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Erschienen in: Hebammen Wissen 1/2023

01.01.2023 | Schon gehört?

Schon Gehört

Erschienen in: Hebammen Wissen | Ausgabe 1/2023

Kritik zahlt sich aus: Die Politik lenkt ein

Mitte November 2022 fand in Berlin die Bundesdelegiertentagung des Deutschen Hebammenverbandes e.V. (DHV) statt. Zu diesem Anlass kamen rund 200 Hebammen aus allen Landesvertretungen zusammen, um den Kurs ihres Berufsverbands festzulegen und deutliche Botschaften an die Politik zu senden. Eine große Protestaktion bildete damals den Höhepunkt.
Die scharfe Kritik des DHV an den Regelungen im Krankenhauspflegeentlastungsgesetz sowie 1,6 Millionen Unterzeichnende der Online-Petition von Michelle Franco "Keine Streichung der Hebammen aus dem Pflege-Budget ab 2025" haben den Gesetzgeber offenbar zum Gegensteuern gebracht.
Starkes Signal: Offenbar können nun alle Gebärenden und Eltern weiter auf bedarfsgerechte und hochwertige geburtshilfliche Versorgung in den Kliniken durch Hebammen vertrauen. "Damit wurden die Voraussetzungen geschaffen, um Hebammen auch zukünftig in den Kliniken zu halten und Schritte für eine längst überfällige Reform der klinischen Geburtshilfe einzuleiten", so DHV-Präsidentin Ulrike Geppert-Orthofer. Der Verband hofft, dass Kliniken es nun attraktiver finden, Hebammen zu finanzieren. Außerdem begrüßt es der DHV sehr, dass die für 2023 und 2024 versprochenen Gelder auch an Kliniken gehen sollen, die als verantwortliche Praxiseinrichtungen mit Hochschulen kooperieren und die praktische Ausbildung übernehmen. Dennoch: "Jetzt aber gilt es, schleunigst die weiteren erforderlichen Anpassungen, zuallererst der Personaluntergrenzen Verordnung, vorzunehmen. Auch bei der Zusage der Ampelkoalition, die flächendeckende 1:1-Betreuung unter der Geburt einzuführen, steht die Politik in der Pflicht. Die vergangenen Monate zeigen deutlich, wer praxisgerechte Lösungen sucht, kommt am DHV nicht vorbei", so Geppert-Orthofer.

Pflegekammer NRW konstiuiert

Am 16. Dezember 2022 traten in Düsseldorf die gewählten Mitglieder der ersten Versammlung der Pflegekammer NRW zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales in NRW, sprach von einem "historischen Tag für die Pflege in NRW". Das Gremium der Selbstverwaltung umfasst insgesamt 60 Sitze aus den Wahlgruppen der Altenpflege und interdisziplinären Pflege der fünf Regierungsbezirke des Bundeslandes. Nach über zweijähriger Aufbauarbeit des Errichtungsausschusses markierte das Treffen zugleich die Übergabe an die gewählten Vertreter. Laumann betonte: "Wir haben jetzt eine berufsständische Vertretung für die Pflegenden. Ich freue mich, dass die Pflege nun endlich auf Augenhöhe mit den anderen Professionen des Gesundheitswesens steht. Die Pflegekräfte sind nun politisch unabhängig und haben es selbst in der Hand, die Pflege zu verändern." Dies sei eine enorme Chance.

Meinung

Sabine Kroh, Hebamme, Gründerin von "Call-a-midwife" in Berlin Immer häufiger kommen Eltern mit dem vermeintlich perfekten Plan für die Geburt ihres Kindes in den Kreißsaal - wir Hebammen sollen diesen dann "nur" noch umsetzen. Uff, und was nun?, frage ich das Paar, das mir eine solchen Plan entgegenstreckt. Ich spüre Ablehnung, die es mir schwer macht, Zugang zu den beiden zu finden. Der Plan, den sie sich ausgedacht haben, kommt schon mit dem Beginn der Geburt in Schieflage. Noch kann ich mich ihnen voll und ganz widmen, mir Zeit nehmen und alles erklären. Was aber, wenn noch andere Paare kommen und es innerhalb weniger Minuten viel zu tun gibt? Wird dieses Paar am Ende von einer traumatischen Geburt berichten oder gar Gewalt anprangern? Ich fühle mich hilflos, überfordert und unter Druck gesetzt.
Die Geburtswehen setzen ein und mit ihnen löst sich der Plan in Luft auf: Der Mann will mit dem Arzt sprechen und verlangt einen Kaiserschnitt - sofort. Die Oberärztin erklärt ruhig, dass es keinen Kaiserschnitt geben wird. Die Nacht wird zu einem Kampf. Es wird gedroht und geschimpft, aber im Morgengrauen kommt ein gesundes Baby zur Welt. Gefolgt von der Androhung einer Klage von seiten der Eltern. Ich fahre frustriert und müde nach Hause. Konkrete Wünsche der Eltern an die Geburt sind ja ok, aber bitte mit Raum für Anpassungen.

ASB NRW fördert Hebammenzentralen

Der ASB NRW unterstützt an insgesamt acht Standorten werdende Mütter und junge Familien durch Vermittlung von Hebammen und Hebammensprechstunden. Damit das gemeinsame Leben von Kind, Mutter und Familie einen guten Anfang nimmt, kann eine Vorbereitung und Betreuung vor und nach der Geburt dazu beitragen, Erlebnisse im Zusammenhang mit der Entbindung selbst gut zu verarbeiten.
Am "Roses Revolution Day" - an dem weltweit auf fehlende Sensibilität oder Gewalt in der Geburtshilfe aufmerksam gemacht wird - erinnerte der ASB NRW daran, wie wichtig die professionelle Betreuung von werdenden Müttern und jungen Familien ist. "Wir wollen, dass Frauen in einer sensiblen Phase ihres Lebens individuell und kompetent begleitet werden", so Stefanie Könitz-Goes, Projektleitung ASB-Hebammenzentralen/ASB-Hebammenmobile in NRW. So können Kontakte zu Familienzentren, Erste-Hilfe-Kursen für Säuglingsnotfälle oder Erziehungsberatung vermittelt werden.

Ausgezeichnet

Am 14. Dezember 2022 wurde der Preis "Hamburger des Jahres" verliehen - in der Kategorie Fairness und Courage ging die Auszeichnung an den Hebammenverband Hamburg. Die Laudatio hielt der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher. Deutlich wurde, dass es in der Öffentlichkeit noch viel zu tun gibt, gerade was die Akzeptanz der deutlich besseren Bezahlung angeht, so der Hamburger Hebammenverband. Grundsätzlich habe die Politik in Hamburg aber offene Ohren für die Belange der Hebammen.

Schließung der GH in Bad-Neuenahr-Ahrweiler

Am 2. Dezember 2022 gab die Marienhaus-Gruppe auf ihrer Webseite die Schließung der stationären Geburtshilfe in Bad Neuenahr zum 5. Dezember 2022 bekannt. Die stationäre gynäkologische Versorgung wurde zum 16. Dezember 2022 geschlossen. In der Pressemitteilung verweist die Unternehmensgruppe auf umliegende Häuser, unter anderen das Universitätsklinikum in Bonn.
Fahrwege verlängern sich: Die Schließung der Geburtshilfe Bad Neuenahr ist für die betroffenen Familien mit weiteren Fahrtwegen verbunden. Zudem ist die Versorgungssituation in Bonn schon lange, und vor allem auch seit der Schließung der Geburtshilfe Bad Honnef prekär. Die Mother Hood e.V. Landesgruppen Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen haben daher die Gesundheitsministerien der beiden Bundesländer angeschrieben und fordern die umgehende Einberufung des Runden Tisches "Flächendeckende Geburtshilfe". mother-hood.​de

Mütter stemmen die meiste Familienarbeit

Seit Einführung des Elterngeldes ist bei Müttern von Kindern unter drei Jahren zwar die Erwerbsbeteiligung von 43 auf 56% gestiegen. Auch verdoppelte sich der Anteil von Vätern, die Elterngeld beziehen, und liegt heute bei 43%. Doch neben diesen messbaren Erfolgen zeigt sich in der neuen Studie, dass weiterhin nur etwa jeder zehnte Vater mehr als die zwei "Vätermonate" in Anspruch nimmt. Weil die meisten Väter parallel mit ihren Partnerinnen in Elternzeit sind, ist eine alleinige Verantwortung der Väter für die Kinderbetreuung nach wie vor selten. Und auch wenn sich Väter mit mehr als zwei Monaten Elterngeldbezug dauerhaft etwas stärker einbringen, leisten Mütter weiterhin das Gros der Kinderbetreuung und Hausarbeit. "Über die ersten Lebensmonate des Kindes hinaus sind seit Einführung des Elterngeldes kaum weitere Fortschritte bei der Aufteilung der Familienarbeit zu erkennen", fasst Dr. Mathias Huebener vom BiB die Ergebnisse zusammen.
Metadaten
Titel
Schon Gehört
Publikationsdatum
01.01.2023
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Hebammen Wissen / Ausgabe 1/2023
Print ISSN: 2730-7247
Elektronische ISSN: 2730-7255
DOI
https://doi.org/10.1007/s43877-022-0723-8

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