Zusammenfassung
Internationale Vergleiche zeigen, dass auch die mit Deutschland vergleichbaren Industrienationen unabhängig von der Struktur ihres Gesundheitswesens ähnliche Probleme mit steigenden Ausgaben für die gesundheitliche Versorgung ihrer Bevölkerung und der Notwendigkeit ihrer Begrenzung haben (vgl. Busse 2006). Ursachen hierfür sind neben der demographischen Entwicklung der medizinische Fortschritt, der anders als in anderen Industriezweigen nicht zu einer Verbilligung, sondern wegen der dadurch häufig erst erreichbaren wesentlich verbesserten Behandlungsfähigkeit vieler Erkrankungen zur Verteuerung der Versorgung führt. Die Notwendigkeit, den zunehmenden medizinischen Fortschritt bei einer zunehmend älter werdenden Bevölkerung in einer vom Staat als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge mehr oder weniger umfassend gestalteten medizinischen Versorgung gewährleisten zu können, beschäftigt somit alle Industrienationen. Sie haben darauf unterschiedliche Antworten gefunden. Nationale Gesundheitsdienste, wie die in Dänemark, Finnland, Großbritannien, Kanada, Norwegen und Schweden, nehmen die Versicherten durch ein stringentes hausärztlich/pflegerisches „Gatekeeper“ System mit bewusst einkalkulierten Wartezeiten für die fachärztliche Versorgung an entsprechend zentralisierten Einrichtungen, kombiniert mit Präventionsprogrammen zur Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens stärker in die Pflicht. Der Leistungskatalog dieser Länder wird durch eine systematisierte an den Kriterien der evidenzbasierten Medizin (ebm) (vgl. Sackett 1996) ausgerichteten Kosten/Nutzenbewertung (KNB) nach qualitätsadjustierten Lebensjahren (QALY) (vgl. Schöffski/Graf 2008) überprüft und ggf. eingeschränkt. Andere Länder setzen wie Belgien, die Schweiz und Frankreich stärker auf freie Wahlrechte ihrer Bürger und eine Steuerung über erhöhte Zuzahlungen. Die Niederlande haben ihr Gesundheitssystem ab 2006 zwar privatisiert, sich durch die gesetzliche Vorgabe eines „Gatekeeper“ Systems und staatlich aufgrund von KNB definierter Leistungspakete sowie eines staatlich festgesetzten Grundbeitrages die Steuerungsmöglichkeiten staatlicher Gesundheitssysteme erhalten.
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Literatur
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Hess, R. (2009). Herausforderungen an ein qualitätsorientiertes Gesundheitssystem – die Rolle des Gemeinsamen Bundesausschusses. In: Bandelow, N.C., Eckert, F., Rüsenberg, R. (eds) Gesundheit 2030. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91887-7_10
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