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Potenziale des hohen Alters bei der Verarbeitung und Bewältigung von Verletzlichkeit: Introversion mit Introspektion, Offenheit, Sorge, Wissensweitergabe

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Lebensphase hohes Alter: Verletzlichkeit und Reife
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Zusammenfassung

Die psychologische Betrachtung der Potenziale des hohen Alters führt mich zu einer Verbindung von vier psychologischen Konstrukten: 1) Introversion mit Introspektion (im Sinne der „vertieften Auseinandersetzung des Menschen mit sich selbst“), 2) Offenheit (im Sinne der „Empfänglichkeit für neue Eindrücke, Erlebnisse und Erkenntnisse, die aus dem Blick auf sich selbst wie auch aus dem Blick auf die umgebende soziale und räumliche Welt erwachsen“), 3) Sorge (im Sinne der „Bereitschaft, sich um andere Menschen, sich um die Welt zu sorgen“) und 4) Wissensweitergabe (im Sinne des „Motivs, sich in eine Generationenfolge gestellt zu sehen und durch die Weitergabe von Wissen Kontinuität zu erzeugen und Verantwortung zu übernehmen“). Die Verbindung dieser Konstrukte erscheint vor dem Hintergrund von empirischen Befunden zu subjektiv erlebten Anliegen (Daseinsthemen), zu subjektiv wahrgenommenen Kräften und zum persönlichen Engagement im hohen Alter als angemessen und hilfreich. Wie aus der in Kap. 4 darzustellenden Generali Hochaltrigkeitsstudie, in der 400 Frauen und Männer im Alter von 85 bis 100 Jahren ausführlich interviewt wurden, hervorgeht, beschreiben alte Menschen Persönlichkeitsprozesse vielfach im Sinne einer vertieften Auseinandersetzung mit sich selbst, und zwar sowohl mit den eigenen Grenzen als auch mit den eigenen Entwicklungsmöglichkeiten.

An erratum to this chapter can be found at http://dx.doi.org/10.1007/978-3-662-50415-4_10

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Notes

  1. 1.

    Übersetzung durch Andreas Kruse: „Es ist zu spät. Ach, nichts ist zu spät, bis das Herz zu schlagen aufhört. (…) Dies sind in der Tat Ausnahmen; aber sie zeigen uns, wie weit der Golfstrom unserer Jugend bis in die arktischen Regionen unseres Lebens reicht, in denen nur wenig mehr besteht, als das Leben selbst. (…) Für das Alter ergeben sich nicht weniger Gelegenheiten, als für die Jugend – aber eben in einem anderen Gewand. Und wenn die Abenddämmerung schwindet, dann zeigt sich uns der Himmel gefüllt mit Sternen, die wir am Tage nicht sehen können“.

  2. 2.

    Das hier angesprochene Buch ist im Jahre 1970, drei Jahre vor dem Tod Pablo Casals’ unter dem Titel Joys and Sorrows – Reflections as Told to Albert Kahn bei Simon and Schuster, New York, erschienen; im Jahre 1971 kam die deutsche Ausgabe bei Fischer, Frankfurt, heraus.

  3. 3.

    Marta Casals, geboren 1936, war mit Pablo Casals von 1957 bis zu dessen Tod 1973 verheiratet. Sie ist eine US-amerikanische Musikerin und Musikpädagogin mit puerto-ricanischen Wurzeln. Pablo Casals zog mit Marta Casals im Jahre 1957 nach Puerto Rico.

  4. 4.

    Übersetzung durch den Verfasser: „Die gesamte Menschheit stammt von einem Autor ab; sie ist wie ein großes Buch. Wenn ein Mensch stirbt, dann wird aus dem Buch nicht ein Kapitel herausgerissen, sondern in eine bessere Sprache übersetzt. Und so muss jedes Kapitel übersetzt werden. Kein Mensch ist eine Insel, nur für sich selbst. Jeder Mensch ist Teil eines Kontinents, Teil eines großen Ganzen. Der Tod eines jeden Mensch schwächt mich, bin ich doch Teil der Menschheit“.

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Kruse, A. (2017). Potenziale des hohen Alters bei der Verarbeitung und Bewältigung von Verletzlichkeit: Introversion mit Introspektion, Offenheit, Sorge, Wissensweitergabe. In: Lebensphase hohes Alter: Verletzlichkeit und Reife. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-50415-4_3

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