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Zusammenfassung

Wie bereits gesagt, sind unsere Ausführungen nun keineswegs so zu verstehen, als fände sich etwa die „Einsamkeit der Sterbenden“ nicht mehr in der Wirklichkeit. Wir haben ja ausführlich das Sterben in den Institutionen dargestellt. Auch die Fassung des Begriffs des „sozialen Todes“ bei Sudnow ist unseres Erachtens nicht obsolet geworden. Zwar geben unsere eigenen Daten keinen Hinweis auf solche von ihm beschriebenen Vorgänge, aber das ist schlicht deswegen so, weil wir danach nicht gefragt hatten. Unser Vorschlag zur Begriffsgeschichte des „sozialen Todes“ geht also dahin, die Erosion der zivilisatorisch-sozialen Identität, und zwar die von den Sterbenden selbst wahrgenommene Erosion dieser Identität, als wichtigen Aspekt des Sterbens begrifflich zu integrieren. Die Bedingung der Möglichkeit, den Begriff so zu verstehen, sind zum einen die langen Sterbeverläufe, die sich massiv in der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts durch den medizinischen Fortschritt ergeben haben. Im Falle der Mutter von Georg Diez etwa liegen zwischen der Diagnose des Tumors und ihrem Tod zwölf Jahre. Zum anderen aber ist entscheidend, dass diese langen Sterbephasen typischerweise fast bis zum Schluss bei zumindest immer wieder klarem Bewusstsein durchlebt, eben er-lebt werden. Das ist der grundlegende Unterschied etwa zu Wachkomapatienten, und nur dadurch entsteht die Entfremdung von der eigenen Identität. Nur im bewussten Zustand und in der Interaktion, zumindest im wahrgenommenen Beisein von anderen, kann sich die Beschämung des Sterbenden ob seiner Beschmutzung des „Territoriums des Selbst“ einstellen. Diese Aspekte, die entlang der theoretischen Modelle von Georg Simmel, Norbert Elias und Erving Goffman herausgearbeitet werden sollten, um sie dann bei der soziologischen Analyse der Krankheitsdarstellungen von Georg Diez, Jürgen Leinemann und Christoph Schlingensief erkennen zu können, gehören unseres Erachtens zu einem Begriff des „sozialen Sterbens“, welcher der gegenwärtigen Situation angemessen ist. Die anderen Formen des Begriffs sind dabei keineswegs hinfällig geworden. Insofern schlägt diese Arbeit eine Erweiterung des Begriffs des „sozialen Sterbens“ vor und nicht dessen grundsätzliche Revision.

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© 2011 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH

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Hoffmann, M. (2011). Fazit. In: „Sterben? Am liebsten plötzlich und unerwartet“. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92662-9_9

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-92662-9_9

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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  • Online ISBN: 978-3-531-92662-9

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