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20.08.2019 | Politik | Nachrichten

Heftiger Protest gegen geplante Einschränkung der Heimbeatmung

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Das geplante Reha- und Intensivpflege-Stärkungsgesetz sieht strengere Auflagen für die Versorgung von Beatmungspatienten vor. Häusliche Intensivpflege soll künftig die Ausnahme werden. Dagegen regt sich heftiger Protest.

Protest gegen das Reha- und Intensivpflegegesetz © Anna Spindelndreier | Gesellschaftsbilder.deAm Sonntag protestierten im Berliner Gesundheitsministerium behinderte Menschen und Unterstützer gegen die geplanten Einschränkungen bei der Heimbeatmung.

Ein von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn geplantes Reha- und Intensivpflege-Stärkungsgesetz sieht unter anderem strengere Auflagen für die Versorgung von Beatmungspatienten vor. Zu häufig würden Beatmungspatienten in die ambulante Intensivpflege entlassen. Es gäbe Fehlanreize und Missbrauchsmöglichkeiten und die Anstrengungen zur Beatmungsentwöhnung würden oft nicht ausreichend genutzt. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die häusliche Intensivpflege beatmeter Patienten künftig die Ausnahme sein soll und die Versorgung in erster Linie in stationären Pflegeeinrichtungen oder Wohngemeinschaften erfolgt.

DPR: Pläne widersprechen dem Patientenwillen

Diese Pläne stoßen insbesondere bei Pflege- und Betroffenenverbänden auf heftige Kritik. Beatmungspatienten nur noch in Ausnahmefällen zu Hause zu versorgen, widerspreche dem Patientenwillen, warnt der Deutsche Pflegerat (DPR). „Kein einziger Patient sollte vom Gesetzgeber zu einer stationären Behandlung gezwungen werden“, erklärte DPR-Präsident Franz Wagner am Freitag in Berlin. Hinweisen auf eine Fehlversorgung oder auf Missbrauch im Bereich der außerklinischen Intensivpflege müsse mit Nachdruck nachgegangen werden. Sie sollten aber kein Grund für einen „stationären Aufnahmezwang" sein.

Auch der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) sieht „erheblichen Nachbesserungsbedarf“ am Gesetzentwurf. „In einem Schnellschuss werden für eine spezielle Gruppe von kranken Menschen weitreichende Leistungseinschnitte vorgeschlagen“, bemängelte Peter Tackenberg, stellvertretender Geschäftsführer des Berufsverbands. Diese Einschränkung der Wahlfreiheit würde vielen Patientengruppen nicht gerecht. Das gelte insbesondere für Patienten mit ALS oder einem hohen Querschnitt, die nicht von der Beatmung entwöhnt werden könnten. Diese hätten das Recht auf eine professionelle Pflege, aber auch auf Inklusion und Selbstbestimmung. „Patienten dürfen nicht aus rein wirtschaftlichen Gründen genötigt werden, in Pflegeeinrichtungen oder Intensivpflege-Wohneinheiten zu ziehen“, unterstrich Tackenberg.

Protest im Gesundheitsministerium

Behindertenorganisationen lehnen den Entwurf des Reha- und Intensivpflege-Stärkungsgesetzes vehement ab. Am Sonntag demonstrierten 200 Menschen mit Behinderung im Gesundheitsministerium gegen Spahns Pläne, wie Ability Watch mitteilt. Eine Online-Petition gegen das Intensivpflegestärkungsgesetz sammelte binnen kürzester Zeit rund 59.000 Unterstützer.

Spahn betonte am Sonntag, dass das Gesetzgebungsverfahren noch ganz am Anfang stünde. Innerhalb von zwei Wochen soll jetzt ein Treffen mit Behindertenvertretern stattfinden. Kritik gibt es auch an der knappen Stellungnahmefrist für Verbände. Diese beträgt weniger als vier Wochen und endet am 6. September. (ne)

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