Zusammenfassung
Die Gruppensoziologie, die bis in die 1970er Jahre ein einflussreiches Forschungsprogramm in der Soziologie und Sozialpsychologie war, ist zunehmend in den Hintergrund der soziologischen Theoriebildung und Forschung getreten. Das lag auch daran, dass die unterschiedlichen Ansätze der Austauschtheorien und der Theorien rationaler Wahl immer mehr Einfluss bekamen. Ein Problem war es auch, dass sie nur schwer auf makrosoziologische Untersuchungen anzuwenden war. Dafür ist der Begriff der formalen Gruppe ein guter Beleg. Es fehlte ihr das theoretische Profil, um in der Gesellschaftstheorie platziert zu werden. Wenn wir davon ausgehen, dass die Innendifferenzierung des Gesellschaftssystems durchlässig zu sein hat, dann ist der Gruppenbegriff in den Bereichen dieser Durchlässigkeit des Gesellschaftssystems in die Problemstufenordnung einzuordnen und ihm dadurch ein neues Profil geben. Die sozialen Gruppen ordne ich nicht als eine eigenständige Ebene in der Problemstufenordnung Gesellschaft, Organisation und Interaktion als Typen sozialer Systeme an. Um es mit Stichweh zu formulieren, der Gruppenbegriff hat eine mittlere Reichweite. Alle sozialen Gruppen sind soziale Systeme, aber nicht alle sozialen Systeme sind soziale Gruppen.
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Notes
- 1.
Wichtige Literatur ist z. B. C. G. Homans, Theorie der sozialen Gruppe (1950), Opladen 19797, R. J. Brown, Group Processes. Dynamics within and between Groups, Oxford 1997, A. P. Hare et. al., Handbook of Small Group Research, Norwood, N. J. 1994, H. D. Schneider, Kleingruppenforschung, Stuttgart 19852. Als Überblick ist zu empfehlen R. K. Merton, „8 Beiträge zur Theorie des Bezugsgruppenverhaltens“, „9 Weiterentwicklungen der Theorie von Bezugsgruppen und Sozialstruktur“, 217–366, in: Soziologische Theorie und soziale Struktur. Zu erwähnen sind auch z. B. H. Blumer, „Collective Behavior“, 166–222, in: A. Lee ed., New Outline of the Principles of Sociology, New York 1946, T. Shibutani, „Reference Groups as Perspectives“, American Journal of Sociology, LX 1955, 562–69.
- 2.
F. Neidhardt, Das innere System sozialer Gruppen, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 31 1979, 642–643, dazu H. Tyrell, Zwischen Interaktion und Organisation I Gruppe als Systemtyp, Zwischen Interaktion und Organisation II Die Familie als Gruppe, Kölner Zeitschrift 25 1983, 76–87, 362–390.
- 3.
Die Abgrenzung ist durch Goffmans Unterscheidung zwischen „unfocused“ und focused interaction motiviert. Sie zielte auf eine Kritik an der Kleingruppenforschung ab.
- 4.
Zu der Mitgliedschaftsbedingung der Zugehörigkeit und ihrer Spezifikation Tyrell, Zwischen Interaktion und Organisation I, Kölner Zeitschrift, 82–83.
- 5.
Tyrell, Die Familie als Gruppe, Kölner Zeitschrift, 375.
- 6.
Zu diesem Unterschied Goffman, Interaktion: Spaß am Spiel Rollendistanz (Encounters), 9–12.
- 7.
Merton, „8 Beiträge zur Theorie des Bezugsgruppenverhaltens“, „9 Weiterentwicklungen der Theorie von Bezugsgruppen und Sozialstruktur“, 217–366, in: Soziologische Theorie und soziale Struktur.
- 8.
Strauss, Spiegel der Natur. Die Suche nach Identität, 163–167.
- 9.
M. Sherif, C. Sherif, Groups in Harmony and Tension, New York 1953.
- 10.
Merton, A. S. Kitt, „Contribution to the Theory of Reference Group Behavior“, in: Merton, P. Lazarsfeld (eds.), Continuation in Social Research, Glenoce 1950.
- 11.
Strauss, Spiegel der Natur. Die Suche nach Identität, 165.
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Preyer, G. (2012). Die Einordnung in die Problemstufenordnung. In: Rolle, Status, Erwartungen und soziale Gruppe. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-94121-9_8
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