08.08.2019 | Leitthema
Telefon-Triage und klinische Ersteinschätzung in der Notfallmedizin zur Patientensteuerung
One size fits all?
Erschienen in: Notfall + Rettungsmedizin | Ausgabe 7/2019
Einloggen, um Zugang zu erhaltenZusammenfassung
Überfüllte Notfallzentren sind in den letzten Jahren zunehmend Gegenstand des öffentlichen Interesses. Die Ursachen dafür werden in einer gestiegenen Erwartungshaltung der Patienten, der Inanspruchnahme von 24/7 verfügbaren diagnostischen Möglichkeiten, dem fehlenden zeitnahen Versorgungsangebot durch Fachärzte und der Überalterung der Hausärzte bei fehlendem Nachwuchs in diesem Sektor gesehen. Die Politik und die Fachverbände fordern deshalb eine bessere Steuerung der Patientenströme in die zuständigen Sektoren der ambulanten und stationären Notfallversorgung. Die nun zur Verfügung stehenden Vorschläge sehen vor, entweder dem Patienten per Telefon- oder Videoberatung durch einen Arzt weiterzuhelfen oder ihm direkt einen Termin zuzuweisen. Andererseits sollen die Patienten per Telefon-Triage oder am „gemeinsamen Tresen“ eines Notfallzentrums/einer Notfallpraxis dem zuständigen ambulanten oder stationären Sektor zugewiesen werden. Das dazu benötigte Ersteinschätzungssystem wird gerade anhand des Schweizer Telefon-Triage-Modells für deutsche Verhältnisse entwickelt und evaluiert. Aus Sicht der klinischen Notfallmedizin ist dieses Ersteinschätzungssystem für den Niedrigrisikobereich Praxis und nicht für den Hochrisikobereich Notfallzentrum entwickelt und evaluiert worden. Aufgrund medizinischer und rechtlicher Bedenken wird das System in der bisherigen Form an einem gemeinsamen Tresen deshalb von Notfallmedizinern abgelehnt. Vielmehr halten die Notfallzentren die qualifizierte Triage auf der Basis einer pflegegestützten Erstsichtung mittels validierter Ersteinschätzungssysteme (z. B. das Manchester Triage System [MTS] oder der Emergency Severity Index [ESI]) gerade am gemeinsamen Tresen für praktikabel und haftungsrechtlich sicher.
Anzeige