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16.03.2022 | Umfrage | Nachrichten

Jede vierte Pflegekraft derzeit auf Jobsuche

Zwei Drittel der Pflegenden denkt über den Ausstieg aus dem Beruf nach. 28 Prozent suchen aktuell eine andere Arbeit. Das geht aus einer YouGov-Umfrage hervor. Hauptgrund für die Unzufriedenheit: die hohe Arbeitsbelastung. Die Impfpflicht spielt eine untergeordnete Rolle.

Stress im Pflegealltag © alvarez / Getty Images / iStockDie hohe Arbeitsbelastung ist der Hauptgrund, weshalb Pflegende ihren Job aufgeben wollen.

Vom 9. bis 18. Februar 2022 befragten die Meinungsforscher für das Jobportal Indeed 500 Beschäftigte aus der Pflege zu ihrer Wechselbereitschaft und möglichen Beweggründen. Die Pflegenden sollten dabei auch beantworten, wie sie ihre Arbeitsbedingungen einschätzen und zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht stehen.

Alarmierende Ergebnisse

Der Umfrage zufolge denken zwei Drittel der Befragten ans Aufhören – 33% davon oft, 36% tragen sich manchmal mit diesem Gedanken. Besonders frustriert sind Intensivpflegende und andere Fachkräfte mit Zusatzqualifikation: In dieser Gruppe denken 42% oft, 38% manchmal ans Aufhören.

„Alarmierend viele“ Befragte unternehmen laut Umfrage bereits konkrete Schritte für einen Berufswechsel: So gaben 28% und damit etwa jede vierte Pflegekraft an, sie sei aktuell auf Jobsuche außerhalb der Pflege. Bei den 18- bis 34-Jährigen liegt der Anteil der Jobsuchenden mit 34% besonders hoch.

Gemessen an ihrer überdurchschnittlichen Frustration sind Intensivpflegende nicht häufiger auf Jobsuche als der Durchschnitt. 

Vor allem Arbeitsbelastung und Gehalt sorgen für Frust 

Doch welche Gründe lassen die Pflegenden an eine Kündigung denken? Laut Umfrage steht die Arbeitsbelastung mit 49% ganz oben, gefolgt vom Gehalt (39%), den Arbeitszeiten, dem Personalmangel, mangelnder Anerkennung und fehlender Zeit für die Patient*innen. Nur 5% der Befragten nannten die pandemiebedingten Arbeitsbedingungen, zu denen in der Befragung auch die einrichtungsbezogene Impfpflicht gezählt wurde, als Grund.

Impfpflicht einer der Gründe für Kündigungswunsch

Bei näherer Betrachtung berge die Impfpflicht jedoch durchaus Frustpotenzial, so die Meinungsforscher: Von denjenigen, die schon oft darüber nachgedacht haben, ihren Beruf aufzugeben, gaben 69% an, die Impfpflicht sei ein Grund. Die generelle Unzufriedenheit im Beruf (88%), fehlende Entwicklungsmöglichkeiten (86%), allgemein schlechte Arbeitsbedingungen (75% Prozent) oder eine fehlende Work-Life-Balance (73%) werden jedoch häufiger genannt. Die Impfpflicht sei bei unzufriedenen Pflegekräften zweifellos ein Grund zu kündigen, so die Meinungsforscher, vor allem sei sie jedoch ein Punkt auf einer langen Liste an Kritikpunkten.

Ungeimpfte mehr als doppelt so häufig auf Jobsuche

Dennoch müsse man die Auswirkungen der Impfpflicht im Auge behalten, geben die Meinungsforscher zu bedenken. Während bei den geimpften Beschäftigten im Gesundheitssektor 25% auf einen Job außerhalb der Pflege suchen, liegt der Anteil bei den Ungeimpften bei 60%. Damit sei der Druck, seinen Job in der Pflege aufzugeben, in dieser Gruppe doppelt so hoch wie beim Durchschnitt. 

Die Meinungsforscher stellen aber auch klar: Die Ungeimpften sind eine kleine Minderheit – 91% der Befragten waren geimpft (Stand Februar 2022). Dennoch befürworteten nur 49% der Befragten die Impfpflicht, 44% waren dagegen und 7% unentschlossen.

Arbeitsbedingungen müssen besser werden

„Zu wenig Gehalt und die einrichtungsbezogene Impfpflicht sind durchaus Gründe für Pflegekräfte, ihre Arbeit aufzugeben, aber es sind nicht die Hauptgründe“, kommentiert Annina Hering, Ökonomin bei Indeed die Umfrageergebnisse. Die Pflegenden würden vor allem durch solche Faktoren aus dem Beruf getrieben, die Menschen dauerhaft erschöpfen: Eine zu große Arbeitslast, schlechte Arbeitsbedingungen, mangelnde Anerkennung und unflexible Arbeitszeiten. Die Beschäftigten in der Pflege zu halten, werde angesichts der dramatisch hohen Zahl von Pflegekräften, die aufhören wollen, eine große Herausforderung. Die Ökonomin sieht daher die Einrichtungsbetreiber gefordert. Sie müssten die Arbeitsbedingungen und Strukturen so verbessern, dass die Mitarbeiter nicht ausbrennen. (ne)

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