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15.06.2018 | Schmerz | Nachrichten

Rund 60 Empfehlungen zur Schmerzerkennung bei älteren Menschen

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„Wenn Menschen weniger Schmerzen empfinden, sind sie zufriedener und brauchen weniger Unterstützung“. Dieser einfachen Grundformel, ausgesprochen vom Mannheimer Chefarzt und Mitglied des Arbeitskreises „Schmerz und Alter“, Dr. Matthias Schuler, folgt eine neue wissenschaftliche Leitlinie: Auf 104 Seiten erhalten Fachkräfte rund 60 Empfehlungen, wie Schmerzen in der stationären Altenhilfe am besten und vor allem frühzeitig erkannt werden, damit eine Therapie noch gezielter erfolgen kann.

Herausgegeben wurde die Schrift gemeinsam von der Deutschen Schmerzgesellschaft in Berlin und dem Deutschen Zentrum für Neurogenerative Erkrankungen in Witten.  Sie richtet sich nicht nur an Pflegekräfte, sondern auch an Ärzte, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Psychologen und weitere Berufsgruppen. Entwickelt wurde sie über Jahre von einer Gruppe von 15 Experten, insgesamt haben den Angaben nach rund 40 Fachgesellschaften und Organisationen mitgewirkt.

Das „Aua“ richtig deuten lernen

Schmerz ist ein nach wie vor schwieriges Phänomen: Ältere Menschen geben Untersuchungen zufolge weniger Auskunft über ihr Leiden. Entweder, weil sie es eher akzeptieren als Jüngere oder weil Altenheimbewohner befürchten, dass sie als Nörgler abgestempelt werden könnten. Oder weil sie Fragen dazu auch häufig nicht mehr verlässlich beantworten können – dies ist der Fall bei Demenzkranken, aber auch Depressionserkrankten oder Schlaganfallpatienten.

Immer wichtiger wird nach Meinung der Experten daher eine gute Patientendokumentation, aber auch eine direkte, offensive Ansprache der Patienten – am besten stets durch dasselbe Personal: Ein Schmerzscreening muss nur die Frage erfassen, ob etwas weh tut oder nicht. „Durch regelmäßiges und standardisiertes Screening bzw. durch wiederkehrende Fragen nach Schmerz bauten die Bewohnerinnen Vertrauen gegenüber den Versorgenden auf“, heißt es in den Leitlinien.

Patienten beobachten und berühren

Ist die Ansprache nicht mehr problemlos möglich, empfehlen die Experten genaueres Beobachten: Gibt es Veränderungen beim Essen und Trinken, während Wach- und Schlafphasen, bei Aktivitäten wie insbesondere dem Gehen, etc.? Auch Veränderungen bei Atmung, Puls, Blutdruck und Temperatur könnten auf Schmerz hinweisen.

Bei der „Morgentoilette“ gibt die Pflegekraft oftmals Hilfestellung: Der Gang zum Klo und hier die Berührungen des Patienten eigneten sich demnach besonders gut, um Schmerzen zu beobachten. Wehrt sich der Patient, verzerrt er sein Gesicht, will er Berührungen verhindern?

Die Arbeitsgruppe will nun in einzelnen Pflegeheimen evaluieren, wie die einzelnen Empfehlungen in der Praxis umgesetzt werden und wo es hakt. Danach sollen die Leitlinien angepasst werden.

Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) kritisierte die veröffentlichte Leitlinie als zu lang:  „Die Leitlinie in ihrer jetzigen Form ist sehr lang und umfassend, so dass der Vorstand der Meinung ist, dass sie deswegen für die Versorgung Schmerzkranker in der vollstationären Altenhilfe nicht optimal geeignet ist.“

Die sogenannte S3-Leitlinie „Schmerzassessment bei älteren Menschen in der vollstationären Altenhilfe“ kann hier heruntergeladen werden.

Der Webauftritt der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V.: https://www.dgss.org/startseite/.

Der Webauftritt des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen: https://www.dzne.de/

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