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2020 | Studium | Buch

Barrierefreie Kommunikation im Gesundheitswesen

Leichte Sprache und andere Methoden für mehr Gesundheitskompetenz

verfasst von: Petra Jacobi

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Das Buch stellt die Möglichkeiten vor, allen Menschen den Zugang zu Kommunikation und Information im medizinischen Kontext ohne fremde Hilfe zugänglich zu machen. Die Autorin stellt die Grundlagen und Maßnahmen Barrierefreier Kommunikation wie Leichte Sprache, Unterstützte Kommunikation oder Digitale Barrierefreiheit vor und gibt Fachkräften im Gesundheitsbereich Tipps zur Anwendung. Sie lernen, wie Sie medizinische Sachverhalte leicht verständlich, zielgruppengerecht und patientenzentriert vermitteln, um Compliance und Adhärenz zu fördern.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Barrierefreie Kommunikation: Mehr als leicht verständliche Sprache
Zusammenfassung
Die Sprache ist das wichtigste Medium zur Kommunikation. 54 Prozent der deutschen Bevölkerung sind jedoch durch Kommunikationsbarrieren in ihrer Gesundheitskompetenz eingeschränkt. Die Coronapandemie zeigt, wie wichtig die Methoden und Hilfsmittel der Barrierefreien Kommunikation für viele Bevölkerungsgruppen sind, um Barrieren überwinden und besser für die eigene Gesundheit sorgen zu können. Die häufigste Kommunikationsbarrieren im Gesundheitswesen sind Fach- und Insidersprache, mangelnde Kommunikationskompetenz von Fachkräften, Vorurteile und Diskriminierung sowie Zeitmangel.
Petra Jacobi
2. Wertschätzende (Dialog-)Haltung
Zusammenfassung
Barrierefreie Kommunikation basiert auf dem Grundsatz, dass alle Menschen unabhängig von Alter, sexueller Identität, ethnischer und kultureller Zugehörigkeit, Religion, Behinderungen oder Geschlecht als gleichwertig zu betrachten sind. Dennoch werden Menschen täglich mit Vorurteilen aufgrund bestimmter Merkmale konfrontiert, diskriminiert und benachteiligt – auch im Gesundheitswesen. Die Voraussetzung für eine Barrierefreie Kommunikation ist ein nicht diskriminierendes Sprachverhalten sowie eine barrierefreie (Dialog)Haltung aller Menschen, die an einer Kommunikation beteiligt sind. Dazu gehören auch Berufsgruppen der an einer Behandlung beteiligten Fachstellen sowie Begleitpersonen von Patient*innen, wie Angehörige, Assistenzen und dolmetschende Personen. Kenntnisse über eine vorurteilsbewusste Sprache und die Reflexion des eigenen Sprach- und Kommunikationsverhaltens können dabei helfen, die eigene Kommunikation barrierefreier zu gestalten.
Petra Jacobi
3. Leicht verständliche Sprache
Zusammenfassung
Leichte Sprache und Einfache Sprache sind Sprachvarianten der deutschen Sprache, die diese leichter verständlich macht. Leichte Sprache wurde mit und für Menschen mit sog. geistiger Behinderung entwickelt, Einfache Sprache richtet sich an weitere Zielgruppen wie Menschen mit niedrigem deutschen Sprach- und Leseniveau, Menschen mit geringer Literalität und (ältere) Menschen mit Einschränkungen im Bereich Sehen und/oder Hören. Leichte Sprache ist durch ein öffentliches Regelwerk seit 2014 verbindlich geregelt. Für Texte in Einfacher Sprache besteht bislang kein einheitliches Regelwerk. Derzeit wird noch diskutiert, welche Sprachvariante für welche Zielgruppen geeignet(er) ist. Seit Inkrafttreten der UN-BRK 2009 verbreiten sich beide Sprachvarianten im deutschen Sprachraum, bestimmte Gesetze sehen die Verwendung Leichter Sprache vor. Beide Sprachvarianten unterliegen auch der Kritik, sie helfen aber nachweislich Kommunikationsbarrieren zu senken und Menschen Zugang auch zu komplexen Themen zu verschaffen.
Petra Jacobi
4. Gebärdensprache
Zusammenfassung
In Deutschland leben etwa 83.000 gehörlose Menschen, etwa 19 Prozent der Bevölkerung sind schwerhörig. Für die meisten gehörlosen Menschen und Menschen mit (hochgradiger) Hörbehinderung ist die Deutsche Gebärdensprache (DGS) die Muttersprache. Gehörlose Menschen besitzen oft eine geringe Literalität in der deutschen Schriftsprache und gehören damit zu den Zielgruppen der Leichten Sprache und der Einfachen Sprache. Für eine gelingende Kommunikation benötigen Angehörige von Gesundheitsberufen Kenntnisse über eine wertschätzende Dialoghaltung, bedarfsgerechte Umgebung für Patient*innen mit Hörbehinderung, Hilfsmittel zur Kommunikation wie gebärdensprachdolmetschende und schriftsprachdolmetschende Personen sowie über Kontaktmöglichkeiten, z.B. Tess-Relay-Dienste. Der Erwerb von Grundkenntnissen in Deutscher Gebärdensprache helfen bei einer vorurteilsbewussten Verständigung auf Augenhöhe.
Petra Jacobi
5. Brailleschrift, Sehhilfen und assistive Technologien
Zusammenfassung
In Deutschland leben etwa 1,2 Millionen blinde und sehbehinderte Menschen. Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband geht davon aus, dass es durch die demographische Entwicklung hierzulande zukünftig noch deutlich mehr sehbehinderte Menschen geben wird. Blinde und sehbehinderte Menschen haben eine Rechtsanspruch auf Kommunikationshilfen. Dazu gehören z. B. Texte in Brailleschrift, vergrößernde Sehhilfen (Lupen) und technische Hilfsmittel wie Vorlesegeräte oder Screenreader. Für eine gelingende Kommunikation benötigen Angehörige von Gesundheitsberufen daher Kenntnisse über die entsprechenden Hilfsmittel sowie über eine wertschätzende Dialoghaltung und einen bedarfsgerechten Umgang mit sehbehinderten Patientinnen*Patienten sowie der richtigen Gesprächsumgebung.
Petra Jacobi
6. Unterstützte Kommunikation
Zusammenfassung
Zahlreiche Erkrankungen und/oder sog. Behinderungen können zum Ausbleiben der Entwicklung der natürlichen Sprechfähigkeit oder zum Verlust verbaler Kommunikationsmöglichkeiten führen. Die verbleibenden kommunikativen Kompetenzen reichen bei Menschen, deren Lautsprache vorübergehend oder langfristig beeinträchtig ist, in der Regel nicht aus, um im Alltag erfolgreich kommunizieren zu können. Mit der Unterstützten Kommunikation (UK) existiert seit den 1980er-Jahren ein Fachgebiet, das ergänzende und ersetzende Kommunikationsformen für nicht und kaum sprechende Menschen zur Aufrechterhaltung und Entwicklung ihrer kommunikativen Kompetenzen zum Gegenstand hat, erforscht und entwickelt, um ihnen Kommunikation und damit ein soziales Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen. Die Fachsupervisorin für UK Bärbel Weid-Goldschmidt hat die heterogene Gruppe von Menschen, die von UK profitieren, in vier Zielgruppen unterschieden: „Die pragmatisch-kommunikativen Kompetenzen der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen dieser vier Gruppen reichen von einfachen Wahrnehmungen von Außenreizen (Gruppe 1) über ein Sprachverständnis im Hier und Jetzt (Gruppe 2), der Fähigkeit zur symbolischen Kommunikation (Gruppe 3) hin zur komplexen Kommunikation bei sprachproduktiven Einschränkungen (Gruppe 4)“ [83].
Petra Jacobi
7. Digitale Barrierefreiheit
Zusammenfassung
Die Digitalisierung schreitet auch im Gesundheitswesen voran und bietet viele Chancen, Prozesse und Abläufe mithilfe intelligenter Unterstützungs- uns Assistenzsysteme sowohl in der Verwaltung und Organisation als auch bei der Durchführung von Behandlungen zum Vorteil für Angehörige von Gesundheitsberufen und Patient*innen zu verbessern. Digitale Anwendungen erleichtern den Zugang zum Gesundheitssystem und unterstützen Patient*innen in ihrer Gesundheitskompetenz. Damit alle Menschen von der Digitalisierung profitieren können, muss der Zugang zu den entsprechenden Technologien allerdings barrierefrei sein. Digitale Barrierefreiheit umfasst alle Technologien, die einen barrierefreien Zugang zum Internet und zu anderen digitalen Anwendungen ermöglichen. Die Kommunikationsbarrieren im Web 2.0 sind zahlreich und vielfältig, zudem verfügen viele Menschen weder über die entsprechende Medienkompetenz noch über die finanziellen Ressourcen, die für eine gleichberechtigte Teilhabe an der Nutzung digitaler Inhalte nötig sind. Menschen mit sog. Behinderung und chronisch kranke Menschen nutzen das Internet zwar weit häufiger als Menschen ohne sog. Behinderung. Die Gesundheitskompetenz aller Menschen durch digitale Medien zu fördern, kann dennoch nur gelingen, wenn die Barrieren auch in der digitalen Welt abgebaut werden und allen Menschen der selbstbestimmte und sachkundige Umgang mit gesundheitsrelevanten Information im Web 2.0 ermöglicht wird
Petra Jacobi
8. Barrierefreiheit in der gesundheitlichen Praxis
Zusammenfassung
Zur Barrierefreien Kommunikation gehören auch bauliche Maßnahmen für Barrierefreiheit, denn diese schaffen die Voraussetzungen, dass alle Menschen das Gesundheitssystem nutzen und mit Angehörigen von Gesundheitsberufen kommunizieren können. Zu den baulichen Maßnahmen gehören z. B. die barrierefreie Zugänglichkeit zu Praxen und Krankenhäusern oder Versicherungen sowie eine barrierefreie Gestaltung von Gebäuden, ihre barrierefreie Innenausstattung und Leitsysteme zur Orientierung. Die bauliche Barrierefreiheit ist in Deutschland allerdings nur lückenhaft geregelt und der Anteil an barrierefreien Praxen, Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und Ambulanzen bei weitem nicht ausreichend, was die freie Arztwahl von Menschen mit sog. Behinderungen stark eingeschränkt sowie die medizinische Diagnostik und Behandlung dieser Patientinnen*Patienten erheblich erschwert. Für eine gelingende Kommunikation benötigen Angehörige von Gesundheitsberufen daher auch Kenntnisse über die Bedarfe der Zielgruppen barrierefreier.
Petra Jacobi
Backmatter
Metadaten
Titel
Barrierefreie Kommunikation im Gesundheitswesen
verfasst von
Petra Jacobi
Copyright-Jahr
2020
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-61478-5
Print ISBN
978-3-662-61477-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-61478-5