Nach einem Schlaganfall beeinträchtigt häufig ein Neglect die Wahrnehmung der Betroffenen. Viele leiden dabei unter visuellen Symptomen. Eine neue Online-Therapie kann ihnen helfen, sich wieder im Alltag zurecht zu finden.
Bei einem Neglect-Syndrom haben Patienten häufig auch längerfristig Probleme, mehrere Dinge oder Personen gleichzeitig visuell zu erfassen. Sie können die Gegenstände oder Personen zwar mit ihren Augen sehen, es gelingt ihnen aber nicht, diese Informationen im Gehirn zu verarbeiten Das erschwert die Alltagsbewältigung und die Rückkehr in den Beruf erheblich.
Neuropsychologen der Universität des Saarlandes haben jetzt eine Therapie entwickelt, mit der Betroffene nach kurzer Zeit eine neue „Blickstrategie“ erlernen und visuelle Wahrnehmungsstörungen überwinden. Wie die Hochschule mitteilt, wurde die Therapie in der Saarbrücker Hochschulambulanz für Neuropsychologie getestet und kann auch zu Hause online durchgeführt werden.
„Das Besondere an unserer Therapie ist, dass die Betroffenen schrittweise eine neue Blickstrategie erlernen, mit der sie visuelle Reize im gesamten Gesichtsfeld schneller erfassen“, erklärt der Leiter der Klinischen Neuropsychologie, Professor Georg Kerkhoff, das Therapieprinzip. Erst werden den Betroffenen nacheinander verschiedene Reize angezeigt, dann in immer kürzeren Abständen. Am Ende kommen die Reize fast gleichzeitig.
Schon nach wenigen Wochen große Fortschritte
In zwei verschiedenen Studien hat ein Team um Kerkhoff in der Neuropsychologischen Hochschulambulanz mehr als 30 Patientinnen und Patienten über mehrere Wochen mit der neuen Therapie behandelt. Nach etwa 18 Therapiestunden waren alle Betroffenen in der Lage, mehrere Gegenstände oder Personen auf einem Bild wieder besser gleichzeitig zu erfassen, so der Forscher. Auch die Teilnehmenden hätten diese Fortschritte wahrgenommen, weil sie sich wieder sicherer im Alltag fühlten. Zwei von drei konnten sogar wieder in den früheren Beruf zurückkehren.
Therapie auch online zu Hause durchführbar
Wie Studienleiter Kerkhoff betont, kann das neue Programm auch als Home-Training verwendet werden. Das biete sich insbesondere an, wenn Betroffene in ländlichen Regionen wohnen oder keinen Behandlungsplatz für diese Therapie bekommen. Für die Therapie zu Hause sei lediglich ein PC mit einem Internetzugang nötig.
In Deutschland leiden schätzungsweise fünfzigtausend Menschen pro Jahr an dem Neglect-Syndrom. In den meisten Fällen wird es durch einen Schlaganfall verursacht. Eine erfolgreiche Therapie könnte vielen Menschen helfen, wieder ins Berufsleben zurückzukehren. (ne)