12.1 Einleitung
In der öffentlichen Debatte um die Attraktivität des Pflegeberufs spielt mittlerweile auch die Vergütung
der Pflegekräfte in der Langzeitpflege
eine prominente Rolle. Forderungen nach einer verbesserten Vergütung finden sich auch im Koalitionsvertrag wieder. Demnach soll die Bezahlung nach Tarif in der Altenpflege gestärkt werden. Die Bundesregierung will dazu gemeinsam mit den Tarifparteien dafür sorgen, dass Tarifverträge
flächendeckend zur Anwendung kommen. Für angemessene Löhne sollen die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Darüber hinaus soll die Pflegemindestlohn-Kommission „gebeten“ werden, sich zeitnah mit der Angleichung des Pflegemindestlohns
in Ost und West zu befassen (CDU et al.
2018, S. 96). In diesem Beitrag stellen wir zunächst den Hintergrund für die Forderungen nach einer deutlich verbesserten Vergütung für Pflegekräfte in der Langzeitpflege dar, bewerten politische Handlungsoptionen zur Erreichung dieses Ziels und diskutieren abschließend die entstehenden finanziellen Wirkungen.
12.2 Vergütung von Pflegekräften in der Langzeitpflege
Der Hintergrund der Vereinbarungen im Koalitionsvertrag ist in Form aktueller Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit (IAB) gut dokumentiert (Tab.
12.1). Fachkräfte in der Altenpflege verdienten demnach im Jahr 2017 mit 2.621 € brutto 14,5 % weniger als der Durchschnitt aller Beschäftigten in Deutschland. Die Bruttoentgelte
in der Altenpflege sind zwischen 2012 und 2017 stärker gestiegen als in der Krankenpflege sowie bei den Beschäftigten insgesamt. Die Differenz der Entlohnung zwischen Alten- und Krankenpflege hat sich dadurch aber nur geringfügig verringert. Hinzu kommen erhebliche regionale Unterschiede – nicht nur zwischen West- und Ostdeutschland. Bei den Fachkräften in der Altenpflege reicht demnach die Spannweite zwischen 2.136 € in Sachsen-Anhalt und 3.036 € in Baden-Württemberg. Bei den Hilfskräften liegen die Extremwerte bei 1.680 € in Sachsen-Anhalt und 2.215 € in Nordrhein-Westfalen. Die Autoren des IAB schlussfolgern, dass der Lohn als „Instrument zur Motivation und längerfristigen Mitarbeiterbindung von erheblicher Bedeutung“ sei. Gerade im Bereich der Altenpflege bestehe hier „nach wie vor Verbesserungspotenzial“ (Seibert et al.
2018b, S. 8).
Tab. 12.1
Monatliche Bruttoentgelte von Pflegekräften in Euro. Sozialversicherungspflichtige Beschäftigte (in Vollzeit, ohne Auszubildende) im Jahresdurchschnitt. Medianwerte
Fachkräfte Krankenpflege | 2.958 | 3.337 |
\(+\)12,8 % |
Fachkräfte Altenpflege | 2.373 | 2.744 | \(+\)15,6 % |
Differenz in Euro
|
585
|
593
|
\(+\)
1,4
|
Helfer Krankenpflege | 2.284 | 2.502 | \(+\)9,5 % |
Helfer Altenpflege | 1.682 | 1.944 | \(+\)15,5 % |
Differenz in Euro
|
602
|
558
| \({-}\)7,3 % |
Alle Beschäftigten | 2.876 | 3.209 | \(+\)11,6 % |
Die Zahlen des IAB – insbesondere in der Entwicklung der Jahre 2012 bis 2017 – deuten darauf hin, dass die Vergütung
in der Langzeitpflege stärker als im Rahmen der allgemeinen Entwicklung der Löhne und Gehälter ansteigt. Insbesondere im Jahr 2017 konnten Fachkräfte im Durchschnitt einen Zuwachs von 4,7 % verbuchen, bei Hilfskräften lag der Anstieg mit 4 % etwas niedriger. Der absolute Abstand zwischen Kranken- und Altenpflege ist allerdings bei Fachkräften nahezu konstant geblieben. Bei Hilfskräften konnte die Lücke zumindest zu einem Teil geschlossen werden. Dies ist als Erfolg für die Beschäftigten zu beurteilen, weil der gewerkschaftliche Organisationsgrad als Voraussetzung für kollektives Handeln in der Altenpflege außerordentlich gering ist (Schroeder
2017). Insofern kann diese Entwicklung als erstes Indiz für die zunehmende Knappheit an Pflegekräften interpretiert werden.
Diese Entwicklung hat der Bundesarbeitgeberverband Privater Pflegeanbieter (BPA) als Beleg dafür bewertet, dass der Arbeitsmarkt auch ohne Lohnvorgaben der Politik funktioniere und hat sich gegen politische Interventionen zur Erhöhung des Vergütungsniveaus
ausgesprochen.
1 Letzteres ist nicht überraschend, da private Pflegeheimbetreiber einen geringeren Anteil der Einnahmen für Personal ausgeben und gleichzeitig eine höhere Gesamtkapitalrendite erzielen als öffentlich-rechtliche und frei-gemeinnützige Träger (Tab.
12.2). Steigende Personalkosten
als Konsequenz einer Tarifbindung
schmälern daher die Profitabilität der Einrichtungen.
Tab. 12.2
Personalkosten und Gesamtkapitalrendite nach Träger
Personalkosten | 62,0 % | 61,7 % | 50,0 % |
Sachkosten | 21,3 % | 16,9 % | 17,4 % |
Jahresüberschuss nach Steuern | 1,5 % | 2,2 % | 4,7 % |
Nichtsdestoweniger ist davon auszugehen, dass es nicht allein durch das individuelle Verhandlungsgeschick von Pflegekräften bzw. durch Vereinbarungen der Tarifparteien zu einer nachhaltigen und flächendeckenden Verbesserung der Vergütung in der Langzeitpflege kommen wird. Die Handlungsfähigkeit der Tarifparteien ist nicht nur dadurch geschwächt, dass der Organisationsgrad auf Seite der Beschäftigten sehr niedrig ist. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad liegt bei maximal 12 % aller in der Altenpflege Beschäftigten (Schroeder
2017, S. 103). Auch auf Seiten der Arbeitgeber gibt es keinen handlungsfähigen Verbund. Die privaten, gemeinnützigen und kirchlichen Träger verfolgen jeweils eigenständige Interessen und weisen darüber hinaus auch sehr unterschiedliche Vergütungsstrukturen auf. Schroeder charakterisiert die Arbeitgeberseite dann auch wegen der unterschiedlichen Interessenlagen als „gespalten und nichtverpflichtungsfähig“ (Schroeder
2017, S. 31).
12.3 Politische Handlungsoptionen
Zur politisch erwünschten Verbesserung der Vergütung in der Langzeitpflege werden aktuell vor allem drei Maßnahmen diskutiert – die politisch erklärte Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen, eine Rechtsverordnung im Rahmen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG) und die Erhöhung des Mindestlohns in der Pflege. Diese drei Maßnahmen werden im Hinblick auf ihre Praktikabilität und Durchsetzbarkeit geprüft.
Die politische Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen ist nicht voraussetzungslos. Die Allgemeinverbindlicherklärung ist nach § 5 Tarifvertragsgesetz in der Regel im öffentlichen Interesse geboten, wenn der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen überwiegende Bedeutung erlangt hat oder die Absicherung der Wirksamkeit der tarifvertraglichen Normsetzung gegen die Folgen wirtschaftlicher Fehlentwicklung eine Allgemeinverbindlicherklärung verlangt. Zudem müssen beide Tarifvertragsparteien eine Allgemeinverbindlichkeit beantragen.
Wesentliche Voraussetzung ist also erstens, dass es eine kritische Masse von Tarifverträgen gibt, die im öffentlichen Interesse für allgemeinverbindlich erklärt werden könnten. Hier besteht zunächst das Problem, einen entsprechenden Tarifvertrag in der Langzeitpflege zu identifizieren. Die zweite zentrale Voraussetzung besteht darin, dass auch auf Arbeitgeberseite die Bereitschaft erkennbar sein muss, die Allgemeinverbindlichkeit erstens zu beantragen und zweitens im zuständigen Tarifausschuss zuzustimmen. Der Tarifausschuss ist paritätisch aus Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertretern zusammengesetzt. Bei den Arbeitgebervertretern handelt es sich im Regelfall um branchenfremde Repräsentanten.
Zumindest bei den kirchlichen Organisationen und den freien Wohlfahrtsverbändern scheint es zumindest für die Beantragung der Allgemeinverbindlichkeit eine gewisse Bereitschaft zu geben.
2 Diese Bereitschaft ist jedoch bislang beim Arbeitgeberverband der privaten Einrichtungsträger nicht zu erkennen. Selbst wenn dieser – etwa aufgrund des politischen Drucks
3 – seine Auffassung ändert, verhindert mit hoher Wahrscheinlichkeit die Interessenlage der branchenfremden Arbeitgebervertreter im zuständigen Tarifausschuss eine Zustimmung zur Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen. Dies legen zumindest bisherige Erfahrungen nahe.
So ist etwa eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung eines Ausbildungstarifvertrags zwischen der Tarifgemeinschaft Pflege Bremen und der Gewerkschaft ver.di trotz politischer Unterstützung auf Landes- und Bundesebene am Widerstand der Arbeitgeber im Tarifausschuss gescheitert. In dem sechsköpfigen Tarifausschuss hatte es eine Pattsituation gegeben. In diesem Fall darf das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMAS) – das die Zuständigkeit an den Bremer Arbeitssenator delegiert hatte – aus rechtlichen Gründen eine Allgemeinverbindlichkeit nicht erklären.
4 Eine ähnliche Initiative auf Antrag der Gewerkschaft ver.di, der Diakonie, der Arbeiterwohlfahrt, des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und des Deutschen Roten Kreuzes ist einen Monat später in Niedersachsen ebenfalls gescheitert – auch hier hatte es keine Mehrheit im zuständigen Tarifausschuss gegeben. Damit stammen bundesweit immerhin zwei von sieben seit 2015 gescheiterte Anträge auf Allgemeinverbindlichkeit aus dem Bereich der Langzeitpflege. Andere betroffene Branchen waren Sicherheitsdienste, das Gast- und das Friseurgewerbe (Schulten
2018, S. 85).
Hintergrund der ablehnenden Haltung der Arbeitgeber in den Tarifausschüssen sind nicht nur ideologische Vorbehalte oder der Druck der privaten Pflegeheimbetreiber wie in Bremen und Niedersachsen. Die branchenfremden Arbeitgeber in den Tarifausschüssen sind zudem primär an einer Begrenzung des Anstiegs der Sozialversicherungsbeiträge interessiert. Aus Sicht der Arbeitgeber besteht vor allem die nicht von der Hand zu weisende Gefahr, dass steigende Tariflöhne mittels steigender Beitragssätze in der sozialen Pflegeversicherung – oder wie im Pflegepersonal-Stärkungsgesetz – durch die Beitragszahler in der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert werden müssten. In beiden Fällen müssten die Arbeitgeber im Rahmen der paritätischen Finanzierung die Hälfte des Ausgabenanstiegs finanzieren.
Voraussetzung für eine Überwindung der Pattsituation in den Tarifausschüssen ist eine Änderung des Tarifvertragsgesetzes
. In diesem Zusammenhang wird etwa gefordert, die Anforderungen an einen Mehrheitsbeschluss im Tarifausschuss umzukehren. Eine Ablehnung der beantragten Allgemeinverbindlichkeit wäre dann nur noch mit einer Mehrheitsentscheidung im Tarifausschuss möglich (Schulten
2018).
Etwas weniger voraussetzungsvoll als die politische Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen ist eine Rechtsverordnung des BMAS nach § 7a des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AentG) auf Antrag der Parteien eines Tarifvertrags. Dieses Gesetz soll grundsätzlich dazu dienen, Lohndumping durch nach Deutschland entsandte ausländische Arbeitskräfte zu verhindern. Eine solche Rechtsverordnung kann das BMAS nach § 4 Abs. 2 AEntG erlassen, wenn die Erstreckung der Rechtsnormen des Tarifvertrages im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Mit der Erstreckung der Inhalte eines Tarifvertrags soll insbesondere einem Verdrängungswettbewerb durch ausländische Arbeitskräfte entgegengewirkt werden.
Nach § 7a Abs. 4 AEntG muss sich vor dem Erlass der entsprechenden Rechtsverordnung auch hier der Tarifausschuss mit dem Inhalt der Verordnung befassen. Es ist allerdings nicht zwingend die Zustimmung beider Tarifvertragsparteien notwendig. Die Verordnung kann durch das BMAS erlassen werden, wenn mindestens vier von sechs Mitgliedern dem Verordnungstext zustimmen. Im Unterschied zur Allgemeinverbindlichkeit ist der Antrag der Tarifparteien jedoch nicht endgültig gescheitert, wenn es zu einem Patt im Tarifausschuss kommt. Stimmen nur zwei oder drei Mitglieder zu, so kann die Verordnung dennoch durch die Bundesregierung erfolgen. Die Erstreckung eines Tarifvertrags gemäß AEntG benötigt somit auf der Arbeitgeberseite lediglich die Bereitschaft, ein entsprechendes Verfahren durch die Antragstellung beim BMAS zu initiieren. Die branchenfremden Arbeitgeber im Tarifausschuss können im Anschluss durch einen Kabinettsbeschluss der Bundesregierung überstimmt werden. Der zentrale Vorteil der Anwendung des § 7a Abs. 4 AEntG liegt demzufolge darin, dass – den politischen Willen vorausgesetzt – ein Patt im Tarifausschuss durch einen Kabinettsbeschluss überwunden werden könnte. Unklar ist allerdings, ob das Arbeitnehmer-Entsendegesetz auf die vorliegende Situation überhaupt anwendbar ist. Im Zweifel bedarf es hierfür einer entsprechenden Klarstellung des Gesetzgebers.
Die Untergrenze für die Vergütung in der Langzeitpflege wird durch den Pflegemindestlohn
gesetzt, dieser beträgt im Jahr 2019 in Westdeutschland 11,05 € und in Ostdeutschland 10,55 €. Für das Jahr 2020 ist bereits eine weitere Erhöhung um jeweils 30 Cent beschlossen. Eine substanzielle Erhöhung des Pflegemindestlohns wäre zumindest ein weiteres Instrument, um die Vergütung von Pflegehilfskräften deutlich zu verbessern – sie wäre aber ebenso auf die Zustimmung beider Tarifparteien in der paritätisch besetzten Pflegekommission
angewiesen. Zwar wäre erheblicher, vor allem ideologisch motivierter Widerstand gegen diese staatliche Intervention in den Markt für Pflegedienstleistungen zu erwarten (Hages et al.
2017). Allerdings könnte der Repräsentant der privaten Pflegeheimbetreiber von den drei Arbeitgebervertretern der kommunalen und kirchlichen Arbeitgeberverbände
überstimmt werden. Vor diesem Hintergrund haben die privaten Pflegeheimbetreiber bereits einen zusätzlichen Sitz in der Kommission gefordert und einen weiteren Anpassungsbedarf in der Zukunft ausgeschlossen.
12.4 Handlungsbedarf für die Konzertierte Aktion Pflege
Aus den bisherigen Ausführungen ist deutlich geworden, dass die politischen Handlungsoptionen zur angekündigten Verbesserung der Vergütung in der Langzeitpflege begrenzt sind. Um den Widerstand insbesondere der branchenfremden Arbeitgeber zu überwinden, kann der Gesetzgeber erstens das Tarifvertragsgesetz ändern. Diese Maßnahme kann das Patt in den Tarifausschüssen überwinden, ist allerdings von verfassungsrechtlichen Unwägbarkeiten begleitet. Zweitens kann die Bundesregierung den Weg über das Arbeitnehmer-Entsendegesetz wählen und damit die Zustimmung der Arbeitgeber im Tarifausschuss ersetzen. Auch hier haben insbesondere die Träger der privaten Einrichtungen bereits politischen und rechtlichen Widerstand angekündigt. Weitere Voraussetzungen – etwa die Beantragung der Erstreckung eines Tarifvertrags – müssen ohnehin durch beide Tarifvertragsparteien geschaffen werden. Insofern ist es auch nicht überraschend, dass die Bundesregierung in dieser Frage bisher keine Lösungen präsentieren konnte, die über die unverbindlichen Absichtserklärungen im Koalitionsvertrag hinausgehen. Die Sozialpartner sind allerdings Bestandteil der Konzertierten Aktion Pflege. Insofern wäre es möglich, dass Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften unter der Federführung der Bundesregierung Maßnahmen vereinbaren, um die Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit bzw. die Erstreckung von Tarifverträgen in der Langzeitpflege erleichtern.
Eine verbesserte Vergütung für Pflegekräfte wird in der derzeitigen Systematik der Finanzierung von Pflegeleistungen sowohl in der ambulanten als auch in der stationären Langzeitpflege ausschließlich von den Pflegebedürftigen, deren Angehörigen bzw. den Sozialhilfeträgern im Rahmen der Hilfe zur Pflege finanziert werden müssen. Schon aktuell sorgen rapide steigende einrichtungsabhängige Eigenanteile für Aufmerksamkeit (Rothgang und Müller
2018). Eine Belastung der Pflegebedürftigen durch steigende Eigenanteile hat der Gesetzgeber bei der Finanzierung der zusätzlichen 13.000 Stellen im Pflegepersonal-Stärkungsgesetz
verhindert, indem er die Finanzierung der zusätzlichen Stellen durch die Krankenversicherung vorgesehen hat. Diese Finanzierungsoption dürfte für einen weiteren Stellenausbau bzw. Verbesserungen in der Vergütung nicht zur Verfügung stehen.
Perspektivisch wird die Anhebung des Vergütungsniveaus der Langzeitpflege auf das Niveau der Krankenpflege diskutiert. Dieser Maßstab ergibt sich auch daraus, dass nach Implementierung des neuen Pflegeberufegesetzes
die Ausbildung in den Pflegeberufen weitgehend angeglichen wird. Bei weiterbestehenden Vergütungsdifferenzen zwischen Kranken- und Langzeitpflege besteht verstärkt die Gefahr, dass die ausgebildeten Fachkräfte sich für die deutlich besser vergütete Krankenpflege entscheiden und somit eine Sogwirkung zu Lasten der Altenpflege entsteht. Zudem wird sich der Druck auf die Gehälter in der Krankenpflege und der von den Krankenhäusern finanzierbare Personalbedarf als Konsequenz der Maßnahmen im Pflegepersonal-Stärkungsgesetz weiter verschärfen. Schließlich werden Krankenhäuser ab 2019 durch die Herausnahme der Pflegepersonalkosten aus der DRG-Systematik über deutliche bessere Refinanzierungsmöglichkeiten für Pflegekräfte verfügen als in der Vergangenheit. Eine Angleichung der Gehälter in der Langzeitpflege auf das Niveau der Krankenpflege ist wegen der hohen bestehenden Vergütungsdifferenz und der Vielzahl der betroffenen Beschäftigten nicht preiswert. Der resultierende zusätzliche Finanzierungsbedarf liegt bei knapp 6 Mrd. € (Greß und Jacobs
2016).
Es ist mehr als fraglich, ob die Pflegebedürftigen steigende Eigenanteile als Konsequenz einer verbesserten Vergütung für die Beschäftigten dauerhaft akzeptieren würden. Insofern sind Adjustierungen an der Finanzierungssystematik in der sozialen Pflegeversicherung dringend notwendig, wenn das Vergütungsniveau in der Langzeitpflege ohne übermäßige zusätzliche Belastungen der Pflegebedürftigen angehoben werden soll. Vor diesem Hintergrund wird die Diskussion um Maßnahmen zur besseren Vergütung von Pflegekräften in der Langzeitpflege zwingend von einer Debatte um einen Paradigmenwechsel in der Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung begleitet werden müssen (vgl. dazu den Beitrag von Jacobs/Greß/Haun, Kap.
19 in diesem Band).
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