Voraussetzungen für die Nutzung
Aus Sicht der Teilnehmerinnen war die Möglichkeit, die App zusammen mit anderen an der Pflege beteiligten Personen zu nutzen, die wichtigste Voraussetzung (Tab.
2). Eine Frau berichtet hierzu: „Wenn ich jetzt alleine wäre, ich brauchte das nicht. (…) Da würden mir jetzt zwei Personen einfallen, ne drei, die könnten diese App nutzen und wären auch bereit, das zu erlernen. Bei einer Person wäre das ein Selbstläufer, bei meiner Schwester, die überhaupt nicht affin ist, mit Technik, der müsste ich das erstmal schön verkaufen, und bei meiner Tante müsste ich es bewerben“ (Liv02).
Tab. 2
Voraussetzungen für die Nutzung
Beteiligung der anderen Pflegenden an der Nutzung (6) |
Zuständigkeit und Quantität der Dokumentation (4) |
Funktionalität der Einweisung und des Einspeisens (2) |
Die Dokumentation medizinischer Werte in der App spielte aus Sicht der Interviewpartnerinnen keine große Rolle. Die Hälfte der befragten pflegenden Angehörigen gab an, dass sie bei ihren pflegenden Angehörigen keine medizinisch relevanten Werte regelmäßig zu dokumentieren haben. Auch waren sie der Ansicht, dass die App nur in vollem Umfang genutzt werden kann, wenn ein Austausch über medizinisch relevante Werte in der täglichen Pflege zentral ist. So sagte eine Teilnehmerin: „Diese Werte brauch ich nicht. Die hat sonst nichts. Die hat sonst keine Begleiterkrankungen, kein Diabetes und kein Bluthochdruck“ (Liv05). Weiterhin betonten zwei Teilnehmerinnen die Wichtigkeit, einer einfachen und angeleiteten Handhabung bei der Erstinstallation der App.
Erweiterungsvorschläge
Als Erweiterungsvorschlag wurde am häufigsten die Möglichkeit einer Spezifizierung der Aktivitäten, die im Planer aufgelistet werden, genannt (Tab.
3). Zum einen betrifft dies eine qualitative Erweiterung: Dazu gehört, z. B. statt des einfachen Items „Mittagessen“ detaillierter angeben zu können, was die zu pflegende Person gegessen hat. Eine Teilnehmerin bemerkte: „Oder, dass er jetzt bei mir doch schon wieder was Süßes gegessen hat und so weiter, dass man das dann einträgt. Das finde ich super“ (Liv09).
Tab. 3
Erweiterungsvorschläge
Spezifizierung der Aktivitäten (7) |
Weitere Kommunikationsformen (4) |
Reminder oder Bestätigung (3) |
Verweis auf weiterführende Informationen (3) |
Verknüpfung mit anderen digitalen Systemen (2) |
Hinterlegung wichtiger Dokumente (2) |
Bereitstellung von weiteren Versionen (2) |
Übermittlungsmöglichkeiten der Daten (2) |
Hinzufügung einer allgemeinen To-do-Liste (1) |
Personalisierung der Farben (1) |
Weiterhin wünschten sich einige Teilnehmerinnen eine grundsätzliche Auflistung von Vorlieben und Abneigungen gegenüber Speisen, um anderen betreuenden Personen die Pflege und Bewirtung zu erleichtern.
Drei Teilnehmerinnen schlugen vor, ein Trinkprotokoll mit genauer Angabe der Trinkmenge in dem Planer unterzubringen, sodass bei einem Betreuungswechsel klar ersichtlich ist, ob ein Mangel besteht. Das Gleiche gilt auch für die Menge an Nahrungsmitteln, die die zu pflegende Person zu sich nimmt. Eine Teilnehmerin formulierte es so: „Das Frühstück ist hinterlegt, aber kann man auch eintragen, wie viel sie gegessen hat? Und was auch wichtig wäre, ist ein Trinkprotokoll. Gerade Ältere trinken wirklich wenig“ (Liv03). Auch die Kontrolle der Anzahl der Toilettengänge war für einige pflegende Angehörige von großer Bedeutung.
Hilfreich wäre aus Sicht der Teilnehmerinnen darüber hinaus ein detailliertes Sturzprotokoll, das Muster im Sturzverhalten erkennt und über den Planer einzugeben ist.
Ebenfalls häufig gewünscht wurde eine Erweiterung der möglichen Kommunikationsformen, um den Austausch zwischen den an der Pflege beteiligten Personen zu erleichtern. Die Teilnehmerinnen wünschten sich insbesondere die Möglichkeit, Rundmails zu schreiben, und die Option, auf kurzem Wege schnell Nachrichten zu schreiben, z. B. über einen Chat. Ein Beispiel für den Nutzen einer Rundmailfunktion beschrieb diese Teilnehmerin: „Dass man hier Pflegegrad 3 oder 4 drin hat, und dass dann alle Bescheid wissen, wenn sich was ändert und was dann bedeutet. Diese Info müsste dann an alle rauszuschreiben sein“ (Liv09).
Bei vielen Teilnehmerinnen bestand eine Unsicherheit darin, ob die anderen, an der Pflege beteiligten Personen, alle Aufgaben ihren eigenen Vorstellungen entsprechend meistern. Oft handelte es sich bei Letzteren um ihre Kinder, um die Angestellten der Tagespflege oder auch um bezahlte Helferinnen. Um nicht ständig aktiv kontrollieren zu müssen, wünschten sie sich eine Reminderfunktion, die weitere an der Pflege Beteiligte automatisch an wichtige Aufgaben erinnert und die dann durch Abhaken als erledigt markiert werden können. Eine Teilnehmerin stellte sich das folgendermaßen vor: „Und dann noch mal ein Haken mit ‚bin bei ihm‘. Das wäre für mich eine Unterstützung, dann muss ich nicht jedes Mal anrufen, auch bei meinem Bruder. Das muss ich jedes Mal machen, weil ich Angst habe, dass sie es doch vergessen“ (Liv10).
Ob die App weiterführende Informationen bereitstellen soll, die die Pflege direkt, ihre Finanzierung oder ihr Management betreffen, darüber waren sich die Teilnehmerinnen nicht einig. Drei der Teilnehmerinnen hielten dies für sehr sinnvoll, 2 andere waren jedoch der Meinung, dass die App dadurch überladen werden könnte. Eine Teilnehmerin wünschte sich konkrete Informationen in der App: „Ich weiß nicht, ob in der App irgendwas vorgesehen ist, so ein Glossar mit Links, was mache ich, wenn z. B. einen neuen Rollstuhl brauche oder andere Hilfsmittel. (…) Nur wenn ich z. B. heute google Pflegedienst [Ort], dann kriege ich von Google 27.000 Mitteilungen, ich hätte aber eigentlich nur gerne eine Liste mit 5 oder 6 Adressen mit Telefonnummern und vielleicht auch mit der Aussage: nimmt zur Zeit keine neuen Patienten“ (Liv08). Andere Pflegende wünschten sich Links zu interessanten Artikeln oder zu einem Pflegewiki.
Teilnehmerinnen, die bereits mit digitalen Messgeräten (z. B. Blutzucker) oder Kalendern (z. B. Outlook) arbeiten, erhofften sich, diese mit der App einfach verbinden zu können, um die Daten nicht mehrfach einspeisen zu müssen. Von 2 Teilnehmerinnen wurde vorgeschlagen, wichtige Dokumente wie Vollmachten, Patientenverfügungen oder Impfpässe in der App hinterlegen zu können. Dies sei besonders für weitere an der Pflege Beteiligte interessant und hilfreich, falls ein Notfall in Abwesenheit der Hauptpflegeperson auftritt. Zwei Teilnehmerinnen fänden die gebündelte Übertragungsmöglichkeit – digital per E‑Mail oder analog in Form von Ausdrucken – von medizinisch relevanten Werten oder eines Sturzprotokolls an medizinisches Personal wie Ärzt:innen oder den Notdienst als vorteilhaft für ihren Alltag. Eine pflegende Angehörige wünschte sich eine Version der App, die von Pflegebedürftigen selbst ebenfalls genutzt werden kann. Eine andere Teilnehmerin stellte sich eine weitere Version für technisch weniger versierte Mitbetreuende vor, die ausschließlich mitlesen sollten. Zwei weitere Vorschläge betrafen das Hinzufügen einer allgemeinen To-do-Liste und die Personalisierung durch Farben in der Kalenderfunktion, um damit zu kennzeichnen, welche der zusätzlich mitbetreuenden Personen die entsprechend Aufgabe übernommen hatte.
Gesamtbeurteilung
Die Mehrheit – 6 von 10 Teilnehmerinnen – beurteilte die App insgesamt sehr gut (Tab.
4). Sie äußerte sich dazu größtenteils in einem Kommentar, der sowohl die Einfachheit der Unterfunktionen, die Übersicht als auch das angenehme Layout adressierte. So sagte eine Teilnehmerin beispielsweise: „Find ich gut, es ist dezent, das find ich gut. Ich finde es auch klar und nicht zu viel, weil jetzt, wenn ihr noch mehr da reinpackt, dann wird es irgendwann zu viel, aber so sind es nur 4 Hauptsachen, und mehr ist nicht. Zu viel würde ich nicht reintun, dann wird es wieder zu kompliziert für mich persönlich, ich bin dann da immer überfordert. Aber das ist klar. Das ist auch von der Grafik her wirklich deutlich. Und selbsterklärend“ (Liv10). Acht von 10 befragten pflegenden Angehörigen gaben auch an, die App sofort nutzen zu wollen. Von den Teilnehmerinnen wurde das Nachrichtenübermittlungssystem der App jedoch als unpersönlich wahrgenommen: „Da schätze ich dann auch das Gespräch, dieser Smalltalk, den man dann auch etwas minimieren könnte. Ich würde mit meinen Schwestern nicht nur Werte austauschen, sondern auch, wie ist die (Pflegeperson) drauf“ (Liv07). Eine Teilnehmerin gab an, dass ein großer Teil der App, nämlich der Wertebereich, bereits von anderen, sich regulär auf Smartphones befindenden Apps abgedeckt wird (z. B. Apple Health).
Ansprechendes Design und geringe Komplexität (6) | Unpersönlichkeit des Austausches (2) Nutzlosigkeit bestimmter Funktionen (1) |