Skip to main content
Erschienen in: Hebammen Wissen 1/2023

01.01.2023 | Hautpflege | Thema

Wie viel Hautpflege brauchen Neugeborene?

verfasst von: Ingrid Lohmann

Erschienen in: Hebammen Wissen | Ausgabe 1/2023

Babys Haut im Blick Fragen zur Hautpflege des Neugeborenen und Säuglings gehören zum Berufsalltag einer Hebamme. Dabei ist es nicht immer leicht, die aktuellen Erkenntnisse aus der Forschung und die teilweise langjährigen Erfahrungen in Einklang zu bringen und zu vermitteln.
Die Anleitung zur Körperpflege ihres Babys erhalten die frischgebackenen Eltern meistens in den Entbindungskliniken. Da die Klinikentlassung mittlerweile jedoch schon sehr bald nach der Entbindung stattfindet, beschränkt sich die Anleitung meistens auf das Wickeln. Das Baden der Neugeborenen unmittelbar nach der Geburt wird nur noch auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern durchgeführt und hat dann eher kulturelle Gründe. In der Regel werden Neugeborene in Deutschland zunächst nur abgetrocknet und bekleidet. Sind noch Reste der Käseschmiere vorhanden, soll diese zunächst in die Haut einziehen. Das ist nach ca. zwei bis drei Tagen post partum abgeschlossen. Sind dann noch Reste der Käseschmiere auf der Haut zu sehen, beispielsweise unter den Achseln, sollten diese von den Eltern mit in Öl getränkter Watte abgewischt werden, damit sie nicht zum Nährboden für Bakterien und Entzündungen werden.

Elternanleitung ins häusliche Wochenbett verlagert

Zum Wickeln der Kinder stellen beispielsweise die Kliniken in Süd-Niedersachsen Wegwerfwindeln, Feuchttücher und Wundschutzcreme zur Verfügung. Eine Anleitung durch das Stationspersonal zum Waschen oder Baden sowie eine Beratung zur Ausstattung ist nicht mehr vorgesehen. Mangels Gelegenheit und Zeit werden die Eltern vor der Entlassung nicht mehr mit den Besonderheiten der Babyhaut vertraut gemacht. Diese Aufgabe wird in die häusliche Wochenbettbetreuung delegiert. Da nicht alle Eltern mit dieser Betreuung versorgt werden können, übernehmen das Supermarktregal und die Pflegeproduktindustrie den Rest. Hier ist das Angebot so vielfältig und üppig, dass es viele Eltern schlichtweg überfordert: Die Bandbreite der Artikel suggeriert, dass es vor allem darauf ankommt, möglichst für jede Frage ein anderes Produkt zu kaufen, um als Eltern alles richtig zu machen. Doch nur wer die Bedürfnisse und Besonderheiten der Babyhaut kennt, kann einschätzen, was sein Kind in welcher Situation gezielt benötigt.
Die Babyhaut ist zwar grundsätzlich aufgebaut wie die Haut von Erwachsenen und älteren Kindern, sie weist aber Merkmale von Unreife auf, die erst im Laufe des Kleinkindalters verschwinden. In diesem Prozess reifen die einzelnen Funktionen unterschiedlich schnell aus. Die größte Entwicklung findet in den ersten beiden Wochen nach der Geburt statt, wenn die Haut die Umstellung vom Leben im Fruchtwasser an das trockene Milieu leisten muss. Die Ausbildung der inneren Struktur des Fettgewebes, der Kollagenfasern, die Ausreifung der Talgdrüsenfunktionen und der Melaninbildung sind zum Ende des ersten Lebensjahres abgeschlossen, danach verdickt sich die Haut noch und ist ungefähr ab dem vierten Lebensjahr als reifes Organ zu betrachten (Höger 2011). Gleichzeitig verändert sich die Proportion der Oberfläche eines Kindes zur Körpermasse kontinuierlich. Während das Gewicht der Haut eines Neugeborenen bis zu 13% des Körpergewichts ausmacht, beträgt der Anteil der Haut eines Erwachsenen am Gesamtkörpergewicht nur 3%. Auch das Verhältnis der Körperoberfläche zum Gewicht ist beim Neugeborenen 2,5 bis 3-mal so groß wie beim Erwachsenen.

Trocken, gereizt und infektanfällig

Die Babyhaut hat nur eine verminderte Fähigkeit zur Rückfettung und neigt dadurch vermehrt zur Austrocknung. Auch ist die Barrierefunktion der Epidermis noch sehr labil und gekennzeichnet von einer erhöhten Durchlässigkeit. Aufgrund der großen Oberfläche wirken sich diese Mechanismen gravierender auf den Körper aus als bei Erwachsenen. So werden deutlich mehr unerwünschte Stoffe aus der Kosmetik oder Bekleidung in den Körper aufgenommen und treffen dort auf ein unreifes Immun- und Stoffwechselsystem. In der Praxis resultieren daraus die bekannten Probleme wie Trockenheit, Reizbarkeit, höhere Infektionsneigung, erhöhte Durchlässigkeit für schädliche Inhaltsstoffe (z.B. Parfüm, Konservierungsstoffe) sowie mangelnder Schutz gegen Umwelteinflüsse.
Die tägliche Körperpflege sollte neben der notwendigen Reinigung vor allem die Stärkung der schwachen Barrierefunktion der Haut im Blick haben. Nach den ersten Tagen empfehle ich "meinen" Eltern deshalb, zunächst das Baby täglich mit einem Waschlappen und klarem warmen Wasser abzuwischen. Nach dem Abfallen des Nabelrests beginnen wir mit dem Baden. Das tägliche Waschen oder Baden gibt den Eltern zudem die Gelegenheit, das Kind im Ganzen einmal von oben bis unten auf unerwünschte Anzeichen zu untersuchen, die Hautfalten werden sauber gehalten und die Eltern lernen ihr Baby besser kennen. Erst-Eltern sind verständlicherweise zunächst noch unsicher im Handling - durch die tägliche Pflegeroutine werden sie jedoch zusehends sicherer. Erschwerend kommt für viele junge Eltern hinzu, dass sich die Empfehlungen zur Hautpflege von Neugeborenen und Säuglingen sich häufig von Generation zur Generation ändern - und längst überholte Empfehlungen, halten sich dagegen hartnäckig.

Mythos: Man darf nicht öfter als 1x in der Woche baden

Nachdem vor zwei Generationen das tägliche Bad inklusive Abseifen des Kindes zum Standard gehörte, änderten sich die Empfehlungen zunächst in das komplette Gegenteil und das Baden wurde für viele Hautprobleme verantwortlich gemacht. Somit wurde der letzten Elterngeneration und den Pflegefachpersonen gelehrt, dass nicht öfter als einmal in der Woche gebadet werden soll. Inzwischen gibt es an dieser Vorgabe berechtigte Zweifel. Die Empfehlungen sprechen nun wieder von zwei- bis dreimal die Woche bis hin zu der freien Entscheidung der Eltern. Kleinere klinische Studien im Auftrag der Industrie kamen sogar zu dem Ergebnis, dass Baden insgesamt hautschonender und pflegender ist als die Körperwäsche mit Waschlappen. Auch hier kann man über viele Details diskutieren, dennoch ist der Konsens, dass es nicht nötig ist, das Baden streng zu beschränken.
Für die Pflege gesunder Säuglinge gibt es auch international keine Richtlinien, sondern nur Empfehlungen. Richtlinien für Kinder mit chronisch erkrankter Haut empfehlen aber schon seit längerem das mehrmalige Baden in der Woche. Wie beim Waschen wird meist für das hautgesunde Kind, mindestens für die ersten Lebensmonate, klares Wasser empfohlen. Waschsubstanzen sollten für Babyhaut ausgewiesen sein und so wenig Düfte und andere Effekte (z.B. Schaum, Farbe) enthalten, wie möglich. Denn die Haut hat beim Baden eine erhöhte Aufnahmebereitschaft für Substanzen aus dem Badewasser, die dabei leicht in die Haut eindringen können. Mein Rat ist deshalb: Fürs Baden muss genügend Zeit und Lust vorhanden sein - beim Kind und bei den Eltern. Ansonsten wird "nur" mit dem Waschlappen gewaschen. Haben alle Spaß am Baden, darf es auch etwas öfter sein, wenn danach gecremt wird. Denn der entscheidende Faktor gegen Austrocknung in den Untersuchungen war das Cremen.

Mythos: Die Haut regelt das von allein

In den ersten zwei bis vier Wochen nach der Geburt schuppen Neugeborene die Hornschicht, die sie aus ihrem intrauterinen Leben mitgebracht haben, komplett ab. Bei einigen Babys geschieht dies früh und sehr deutlich, bei anderen beginnt dieser Prozess etwas später und unauffälliger. Wichtig ist, den Eltern zu erklären, dass dies nicht bereits ein Zeichen für eine Neigung zu trockener Haut ist. Diese Hautschuppen sind neben der verbliebenen Käseschmiere ein weiterer Grund für das tägliche Waschen. Setzen sich die Schuppen in Hautfalten, können sie dort zu teils starken Reizungen führen.
Da auch die nachwachsende Haut sehr dünn und anfällig ist, pflegen wir die Kinder nach dem Reinigen mit einer möglichst puren und parfümfreien Lotion oder Körpercreme. Die regelmäßige Anwendung von Öl statt eines Öl/Wassergemischs trocknet längerfristig die Haut aus. Dies wurde vor einiger Zeit in klinischen Studien (Dachs, Busmann, Merk 2016) untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass besonders das Ölen der Haut mit Olivenöl langfristig eher zu einer Austrocknung der Haut führt. Aus meiner 43-jährigen Wochenbettbetreuungszeit kann ich diese Beobachtung durchaus teilen. Ob die tägliche Pflege mit einer Feuchtigkeitscreme oder -lotion auch eine Prävention von Neurodermitis sein kann, ist bisher immer noch nicht zweifelsfrei belegt oder verneint. Auf jeden Fall steht schon länger fest, dass die Rückfettungsfunktion der Haut durch das Eincremen nicht negativ beeinflusst wird. Nach etwa vier Wochen kann dann das tägliche Eincremen des Babys auf das Eincremen nach dem Baden reduziert werden. Wenn man davon ausgeht, dass die Talgdrüsenfunktion ungefähr nach dem zweiten Monat ihre Funktion richtig aufgenommen haben, brauchen zwei Drittel der Kinder keine Unterstützung bei der Rückfettung mehr. Ein Drittel der Säuglinge im ersten Lebensjahr neigt jedoch länger zu trockener Haut. Das kann die Haut nicht allein regeln, sie benötigt Unterstützung mittels entsprechender Feuchtigkeitspflege. Denn trockene Haut bricht die Barrierefunktion auf, lässt unerwünschte Stoffe eindringen und erhöht das Entzündungs- und Allergierisiko. Eltern erkennen die trockene Haut daran, dass sich die Haut an Bauch, Rücken, Gesicht oder Gliedmaßen rauer anfühlt als die trockenen Pobäckchen. Denn das Windelklima hält die Haut im Windelbereich gut durchfeuchtet ("glatt wie ein Babypopo") und bietet so den Goldstandard.

Mythos: Wenn die Haut zu trocken ist, braucht sie Fett

Dieses Missverständnis ist weit verbreitet. Denn, wenn etwas zu trocken ist, dann fehlt in erster Linie Feuchtigkeit. Und so geht es eben auch der Haut. Die verschiedenen Fette der Hornhautschicht dienen unter anderem dem Einschluss und dem Binden der Hautfeuchtigkeit. Es reicht nicht, möglichst reichhaltig Fett auf die Haut aufzutragen, ihr muss gleichzeitig Feuchtigkeit angeboten werden. Cremes oder Lotionen sollten sehr schnell in die Haut einziehen, keinen Fettfilm hinterlassen und das Hautbild glätten. Eine Ausnahme ist der Schutz der Gesichtshaut vor Frost im Winter: Wind- und Wettercremes enthalten eine größere Menge Fett, um eine Schutzschicht über die Gesichtshaut zu ziehen, so dass es nicht zu Frostschäden kommen kann. Notwendig werden sie aber erst dann, wenn das Kind längere Zeit deutlichen Minustemperaturen oder sehr starkem, kalten Wind ausgesetzt ist.
Ebenfalls fetthaltig sind Wundschutzcremes. Ihr enthaltender Fettgehalt dient als Schutzschicht zwischen dem Windelbereich und dem Windelinhalt. Aber auch sie sollten nur dann eingesetzt werden, wenn die Haut im Windelbereich Reizungen aufweist, um eine Windeldermatitis zu verhindern.

Exanthem und Akne: Besondere Pflege ist gefordert

Unmittelbar nach der Geburt tritt das Neugeborenenexanthem auf. Es handelt sich um einen harmlosen pickeligen Ausschlag, dessen Ursache nicht wirklich bekannt ist. In der dermatologischen Fachliteratur werden hormonelle Ursachen oder Reaktionen auf die Besiedelung der Haut vermutet. Das Exanthem verschwindet bald von allein und beeinträchtigt die Kinder nicht. Es gibt allerdings auch Ausschläge, die ganz klar im Zusammenhang mit Pflegeprodukten oder Chemikalien in der Wäsche der Kinder zu beobachten sind. Sie ähneln dem Neugeborenenexanthem und verschwinden, wenn die Ursache beseitigt wurde. Bei Hautreaktionen lohnt es sich daher immer, die Wäsche auf Rückstände zu prüfen. Dazu wird ein sauberes Wäschestück in einer Schale mit heißem Wasser durchgespült. Danach wird das Wasser betrachtet: Waschmittelreste, sogenannte Hygienespüler oder Weichspüler setzen sich auf der Oberfläche deutlich ab. Beide Substanzen reagieren mit der Hautfeuchtigkeit und können die Haut angreifen.
Eine hormonelle Ursache hat das Auftreten von Babyakne drei bis sechs Wochen nach der Geburt. Sie tritt meist im Gesicht, am Brustlatz und dem Schulterbereich auf. Wie in der Pubertät soll die Pflege auch beim Baby fettfrei erfolgen. Je nach Ausprägungsgrad sollte die Haut vor allem sauber gehalten und Speichel sowie Milchreste regelmäßig mit klarem Wasser abgewischt werden. Nur wenn die Haut gleichzeitig trocken erscheint, wird hin und wieder eine ganz leichte Feuchtigkeitspflege nötig. Bei sehr ausgeprägtem Auftreten habe ich beste Erfahrungen mit basischen Bädern gemacht.

Kleiner aber wichtiger Unterschied: Gneis oder Schorf?

Im zeitlichen Anschluss an die Neugeborenenakne entwickelt ein Teil der Kinder meist auf dem behaarten Kopf den sogenannten Kopfgneis, der sich aus Hautschuppen und Talgresten zusammen setzt. Wenn er unangenehm riecht oder eine sehr dicke Kappe bildet, lasse ich ihn mit sogenannten Milchschorfgels entfernen. Eigentlich ist Milchschorf aber etwas anderes. Er tritt zwar im selben Alter auf (im zweiten bis vierten Lebensmonat), hat aber eine Entzündungskomponente. Die Borken sind eher krustig, bräunlich und jucken oft. Und sie kommen wieder, wenn der Milchschorf entfernt wurde. Die Haut darunter wirkt wund und muss unbedingt nach dem Waschen mit einer reizfreien Feuchtigkeitspflege versorgt werden, da sie häufig sehr trocken ist. Bei starkem Juckreiz oder Verletzungen durch Kratzen, sollte das Kind dem Kinder- oder Hautarzt vorgestellt werden. Ein Milchschorf kann außerdem ein Anfangsbefund einer Neurodermitis sein.
Literatur bei der Verfasserin

Fazit

Aufgrund der verkürzten Aufenthaltsdauer nach der Entbindung, benötigen viele Eltern zu Hause Anleitungen in der Haut- und Körperpflege ihres Neugeborenen.
Die Haut von Babys neigt aufgrund ihrer verminderten Rückfettungsfähigkeit zu Trockenheit, oft verbunden mit Juckreiz.
Trockene Haut benötigt vor allem Feuchtigkeit - eine Fettcreme allein genügt nicht.
Metadaten
Titel
Wie viel Hautpflege brauchen Neugeborene?
verfasst von
Ingrid Lohmann
Publikationsdatum
01.01.2023
Verlag
Springer Medizin
Schlagwörter
Hautpflege
Eltern + Kind
Erschienen in
Hebammen Wissen / Ausgabe 1/2023
Print ISSN: 2730-7247
Elektronische ISSN: 2730-7255
DOI
https://doi.org/10.1007/s43877-022-0737-2

Weitere Artikel der Ausgabe 1/2023

Hebammen Wissen 1/2023 Zur Ausgabe

Service Industrie

Service Industrie

Editorial

Editorial