Zusammenfassung
Die Geschichte von Umfragen, die sich auf Eintragungen in Telefonbücher stützen, beginnt mit einem Fiasko: 1936 ermittelte der US-amerikanische Literary Digest in einer schriftlichen Umfrage, daß mit hoher Wahrscheinlichkeit der Präsidentschaftskandidat der Republikaner, Alf Landon, die Wahl vor seinem Kontrahenten, dem Demokraten Franklin D. Roosevelt, gewinnen werde. Das tatsächliche Wahlergebnis bestätigte diese Prognose nicht. Wie konnte es zu dieser Fehlleistung kommen? Als Auswahlrahmen für die Gesamtheit der wahlberechtigten Bürger waren u.a. die Telefonbücher, Listen der Autozulassungen und Zeitschriftenabonnenten verwendet worden. Diese deckten zum damaligen Zeitpunkt die wahlberechtigte Bevölkerung allerdings nicht annähernd ab. Die Stichprobe enthielt schließlich überproportional viele einkommensstarke Personen, war also systematisch verzerrt. Außerdem betrug die Antwortbereitschaft bei dieser Umfrage nur 23 Prozent der um ihre Mitarbeit gebetenen 10 Millionen Bürger (vgl. http://news3.news.wisc.edu/009poll/fiasco.html; Frey et al. 1990). Stichprobenkonzeption und -realisierung waren damit derart unzureichend, daß die falsche Voraussage des Wahlausgangs nicht verwundert. Für Telefonumfragen bedeutete dies allerdings, daß ihnen fortan das Attribut “quick and dirty” anhaftete, da viele Umfrageforscher davon ausgingen, daß Personen in Haushalten mit Telefonanschluß nicht als Repräsentanten der gesamten Bevölkerung angesehen werden könnten.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Anders, M. (1990): Praxis der Telefonbefragung; in: Forschungsgruppe Telekommunikation (Hrsg.), (1990), Telefon und Gesellschaft, Band 2. Berlin: Volker Spiess.
Drews, H. P. (1994): Nicht zu verantworten. Telefonische Bevölkerungsbefragungen in Ostdeutschland; in: Planung und Analyse 1/94, S. 64–65.
Frey, J.H., Kunz, G. und Lüschen, G. (1990): Telefonumfragen in der Sozialforschung. Methoden, Techniken, Befragungspraxis. Opladen: Westdeutscher Verlag.
Häder, S. (1994): Auswahlverfahren bei Telefonumfragen. ZUMA-Arbeitsbericht 94 /03.
Häder, S. (1996): Wer sind die “Nonpubs”? Zum Problem anonymer Anschlüsse bei der Stichprobenziehung für Telefonumfragen. ZUMA-Nachrichten 39, S. 45–68.
Hippler, H.-J. und Schwarz, N. (1990): Die Telefonbefragung im Vergelich mit anderen befragungsarten; in: Forschungsgruppe Telekommunikation (Hrsg.), (1990), Telefon und Gesellschaft, Band 2. Berlin: Volker Spiess.
Katz, D. und Cantril, H. (1937): Public Opinion Polls. Sociometry 1,S. 155–179.
Lavrakas, P. J. (1993): Telephone Survey Methods. Sampling, Selection and Supervision. Newbury Park: Sage.
Marhenke, W. (1996): Telefonanschlußdaten als Auswahlgrundlage; in: Gabler, S. und Hoffmeyer-Zlotnik, J. H.P. (Hrsg.), ( 1996 ), Stichproben in der Umfragepraxis. Opladen: Westdeutscher Verlag.
Rohweder, V. (1996): Telefonnummern ohne Eintrag; in: Context 24/96, S. 17–21.
Schulte, W. (1996): Telefon- und Face-to-face-Umfragen und ihre Stichproben. Allgemeine Bevölkerungsumfragen in Deutschland; in: Gabler, S. und Hoffmeyer-Zlotnik, J. H.P. (Hrsg.), ( 1996 ), Stichproben in der Umfragepraxis. Opladen: Westdeutscher Verlag.
von der Heyde, Ch. (1996): Random-Route und Telefon. Struktur von Telefonhaushalten. in: Gabler, S. und Hoffmeyer-Zlotnik, J. H.P. (Hrsg.), ( 1996 ), Stichproben in der Umfragepraxis. Opladen: Westdeutscher Verlag.
Zeh, J. (1987): Stichprobenbildung bei Telefonumfragen. Angewandte Sozialforschung 4 (14): S. 337–347.
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 1998 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen/Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Gabler, S., Häder, S., Hoffmeyer-Zlotnik, J.H.P. (1998). Einleitung. In: Gabler, S., Häder, S., Hoffmeyer-Zlotnik, J.H.P. (eds) Telefonstichproben in Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83334-1_1
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-83334-1_1
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-13342-3
Online ISBN: 978-3-322-83334-1
eBook Packages: Springer Book Archive