letzten 2000 Jahre beispiellos. Der AR6 zeigt auch, dass jeder weitere Anstieg der Erwärmung zu weiteren und schwerwiegenderen Auswirkungen des Klimawandels führt. Dies sind eindeutige Belege für die Dringlichkeit des Handelns. Es geht nun also darum, die Treibhausgasemissionen sofort, drastisch und nachhaltig zu reduzieren.