Zusammenfassung
Der demografische Wandel stellt soziale Dienste vor große Herausforderungen. So ist es ihnen häufig nicht möglich, ein allumfassendes Angebot an Dienstleistungen selbst zur Verfügung zu stellen. Hier bieten sich lokale Kooperationen an, um komplementäre Angebote gemeinsam und gebündelt zur Verfügung zu stellen.
Der vorliegende Beitrag zeigt anhand des empirischen Beispiels der Kooperation von Anbietern sozialer Dienstleistungen konzeptionell auf, wie solche Kooperations- und Vernetzungsprojekte nachhaltig gestaltet und gesteuert werden können. Soziale Innovation bezieht sich hier auf die Erweiterung des Ansatzes einer lokalen Vernetzung (Mikroebene) um die Meso- und Makroebene. Hierdurch werden neue Interaktionsarenen ermöglicht, die dazu beitragen, Initiativen auf lokaler Ebene langfristig zu gestalten. Die Betrachtung erfolgt anhand der politikwissenschaftlichen Kriterien einer Local bzw. Regional Governance und wird erweitert durch die Ansätze des Transition Managements.
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Notes
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Die konzeptionellen Grundlagen der Verknüpfung von Ansätzen regionaler Innovationssysteme, Regional Governance und Transition Management beruhen auf Arbeiten im vom BMBF geförderten Verbundprojekt „Transdemo – Innovative Strategien zur Gestaltung des Übergangs auf demografiefeste Regionen“ (Förderkennzeichen 01HH11076-78).
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Ein regionales Innovationssystem bezeichnet die Zusammenarbeit verschiedener Akteure zur gemeinsamen Entwicklung von Innovationen: „Die Konzeption regionaler Innovationssysteme basiert auf empirischen Beobachtungen, dass bestimmte subnationale räumliche Einheiten spezifische Entwicklungspfade einschlagen und Innovationen aus einer regionalen Vernetzung von kleinen und mittleren Unternehmen resultieren (Cooke et al. 1997; Cooke 1998). Eine vertrauensbasierte reziproke Vernetzung der Akteure wird diesem Ansatz folgend durch ein gemeinsames sozio-institutionelles Umfeld begünstigt, führt zur Herausbildung einer gemeinsamen Wissensbasis und ermöglicht regionsspezifische Lern- und Innovationsprozesse“ (Bathelt und Depner 2003, S. 129).
- 3.
Aufbauend auf den Netzwerkansätzen bezieht sich ein Quartier auf eine sozialräumlich orientierte Vernetzung, die die Infrastruktur und Akteure mit einbindet: „Ein Quartier ist ein kontextuell eingebetteter, durch externe und interne Handlungen sozial konstruierter, jedoch unscharf konturierter Mittelpunkt-Ort alltäglicher Lebenswelten und individueller sozialer Sphären, deren Schnittmengen sich im räumlich-identifikatorischen Zusammenhang eines überschaubaren Wohnumfelds abbilden“ (Schnur 2008, S. 49). Eine Herausforderung hierbei ist, „konkurrierende Einrichtungen und Anbieter zur Kooperation zu bewegen“ (Gess 2012, S. 42).
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Der beschriebene empirische Fall basiert auf Ergebnissen aus dem Verbundprojekt Cockpit (Produktivitäts-Cockpit soziale Dienstleistungen – Messung, Bewertung und Gestaltung der Produktivität in einem dynamisch wachsenden Dienstleistungsmarkt), welches vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) von September 2010 bis April 2014 gefördert wurde (Förderkennzeichen 01FL10030). Beteiligt am Verbundprojekt waren das Rhein-Ruhr Institut für angewandte Systeminnovation (RIAS) e. V., das artec | Forschungszentrum Nachhaltigkeit der Universität Bremen sowie zwei Organisationen sozialer Dienstleistungen.
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Evers, J., Knipperts, J. (2016). Vernetzung und Kooperation: Soziale Innovationen im demografischen Wandel. In: Becke, G., Bleses, P., Frerichs, F., Goldmann, M., Hinding, B., Schweer, M. (eds) Zusammen - Arbeit - Gestalten. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-04059-8_7
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