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Erschienen in: Hebammen Wissen 1/2022

01.02.2022 | Schon gehört?

Schon gehört?

Erschienen in: Hebammen Wissen | Ausgabe 1/2022

Meinung

Sabine Kroh, Hebamme und Gründerin von "Call-a-midwife" in Berlin
Nach der Entbindung erklärte mir der Vater, dass seine Frau seit der letzten Geburt keine Leber mehr habe und ich nicht länger auf diese warten müsse. Völlig perplex antwortete ich: "Die gute Nachricht: Ihre Frau hat ihre Leber noch. Die schlechte: Es wird gleich wieder "so etwas" herauskommen. Es ist die Plazenta!" Es folgte eine kleine Physiologie- und Anatomiekunde - und nebenbei versorgte ich die Frau - immer mit einem Blick auf das Neugeborene. Es gibt sehr beeindruckende und emotionale Momente im Kreißsaal - und sehr amüsante. Viele Hebammen arbeiten unter schlechter Bezahlung mit ständigen Dienstwechseln und Überstunden - und das bei wachsenden Geburtenzahlen und gleichzeitigen Stellenkürzungen. Wie wir das schaffen, Tag ein, Tag aus, mit Ruhe, Freundlichkeit und Einfühlungsvermögen ist mir ein Rätsel. Wir atmen, massieren und bewegen die Frauen. Erklären, trösten, motivieren und (be-)schützen jeden Tag aufs Neue. Für uns Hebammen ist es ein Job - und auch wieder nicht. Für viele von uns ist der Job Berufung. Anders wäre er wohl auch nicht (mehr) auszuhalten. Liebe Kolleginnen, Euch gehört mein tiefster Respekt!
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Hebammen prozentual berücksichtigt

Im November 2021 wurde die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) geändert. Demnach dürfen Hebammen im Tagdienst nur mit 10 % und im Nachtdienst nur mit 5 % berücksichtigt werden, wenn es um die Einhaltung der Pflegepersonaluntergrenze geht.
Der Deutsche Hebammenverband (DHV) befürchtet durch diese Änderung eine massive Verschlechterung der Versorgung in der Gynäkologie und der Wochenstation, wie der Verband in einer Pressemitteilung schreibt. "Denn Hebammen werden dann im klinischen Alltag nicht zusätzlich in der Schwangeren- und Wöchnerinnenüberwachung in den Kliniken eingesetzt, sondern anstatt ihrer Kolleginnen und Kollegen aus der Gesundheits- und Krankenpflege", erklärt Andrea Ramsell, DHV-Beirätin für den Angestelltenbereich. In vielen Kliniken werden auf den Wochenstationen und zur Überwachung von Risikoschwangeren gemischte Teams aus Hebammen und Mitarbeitenden der Gesundheits- und Krankenpflege eingesetzt. Eine nicht analoge Anrechnung habe enorme Auswirkungen auf die gesamte Personalplanung, heißt es weiter. Auch werde die schwierige Personalsituation noch verschärft. Der DHV fordert, die prozentualen Grenzwerte zu streichen und Hebammen analog zur Gesundheits- und Krankenpflege anzurechnen.
Kritik auch von Pflegedirektor*innen: Kritik an der Änderung der PpUGV kommt auch vom Verband der PflegedirektorInnen der Unikliniken (VPU). Die prozentuale Berücksichtigung entbehre jeglicher Realität in der Gynäkologie, der Geburtshilfe sowie der Pädiatrie, sagt Thorsten Rantzsch, Vorstandsvorsitzender des VPU in einer entsprechenden Pressemitteilung. Auch der VPU fordert die volle Anerkennung der Hebammen als Pflegekräfte.

Neues Geburtshaus für Hamburg

Hamburg bekommt ein drittes Geburtshaus: 2022 wird im Hammer Park ein "Haus für Geburt und Gesundheit" eröffnet. Die Sozialsenatorin Dr. Melanie Leonhard (SPD) begründete die zusätzliche Einrichtung mit langen Wartelisten für eine außerklinische Geburt in einem Geburtshaus: "Damit schwangere Frauen in Hamburg eine echte Wahlmöglichkeit haben".
Ziel des Senats sei es, Leistungen von Hebammen im gesamten Stadtgebiet verfügbar zu machen. Im Geburtshaus wird eine Eins-zu-Eins-Betreuung gewährleistet. Durch ein mehrsprachiges und niedrigschwelliges Angebot sollen insbesondere Frauen und Familien aus den als unterversorgt eingestuften Stadtteilen erreicht werden. Neben den originären Hebammentätigkeiten sind auch Kurse, Workshops, Beratungen und Therapien geplant. Aktuell besteht das Team aus sechs Hebammen und soll kontinuierlich erweitert werden.
Die Zahl der Geburten in Hamburg ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Mehr als 98 % der Geburten finden nach Angaben der Sozialbehörde in Krankenhäusern statt. (di)

Impfpflicht auch für Hebammen

Im Dezember 2021 hat der Deutsche Bundestag einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht im Gesundheitswesen zugestimmt. Ab dem 16. März 2022 müssen in bestimmten Einrichtungen tätige Personen geimpft oder genesen sein. Ausgenommen sind nur Personen mit einer ärztlich attestierten Impfunfähigkeit. Diese Impfpflicht gilt auch für Hebammen. In einer Pressemitteilung stellt der Deutsche Hebammenverband (DHV) klar, Hebammen mit unterschiedlicher Meinung zum Thema Impfung zu vertreten. Man habe weder die Kompetenz, noch die Legitimation oder das Mandat, sich für oder gegen eine Impfpflicht zu äußern. Man halte sich an die Empfehlungen der Expert*innen und an die politische Entscheidung der gewählten Volksvertreter*innen, heißt es weiter.

Tarifliche Regelung an kommunalen Kliniken

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) haben sich auf eine Tarifierung der Bedingungen für dual studierende Hebammen geeinigt. Demnach beträgt das Studienentgeld seit dem 1. Januar monatlich 1.490 € und wird zum 1. April auf 1.515 € angehoben. Außerdem haben die Studierenden Anspruch auf 30 Tage Urlaub pro Jahr sowie Zusatzurlaub bei Schichtarbeit. Auch werden die Kosten für Familienheimfahrten einmal im Monat übernommen. Des Weiteren haben die Studierenden einen Anspruch auf betriebliche Altersvorsorge, Jahressonderzahlungen und vermögenswirksame Leistungen.

Kein Alarmknopf im Kreißsaal?

Sollen eine Mutter und ihr Neugeborenes im Kreißsaal erstmal alleine gelassen werden, muss für Notfälle eine Klingel erreichbar sein. Ohne eine solche Alarmierungsmöglichkeit liegt bei einem eintretenden Gesundheitsschaden ein grober Behandlungsfehler vor, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Celle. Im konkreten Fall hatte eine Mutter ohne Komplikationen ein Kind zur Welt gebracht. Die Hebamme gab der Frau die Gelegenheit, im Kreißsaal mit ihrem Baby erst einmal allein zu sein. Als die Mutter kurze Zeit später ihr Baby als "viel zu ruhig" empfand und dieses sich in seinem Bettchen nicht regte, wollte sie nach der Hebamme klingeln. Wegen der Geburt konnte sie nicht aufstehen. Doch am Bett gab es keine Klingel, sodass die Hebamme erst 15 Minuten später nach dem Baby sah. Zu diesem Zeitpunkt litt das Kind unter einer Atemdepression, einem "Fast-Kindstod". Das Baby erlitt infolge des Sauerstoffmangels eine schwere Hirnschädigung.
Forderung über 300.000 €: Für ihr heute achtjähriges Kind verlangten die Eltern von Klinik und Hebamme deswegen 300.000 € Schmerzensgeld und Entschädigung für angefallene Versorgungskosten. Sowohl das Landgericht Hannover als auch das OLG urteilten, dass der Anspruch dem Grunde nach bestehe. Eine Mutter müsse in der Phase der zweiten Lebensstunde des Babys die Möglichkeit haben, eine Hebamme alarmieren zu können, ohne selbst das Bett verlassen zu müssen.
Hier habe eine erreichbare Klingel jedoch gefehlt, rügte das OLG. Dies sei ein grober Behandlungsfehler. Auch wenn nicht mit letzter Sicherheit festzustellen sei, ob eine frühere Alarmierung die Hirnschädigung hätte verhindern können oder diese geringer ausgefallen wäre, müssten Krankenhaus und Hebamme haften. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Da die Revision nicht zugelassen wurde, haben die Beklagten beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. (fle/mwo)

Videoberatung und Online-Kurse

Die Sondervereinbarung zur Erbringung von Hebammenleistungen ist Ende November 2021 ausgelaufen. Trotzdem können Online-Kurse sowie Videoberatungen weiter angeboten werden, wie der Deutsche Hebammenverband berichtet.
Die Videoberatung sei mittlerweile in § 134a Absatz 1d Sozialgesetzbuch V "Versorgung mit Hebammenhilfe" aufgenommen. Trotz intensiver Gespräche sei es nicht gelungen, mit einer endgültigen vertraglichen Vereinbarung einen direkten Übergang zu schaffen. Daher haben sich die Hebammenverbände mit den Krankenkassen auf eine Übergangslösung geeinigt. Darin sind die Videoberatung und die Durchführung von Online-Kursen vom 25. November 2021 bis zum 31. März 2022 vertraglich abgesichert. Danach werde die Regelung fortgeschrieben oder abgelöst.
Metadaten
Titel
Schon gehört?
Publikationsdatum
01.02.2022
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Hebammen Wissen / Ausgabe 1/2022
Print ISSN: 2730-7247
Elektronische ISSN: 2730-7255
DOI
https://doi.org/10.1007/s43877-021-0144-0

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