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Erschienen in: Hebammen Wissen 2/2021

01.05.2021 | Digitalisierung | Hebammen Beruf

So funktioniert's: Geburtsvorbereitung online

verfasst von: Jana Friedrich

Erschienen in: Hebammen Wissen | Ausgabe 2/2021

Technik, Datenschutz und Abrechnung Auch der Beruf der Hebamme unterliegt einem stetigen Wandel. Die Digitalisierung ist ein Teil davon. Neben der Nutzung von Abrechnungsprogrammen oder der elektronischen Dokumentation, sind wir zunehmend als Host von Onlinekursen gefragt. Doch wie funktionieren digital durchgeführte Kurse und welche rechtlichen und pädagogischen Aspekte gilt es dabei zu beachten?
Schafft die Digitalisierung die virtuelle Hebamme? "Forscher*innen sind überzeugt, dass zutiefst menschliche Berufe auch in Zukunft dringend gebraucht werden. Demnach könnte die Arbeit von Buchhalter*innen zu 94% durch Computer ersetzt werden, die von Hebammen aber nur zu 1%. Hebammen sind also auf der sicheren Seite. Trotzdem wird auch dieser Beruf sich verändern - schon allein, weil sich die Menschen verändern" (DHV Zukunftsforum 2020).
Die Hebammentätigkeit galt einmal als traditionelles Handwerk. Und auch wenn handwerkliche Fertigkeiten immer noch einen Großteil der Arbeit einer Hebamme ausmachen, so geht der Beruf doch weit darüber hinaus. Hebammen arbeiten evidenzbasiert und nicht nur durch die Reproduktion routinemäßiger Handgriffe. Mittlerweile ist auch die Digitalisierung ein Teil der neuen Berufsbeschreibung. Schon jetzt nutzen die meisten Hebammen digitale Angebote für ihre Arbeit. Am häufigsten sind das sicherlich Abrechnungsprogramme. Aber auch Dokumentationssysteme sind auf dem Vormarsch. Die elektronische Gesundheitskarte, der elektronische Mutterpass sowie das elektronische Kinderheft werden so wie es aussieht schon bald folgen. Auch Kliniken digitalisieren sich zunehmend, sodass auch angestellte Hebammen schon längst nicht mehr um Computer-gestütztes Arbeiten herumkommen.
Auch die Arbeit der Freiberufler*innen ist viel digitaler geworden als es noch vor einem Jahr vorstellbar war. Corona war ein regelrechter Beschleuniger. In der Versorgung bietet dies viele Chancen, erleichtert es doch Verwaltungsprozesse, setzt Zeitressourcen frei, die wiederum in die Versorgung oder aber in die persönliche Lebensgestaltung investiert werden können. Doch um beispielsweise die Geburtsvorbereitung digital durchführen zu können, müssen die Voraussetzungen stimmen. Das sind einerseits die Sondervereinbarungen mit den Krankenkassen, die auch bestimmte technische Anforderungen mit sich bringen, und andererseits die Datenschutzregelungen.

Jetzt braucht es Digitalkompetenz

Schon 2018 wurde im Koalitionsvertrag festgelegt, dass alle Menschen die Möglichkeit erhalten sollen, am digitalen Wandel teilzuhaben. Die "Initiative 21", eine Studie der Bundesregierung, der Bertelsmann Stiftung, Medienanstalten und Firmen, misst Jahr für Jahr im "Digitalindex" den Umfang der Digitalisierung in der deutschen Bevölkerung. Zugang, Kompetenz, Offenheit sowie Nutzungsvielfalt der Bürgerinnen und Bürger bei der Nutzung digitaler Medien und des Internets werden dafür abgefragt. Die digitale Gesellschaft wird laut der Initiative in drei Gruppen eingeteilt: Digitale Vorreiter*innen (ca. 44%), digital Mithaltende (ca. 38%) und digital Abseitsstehende (ca. 18%). In 2019/20 waren digitale Vorreiter*innen erstmals die größte Gruppe. Smartphone-Kompetenzen sind am stärksten verbreitet, Computer-Kompetenzen am wenigsten. Niedrig Gebildete sind in vielen Kompetenzbereichen abgehängt. Auch zwischen den Geschlechtern gibt es noch deutliche Unterschiede. Besonders begrüßen die meisten Bürger*innen Veränderungen durch die Digitalisierung im Bereich Bildung, dicht gefolgt vom Gesundheitswesen. "Digitalkompetenzen sind kein Zukunftsthema, wir brauchen sie bereits heute. Sie sind eine Kulturtechnik wie Lesen, Schreiben und Rechnen" (Initiative 21 2016). Digitalkompetenz wird also auch für Hebammen immer wichtiger. Doch Akzeptanz und Mehrwert können laut Initiative 21 (2019) nur entstehen, wenn Datenschutz und -souveränität sowie eine konsequente Nutzerorientierung geschaffen werden.

Sondervereinbarung zur digitalen Leistungserbringung

In der "Sondervereinbarung zur digitalen Leistungserbringung in Zeiten von Corona" (2020/21), die zwischen den Vertragspartnern - Berufsverband für freiberufliche Hebammen (BfHD), Deutscher Hebammenverband (DHV), Netzwerk der Geburtshäuser e.V. und dem GKV-Spitzenverband - ausgehandelt wurde, sind die digitale Beratungsleistung bis zum 30.6.2021 und digital durchgeführte Kurse bis zum 30.9.2021 geregelt. Diese Regelung stellt kein Präjudiz für die Zeit nach der Pandemie dar. In der Sondervereinbarung wird geregelt, dass Hebammen digitale Leistungen live erbringen und auch entsprechend abrechnen können, wenn diese von der Hebamme bereitgestellt werden, synchrone Kommunikation - also auch Fragen - ermöglichen, wodurch den Versicherten keine Zusatzkosten entstehen, die Inhalte den Präsenz-Leistungen entsprechen (geregelt im Vertrag über Hebammenhilfe nach § 134a SGB V) und eine Gesamtteilnehmerinnenzahl von zehn Versicherten auch hier nicht überschritten wird. Nehmen Partner*innen teil, so werden diese in der Zählung nicht berücksichtigt. Eine regionale Begrenzung ist bei Videokursangeboten nicht vorhanden. Das ermöglicht Hebammen auch eine Erweiterung ihres Schaffensbereiches über Landkreise und sogar Bundesländer hinaus. Auch gemischte Kurse sind abrechnungsfähig. Dies bedeutet, dass Präsenz- und Onlineteilnahme von Versicherten im selben Kurs möglich sind.
Der "Zuschaltung" von Frauen via Internet müssen die Kursteilnehmer*innen zustimmen, da ansonsten eine Teilnahme nicht möglich ist. Das ist schon die erste Maßgabe, die dem Datenschutz geschuldet ist.

Technische Voraussetzungen

Seit dem 1. Januar 2021 gibt es nach § 134a SGB V auch technische Mindestvoraussetzungen, die von der Leistungserbringerin (Hebamme) erfüllt werden müssen. Die vorausgesetzten Funktionen können vollständig oder teilweise in einem Gerät vereint sein. Benötigt werden eine Kamera, ein Mikrophon, ein Lautsprecher und ein Bildschirm, dessen Diagonale mindestens 3 Zoll (Bildschirmdiagonale von 7,62 cm, also Handygröße) entspricht. Bei gleichzeitiger Teilnahme mehrerer Versicherter mindestens 15,6 Zoll (entspricht einem Laptop mit Bildschirmdiagonale von 39,6 cm). Die Auflösung muss mindestens 640 x 480 Pixel sein. Und die Bandbreite mindestens 2.000 kbit/s im Download. Die eigene Internet-Geschwindigkeit kann man mit frei im Netz erhältlichen "Speed-Tests" prüfen. Die exakten Daten der eigenen Verbindung sind in den Systeminformationen des Routers zu finden.
Diese Grundausstattung, die von den meisten Laptops erfüllt werden, wird für die meisten Kurse genügen. Doch bei Webinaren ist es wichtig, mit allen Teilnehmenden parallel im Austausch zu sein. Das ist auf Tablets oft nicht mehr möglich - es wird dann einfach zu kleinteilig, um Übungen noch sinnvoll zu verbessern oder Gesichtsausdrücke zu interpretieren. Für Hebammen, die überproportional viele Körperübungen machen oder auch Rückbildungskurse geben, lohnt es sich, über ein externes Mikrophon (am besten ein Bluetooth Headset) nachzudenken. Ebenso verhält es sich mit einer zusätzlichen Kamera, die man nur benötigt, wenn man sich selbst aus verschiedenen Perspektiven zeigen möchte.

Abrechnungsmodalitäten beachten

Für die Versichertenbestätigung gilt § 7 der Anlage 1.1 der Vereinbarung nach § 134a SGB V mit folgender Maßgabe: "Eine rückwirkende Unterzeichnung der Versicherten bis zu acht Wochen nach Leistungserbringung, mit Hinweis auf Erbringung, mittels Kommunikationsmediums ist möglich." Die Quittierung in dem Feld "Unterschrift der Versicherten" ist mit "V" oder "Video" zu kennzeichnen. Es reicht aber auch, die bisherige Abrechnungsziffer 0700, mit der 0770 für die digitale Leistungserbringung zu ersetzen (nicht alle Abrechnungsprogramme machen das automatisch, auch wenn vorher die digitale Leistungserbringung angegeben wurde).
Alternativ kann die Bestätigung für die Versicherten auch per E-Mail erfolgen; diese muss aber spätestens zwei Wochen nach Beginn der Leistungserbringung versandt werden. Bei einem mehrwöchigen Kurs muss dies also mehrfach passieren.

Datenschutz - Seien Sie transparent

Grundlage des Datenschutzes ist die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Diese regelt die Verarbeitung aller personenbezogener Daten (Erhebung, Speicherung, Nutzung und Weiterverarbeitung). Die wichtigste Maßgabe ist Datensparsamkeit und eine transparente Datennutzung. Es sollten immer nur die Daten erhoben werden, die wirklich nötig sind. Es gibt also Informationspflichten und eine Einwilligung vor der Erhebung ist notwendig. Sinnvoll ist, diese bereits in den Behandlungsvertrag aufzunehmen. Hinzu kommt ein Auskunftsrecht (Art. 15). Dafür muss ein Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten angelegt werden. In den QM-Ordner (entsprechend der Qualitätsvereinbarung laut Anlage 3 zum Vertrag nach § 134a des SGB V) gehört also eine Übersicht über das übliche Verfahren.
Die Kursleiterin - im digitalen Geburtsvorbereitungskurs Host/Gastgeberin - benötigt einen Account bei einem Videokonferenz-Software-Anbieter. Es gibt auch kostenfreie Dienste, bei denen es jedoch eine zeitliche Nutzungsbeschränkung gibt und nicht alle Funktionen zur Verfügung stehen. Die Teilnehmer*innen brauchen dann lediglich einen Zugangslink. Eine individuelle Anmeldung ist nicht nötig. Um an dem Meeting teilzunehmen, müssen sie lediglich einen Namen angeben. Theoretisch steht es jedem Kursteilnehmer frei, sein Mikrofon und seine Webcam zu aktivieren sowie über Bildschirmfreigaben weitere Informationen preiszugeben. Doch ein Kurs "lebt" von der Interaktion. Eine Aufzeichnung von Kursen ist allerdings nicht erlaubt.

Es geht los!

Ein sinnvoller Workflow, um einen Kurs zu starten, der auch Einzug in den QM-Ordner finden kann, könnte folgendermaßen aussehen:
  • Angebot erstellen (Kurstermine auf der Website einstellen und beschreiben)
  • Anmeldeformular/Vertrag + Infos zur Datenverarbeitung (z.B.: Die erhobenen Daten werden von mir im Rahmen meiner Hebammentätigkeit im Kurs und für die Abrechnung mit der Krankenkasse verwendet. Dazu benutze ich das datenschutzkonform arbeitende Abrechnungsportal "XYZ") als PDF zum Runterladen + per Mail unterschrieben zurück
  • Versicherungsdaten in das jeweilige Abrechnungsprogramm einpflegen
  • Bei Paarkursen: Eingang Partnerbetrag kontrollieren
  • Anschreiben + Log-in + Datenschutzhinweis verschicken (ein Großteil der benötigten Informationen findet sich in der Datenschutzerklärung des Anbieters. Einige Rechtsanwälte stellen im Netz Datenschutzgeneratoren zur Verfügung (z.B. www.datenschutz-generator.de von Dr. Schwenke)
  • Kurs digital abhalten
  • Versicherungsbestätigung + Partner-Teilnahmebescheinigung + Rückumschlag (oder als PDF per mail) versenden. Alternativ: P-T per Mail nach Rücksendung der VB)
  • Abrechnung wie gewohnt
In der nächsten Ausgabe geht es um die Herausforderungen des Onlineformates bezüglich des zwischenmenschlichen Austausches. Virtuelle Gruppendynamik gehört ebenso dazu, wie die Beherrschung von Tools zur Kommunikation und das Management von Erwartungen.

FAZIT

Neben der Nutzung von Abrechnungsprogrammen oder der elektronischen Dokumentation, sind Hebammen zunehmend als Host von Onlinekursen gefragt.
In der "Sondervereinbarung zur digitalen Leistungserbringung in Zeiten von Corona" (2020/21), ist die Versorgung durch digitale Angebote zunächst bis zum 30.9.2021 geregelt.
Um Onlinekurse durchführen zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Beachten Sie die Sondervereinbarungen mit den Krankenkassen, technische Anforderungen, Datenschutzregelungen und: checken Sie Ihr Equipment.
Metadaten
Titel
So funktioniert's: Geburtsvorbereitung online
verfasst von
Jana Friedrich
Publikationsdatum
01.05.2021
Verlag
Springer Medizin
Schlagwörter
Digitalisierung
Recht
Erschienen in
Hebammen Wissen / Ausgabe 2/2021
Print ISSN: 2730-7247
Elektronische ISSN: 2730-7255
DOI
https://doi.org/10.1007/s43877-021-0094-6

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