Zusammenfassung
Die zwei bislang rekonstruierten Theorien der defensiven Reaktionsweise auf die Modernisierung der Vergesellschaftung erwiesen sich als konzentriert auf institutionelle oder solidarische Formen der Ambivalenzbewältigung. Auf den ersten Blick spricht einiges für die Vermutung, daß die Theorie der reflexiven Modernisierung diesem Argumentationsmuster nicht folgt und stärker auf individuelle Freiheit als Anker der Ambivalenzbewältigung fokussiert. Ambivalenz ist eine Schlüsselkategorie der Theorie reflexiver Modernisierung, die aus der Dynamik der gesellschaftlichen Transformation durch reflexive Modernisierung und dem Übergang zu einem neuen Modus der Vergesellschaftung resultiert (9.1). Die Theorie der reflexiven Modernisierung bietet ein reichhaltiges Spektrum von Modellen individueller und institutioneller Ambivalenzbewältigung an. Aber trotz der implizierten Individualisierungsthese verfällt sie schrittweise in das klassische Argumentationsmuster einer scheinbar notwendigerweise solidarischen Form der Ambivalenzbewältigung durch den “altruistischen Individualismus”476 und unterschätzt die solidaritätssprengende Wirkung von Individualisierung (9.2).
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Literatur
Beck (1997b: 19).
Beck (1993a: 195).
Beck (1993a: 27).
Vgl. Beck (1997a).
Beck (1997a: 195).
Beck (1993a: 49).
Beck (1993b: 552).
Beck (1993a: 78).
Beck (1993a: 59).
Beck (1997b: 33).
Beck (1999: 27).
Beck (1983: 59, 1986: 217).
Beck (1995a: 185).
Vgl. Beck (1980), Beck/Bonß (1984; 1989) und die Zentralität der Verwendungsforschung als Ansatzpunkt für die “Risikogesellschaft” aufzeigend Beck (1986: 251–299).
Vgl. Beck (Hrsg.) (1982).
Vgl. knapp zusammenfassend Wehling (1992: 247).
Beck/Bonß (1989: 29).
Beck/Bonß (1989: 15).
Beck/Bonß (1989: 20).
Beck (1983: 59, 1986: 217, 1993a: 152).
Beck (1986: 15).
Vgl. (1988).
Vgl. (1993; 1998).
Vgl. (1995). Als eine weitere Arbeit könnte noch Kraft (vgl. 1992) angeführt werden, allerdings beschränkt sich diese Darstellung auf eine Analyse der normativen Implikationen des Modernisierungskonzepts und der unklaren analytischen Formulierung der Individualisierungsthese, ohne jedoch eine inhaltliche Verbindung zwischen beiden Konzepten herzustellen. Wenngleich über eine Aufzählung von Dimensionen des Individualisierungsbegriffs nicht hinausgehend, trägt zum Verständnis der neuerlichen Diskussion um Individualisierung auch die Rekonstruktion der Individualisierungskonzepte der Klassiker der Soziologie durch Kippele (vgl. 1998) bei.
Vgl. zusammenfassend Junge (1996).
Lau (1988: 219).
Lau (1988: 222).
Vgl. Beck (1986: 206).
Beck (1993a: 154).
Beck (1993a: 90).
Meyer/Boli/Thomas (1994: 21).
(1994: 16).
Vgl. Beck (1994: 17).
Vgl. hierzu Schelsky (1973 (1970)).
Bereits in der frühen Institutionentheorie von Malinowski wurde unausgesprochen die inhärente Ambivalenz von Institutionen erkannt, weil diese davon ausging, daß Institutionen mehr als ein Bedürfnis zugleich erfüllen und daher, so später Gehlen, immer als “Mehrzwecke-Institute” (Gehlen 1949: 43) anzusehen seien.
Vgl. Beck (1986: 25).
Vgl. Beck (1986: 13).
Zum Risikobegriff vgl. vor allem Evers/Nowotny (1987), Giddens (1995 (1990), 1991), Luhmann (1991), Douglas (1992) und Bonß (1996b), zu seiner Anwendung als Schlüsselkategorie der Gesellschaftstheorie Bechmann (1993).
Beck (1988: 120).
Beck (1988: 121).
Beck (1993a: 40).
Beck (1988: 120).
Beck (1986: 252–253).
Vgl. hierzu vor allem Stehr (1994).
Vgl. Brock (1991: 17).
Vgl. Brock (1991).
Beck (1999: 165).
Vgl. Beck (1993a: 98).
Vgl. Beck (1993a: 99).
Vgl. früh Beck (1986: 14) und dann ausgeführt (1993a: 57–98).
Beck (1993a: 78).
Beck (1993a: 80).
Beck (1993a: 83).
Vgl. Beck (1993a: 84).
Richard Münch hat mich darauf aufmerksam gemacht daß dieser Gedanke bereits von Max Weber als Paradoxic der Askese (vgl. 1980: 353 (1922)) formuliert wurde und, allgemein formuliert, den Gedanken der Differenz von Handlungsintention und Handlungskonsequenz zum Ausdruck bringt.
Beck (1993a: 84).
Beck (1999: 23).
Beck (1986: 72).
Beck (1986: 72).
Beck (1993a: 65).
Beck (1993a: 89).
Beck (1993a: 63).
Beck (1993a: 85).
Vgl. hierzu Bauman (1973) und Giddens (1988 (1984)).
Beck (1993a: 90).
Beck (1993a: 63).
Wehling (1992: 257).
Beck (1993a: 72).
Vgl. (1993b: 536).
Vgl. (1993a: 67).
Vgl. Pinder (1926).
Vgl. zur Gleichzeitigkeit von Institutionalisierung und Biographisierung des Lebenslaufs Kohli (1985; 1986).
Beck (1999: 122–151). Bürgerarbeit stellt dabei genau wie die kommunitaristische Idee des “republikanischen Individualismus” die Einheit von Eigeninteresse und “Arbeit für das Gemeinwohl” (Beck 1999: 131) her, “der Sozialfigur nach sozusagen eine Verbindung zwischen Mutter Teresa und Bill Gates.” (Beck 1999: 131).
Beck (1993a: 176).
Vgl. vor allem (1993a).
Beck (1997b: 19).
Vgl. Beck (1999: 122–151).
Beck (1999: 165).
Beck (1993a: 189).
Beck (1993a: 190).
Verwendet man anders als Beck keinen wahrscheinlichkeitstheoretisch gefaßten Risikobegriff, sondern betont den engen Zusammenhang von Gefahr und Risiko (vgl. Giddens 1995: 50 (1990)), und sieht man zudem die wachsende Bedeutung gesellschaftlichen Wissens durch eine Zunahme abstrakter Systeme oder Expertensystemen gekennzeichnet (vgl. Giddens 1995: 103 (1990)), dann kommt eine weitere Form von Ambivalenzbewältigung in den Blick: Vertrauen. Es ist ein grundlegendes Merkmal der radikalisierten Moderne, “daß das Wesen der modernen Institutionen zutiefst mit den Mechanismen des Vertrauens in abstrakte Systeme verknüpft ist” (Giddens 1995: 107 (1990)), weil der Laie normalerweise die Leistungsfähigkeit geltender Prinzipien in abstrakten Systemen nicht einschätzen kann und sich folglich fast alternativlos mit den Umständen abfindet. Vertrauen stellt dabei analog zum Rückgriff auf Tradition als Ambivalenzbewältigung Fraglosigkeit her, die durch “Zutrauen zur Zuverlässigkeit einer Person oder eines Systems” (Giddens 1995: 49 (1990)) erzeugt wird und auf das enge Zusammenspiel von Institution und Individuum im Vertrauensprozeß verweist (vgl. Lepsius 1997). Diese Methode der Ambivalenzbewältigung ist weder rein individuums- noch rein institutionenzentriert, weil Vertrauen als individuelles Vermögen durch institutionelle Mechanismen der Vertrauensabsicherung gestützt wird und umgekehrt Vertrauen in institutionelle Mechanismen diese wiederum stärkt (vgl. Junge 1997b). Es ist nicht unplausibel im Rückgriff auf die Überlegungen von Giddens zu vermuten, daß Vertrauen als Form der Ambivalenz- und Unsicherheitsbewältigung wachsende gesellschaftliche Bedeutung erhält.
Beck (1999: 181).
Die Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Bewältigungsformen kommt vor allen in dem auf der These vom Ende der Arbeitsgesellschaft beruhenden Konzept der Bürgerarbeit zum Ausdruck, dessen vermutete Wirksamkeit insbesondere darauf beruht, daß die Grenzen zwischen “Erwerbs- und Bürgerarbeit ... füreinander durchlässig gemacht werden müssen” (Beck 1999: 148), um den Wechsel zwischen beiden gleichzeitig existierenden Modellen individuell zu ermöglichen.
Beck (1999: 21).
Beck (1993a: 195).
Beck (1993a: 194).
Beck (1993a: 162). In neueren Arbeiten wird unter der Annahme einer entstehenden Weltrisikogesellschaft bereits von einer “globalen Subpolitik” gesprochen (vgl. Beck 1996).
Insofern greift das Konzept der Subpolitik die Hoffnung von Habermas auf Protestpotentiale der Lebenswelt auf, die “in subinstitutionellen, jedenfalls außerparlamentarischen Formen des Protests ausgetragen” werden (Habermas 1981 II: 576) und die Ambivalenzbewältigung an der “Nahtstelle zwischen System und Lebenswelt” (Habermas 1981 II: 581) in Angriff nehmen, wenngleich die Möglichkeiten neuer sozialer Bewegungen bisher nicht abschließend beurteilt werden können (vgl. Neidhardt/Rucht 1993).
Beck (1993a: 157).
Vgl. hierzu auch den Vorwurf des Wunschdenkens in solchen Vorstellungen bei Münch (1996b: 195).
Offe (1989: 745), vgl. Beck (1993a: 234).
Vgl. nur die Feststellungen, daß sich die Kommunitarier angesichts gesellschaftlicher Transformationsprozesse mit “Kosmetik” begnügen (Beck 1997b: 26) und die Warnung vor den “Wir-Umschlägen” (Beck 1995b: 35 (1994)), die aber nur die Ähnlichkeit von “Erfindung” und “Revitalisierung” des Politischen durch den “weltbürgerlichen Republikanismus des Lokalen” (Beck 1997b: 29) verdeckt, zumal die Hoffnung auf einen “altruistischen Individualismus” (Beck 1997b: 19) in enger Anlehnung an den Kommunitaristen Wuthnow entwickelt wird.
Vgl. ausführlich Junge (1998b).
Beck (1993a: 159).
Lau (1988: 219).
Vgl. Berking (1994).
Beck (1997b: 19).
So weist Lash (1996b: 274–275) darauf hin, daß die neu entstehenden Formen von Gemeinschaften, “reflexive” oder posttraditionale Gemeinschaften, nicht durch Interessen konstituiert werden — was auf eine Paradoxic im kommunitaristischen Streben nach Revitalisierung traditionaler Gemeinschaften hinweist, denn dieses Streben artikuliert sich als ein gesellschaftliches Interesse an Gemeinschaft — und nicht aufgrund gemeinsamer Eigenschaften. Sie sind in diesem Sinne durch Desinteresse und Differenz konstituierte Wahlgemeinschaften mit einer geringen sozialen Bindungswirkung.
Vgl. Beck (1999: 165–167).
Beck (1986: 206).
Lau (1988: 222).
Dieselbe Argumentationsstrategie hatte aber bereits Durkheim nach seiner Selbstmordstudie (1987 (1897)) zur Revision der ursprünglichen optimistischen Argumentationslinie der “Arbeitsteilung” (1988 (1893)) bezüglich des Zusammenhangs von Individualisierung und Solidarität in einem neuen Vorwort genötigt.
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Junge, M. (2000). Ambivalenzerzeugung durch reflexive Modernisierung und individualisierte Ambivalenzbewältigung. In: Ambivalente Gesellschaftlichkeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93213-6_9
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