In Kürze
Die Dynamik im Bestattungswesen ist so groß wie nie. Wo vor ein paar Jahren noch düstere, schwer bevorhangte Räumlichkeiten voll demonstrierter tragischer Traurigkeit waren, findet man heute helle Verkaufsräume mit freundlichen, für den Umgang mit Trauernden sensibilisierten Mitarbeitern, bunten Särgen und einer großen Bereitschaft, den Wünschen und Bedürfnissen Angehöriger entgegenzukommen. Mit der nun auch in Deutschland etablierten Hospizbewegung hat sich ein Bewusstseinswandel in der Bevölkerung, aber auch bei den Bestattern selbst, in Gang gesetzt: Möglichkeiten des Abschieds werden besser genutzt und je nach Wunsch der Angehörigen mit Hilfe von Bestattern auch individuell gestaltet. Trauer wird wieder bewusster als ein wichtiger und fürs Weiterleben notwendiger Teil des Abschiednehmens gelebt und integriert. Massiver Druck auf verschiedene Landesregierungen bewirkte die Novellierung antiquierter Bestattungsgesetze.
Der Umgang mit Leichen und damit auch das Bestattungswesen ist ein Bereich, der besonders geeignet scheint für unbegründete Horrorgeschichten und Märchen, die lebhaften Fantasien entspringen oder Phänomene sind, die durchaus erklärbar und (patho-)physiologisch sind. Wenige, die beruflich mit der Versorgung von Verstorbenen zu tun haben, sind nicht am Anfang ihrer Tätigkeit mit Schauergeschichten z. B. über Tote, die sich plötzlich bewegten und noch Laute von sich gaben, beglückt worden. Kühlräume und Aufbahrungsräume in Institutionen befinden sich fast immer in dunklen, weitläufigen einsamen Untergeschossen, in einer Umgebung, die Horrorfantasien oder eine Entsorgungsmentalität geradezu unterstützen. All diese Faktoren tragen nicht dazu bei, einen natürlichen Umgang mit Toten und dem Bestattungswesen zu fördern. Unerklärbares macht Angst. Angst fördert Distanz. Mit einem innerlichen Distanzierungswunsch fällt es schwer, Angehörige in dieser für sie schweren Zeit adäquat zu unterstützen. Wenn Pflegende mehr wissen und sich mit irrationalen Ängsten auseinandersetzen können, wird sich dies nicht nur positiv auf ihre zu bewältigen Aufgaben auswirken, sondern Ihnen automatisch auch mehr Sicherheit im Umgang mit Angehörigen geben.
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Literatur
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Empfehlungen zum Weiterlesen
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Schmid, U. (2006). Bestattung. In: Palliative Care. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/3-540-29438-4_19
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