Nachdem in den Kapiteln 2 bis 3 eine Darstellung des Literature Reviews sowie der empirischen Studien erfolgte, werden deren Ergebnisse im Folgenden zusammengefasst und diskutiert. Dabei wird in Unterkapitel 4.1 zunächst das finalisierte Konzept zur Gestaltung von SLEs in einer Gesamtschau vorgestellt, bevor in 4.2 die Forschungsfragen der vorliegenden Untersuchung beantwortet werden. In Unterkapitel 4.3 erfolgt eine Erläuterung möglicher Limitationen der Studien, wobei sich daran anschließend Unterkapitel 4.4 der Diskussion widmet, die die Studienergebnisse bewertet, den theoretischen Erkenntnisgewinn der Arbeit erörtert und deren Relevanz für Wissenschaft und Praxis herausarbeitet. Die Arbeit schließt mit den Implikationen für die Praxis (Abschnitt 4.5) sowie einem Ausblick auf zukünftige Forschungsthemen (Unterkapitel 4.6).

4.1 Konzept zur Gestaltung von SLEs

Die Befunde der Studien haben ergeben, dass das Modell zur Gestaltung von SLEs in Wissenschaft und Praxis angenommen wurde und als Planungswerkzeug eingesetzt werden kann. Die durch die Modellierung erzeugte Abstraktionsebene verhalf dabei, erste SLE- Interaktionen zu innovieren. Das Aufbrechen einzelner SLE-Bestandteile und die Zuordnung zu einzelnen Gestaltungseinheiten hat dazu beigetragen, die Komplexität von SLEs zu reduzieren und gleichzeitig neu zu ordnen. Eine erste Validierung und Modifikation des Modells hat darüber hinaus zu einer Verbesserung des ersten hypothetischen Modells geführt.

Aus der Datenanalyse ging jedoch auch hervor, dass der erste Modellentwurf als prototypisches Werkzeug zur SLE-Gestaltung als nicht ausreichend eingeschätzt wurde, sodass im vorliegenden Abschnitt eine auf den Ergebnissen aufbauende Erweiterung in Form eines Frameworks erfolgt (vgl. Abbildung 4.1), um ein umfängliches Verfahrensmodell im Rahmen eines Gesamtkonzeptes zeichnen zu können. Hierzu wird zunächst auf das Zusammenspiel der in Abschnitt 3.5.2.3.3 überarbeiteten Entwurfsmuster eingegangen, die durch das neu entwickelte Beziehungsgeflecht an Qualität und Struktur gewinnen. Offenkundige Verbindungsknoten werden im Framework entsprechend visualisiert und in einer Legende beschrieben (vgl. Abbildung 4.2). Am Ende des Abschnittes wird das erläuterte Framework mit den Erkenntnissen aus Teilstudie 1 verbunden, sodass im finalen Ergebnis das Gesamtkonzept präsentiert werden kann.

Da das Framework auf Basis einer netzwerkartigen Struktur entwickelt wurde, lassen sich zunächst alle Faktoren über mehrere Schritte untereinander verbinden. Dies symbolisiert die Ganzheitlichkeit des SLE-Konstruktes. Zugleich ist es möglich, direkte und indirekte Beziehungen zwischen den SLE-Ebenen, den einzelnen Faktoren sowie den involvierten Fachdisziplinen zu erkennen und für die Gestaltungsarbeit zu nutzen.

Bei der Positionierung der Entwurfsmuster und Faktoren im Framework wurde explizit darauf geachtet, dass möglichst direkte Verbindungen bzw. Abhängigkeiten durch eine unmittelbare Nähe zueinander visualisiert werden konnten. So wurde beispielsweise die „partizipative Unternehmenskultur“ bewusst unterhalb der Entwurfsmuster (A), (B), (C) und (D) platziert, um die darin enthaltenden Faktoren als „grundlegend“ bzw. als Basis zu kennzeichnen. Weiterhin wurde das Entwurfsmuster (D) zur Gestaltung der „Hybriden Assistenz“ bewusst mittig im Framework angeordnet, da sich darin die spezifische Besonderheit eines SLEs manifestiert. Darüber hinaus ergibt sich eine sequenzielle, „spiralförmige“ Abfolge der Entwurfsmuster, die bei der Nutzerzentrierung (A) beginnt und sich über die Ausgestaltung didaktischer Vielfalt (B) und das Entwerfen eines hybriden Lernraumes (C) bis hin zur Entwicklung einer hybriden Lernassistenz (D) als finale Gestaltungsphase erstreckt.

Das Entwurfsmuster (A) zur Gestaltung einer „Nutzerzentrierung“ wurde bewusst mit dem Erfolgsfaktor „Employability (A2)“ in einen direkten Bezug zur Unternehmenskultur durch „Empowerment“ gesetzt. Direkte und ausgeprägte Abhängigkeiten und Wechselwirkungen wurden durch dicke Pfeile gekennzeichnet, die in beide Richtungen zeigen (vgl. Legende Abbildung 3.41). Eine Selbstbefähigung (Empowerment) der Mitarbeiter*innen fördert entsprechend ihre Beschäftigungsfähigkeit (Employability) wohingegen sich ausgeprägte Beschäftigungsfähigkeit positiv auf die Selbstbefähigung auswirkt. Darüber hinaus stehen die Faktoren „Selbstführung (vs. Zielvereinbarung)“ in einem Zusammenhang mit „Profiling (A3)“, da ein kontinuierliches Profiling durchaus von den Mitarbeiter*innen direkt gesteuert werden sollte, sofern die „partizipative Unternehmenskultur“ dies unterstützt.

Abbildung 4.1
figure 1

SLE-Framework mit probabilistischen Beziehungen zwischen Faktoren und SLE-Ebenen

Das Entwurfsmuster (B) der „Didaktischen Vielfalt“ wurde mit dem Erfolgsfaktor des „Arbeitsplatzorientierten Lernens (B7)“ in einen direkten, ausgeprägten Bezug zur Nutzerzentrierung mittels „Persönlicher Lernumgebung (A6)“ gestellt, da eine PLE wie in Abschnitt 2.1.2.4 dargelegt, arbeitsplatzorientierte und informelle Lernformen unterstützt. Die Anforderung einer didaktischen Vielfalt von SLEs wird u. a. durch die Mindestanforderungen des „Hybridisierten (B11) und Toolkit-unterstützten Lernens (B10)“ erzielt, die in einer direkten und ausgeprägten Verbindung zum Entwurfsmuster (C) des „Hybriden Lernraumes“ stehen. Wenn didaktische Vielfalt durch Toolkit-unterstütztes Lernen erreicht werden soll, dann werden „digitale und analoge Lerntools (C13)“ benötigt. Dasselbe gilt für hybridisierte Lernformen, die nur erreicht werden können, wenn eine „physisch integrierte IoT-Technologie (C18)“ im Raum installiert ist, die im Ergebnis zu hybriden Lernräumen führt.

Abbildung 4.2
figure 2

(Eigene Darstellung)

Legende zur Beschreibung der Verbindungsknoten im SLE-Framework

Das Entwurfsmuster (C) steht mit dem Faktor des „physisch integrierten IoT (C18)“ im Lernraum in einer direkten und ausgeprägten Abhängigkeit zum Entwurfsmuster (D), da nur durch Anwendung eines „prozessual integrierten IoTs (D20)“ assistierte und hybridisierte Lehr- und Lernprozesse erzielt werden können. Aus dem Framework lässt sich zudem eine besonders starke Wechselbeziehung zwischen den Faktoren B11 („hybridisiertes Lernen“), C18 („physisch integriertes IoT“) und D20 („prozessual integriertes IoT“) erkennen, die sich über insgesamt drei Gestaltungsbereiche hinweg erstreckt. Darüber hinaus steht das Entwurfsmuster (D) zur „Hybriden Lernassistenz“ in seiner zentralen Position in einer direkten Abhängigkeit zur Unternehmenskultur sowie zur Nutzerzentrierung, da ein „Empfehlungssystem (D24)“ die „Employability (A2)“ stärkt und ein strategisches Empowerment befördert. Die Entwicklung eines Empfehlungssystems (D24) macht letztlich nur dann Sinn, wenn es das Ziel des Unternehmens ist, die Mitarbeiter*innen langfristig über selbstgesteuerte und informelle Lernformen weiterbilden zu wollen. Weitere Rückkopplungseffekte bestehen zwischen den Faktoren D19 („Identifizierung der Lerngegenstände und Lerninhalte“), B12 („Personalisiertes Lernen“) und A1 („Bedarfserhebung“). Entsprechende Abhängigkeiten sind zwischen den Entwurfsmustern A, B und D zu lokalisieren.

Die eben beschriebenen direkten und indirekten Wechselwirkungen basieren auf einem subjektiven Ausschnitt einer Vielzahl an möglichen Interpretationen. Der Vorteil des Frameworks auf Grundlage der Netzwerkstruktur, die sich aus den einzelnen Hexagonen zusammensetzt ist, dass die Hexagone gedreht und somit völlig neue Perspektiven und Sichtweisen auf den Gestaltungsprozess erschlossen werden können. Entsprechend ist eine dynamische Nutzung des Frameworks möglich, wobei sich die Modellierung auf Basis der Analysen anpassen lässt.

Das Framework ist demzufolge Entwurfs- und Analysewerkzeug zugleich. Parallel dazu ist es anschlussfähig für weitere Entwurfsmuster, falls dies im Rahmen eines spezifischen Gestaltungsauftrages sinnvoll sein sollte.

Um überraschende Querbezüge modellieren und lokalisieren zu können, wird im Folgenden ein dreidimensionales Framework exemplarisch vorgestellt, mithilfe dessen direkte, Ebenen übergreifende Querverbindungen herausgearbeitet werden können, die über das zweidimensionale Framework hinausgehen (vgl. Abbildung 4.3).

Abbildung 4.3
figure 3

(Eigene Darstellung)

Dreidimensional modelliertes SLE-Framework mit Querverbindungen

Direkte Querbezüge gibt es insbesondere zwischen den Faktoren D21 („Knowledge Ecology“) und A6 („Persönliche Lernumgebung“), zwischen B8 („Kollaboratives Lernen“) und C16 („Multifunktionales und flexibles Mobiliar“), zwischen A5 („Sinn und Motivation“) und C15 („Lernförderliche Raumatmosphäre“) sowie zwischen B9 („Ubiquitäres und adaptives Lernen“) und D22-23 („Big Data Analytics & Privacy by Design“).

Der große Vorteil des Frameworks liegt darin begründet, dass direkte und indirekte Zusammenhänge schnell erkannt und die entsprechenden Gestaltungsschritte abgeleitet werden können. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass alle oben identifizierten und beschriebenen Beziehungen rein probabilistischer Natur sind und das Framework keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Letztlich ist jeder Gestaltungsprozess sehr individuell und von den Rahmenbedingungen der involvierten Personen und Organisationsstrukturen abhängig. Demzufolge wird empfohlen, das Framework nur als Gestaltungsrahmen zu verwenden und bei Bedarf anzupassen. Weitere Implikationen für die Praxis sind dem Abschnitt 4.5 zu entnehmen.

Wie beschrieben ist das o. a. Framework als SLE-Analyse- und Gestaltungswerkzeug zugleich zu verwenden, welches im Folgenden in weitere Handlungsempfehlungen eingebettet wird (vgl. Abschnitt 3.5.1.6), um ein finales Bild der Konzeption zu leisten:

  • Die Unterstützung der Geschäftsführung sowie aller beteiligten Abteilungen ist einzuholen. Direkt involvierte Führungskräfte sind aktiv einzubinden, um im Falle von entscheidungsrelevanten Prozessen zeitnahe Freigaben erhalten zu können

  • Festlegung von ausreichenden personellen, zeitlichen und finanziellen Ressourcen

  • Aufbau eines interdisziplinären Teams je nach Unternehmensgröße und Definieren der involvierten Personen (Lehrende & Lernende, HR, IT, Marketing, Betriebsrat, Datenschutz, UX, Facility Management und ggf. weitere)

  • Bei Bedarf Aufbau externer Kooperationen (z. B. IASLEFootnote 1)

  • Ausarbeitung einer Kommunikations- und Beteiligungsstrategie für die Belegschaft im Sinne einer partizipativen Co-Kreation

  • Ausarbeitung einer formativen Feedback- und Verbesserungsstrategie, um Nutzer*innen frühzeitig einzubinden und die SLE Aktivitäten kontinuierlich zu evaluieren

  • Entwicklung eines ersten didaktisch fundierten SLE-Prototypen auf Basis des SLE-Frameworks, das dann sukzessive in die (IT-) Entwicklung überführt wird

    1. o

      Prototypen-Entwicklung kann im Rahmen eines Design Sprints innoviert werden (vgl. Abschnitt 4.5)

  • Schrittweise und kontinuierliche Realisierung von vernetzten SLE-Interaktionen, die im Prototypen entworfen wurden. Systematische Umsetzung und Ausarbeitung aller Teilbereiche im Framework auf Basis des Prototypenentwurfs. Eine Durchführung von regelmäßigen Design Sprints unterstützen einen anhaltenden Gestaltungsprozess, bei welchem auf Basis einer kontinuierlichen Verbesserungsstrategie regelmäßig Feedback eingeholt & Anpassungen bzw. Erweiterungen vorgenommen werden.

4.2 Beantwortung der Forschungsfragen

Die vorliegende Forschungsarbeit trägt dazu bei, die in den Kapiteln 1 und 3 abgeleiteten Forschungsfragen und die in Abschnitt 2.4.2 extrahierten Forschungslücken zu schließen. Die zentrale Fragestellung lautet hierbei, ob und wie das Technologiekonstrukt Internet der Dinge in Form von intelligenten und hybriden Lernräumen auf Lehr- und Lernprozesse angewendet werden kann. Im Folgenden dienen die verschiedenen gewonnenen Ergebnisse des Literature Reviews und der empirischen Studien zur Beantwortung der einzelnen Forschungsfragen.

Forschungsfrage F1:

Welche neuen Lehr- und Lernformate entstehen durch das Internet der Dinge?

Das Literature Review hat ergeben, dass die Anwendung des Internet der Dinge auf Lehr- und Lernprozesse ein bisher nahezu unerschlossener, wissenschaftlicher Bereich im nationalen wie auch internationalen Bereich darstellt. Die in diesem Zusammenhang identifizierten Publikationen oder Studien beschäftigten sich nahezu alle mit der Frage, wie „IoT-Kompetenzen“ aufgebaut werden können und nicht mit der Frage, wie das IoT Lehr- und Lernprozesse bereichern könnte (vgl. Abschnitt 2.2.2). Mittels dezidierter Analysen über sekundäre Suchbegriffe konnte im Rahmen der vorliegenden Untersuchung belegt werden, dass es sich bei dem Lehr- und Lernformat „Smart Learning Environments“ um neue Lehr- und Lernformate handelt, die durch Übertragung von IoT auf Lernprozesse zustande kommen. Demzufolge entstehen durch das Internet der Dinge „Smart Learning Environments“ als neues Lehr- und Lernformat.

Forschungsfrage F1.1:

Wie können Lernprozesse durch das Internet der Dinge unterstützt werden?

Das Literature Review hat zusammen mit den Studien ergeben, dass die Besonderheit in der Übertragung von Funktionalitäten des Internet der Dinge auf Lehr- und Lernprozesse in der Fähigkeit der Hybridisierung liegt. Durch IoT-basierte Lehr- und Lernprozesse können zum einen vorhandene Brüche zwischen informellen und formalen Lernformen nicht nur minimiert, sondern sogar fließend miteinander verbunden und damit die Lehr- und Lernqualität erhöht werden. Das Internet der Dinge ermöglicht darüber hinaus bis dahin ungeahnte Möglichkeiten im Hinblick auf ein assistiertes und fließendes lebenslanges Lernen (am Arbeitsplatz), das derzeit aufgrund der Digitalisierung eine besondere Aufmerksamkeit erfährt. Parallel dazu fördert das Internet der Dinge innovative und zugleich nützliche Lernformen der Gestalt, dass zwischen physischen und digitalen Lernformen fließend gewechselt werden kann. Dabei werden physische Lerninhalte auf Knopfdruck digitalisiert und digitale Inhalte im physischen Lernraum „vergegenständlicht“.

Durch das Internet der Dinge werden schlussendlich zwei bereits etablierte Lernformen, Ubiquitous und Adaptive Learning verbunden, die in ihrer Gesamtheit zu Smart Learning Environments verschmelzen und in der Summe über bereits bekannte Lehr- und Lern-Funktionalitäten hinausgehen.

Forschungsfrage F1.2:

Welche charakteristischen Einflussbereiche zeichnen intelligente und hybride Lernräume aus?

Die Befunde aus der vorliegenden Untersuchung haben ergeben, dass intelligente und hybride Lernräume im Sinne von SLEs von mehreren Faktoren abhängig sind, die sich innerhalb folgender Einflussbereiche einordnen lassen:

  1. 1.

    Partizipative Unternehmenskultur

  2. 2.

    Nutzerzentrierung

  3. 3.

    Didaktische Vielfalt

  4. 4.

    Hybrider Lernraum

  5. 5.

    Hybride Lernassistenz

Der SLE-Gestaltungsprozess setzt dabei auf einem eingangs analysierten Reifegrad der partizipativen Unternehmenskultur auf und wird sequenziell von 1 bis 4 ausgestaltet. Auf Basis einer soziotechnischen und interdisziplinären Perspektive müssen demzufolge alle Einflussbereiche in einem harmonischen Zusammenspiel entwickelt werden.

Forschungsfrage F1.3:

Welche Erfolgsfaktoren müssen bei einer Gestaltung von intelligenten und hybriden Lernräumen berücksichtigt werden?

Eine pädagogisch fundierte Ausgestaltung von intelligenten und hybriden Lernräumen (SLEs) stellt eine komplexe Aufgabe dar. Das in Abschnitt 4.1 entwickelte Framework stellt ein Planungswerkzeug dar, das relevante Faktoren disziplinenübergreifend bündelt. Auf dieser Basis kann ein systematisches Verfahren im Gestaltungsprozess abgebildet werden. Da die pädagogische Wirklichkeit durch eine Vielzahl an Faktoren beeinflusst wird, stellen die extrahierten Erfolgsfaktoren lediglich eine Auswahl im Sinne reduzierter Komplexität dar und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die über das Literature Review identifizierten und über quantitative sowie qualitative Verfahren validierten Erfolgsfaktoren sind der Abbildung 4.4 zu entnehmen:

Abbildung 4.4
figure 4

(Eigene Darstellung)

Erfolgsfaktoren zur Gestaltung von SLEs

Da es sich bei den herausgearbeiteten Faktoren in Abbildung 4.4 um ein idealtypisches Bild von Smart Learning Environments handelt, wurden darüber hinaus sieben Faktoren festgelegt, die bei entsprechender Berücksichtigung im Gestaltungsprozess zumindest SLE-Interaktionen mit einem Reifegrad der Stufe 3 entwickeln lassen. Hierfür müssen die folgenden Mindestanforderungen (MA) erfüllt bzw. umgesetzt werden:

  1. 1.

    Bedarfserhebung

  2. 2.

    Toolkit-unterstütztes Lernen

  3. 3.

    Hybridisiertes Lernen

  4. 4.

    Digitale & analoge Lerntools

  5. 5.

    Physisch integriertes IoT

  6. 6.

    Identifizierung von Lerngegenständen & Lerninhalten

  7. 7.

    Prozessual integriertes IoT

Forschungsfrage F1.4:

Wie könnte ein didaktisch fundiertes Modell zur Gestaltung von intelligenten und hybriden Lernräumen aussehen?

Die befragten Expert*innen der vorliegenden Untersuchung waren sich einig darüber, dass bei der Konzeption von intelligenten und hybriden Lernräumen die Lernenden selbst sowie die zugrundeliegenden didaktischen Konzepte Ausgangspunkte für jegliche Gestaltungsarbeit sein müssen. Die Literaturanalysen zeichneten ein ähnliches Bild. Dennoch ist es verwunderlich, dass insbesondere bei technisch getriebenen Neuentwicklungen wie SLEs, die Bedürfnisse der Nutzer*innen oftmals in den Hintergrund geraten. Parallel dazu ist es wichtig, wirkliche Mehrwerte zu erzeugen und nicht ausschließlich auf technische Innovationen zu setzen. Von daher ist eine gesunde Balance zwischen sozialen und technischen Gestaltungsaspekten das Fundament, auf dem nützliche, bedarfsorientierte und nachhaltige Lösungen entwickelt werden können. Zusätzlich zur soziotechnischen Perspektive müssen auch raumsoziologische Faktoren berücksichtigt werden, um eine lernförderliche Atmosphäre gestalten zu können.

Entsprechend bildet das im Rahmen der vorliegenden Studie entwickelte, soziotechnische Modell (vgl. Abbildung 4.3) transdisziplinäre Ebenen im Gestaltungsprozess ab, die erst in ihrem harmonischen Zusammenwirken didaktisch fundierte SLEs erzeugen lassen. Das Entwurfsmuster der Nutzerzentrierung wurde als Startpunkt (A) definiert, wobei die sequenzielle Abfolge dafür sorgt, dass intelligente und hybride Lernangebote auf wahren Bedürfnissen beruhen und gleichzeitig andere Teilaspekte wie z. B. grundlegende Anforderungen im Hinblick auf die Tageslichtgestaltung nicht vergessen werden können. Das Modell dient als Analyse-, Planungs- und Gestaltungswerkzeug, das darüber hinaus konkrete Abhängigkeiten der Faktoren und Einflussbereiche untereinander erkennen lässt. Das darauf aufbauende Framework (Abbildung 4.1) liefert ein umfassendes Bild über den Gestaltungsprozess von SLEs und beinhaltet konkrete Handlungsempfehlungen.

Forschungsfrage F2:

Wie kann der Lernraum die darin stattfindenden Lernprozesse unterstützen?

Die Befunde der Studien haben ergeben, dass sich die Raumgestaltung direkt auf Lehr- und Lernprozesse auswirkt. Um das Prinzip einer didaktischen Vielfalt durch den Lernraum befördern zu können, muss der Raum vor allem über eine hoch flexible und multifunktionale Möblierung verfügen. So können z. B. leichte, quadratische Sitzhocker zu kleinen Podesten oder Trennwänden umgebaut oder auch Pinn/Foam Boards zu Raumteilern umfunktioniert werden. Als praktisch erwiesen haben sich in diesem Zusammenhang Möbel, die sich klappen, stapeln oder rollen lassen. Auf diese Weise können einfach und schnell unterschiedlichste Lehr- und Lernformen umgesetzt werden, die in unterschiedlichen Raumecken, im Stuhlkreis, in U-Form oder in kinoartigen Settings durchgeführt werden können. Lernräume müssen quasi zum aktiven Lernen einladen, indem sie vielfältigste analoge oder auch digitale Materialien anbieten. Unterschiedliche Möglichkeiten zur Visualisierung konnten hierbei als besonders relevant identifiziert werden, wobei große, weiße Flächen an Bedeutung gewinnen, die bestenfalls direkt beschreibbar sind. Zusätzlich muss der Raum durch die Lernenden angeeignet werden können, d. h. dass eine gewisse Form der Personalisierung im Raum möglich sein sollte, z. B. dadurch, dass sich einzelne Lerngruppen in unterschiedlichen Bereichen zurückziehen können. Ein fließender Übergang des abgegrenzten Lernraumes in ein architektonisches Gesamtkonzept, das auch außerhalb typischer „Kreativräume“ unterschiedliche Arbeitszonen sowie Außenbereiche anbietet, fördert abwechslungsreiche und aktive Lernformen.

Eine IoT integrierte Technologie im Lernraum gewährleistet darüber hinaus einen fließenden Wechsel zwischen digitalen und analogen Lernformen, indem z. B. per Knopfdruck Lernergebnisse digitalisiert oder andersherum digitale Inhalte ausgedruckt oder anderweitig „vergegenständlicht“ werden können. Dadurch wird der Raum hybridisiert, so dass Lernergebnisse aus formalen Lernsettings einfach in informelle Lernaktivitäten z. B. mittels einer PLE überführt werden können. Entsprechend ist eine Integration von IoT-Komponenten in Möbel und Architektur ein wichtiger Faktor, um Lehr- und Lernprozesse im Raum unterstützen zu können.

Insgesamt zeigen die Endergebnisse, dass der physische Lernraum an sich eine neue Qualität in der Form erfährt, dass es weniger um reine Wissensvermittlung als um intensiven Austausch geht. Inhalte können heutzutage einfach über Netzwerke bzw. das Internet abgerufen werden, eine kritische Bewertung dessen bzw. auch eine Übertragung auf individuelle Belange hingegen benötigen diskursiven Austausch. Entsprechend müssen digitale und analoge Lerngegenstände und Lernmaterialien zur Verfügung stehen, die insbesondere für kreative und kollaborative Lernmethoden geeignet sind.

Forschungsfrage F2.1:

Wie kann eine lernförderliche Raumatmosphäre erzeugt werden?

Im Zusammenhang einer lernförderlichen Atmosphäre konnten überwiegend indirekte Faktoren ermittelt werden, die anscheinend in vergangenen Planungsprozessen weniger stark berücksichtigt wurden und von den in der Untersuchung involvierten Expert*innen in der Regel als „negativ empfundene Einflussfaktoren“ beschrieben wurden. Eine lernförderliche Raumatmosphäre wurde sehr oft im Zusammenhang mit „körperlich Wohlfühlen“ genannt – damit ist insbesondere eine gute Beleuchtung gemeint, die viel Tageslicht bietet und in gedimmten Versionen für harmonische Lichteffekte sorgt. Dazu zählt zudem ein angenehmes Raumklima, welches durch regelmäßige Frischluftzufuhr und viele Fenster gefördert werden kann. Zusätzlich dazu sind Beschattung und Heizung notwendig, um effektive Lehr- und Lernszenarien umsetzen zu können. Akustische Störgeräusche sind überdies zu minimieren und im Gesamtkonzept zu berücksichtigen. Obwohl all jene Aspekte als „grundlegende“ Anforderungen zusammengefasst werden konnten kann festgestellt werden, dass diesbezüglich anscheinend einige Unzulänglichkeiten in Erscheinung treten, die sich z. B. durch unbefriedigende Lichtverhältnisse oder unangenehme klimatische Rahmenbedingungen äußern. Studien haben gezeigt, dass etablierte und gängige IoT-Standardlösungen (aus dem SmartHome-Umfeld) durch automatisierte Voreinstellungen sowie personalisierte Ad Hoc Einstellungen via App dafür sorgen können, dass zumindest klimatische Grundanforderungen erfüllt werden, die sich positiv auf Lehr- und Lernprozesse insgesamt auswirken (Lei u. a., 2013).

In Ergänzung dazu haben die Befunde gezeigt, dass auch „schöne“ und eher gestalterische Aspekte eine lernförderliche Atmosphäre erzeugen. Hierzu zählen Formen, Strukturen, Materialien, Oberflächen und Farben des Raumes oder auch Blumen, Pflanzen, Gemälde, Bücher oder gar Antiquitäten, die eher an das heimische Wohnzimmer als an ein Büro oder Lernraum erinnern. Aktuelle „Co-Working“ Raumkonzepte, die gezielt neue und alte Stilelemente durch Upcycling verbinden, können dazu beitragen, dass eine inspirierende und lebendige Arbeitsatmosphäre entsteht. Es sollte explizit darauf geachtet werden, dass die Lernräume „nicht zu gestylt und zu einheitlich“ sind. Das bedeutet, dass ein Werkstatt-Ambiente aktive und kollaborative Lernformen eher befördert als ein aufgeräumter, steriler „Hightech-Raum“.

Forschungsfrage F2.2:

Welche Anforderungen an die Gestaltung von Lernräumen gibt es?

Im Rahmen des Gesamtergebnisses der vorliegenden Studien können folgende Anforderungen an die Gestaltung von Lernräumen zusammengefasst werden:

  1. 1.

    Grundlegende Anforderungen hinsichtlich Beleuchtung, Beschattung, Kühlung, Heizung, Luftqualität und Akustik müssen erfüllt werden

  2. 2.

    Eine lernförderliche Raumatmosphäre ist durch eine harmonische Abstimmung von Farben, Strukturen und Möbeln, dem gezielten Einsatz von Lichtinstallationen sowie der Verwendung von „Wohnzimmer-Elementen“ wie Bücher, Pflanzen, Sofas etc. zu erzeugen

  3. 3.

    Der Lernraum ist mit multifunktionalem und flexiblem Mobiliar ausgestattet, sodass die Lernenden vielseitige Lernkonstellationen erzeugen können

  4. 4.

    Der Lernraum ist zwar physisch begrenzt, geht jedoch fließend in ein architektonisch stimmiges Gesamtkonzept über, so dass die Lernenden weitere Arbeits- /Rückzugszonen oder Außenbereiche nutzen können

  5. 5.

    Technische (IoT-) Komponenten wie Sensoren, Aktoren oder Steuerungseinheiten sind unsichtbar in die Architektur bzw. das Mobiliar zu integrieren. Bestenfalls werden auch Screens erst dann sichtbar, wenn diese benötigt werden.

  6. 6.

    Der Lernraum bietet eine große Auswahl an unterschiedlichen digitalen und analogen Lerntools, die die Lehr- und Lernprozesse auf unterschiedlichen Ebenen unterstützen. Darüber hinaus müssen die digitalen Lernwerkzeuge in einem fließenden Zusammenwirken ohne mediale Brüche genutzt werden können

4.3 Limitationen der Untersuchung

In den vorangehenden Kapiteln wurden die verschiedenen Datenerhebungen beschrieben. Diese unterliegen einigen Limitationen, so dass deren Ergebnisse nicht uneingeschränkt und in jedem Kontext für gültig angenommen werden können. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die Studien mit IoT-Trainer*innen sowie Akademikern in überwiegend hohen Leitungspositionen als Forschungssubjekten ihren Fokus auf eine spezielle Sichtweise legen. Eine Befragung von Lehrenden und Akademikern aus weniger wissensintensiven Wirtschafts- oder Forschungsbereichen hätte unter Umständen zu anderen Erkenntnissen geführt.

Weiterhin handelt es sich bei den Erhebungen um Querschnittsstudien, die mögliche Anwendungsformen des Internet der Dinge auf Lehr- und Lernprozesse in Form von intelligenten und hybriden Lernräumen zu einem bestimmten Zeitpunkt abbilden. Um Veränderungen und somit dynamische Prozesse untersuchen zu können, müssten die jeweiligen qualitativen wie quantitativen Datenerhebungen über einen längeren Zeitraum stattfinden bzw. nach einer gewissen Zeit wiederholt werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des rasanten technologischen Fortschritts, so dass bis heute eher unrealistisch scheinende IoT-basierte Lehr- und Lernprozesse in den kommenden Jahren durch Weiterentwicklungen in den Bereichen Datenschutz und Datensicherheit unter Umständen zum Standard werden könnten. Parallel dazu gibt es eine kontinuierliche Weiterentwicklung von Technologien, so dass zukünftig eine immer größer werdende Anzahl von Geräten mit IoT-Produkten, -Services und -Plattformen vernetzt werden können. Herausragende technologische Innovationen, die insbesondere auch im IoT-basierten Umfeld entwickelt werden, zeigt die jährlich stattfindende Technologie Messe CESFootnote 2 in Las Vegas, wobei das Internet der Dinge als eine der Schlüsseltechnologien der Zukunft propagiert wird. Im Weiteren werden die spezifischen Limitationen des Forschungsprozesses dargestellt und im Rahmen der separaten Studien reflektiert.

Limitationen gestaltungsorientierter Forschung

Trotz des hohen Innovationspotenzials und einer gelungenen Verbindung von Theorie und Praxis, die seit Jahrzehnten im wissenschaftlichen Umfeld gefordert wird, sieht sich der noch junge DBR-Ansatz mit dem Problem der wissenschaftlichen Anerkennung konfrontiert. Die klassischen Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität werden Kritikern zufolge nicht ausreichend erfüllt. Die Autoren Wang und Hannafin (2005, S. 19) verweisen auf insgesamt vier Herausforderungen, die DBR-Ansätze implizieren: (a) Unreife Methodik, (b) Anwendbarkeit und Machbarkeit, (c) Paradigmenwechsel und (d) der Umgang mit dem Datenmaterial.

Iterative Arbeitsweisen wie sie im Design gelehrt werden, sehen in der Regel mehrere Iterationen vor, die aufgrund der damit erhobenen hohen Datenmengen in wissenschaftlichen Projekten eher schwer umzusetzen sind. Im vorliegenden Forschungsprozess wurden insgesamt zwei DurchläufeFootnote 3 zur Verbesserung und zum Re-Design unternommen, so dass nur Teilaspekte und kein klassischer, umfassender DBR-Ablauf umgesetzt werden konnte. Die Ergebnisse des DBR-Forschungsvorhabens sind jedoch gut für sich anschließende Forschungen geeignet (vgl. Abschnitt 4.6), die vertiefende Rückkopplungsprozesse evaluieren und die wissenschaftlichen Befunde konkretisieren.

In einem Literatur-Review zum aktuellen Stand des DBR-Ansatzes aus 2012 schlussfolgern die Autoren Anderson und Shattuck (2012), dass das Interesse an DBR insbesondere in den USA zunimmt und dass die Ergebnisse einen begrenzten Nachweis dafür liefern, dass die Methodik ihren versprochenen Nutzen einhalten kann. Gleichzeitig weisen sie darauf hin, dass im Zuge der Weiterentwicklung der Methodik ein vorsichtiger Optimismus festgestellt werden kann (Anderson & Shattuck, 2012).

Limitationen der Teilstudie 1

Limitierungen der Teilstudie 1 ergeben sich überwiegend aus dem nur auszugsweise vorhandenen Datenmaterials in Form von Feldnotizen, Fotos und Fragebögen sowie in den eher unkonkreten Konzepten sozialwissenschaftlicher Forschung zum Umgang mit Fokusgruppen. Wie bereits im vorhergehenden Abschnitt erläutert, zeichnen sich DBR-Forschungsmethoden durch einen engen Austausch zwischen Theorie und Praxis aus, allerdings ist es in der wissenschaftlichen Praxis schwer, Erhebungssituationen wie „Workshops“ vollständig zu dokumentieren und entsprechend systematisch auszuwerten. Daraus resultiert eine schlechte Vergleichbarkeit von Fokusgruppen-Workshops.

Der Begriff der Fokusgruppen-Workshops bezeichnet ein moderiertes Diskursverfahren, bei dem eine Kleingruppe durch einen Informationsinput zur Diskussion über ein bestimmtes Thema angeregt wird. Die Arbeit mit Fokusgruppen eignet sich insbesondere als Testverfahren und zur Analyse von Meinungsvielfalt (M. Schulz, 2012). Insofern schien ein Fokusgruppen-Workshop für eine erste Bewertung des hypothetischen Modells geeignet zu sein. In der empirischen Sozialforschung wird im Zusammenhang der Fokusgruppen mehrheitlich auf das Gruppendiskussionsverfahren als „Untersuchungsarrangement“ verwiesen (Flick 1995, S. 186). Es wird explizit betont, dass sich der Begriff der „Gruppe“ auf den Ort der Forschung bezieht. Teilnehmende Beobachtung und Feldforschung werden in ähnlichen Kontexten benutzt und begleiten die sozialwissenschaftliche „Fokusgruppen-Forschung“. Problematisch ist, dass sich die ähnlich verwendeten Begrifflichkeiten schlecht abgrenzen lassen. Insofern wurde versucht, das Verfahren so transparent wie möglich zu dokumentieren, indem die einzelnen Phasen detailliert in den Unterkapiteln 3.5.1.1 bis 3.5.1.6 dargelegt wurden.

Als eine weitere Limitierung kam im Rahmen der quantitativen Erhebungsinstrumente zum Tragen, dass aufgrund einer sehr kurzen Vorlaufzeit von ca. 2 Wochen kein Pretest unternommen werden konnte. Insofern kann es zu Urteilsschwächen bei den Ratingskalen bzw. auch bei der statistischen Auswertung gekommen sein.

Die über die quantitativen Befragungsinstrumente erlangten Ergebnisse sind aufgrund der sehr geringen Stichprobengröße lediglich als eine erste Tendenz zu interpretieren und stellen eine eingeschränkte Aussagekraft der. Um die Schwächen der Teilstudie 1 auszugleichen, wurden die ersten Befunde aus Teilstudie 1 durch weitere Erhebungen ergänzt, die in einem überwiegend qualitativen Untersuchungsdesign im Rahmen der Haupt- sowie Teilstudie 2 durchgeführt wurden.

Limitationen der Hauptstudie

Mit Offenheit kann das wichtigste Alleinstellungsmerkmal von qualitativen Forschungsdesigns gleichzeitig als deren zentrale methodische Einschränkung angesehen werden (Gläser & Laudel, 2010). Durch die Art der Datenerhebung und -auswertung wird zwar ein höherer Detaillierungsgrad der Erkenntnisse als in quantitativen Designs ermöglicht, allerdings resultiert hieraus eine verringerte Vergleichbarkeit der erhobenen Daten (Gläser & Laudel, 2010). Damit einher gehen methodische Probleme beim theoretischen Sampling, da Stichproben nicht exakt planbar sind. Der Einsatz von wissenschaftlichen Gütekriterien, wie sie in der quantitativen Forschung angewendet werden, unterliegt somit verschiedenen Einschränkungen. Ob und wie Gütekriterien in der qualitativen Forschung überhaupt anzuwenden sind, wird in der sozialwissenschaftlichen Literatur eingehend diskutiert (vgl. Abschnitt 3.1).

Interne Validität wird in diesem Zusammenhang in erster Linie über Nachvollziehbarkeit der Analyse erreicht. Dies bedeutet, dass sämtliche Schlussfolgerungen im Material begründet sein müssen. So wurden in der vorliegenden Interviewstudie viele Textbelege gegeben. Zudem liegen sämtliche Interviews in transkribierter Form vor (siehe Anhang). Die Verwendung eines computergestützten Auswertungsverfahrens wird als weiteres Validitätsmerkmal angesehen. Externe Validität im Sinne von Replizierbarkeit und Repräsentativität kann hingegen nicht erreicht werden, schließlich strebt qualitative Forschung keine Generalisierbarkeit der Ergebnisse an. Die Stichprobe der vorliegenden Interviewstudie wurde durch theoretisches Sampling dennoch systematisch geplant, wobei die maximale Kontrastierung unterschiedlich ausgerichtete wissenschaftliche Sichtweisen auf den Untersuchungsgegenstand offenbarten, die stellenweise schwer zu verbinden waren. Entsprechend hätten andere Stichproben gegebenenfalls zu anderen Ergebnissen geführt.

Ferner waren alle Interviewpartner Deutsche, so dass kulturelle Unterschiede nicht berücksichtigt wurden. Im Bereich der Reliabilität ist in der qualitativen Forschung die prozedurale Reliabilität ausschlaggebend und somit die Frage, inwieweit Interpretationen und das Vorgehen des Forschers explizit, also intersubjektiv nachvollziehbar gemacht werden. In der vorliegenden Studie wurden sowohl die Erhebungs- als auch die Auswertungsmethoden eingehend beschrieben. So existiert eine schriftliche Dokumentation des Leitfadens, der jeweiligen Erhebungssituationen und des Interviewverlaufs, eine Transkription sowie ein Kodierleitfaden mit Definitionen der Kategorien, Ankerbeispielen und Kodierregeln (vgl. Unterkapitel 3.5.2.2). Durch den Einsatz der qualitativen Inhaltsanalyse als Auswertungsmethode wird zudem ein gewisser Grad an Objektivität erreicht. Zusätzlich zu den explizierten Forschungsprozessen wurde das Vorverständnis des Forschenden offengelegt (vgl. Abschnitt 3.2).

Eine zusätzliche Limitierung bezieht sich auf die Rolle des Interviewenden. Diesem kommt bei qualitativen Befragungen eine Schlüsselrolle zu, da dieser flexibel auf die Antworten des Interviewpartners eingehen und gleichzeitig zuhören und Sinn verstehen muss. Hierbei kann es durch methodische Fehler des befragenden Forschers zu Verfälschungen von Antworten, sogenannten Interviewer-Effekten, kommen. Bei Experteninterviews hängt die Güte der erhobenen Daten also direkt mit den methodischen Fähigkeiten und der Person des Interviewers zusammen, was zu Einschränkungen der Reliabilität führen kann (Gläser & Laudel, 2010). Die im Rahmen von Experteninterviews hergestellte Gesprächssituation kann zu einem „dialogischen Bias“ führen, so dass die Wirklichkeit verzerrt wiedergegeben wird. Insbesondere kann es zu „reaktiven Effekten“ kommen, also zu Antwort- oder Verhaltensverfälschungen, die durch den Probanden bewusst oder unbewusst hervorgerufen werden. So spricht man von sozialer Erwünschtheit, wenn Interviewpartner versuchen, während des Gesprächs Verhaltensweisen oder Eigenschaften zu betonen, die ihrer Meinung nach positiv behaftet und gesellschaftlich akzeptiert sind. Negativ Behaftetes wird tendenziell eher ausgeblendet oder nicht angesprochen. Durch das Herstellen einer realen Dialogsituation wurde versucht, das Auftreten eines dialogischen Bias zu vermeiden. Daher erfolgte die überwiegende Anzahl der Experteninterviews im Büro der Interviewpartner.

Weiterhin kann es bei Interviewpartnern zu unbewussten „Wahrnehmungseffekten“ kommen, die den Gesprächsverlauf beeinflussen und so die Güte der erhobenen Daten ebenfalls verfälschen können. Hierzu gehört z. B. das Phänomen, dass zuerst oder zuletzt aufgenommene Informationen einen Einfluss auf die Antworten oder das Verhalten eines Interviewpartners haben können.

Im Rahmen der vorliegenden Interviewstudie wurde durch die Art der Fragestellungen versucht, mögliche Wahrnehmungseffekte zu minimieren, wobei die letzte Frage zu möglichen Risiken von IoT-basierten Lehr- und Lernprozessen unter Umständen umfassender beantwortet worden wäre, wenn es nicht die letzte Frage gewesen wäre. Zugleich kam es gelegentlich zu zeitlichen Engpässen, so dass die Interviewpartner nur wenige Sätze zur letzten Frage formulierten. Dem Pretest des Interviewleitfadens kam hierbei eine besondere Bedeutung zu, so dass die Fragen im Vorfeld analysiert, getestet und geschärft werden konnten.

Limitationen der Teilstudie 2

Sowohl die Teilstudie 1 wie auch die Teilstudie 2 unterliegen einigen Limitationen im Bereich der externen Validität. Die Erkenntnisse aus Teilstudie 2 sind insofern nur bedingt valide, da eine Validität im Sinne von Replizierbarkeit und Repräsentativität nicht abgebildet werden konnte. Dies liegt an der geringen Stichprobe.

Die wohl größte Schwäche der Teilstudie 2 liegt darin begründet, dass die 46 abgefragten Merkmale, die zu insgesamt sechs Kategorien zugeordnet waren, untereinander nicht unabhängig waren und sich darüber hinaus nicht eindeutig abgrenzen ließen. Ein Pretest hätte unter Umständen zu Verbesserungen führen können, indem die einzelnen Items schärfer abgegrenzt sowie operationalisiert worden wären. Da der quantitative Fragebogen ein Ergebnis des Pretests zur Hauptstudie war, fehlten für einen Pretest der Teilstudie die notwendigen zeitlichen Ressourcen, da die ersten Interviewtermine bereits fixiert waren. Die eingeschränkte Operationalisierung führte stellenweise auch zu einer verminderten Verständlichkeit der abgefragten Items.

Limitationen ergeben sich darüber hinaus in Bezug eines fehlenden Signifikanztests. Wissenschaftlicher Erkenntnisfortschritt ist im Verständnis des Kritischen Rationalismus maßgeblich theoriegetrieben. Auf Basis der aus der Theorie extrahierten und gebündelten Merkmale in einem Bewertungsbogen wäre eine hypothesenprüfende, explanative Studie möglich gewesen, die auf eine Theorieprüfung ausgerichtet gewesen wäre und die die Erfassung, Ausprägung und Beziehungsarten der identifizierten Merkmale wissenschaftlich hätte prüfen können. Eine statistische Hypothesenprüfung kam aufgrund des in Abschnitt 3.5 dargelegten explorativen Charakters nicht zum Tagen. Zum anderen wäre auch aufgrund der geringen Stichprobe ein Signifikanztest bzw. ein hypothesenprüfendes, inferenzstatistisches Verfahren nicht valide gewesen.

Weitere Urteilsverzerrungen bei der Abfrage der Expertenmeinungen können nicht ausgeschlossen werden, da diese unter Umständen nicht „kritisch genug“ bewertet haben, da letztlich alle aufgeführten Aspekte im Fragebogen Einfluss bzw. Auswirkungen auf Lehr- und Lernprozesse haben.

Eine weitere Limitierung ist dem Umstand zu entnehmen, dass die erste hypothetische Modellierung an wissenschaftstheoretische sowie grafische Grenzen stieß. Gläser und Laudel (2009) präzisieren das Vorgehen einer ersten auf theoretischen Vorüberlegungen beruhenden Modellierung. Es wird darauf hingewiesen, dass das Modell im „günstigsten Fall aus definierten und in Dimensionen strukturierten Variablen besteht, das erste Vermutungen über Kausalmechanismen liefert. In Unterkapitel 3.4. wurde überdies gezeigt, dass sich Modellierungsverfahren in verschiedenen Fachdisziplinen unterschiedlich darstellen. Entsprechend variierten auch die Expertenmeinungen, die sich stellenweise nur schwer vereinen ließen.

Nachdem im vorliegenden Unterkapitel potenzielle Limitationen der Studien aufgezeigt wurden, sollen deren Ergebnisse im Folgenden diskutiert und einer kritischen Bewertung unterzogen werden.

4.4 Diskussion und kritische Bewertung

Ziel der vorliegenden Studien war es herauszufinden, ob und wie man das Internet der Dinge auf Lehr- und Lernprozesse in Form von intelligenten und hybriden Lernräumen anwenden kann. Und obwohl die Interviewpartner Schwierigkeiten in der Übertragung auf Lernformate bzw. Lernräume hatten, konnten erste Erkenntnisse gewonnen werden. Die Ergebnisse der Teilstudie 1 und Teilstudie 2 stützen die Ergebnisse der qualitativen Interviewstudie, dass der Gestaltungsprozess auf einer interdisziplinären Grundlage erfolgen muss. Die Zusammenhänge im Framework zeigen dabei relevante Querbezüge zwischen der Raumgestaltung und didaktischen Prinzipien (vgl. Abschnitt 3.5.2.3.3). Besonders auffällig ist hierbei eine Ebenen übergreifende Abhängigkeit einzelner Faktoren, die sich über unterschiedliche Fachdisziplinen hinweg erstrecken (vgl. Abbildung 4.3).

Ein weiterer herauszustellender Aspekt ist die Tatsache, dass es sich bei Smart Learning Environments um ein theoretisches Konstrukt handelt. Dennoch ist es den Expert*innen im Rahmen der Teilstudie 1 leichtgefallen, IoT-basierte Lehr- und Lernszenarien zu entwickeln, wahrscheinlich deshalb, weil die Fachexperten als IoT-Trainer*innen bereits sehr mit dem Technologiekonstrukt Internet der Dinge vertraut waren. Darüber hinaus hat auch die Interviewstudie erste konkrete Entwicklungsansätze hervorgebracht, die im Rahmen der exemplarischen SLE-Interaktionen in Abschnitt 3.5.2.3.3 erläutert wurden. Doch obwohl es in der vorliegenden Untersuchung explizit um Anwendungsmöglichkeiten des Internet der Dinge auf Lehr- und Lernprozesse in Form von SLEs ging, sollten in konkreten Planungsvorhaben stets die Lehrenden und Lernenden mit ihren Bedürfnissen im Vordergrund stehen, wobei die zu verwendenden Technologien zweitrangig sind.

Es ist zu konstatieren, dass im Zusammenspiel zwischen Technologien und (neuen) Lehr- und Lernformaten stets die Erzeugung von didaktischen Mehrwerten im Zentrum stehen muss. Dabei stellt die verwendete Technologie ein Mittel zum Zweck dar und ersetzt nicht das zugrundeliegende Ziel. Lernen ist ein komplexer Vorgang, bei welchem v. a. auch Emotionen und intrinsische Motivationen ausschlaggebende Faktoren darstellen, die nicht direkt gesteuert werden können. Indirekte förderliche Rahmenbedingungen, die zu einer didaktisch fundierten Gestaltungsarbeit von SLEs beitragen, wurden im Rahmen des modifizierten Modells in Abschnitt 4.1 zusammengeführt. Dabei konnte eine Vielzahl an involvierten Faktoren identifiziert werden, die ein systematisches Verfahren im Gestaltungsprozess unterstützen können. Gleichzeitig handelt es sich hierbei um einen idealtypischen Gestaltungsprozess. Die im Rahmen der vorliegenden Arbeit geforderten Anforderungen können demzufolge im praktischen Einsatz unter Umständen zu Schwierigkeiten führen. Aufwand und Nutzen einer SLE-Entwicklung müssen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Entsprechend sind die vorliegenden Ergebnisse als ein Gestaltungsrahmen zu betrachten, der auf Grundlage der organisationalen Belange zu modifizieren ist. Parallel dazu sollten jedoch die identifizierten Mindestanforderungen eingehalten werden, sofern es sich im Gestaltungsprozess um IoT-basierte SLEs handelt.

Insgesamt kann festgestellt werden, dass Smart Learning Environments eine hohe Differenz zwischen Theorie und Praxis aufweisen. Es konnten keine idealtypischen SLE-Fallbeispiele in der Literatur oder Praxis identifiziert werden. Insofern kann geschlussfolgert werden, dass SLEs wie in der Literatur beschrieben noch nicht existieren. Studien führen zu ersten empirisch gesicherten Befunden, die allerdings nur sehr eingeschränkte SLE- Funktionalitäten in der Praxis untersuchten (Lei u. a., 2013). Selbst die theoretischen Abhandlungen bedürfen aufgrund der noch recht jungen SLE-Forschung mehr gesicherten Erkenntnissen, um derart komplexe Bildungsinnovationen wie SLEs systematischer erforschen und gestalten zu können.

Die vorliegende Untersuchung ist die erste Forschungsarbeit, die sich der Übertragung des Internet der Dinge auf Lehr- und Lernprozesse in Form von SLEs im Umfeld betrieblicher Weiterbildung mit Fokus auf arbeitsplatzorientiertes Lernen widmet. Der theoretische Erkenntnisgewinn äußert sich insbesondere darin, dass festgestellt werden kann, dass eine Übertragung des Internet der Dinge auf Lehr- und Lernprozesse möglich ist. Identifizierte Nutzungskontexte wurden ausführlich in Abschnitt 3.5.2.3 erläutert. Als ein weiterer Erkenntnisgewinn kann der theoretisch hergeleitete Zusammenhang zwischen den Konstrukten „Internet der Dinge“ und „Smart Learning Environments“ aufgeführt werden. Dabei konnte in Abschnitt 2.5 nachgewiesen werden, dass es sich bei IoT-basierten Lehr- und Lernformen um mehr als adaptive und ubiquitäre Lernmethoden handelt, die sich in einem neuen Lehr- und Lernformat mit der Bezeichnung „Smart Learning Environments“ manifestieren. Die vorliegende Arbeit zeichnet ein umfassendes und holistisches Bild über IoT-basierte Bildungsinnovationen, die bisher in getrennten Fachdisziplinen und voneinander losgelösten Konzepten erforscht wurden.

Der wohl größte Erkenntnisgewinn resultiert demzufolge aus einer transdisziplinären Zusammenführung unterschiedlicher SLE-Gestaltungsansätze in einem Gesamtkonzept. So konnten wesentliche Forschungslücken bisheriger SLE-Forschung (vgl. Abschnitt 2.4.2) adressiert werden, indem die bis dato einseitig entwickelten Konzepte systematisch aufgebrochen und involvierte Fachdisziplinen und SLE-Gestaltungsbereiche ganzheitlich betrachtet wurden. Architektonische Gestaltungsprinzipien sowie auch organisationale Aspekte wurden gezielt analysiert und mit didaktischen und informationstechnischen SLE-Merkmalen verwoben. Auf diese Weise entstand ein holistisches, interdisziplinäres und soziotechnisch ausgerichtetes Konzept, das den SLE-Gestaltungsprozess wissenschaftlich fundiert und ganzheitlich begleitet.

Insbesondere die Interviewstudie liefert einen wichtigen Beitrag zum theoretischen Erkenntnisgewinn der SLE-Forschung. So ist das auf Basis der Interviewstudie validierte und re-designte SLE-Modell das erste seiner Art, das die Anwendung von SLEs in der Praxis adressiert und als Analyse- sowie Planungswerkzeug genutzt werden kann. Das darauf aufbauende Framework liefert darüber hinaus einen SLE-Gestaltungsrahmen, der die im Modell zusammengefassten Faktoren innerhalb verschiedener Facetten, also Ebenen, Kategorien und Faktoren auffächert und deutliche Querbezüge untereinander erkennen lässt.

Durch das Literature Review sowie die qualitative Interviewstudie wurde der Versuch unternommen, eine weitgehend einheitliche ontologische Basis mit Kategoriensystem zu konzipieren, die im Rahmen von organisationalen SLE-Gestaltungsprozessen als Handlungsempfehlungen dienen. Einer bisher unzureichenden Systematisierung in der bisherigen SLE-Forschung konnte so begegnet werden, indem Entwurfsmuster für die Konstrukte „Nutzerzentrierung (A)“, „Didaktische Vielfalt (B)“, „Hybrider Lernraum (C)“ und „Hybride Lernassistenz (D)“ entwickelt wurden. Die Identifizierung involvierter Erfolgsfaktoren und die Zuordnung in ein kohärentes Kategoriensystem wurde empirisch validiert und kann als Grundlage für zukünftige Arbeiten im Bereich der Smart Learning Environments-Forschung dienen (vgl. Abschnitt 4.6). Kritisch anzumerken ist, dass das Re-Design der einzelnen Entwurfsmuster sowie die Zusammenführung in eine SLE-Framework (vgl. Abbildungen 4.1 und 4.3) nicht erneut validiert wurden. Eine konkrete Definition der einzelnen Kategorien und eine detaillierte Beschreibung der Faktoren, die stellenweise zu sehr kleinteiligen Differenzierungen in Abschnitt 3.5.2.3.3 führten, operationalisiert die jeweiligen Nutzungskonstrukte in reflektiver Weise.

Diese neuen Erkenntnisse sind nicht zwingend als Indiz zu werten, dass sich die Konstrukte A, B, C und D mithilfe der Entwurfsmuster gestalten lassen, da letztlich nur in realen Kontexten valide Zusammenhänge zwischen Kategorien und Faktoren einerseits sowie zwischen der Verwendung der Entwurfsmuster und den damit erzeugten Realitäten andererseits, nachgewiesen werden können. Das auf Basis probabilistischer Beziehungen beruhende Framework bietet entsprechend viel Potenzial für aufbauende Forschungsarbeiten. Ein wichtiger Schritt in Richtung Praxistransfer ist zudem die kontinuierliche Weiterentwicklung der Erkenntnisse. Dies geht über eine reine Empfehlung von allgemeinen Handlungsempfehlungen hinaus und ermöglicht eine passgenaue Implementierung der Forschungsergebnisse in einem höchst diversifizierten Forschungsfeld (vgl. Abschnitt 4.5).

Ein zusätzlicher Erkenntnisgewinn lässt sich aus dem triangulativen Forschungsprozess der vorliegenden Arbeit ableiten, der in Teilbereichen ein iteratives DBR-Verfahren abbildete, um theoretisch erlangte Erkenntnisse in der Praxis zu evaluieren. Insbesondere die Teilstudie 1 liefert einen wichtigen Beitrag zum theoretischen Erkenntnisgewinn in der Form, dass mögliche Anwendungsszenarien IoT-basierter Lehr- und Lernprozesse innoviert werden konnten. Relevante Erkenntnisse konnten darüber hinaus in Bezug zu organisationalen Rahmenbedingungen erlangt werden.

Bei einem systematischen Vergleich zwischen empirischen Befunden aus der Weiterbildungsforschung (vgl. Abschnitt 2.1.2.1) und den lediglich theoretisch hergeleiteten Annahmen (vgl. Abschnitt 2.1.2.3) konnten keine gravierenden Diskrepanzen festgestellt werden. Es zeigte sich darüber hinaus, dass die theoretischen Konzepte, die überwiegend aus einer langjährigen Berufspraxis der Erwachsenenbildung entstammten und überwiegend in gemeinsamer Autorenschaft reflektiert und expliziert wurden, eine umfassende theoretische Rahmung zur Gestaltung von hybriden Lernformen wie SLEs liefern, ohne dass diese Annahmen empirisch gesichert wären.

Im Gegensatz zu einer sehr umfangreich vorhandenen Aufarbeitung bildungswissenschaftlicher Theorien, die explizit auf eine Nachnutzung bzw. Erweiterung der Erkenntnisse zielt, fehlt es noch immer an empirisch validen Daten zur Weiterbildungsforschung, so dass die geringe Anzahl an gesicherten Erkenntnissen keinen echten Mehrwert für die Bildungspraxis darstellen. Darüber hinaus sind etliche Leitstudien veraltet. In diesem Kontext liefert das Forschungsdesign der vorliegenden Arbeit neue forschungstheoretische Impulse, die eine Nützlichkeit einer praxis- und gestaltungsorientierten Bildungsforschung stützen, die im Rahmen eines Design-Based-Research Ansatzes umgesetzt werden können. Vor diesem Hintergrund ist eine grundsätzliche Diskussion einer zukunftsfähigen Erwachsenenbildungsforschung mit den entsprechenden Forschungsparadigmen zu überdenken und im Sinne einer gesellschaftlich relevanten Forschung zu optimieren. Denn was nützen die validesten Daten, wenn man damit nichts anfangen kann, da sich die Rahmenbedingungen ständig ändern und es kaum Anknüpfungspunkte in der Weiterbildungspraxis gibt.

Es kann konstatiert werden, dass die vorliegenden Erkenntnisse die Annahme unterstützen, dass es innovativer Forschungsmethoden bedarf, die neue Forschungsstile mit experimentellem Charakter zulassen, die eher dazu geeignet sind, wirkliche Innovationen zu erkunden, die in die Praxis transferiert werden können. Ein bildungs- und gesellschaftspolitischer Nutzen sollte einen deutlich höheren Stellenwert in der aktuellen Forschungslandschaft einnehmen. Dies impliziert auch einen professionelleren Umgang mit „Unsicherheiten“ bzw. ungesicherten Annahmen.

4.5 Implikationen für die Praxis

Da die Weiterentwicklung des Technologiekonstrukts Internet der Dinge in Zukunft weiter zunehmen und sich auf berufliche Tätigkeiten auswirken wird, sind die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung neben der betrieblichen Weiterbildungsbranche insbesondere auch für staatliche Bildungsinstitutionen von großem praktischen Interesse.

Die Studien tragen dazu bei, das Verständnis über IoT-basierte Lehr- und Lernformen zu verbessern und wichtige Einflussfaktoren im Rahmen eines Gestaltungsprozesses zu erkennen. Durch eine Kategorisierung und Strukturierung auf Basis von konkreten Entwurfsmustern wird außerdem ein einheitlicher Bezugsrahmen mit Handlungsempfehlungen aufgezeigt. Unter Rückgriff auf das vorliegende Framework können die Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppe(n) und des Unternehmens analysiert und als Ausgangspunkt zur Gestaltung sinnvoller SLE-Interaktionen genutzt werden. Hierbei hilft wiederum das Wissen um die unterschiedlichen Faktoren, die den entsprechenden Kategorien und Ebenen zugeordnet und innerhalb der Entwurfsmuster präzisiert wurden. Die Kenntnis verschiedener SLE-Ebenen und Faktoren lässt sich somit bei der Konzeption von SLEs direkt anwenden. Bei der Einführung und im Betrieb können die Erkenntnisse aus dem Modell und dem Framework helfen, SLEs innerhalb von Organisationen individuell und zielgruppengerecht zu planen und somit die Akzeptanz und Nutzungsintensität zu erhöhen. Hierbei sollten je nach Zielgruppe verschiedene Möglichkeiten und Vorteile von SLEs herausgestellt und ein Fokus auf solche Faktoren gelegt werden, die einen großen Einfluss auf die Nutzungsintention haben könnten. Im Fokus müssen grundsätzlich die Bedürfnisse der Nutzer*innen stehen, insbesondere im Hinblick auf didaktische Vielfalt. Lernen muss abwechslungsreicher und aktiver werden, um Emotionen und Kreativität zu fördern, wodurch Lernen als freudiges und nicht lästiges Erlebnis wahrgenommen wird. Auch für arbeitsplatzbezogenes Lernen bedeutet dies, neben PowerPoint-Vorträgen und WBTs innovative Formate wie SLEs zu innovieren, die insbesondere informelles, lebenslanges Lernen am Arbeitsplatz unterstützen und sich leicht mit formalen Lernsettings kombinieren lassen. Ziel sollte es nicht sein, IoT-basierte Lehr- und Lernformate zu entwickeln, sondern das Lernen an sich zu verbessern und mit positiven Emotionen zu verbinden, indem innovative Wege aufgezeigt werden können.

Die Studien verweisen parallel dazu aber auch auf kritische Aspekte. So sollte beispielsweise ein sehr sorgfältiger und nutzerzentrierter Umgang mit personenbezogenen Daten gewährleistet werden. Die Konzeption und Ausgestaltung von SLEs ist ein komplexer und arbeitsintensiver Prozess, der unter Umständen an kulturellen Voraussetzungen scheitern kann. Weiterhin tragen die Forschungsergebnisse dazu bei, dass mit möglichen Hürden offen umgegangen wird. Schließlich müssen nicht alle Faktoren wie z. B. Data Analytics (D22) als positiv empfunden werden. Entsprechend wird empfohlen, offene Diskurse zu befördern, die dazu beitragen, dass SLEs partizipativ gestaltet werden können. Kritische Gesichtspunkte stellen überdies personelle, zeitliche und finanzielle Ressourcen dar, die im Vorfeld zu klären und zu dokumentieren sind.

Das Framework dient im Praxisalltag als eine Empfehlung. Individuelle Anpassungen an unternehmensspezifische Anforderungen sind nicht nur erlaubt, sondern erwünscht. Entsprechend bietet das Modell in Abbildung 4.1 auch eine dynamische Modellierung an, bei welcher die Faktoren in neuen Konstellationen und in neuen Beziehungen untereinander angeordnet werden können, indem die Hexagone im Uhrzeigersinn gedreht werden. Insbesondere im ersten Schritt der Reifegrad-Analysen bietet es sich an, unter Umständen auch unternehmensspezifische Faktoren zu ergänzen und neue Abhängigkeiten herauszuarbeiten.

Zudem wäre es denkbar, im Sinne eines direkten Praxistransfers der vorliegenden Erkenntnisse, das digitale Framework zu vergegenständlichen. Entsprechend könnte das Framework aus Abbildung 4.1 ausgedruckt und beispielsweise während eines Design Sprints als Grundlage der Analysen dienen. Eine nahtlose Verbindung zu einem digitalen Template würde eine zeitgleiche digitale Anpassung und Überarbeitung des Frameworks ermöglichen, welches wiederum ausgedruckt und im Raum ausgehängt zur Analyse der Reifegrade genutzt werden könnte.

Zur Betrachtung von Querverbindungen aus Abbildung 4.3 würde sich eher eine 3D-Modellierung mithilfe eines 3D-Druckers anbieten. So wäre es z. B. möglich, das bereits physisch „ausgedruckte“ 3D-Framework derart mit Sensoren und anderen IoT-Komponenten auszustatten, dass beispielsweise aktuelle Anpassungen des physischen 3D-Modells zeitgleich in eine digitale Version übertragen werden könnten, die dann von virtuellen Teams weiterverarbeitet und ggf. wiederum an anderen Orten ausgedruckt werden könnte. So wäre ein fließender Wechsel aus analogen und digitalen SLE-Modellen möglich.

Wie in Teilstudie 1 deutlich wurde, bedarf es zur fundierten Auseinandersetzung mit SLEs sowie zur didaktisch sinnvollen Gestaltung mehr Zeit. Entsprechend würde es sich anbieten, einen Design Sprint als methodisches Settings zugrunde zu legen, in dessen Rahmen erste SLE-Prototypen entwickelt werden können. Vor dem Design Sprint sind entsprechende Bedarfserhebungen, Tätigkeits- und Kontextanalysen durchzuführen, die als Grundlage für die gestalterische Tätigkeit im Design Sprint genutzt werden können.

Ein Design Sprint ist eine Methode aus der Produktentwicklung und bietet sich insbesondere für das Innovieren von Produkten aus dem digitalen Umfeld an (Banfield, Lombardo & Wax, 2016). Die Autoren Banfield, Lombardo & Wax weisen darauf hin, dass ein Design Sprint nicht das Ende der Produktenwicklung darstellt, sondern vielmehr die Diskussion über ein mögliches, neues Produkt eröffnet (vgl. ebenda, S. 22). Die Bezeichnung „Design Sprint“ kombiniert dabei gezielt methodische Ansätze aus Design Thinking (vgl. Abschnitt 3.3) mit agilen Methoden aus der Softwareentwicklung. Die Autoren definieren einen Design Sprint wie folgt:

“A design sprint has five phases: Understand, Diverge, Converge, Prototype and Test. The names of these phases may vary from company to company, but the overall ethos remains the same: a timeboxed design cycle completed in a collaborative fashion with real user input” (ebenda, S. 13)

Ziel der Methode ist es, den Prozess der Produktentwicklung zu optimieren, indem ein systematisches Verfahren innerhalb von festgelegten Zeiteinheiten („Timeboxing“) zugrunde gelegt wird. Dadurch kann ein effizienter und zielorientierter Designprozess abgebildet werden, der sich in Anlehnung an die Iteration des Design Thinking (vgl. Abbildung 3.1) in der Regel auf fünf Tage mit den folgenden Phasen erstreckt:

1. Verstehen

In der ersten Phase geht es um ein tiefes Verständnis über die Zielgruppe. Für eine didaktisch fundierte SLE-Entwicklung müssen die Bedürfnisse der Lehrenden und Lernenden erhoben und die Nutzungskontexte durchdrungen werden. Eine genaue Definition der Zielgruppe(n) und eine Beschreibung aktueller und zukünftiger Lernkontexte dienen dazu, ein umfassendes Bild über die Nutzer*innen zu erlangen.

2. Aufspüren

In der zweiten Phase geht es um ein exploratives Aufspüren von Möglichkeiten. Im Fokus stehen dabei mögliche Lösungen für Probleme, die in der ersten Phase identifiziert werden konnten. Ideen werden durch Brainstorming Methoden generiert und grob ausgearbeitet, ohne eine Bewertung vorzunehmen.

3. Bewerten

In der dritten Phase werden die generierten Ideen auf Praxistauglichkeit und Nützlichkeit bewerten. Dabei werden die erfolgversprechendsten Ideen mit Klebepunkten markiert. Die so entstehenden „Heatmaps“ geben Auskunft über die besten Lösungsansätze, die dann im Team zu ersten MockupsFootnote 4 und User-Storys verarbeitet werden.

4. Prototypen

In der vierten Phase werden die Ideen prototypisch umgesetzt. Das bedeutet, dass visuelle und haptische Eindrücke zum neuen Produkt simuliert werden. Die Prototypen müssen für die „Tester“ benutzbar sein und sich halbwegs echt anfühlen, um ein möglichst realistisches Feedback erhalten zu können.

5. Testen

In der fünften Phase werden die Prototypen von potentiellen Nutzer*innen ausgiebig getestet und bewertet. Ziel ist es herauszufinden, welche der Ideen tatsächlich funktionieren und welche nicht. Die Ergebnisse fließen dann über iterative Schleifen wieder zurück zu den ersten Phasen.

Charakteristisch für Design Sprints ist es, intensive Einzelarbeiten mit kollaborativen Gruppenarbeiten zu verbinden und externe Sichtweisen bzw. auch interdisziplinäre Perspektiven einzubinden. Dabei ist es wichtig, den Fokus immer auf die Zielgruppe zu lenken, die darüber hinaus in Phase fünf aktiv in den Produktentwicklungsprozess eingebunden wird. Die Autoren Banfield, Lombardo & Wax umschreiben dies mit dem „Co-Creation-Effect“, der unter keinen Umständen zu vernachlässigen sei. Ein weiteres wichtiges Merkmal ist der strikte Umgang mit Zeitvorgaben. Dadurch soll eine intensive und zugleich zielorientierte Arbeitsweise erreicht werden, die Flow-ZuständeFootnote 5 befördert (vgl. ebenda, S. 18). Typisch für Design Sprints ist zudem, dass die Effektivität im Produktentwicklungsprozess durch eine ausführliche Vorbereitung gefördert wird, indem eine Vielzahl an Templates im Vorfeld entwickelt werden, die die einzelnen Phasen anleiten und dokumentieren. Das sogenannte „Design Sprint Kit“ beinhaltet alle Übungen und Vorlagen, die im Rahmen des Design Sprints benötigt werden. In Anlehnung an das von OsterwalderFootnote 6 entwickelte „Business Model Canvas“ werden für jede Phase im Design Sprint „Canvases“, also ausdruckbare Arbeitsvorlagen, entwickelt, die wichtige Leitfragen visualisieren, die im Rahmen der Produktentwicklung entlang der fünf Phasen beantwortet bzw. bearbeitet werden müssen.

Ein Praxistransfer der vorliegenden Erkenntnisse im Rahmen eines Design Sprints würde sich in vielerlei Hinsicht anbieten. Zum einen passt das methodische Setting aus IT und Design zum Grundgedanken eines Smart Learning Environments, welches sukzessive und in engen Rückkopplungsprozessen mit Nutzer*innen zu entwickeln wäre. Zum anderen würde ein Design Sprint die bereits im Forschungsprozess angedachte iterative Methodik des Design-Based-Research-Ansatzes aufgreifen. So könnten nicht nur systematisch SLE-Produkte und Services entwickelt werden, sondern zugleich die im Rahmen der vorliegenden Forschungsarbeit entwickelten Analyse- und Planungswerkzeuge kontinuierlich verbessert werden. Weiterhin könnten die bereits vorhandenen Analyse- und Planungswerkzeuge (Entwurfsmuster und Framework) durch ein „SLE-Creation Kit“ ergänzt werden, das dokumentierte SLE-Übungen und SLE-Canvases beinhalten würde. So könnte das Toolkit beispielweise Übungen für eine (SLE-) Learning Journey beinhalten, die zur Erstellung von „Lernweltdiagrammen“ (vgl. Entwurfsmuster A1) genutzt werden könnte. Weitere Vorlagen für SLE-Storyboards, Mockups sowie SLE- Canvases pro Entwurfsmuster würden einen umfassenden SLE-Produktentwicklungsprozess unterstützen können. Ergänzende Hinweise mit weiterführenden Links und Literatur könnten das Toolkit insgesamt abrunden.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich die Design Sprint-Methodik für einen Transfer der vorliegenden Erkenntnisse eignen würde. Das SLE-Modell mit den Entwurfsmustern sowie das SLE-Framework würden sich insbesondere für die Phasen eins und zwei des Sprints anbieten. Für die Phasen 3–5 müsste darüber hinaus ein SLE spezifisches Toolkit entwickelt werden, so dass sich im Rahmen einer SLE-Produktentwicklung die Potenziale für Praxis und Forschung verbinden lassen könnten. Da das in dieser Untersuchung involvierte Unternehmen seine Bereitschaft zur Weiterentwicklung des vorgelegten Verfahrens bekundet hat, kann mit weiteren praktischen sowie theoretischen Erkenntnissen und Publikationen gerechnet werden.

4.6 Zukünftige Forschungsthemen

Aus den Ergebnissen der Studien wie auch aus deren Limitationen ergeben sich Anknüpfungspunkte für zukünftige Forschungsthemen. Um an Generalisierbarkeit zu gewinnen, sollten die Forschungsfragen auf weitere Bildungsbereiche insbesondere des öffentlichen Sektors wie z. B. auf Hochschulen ausgeweitet werden. In diesem Zusammenhang bietet sich ein Vergleich zwischen betrieblicher/ beruflicher Weiterbildung und (Hoch-)Schulbildung an. Auch klassische Weiterbildungsanbieter oder gar Tagungshotels, die über eine große Anzahl an „Weiterbildungsräumlichkeiten“ verfügen, wären als Forschungsobjekte denkbar und würden die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung um zusätzliche Erkenntnisse erweitern. Ein Vergleich zwischen beruflicher und privater Nutzung von SLEs ist ebenfalls denkbar. SLEs ermöglichen ein fließendes Zusammenspiel von informellen und formalen Lernformen, so dass insbesondere deren Übergänge genauer zu erforschen wären.

Gleiches gilt für mögliche Langzeitstudien, die Tendenzen und Entwicklungen erkennen lassen würden und somit eine der wesentlichen Limitationen der vorliegenden Studien adressieren könnten. Eine weitere Fortführung der Forschung läge in kulturübergreifenden Studien, die nicht nur Ländervergleiche zuließen, sondern auch dazu beitragen könnten, kulturspezifische Einflussfaktoren in Bezug einer didaktisch fundierten SLE-Gestaltung zu entdecken.

Für eine zukünftige SLE-Forschung bieten sich qualitative Forschungsdesigns an, die im Rahmen eines Design-Based-Research-Ansatz konzipiert sind. Eine wesentliche Fragestellung könnte sich darauf beziehen, ob das vorliegende SLE-Modell mit den im Framework herausgearbeiteten Beziehungen und Querverbindungen als Analyse- und Planungswerkzeug geeignet ist, um SLEs didaktisch fundiert gestalten zu können. Dies könnte im Rahmen einer Erprobung mittels Design Sprint evaluiert werden.

Aufgrund des noch sehr jungen Forschungsfeldes würden sich zudem auch größere Forschungsvorhaben in einem interdisziplinären Verbund anbieten, die z. B. aufbauend auf den Ergebnissen eines ersten Design Sprints die innovierten SLE-Prototypen theoretisch untersuchen. So könnte man beispielsweise mit der Methodik einer Forschungswerkstatt (Augsten & Freigang, 2016) ein Team aus interdisziplinären Masteranden aufsetzen, das im Rahmen eines größeren Forschungsprojektes mögliche SLE-Produkte und -Services auf Basis der Prototypen pro Einflussbereich (Unternehmenskultur, Nutzerzentrierung, Didaktik, Lernraum, Assistenz) erforscht. Auf diese Weise könnten die einzelnen Entwurfsmuster an wissenschaftlicher Tiefe gewinnen. Eine weitere Forschungsaktivität könnte sich damit beschäftigen, welche validen Beziehungen zwischen den einzelnen Faktoren im SLE-Modell empirisch nachgewiesen werden können bzw. welche Faktoren unter Umständen in welcher Bildungsbranche wie modifiziert werden müssten. Grundsätzlich müsste der praktische Einsatz des vorliegenden Modells mit dessen re-designten Framework erneut validiert und wissenschaftlich fundiert weiterentwickelt werden. Erste theoretische sowie praktische Überlegungen hierzu liefert die Diskussion der Studienergebnisse im aktuellen Kapitel.

Weiterhin ist zu konstatieren, dass insbesondere die SLE-Mikroebene einer näheren Erforschung und Ausarbeitung bedarf. Hier wäre zu überlegen, ob sich das vorliegende Framework mit dem Modell der „Activity Theory“ verbinden lässt, um basierend auf den über Faktor A1 identifizierten Lehr- und Lerntätigkeiten, schneller und fundiertere SLE-Interaktionen generieren zu können. Die „Activity Theory“ bzw. Tätigkeits- oder auch Aktivitätstheorie genannt, ist ein psychologischer Ansatz, der in den 1930er Jahren der damaligen Sowjetunion seinen Ursprung hat und in den 1980er Jahren insbesondere von Yrjö Engeström (1987) weiterentwickelt wurde. Die Tätigkeitstheorie identifiziert Prinzipien und Strukturen menschlicher Tätigkeiten, indem Analyseeinheiten definiert und operationalisiert werden. Die „Activity Theory“ basiert auf einem Modell, das weniger eine Repräsentation von Realität als eine heuristische Hilfe zur Identifizierung und Erkundung der kontextuellen Faktoren darstellt, mithilfe dessen menschliche Tätigkeiten erklärt werden können. Die Aktivitätstheorie identifiziert die in einer Aktivität enthaltenen Tätigkeiten und bewertet, wie sich diese zueinander verhalten. In den letzten Jahren hat sich Engeström insbesondere mit Lernformen am Arbeitsplatz auseinandergesetzt und o.a. Modell (Engeström, 1999) angewendet. Das Modell visualisiert ein Aktivitätssystem, das in Subjekt, Objekt, Werkzeug, Regeln, Rollen sowie Gemeinschaft unterteilt ist. Das Modell wurde bereits erfolgreich als Rahmen für die Erforschung von Bildungsinnovationen und innovativen Lernräumen (Trish & Du Toit, 2010) sowie als konzeptioneller Rahmen zur Analyse und Gestaltung von computergestütztem kollaborativem Lernen verwendet und könnte sich von daher auch für die Gestaltung von SLEs anbieten. In der Activity Theory spielen wie bei IoT-basierten Lehr- und Lernprozessen die jeweiligen Kontexte eine große Rolle. Das Lernen selbst wird als “tool-mediated, situated, object-directed and collective activity” umschrieben und bietet insofern auch für Lernformate wie eine PLE einen Rahmen (Buchem u. a., 2011), der für die Entwicklung von Bildungsinnovationen wie SLEs angewendet werden könnte.

Gegebenenfalls lassen sich aber auch gänzlich alternative Modelle finden, mit denen Smart Learning Environments noch besser strukturiert, erklärt und entwickelt werden können. Neue Analysen über die Zusammenhänge der einzelnen Faktoren und Einflussbereiche mittels Faktoranalyse würden die bisherigen Erkenntnisse verifizieren oder falsifizieren können. Auch die Ergebnisse der Teilstudie 1 lassen einen Ausblick auf zukünftige Forschungsfragen zu. So könnten durch längere Fokusgruppen-Workshops, die im Rahmen eines Design Sprints durchgeführt werden, SLE-Musterlösungen generiert werden, die im Sinne einer Übertragung und Generalisierung genutzt werden könnten.

Die Teilstudie 2 könnte dahingehend aktualisiert werden, dass die überarbeiteten Kategorien und Faktoren aus dem re-designten Modell über eine große Anzahl an online-basierten Fragebögen validiert werden, um herauszufinden, ob die vorgenommenen Anpassungen auch zu Verbesserungen geführt haben.

Nicht zuletzt liefern auch die explorativen Ergebnisse der Interviewstudie Hinweise auf weitere Forschungsfelder. So könnten die unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten des Internet der Dinge, wie sie von den Interviewpartnern skizziert und in Abschnitt 3.5.2.3.3 dokumentiert wurden, interessante Impulse für die weitere SLE-Forschung liefern, indem diese in einem Workshop in Form von Story Boards ausgearbeitet und von Nutzer*innen bewertet werden würden.

Da damit zu rechnen ist, dass es in den kommenden Jahren einige Weiterentwicklungen im Bereich des Internet der Dinge geben wird, müssten auch visionäre Fragestellung in den Blick zukünftiger Forschungsvorhaben aufgenommen werden, die sich vor allem mit gesellschaftspolitischen Fragen beschäftigen. Insbesondere auch ethische Fragestellungen werden zukünftig wichtiger, wenn Maschinen (oder IoT-basierte Lernsysteme) in der Lage sind, selbständig Entscheidungen zu treffen, die sich direkt auf die Arbeitnehmer*innen, die Bürger*innen oder die Gesellschaft als Ganzes auswirken. Auch die grundsätzliche Frage, inwiefern IoT-basierte Lernsysteme im organisationalen Kontext Trainer*innen ablösen könnten, ist von großer Bedeutung.

Wie die Ausführungen zeigen, eröffnen sich somit im Bereich von intelligenten und hybriden Lernräumen bzw. von Smart Learning Environments noch eine Vielzahl an Themen für zukünftige Forschungsvorhaben, die sowohl für die Wissenschaft als auch für die Praxis von hoher Relevanz sind. Auf dem Gebiet der gestaltungsorientierten Bildungsforschung von IoT-basierten Lehr- und Lernformen im organisationale Kontext bieten die vorliegenden Studienergebnisse erste Anknüpfungspunkte.