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07.10.2019 | Online-Artikel

Pflegekräfte aus dem Ausland lösen das Problem nicht

verfasst von: Sven Eichstädt

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Von Jens Spahns Plänen, Pflegekräfte in Mexiko abzuwerben, hält die sächsische Krankenhausgesellschaft nichts. Das ist nicht nur teuer, sondern auch nicht nachhaltig, meinen Klinik-Experten. Auch das Beäugen der vorhandenen Kapazitäten bei Teilzeitkräften sehen sie kritisch.

Symbolbild © WavebreakMediaMicro / stock.adobe.comAusländische Pflegekräfte bleiben meist nur für ein paar Jahre und eben nicht dauerhaft.

„Ich sehe nicht, dass wir in Sachsen den Bedarf an Pflegekräften über ausländische Pflegekräfte kurzfristig decken können.“

Es sind deutliche Worte, die der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Sachsen, Stephan Helm, hier den Plänen des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) entgegenstellt. Anders als für Spahn erkennt die Krankenhausgesellschaft im Rekrutieren ausländischer Pflegekräfte keine Lösung für den Pflegemangel.

Der Minister hatte zuletzt medienwirksam um Pfleger und Schwestern aus Mexiko und dem Kosovo geworben und dies damit begründet, dass diese Länder über den eigenen Bedarf ausbildeten und damit der Bedarf an Pflegekräften in Deutschland etwas gedeckt werden könne.

Er sprach von rund 1000 Pflegekräften pro Jahr aus dem Kosovo und „einigen hundert“ aus Mexiko, die infrage kämen. Dabei beziffert der Gesundheitsminister den Bedarf an Pflegern und Schwestern in der Bundesrepublik regelmäßig mit bis zu 80.000 Arbeitnehmern.

Für die Kliniken sind die ausländischen Pflegekräfte aber eine unsichere und teuere Bank:Rund 20.000 Euro pro Schwester oder Pfleger kämen auf Kliniken, die im Ausland Fachkräfte anwerben, zu, berichtete Marco Schüller, stellvertretender kaufmännischer Vorstand des Universitätsklinikums Leipzig.

Dabei hat das Land laut Andreas Mogwitz, medizinischer Geschäftsleiter des Universitätsklinikums Dresden, schon seine Erfahrungen etwa mit Pflegekräften aus Spanien gemacht. Diese seien „wieder in ihre Länder zurückgegangen, weil ihnen in Sachsen die Sonne gefehlt“ habe.

Teilzeit ist meist bewusst gewählt

Aber auch Spahns andere Idee, dass sich der Mangel an Pflegekräften auch dadurch beheben lasse, dass mehr Schwestern und Pfleger wieder Vollzeit arbeiteten, sieht die sächsische Krankenhausgesellschaft eher kritisch. Teilzeitarbeit und flexible Arbeitszeitmodelle seien „gesellschaftliche Entwicklungen, die wir nicht zurückschrauben“ könnten, so Schüller.

„Wichtig ist, dass die Pflegekräfte deshalb in Teilzeit arbeiten, weil sie es freiwillig gern wollen und nicht deshalb, weil der Job so schwierig ist“, ergänzte der Leipziger Krankenhausmanager. Mogwitz berichtete, dass im Dresdner Universitätsklinikum „die meisten unserer Pflegekräfte in Teilzeit“ arbeiteten.

Mit den seit Januar geltenden Personaluntergrenzen haben die Kliniken in Sachsen hingegen ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Auf Intensivstationen dürfen seither in der Tagschicht maximal 2,5 Patienten pro Pflegekraft versorgt werden, in der Nachtschicht 3,5 Patienten pro Pflegekraft.

Im Universitätsklinikum Leipzig hätten laut Schüller „in Ausnahmefällen vier bis fünf Betten“ geschlossen werden müssen. Mogwitz sprach für das Universitätsklinikum Dresden davon, dass „keine strukturierte Schließung von Bereichen“ nötig gewesen sei, „weil wir genug Pfleger haben“.

In der Debatte um mögliche Schließungen von kleinen Krankenhäusern in ländlichen Regionen warben die beiden Manager der Universitätskliniken in Dresden und Leipzig dafür, genau dies nicht zu tun. „Wir brauchen die Regional- und Schwerpunktversorger“, befand Mogwitz.

„Es besteht kein Interesse von uns, die Versorgung in der Region zu verringern.“ Schüller ergänzte, „wir brauchen in den Ballungsräumen gute Partner in der Region, auch damit wir uns besser refinanzieren können.“ Damit meinte er, dass in den Universitätskliniken als Maximalversorger vor allem komplizierte Fälle behandelt werden sollten, während Standardeingriffe in kleineren Krankenhäusern auf dem Land vorgenommen werden könnten.

Noch mehr Pflegekräfte nötig

Bei dem von Minister Spahn geplanten Pflegebudget, das Anfang 2020 als neue Finanzierungsform eingeführt werden soll, hält die Krankenhausgesellschaft Sachsen mehr Geld für Arbeiten nötig, die von der Pflege auf andere Berufsgruppen übertragen wurden.

Beispiele dafür sind Stationsapotheker, die Essenversorgung oder der Patiententransport. Spahns Vorhaben sieht vor, dass für solche Arbeiten bis zu drei Prozent des Pflegebudgets berücksichtigt werden könnten. Die Krankenhausgesellschaft Sachsen dringt hingegen auf eine Größenordnung von sieben bis zehn Prozent.

Sollten Arbeiten, die die Kliniken wegen Kapazitätsengpässen aus der Pflege ausgelagert haben, wieder (teilweise) dorthin zurückwandern, bräuchte es laut Klinikmanager Schüller mindestens zehn Prozent mehr Pflegekräfte.

Dann stünden die Krankenhäuser allerdings vor der schwierigen Aufgabe, noch mehr Pflegekräfte auf einem Arbeitsmarkt finden zu müssen, der schon jetzt durch einen Mangel an Bewerbern gekennzeichnet sei. Von daher scheint zumindest für die Klinikmanager die Idee der Krankenhausgesellschaft der bessere Plan zu sein.

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