Zusammenfassung
Reisen stellt eine Manifestation territorialen Verhaltens dar. Territorialität als Strukturprinzip des Reisens (und somit des Tourismus) rührt nicht nur daher, dass der Raum Ausgangs-und Endpunkt des Reisens ist. Die strukturelle Fundierung des Reisens besteht in der Expansion territorialer Ansprüche. Die auf (fremde) Räume gerichteten Ansprüche des Menschen lassen sich beispielsweise an den Reisemotiven ablesen, dokumentieren sie doch, wie Reisende bzw. Touristen Räume temporär nutzen wollen. Nutzung und Verfügbarkeit von fremden Räumen scheinen in der Postmoderne geradezu die Voraussetzungen von Individualität, Selbstbestimmung und Freiheit zu sein (vgl. Bauman 1996). Wenn der Ausgangsbzw. Heimatraum als alltägliches und der fremde Raum als außeralltägliches Territorium wahrgenommen wird (so etwa Urry 1990), dann fungiert „die Gesellschaft“ zu Hause als Unterbindungs-und Entwertungsveranstaltung von Handlungen, die das Selbst fördern und stärken. Fremde, andere Räume sind „bessere Orte“, weil sie keine derartigen Beschränkungen auferlegen (zu scheinen). Zu Hause und in den verschiedenen Alltagsräumen leistet der postmoderne Mensch auf eine mehr oder weniger kooperative Art und Weise die von ihm abverlangten Tätigkeiten, und er wird so zum normalen Gesellschaftsmitglied. Als Tourist oder Urlauber entzieht er sich den verbindlichen Rollen, indem er Räume frei bzw. autonom nutzt und/oder sich Freiräume schafft (im Sinne von Goffman 1973, S. 185 ff., „sekundär“ angepasst). Fremde Räume sind „besser“, weil sie nahezu voraussetzungslos und konsequenzlos genutzt werden, oder anders ausgedrückt: Touristen haben keine Raumbindung und fühlen sich daher frei.
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Wöhler, K. (2011). Aufhebung von Raum und Zeit. In: Touristifizierung von Räumen. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92761-9_5
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-92761-9_5
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-17539-3
Online ISBN: 978-3-531-92761-9
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