Corona-Ausbrüche in Heimen trotz vollständiger Impfung der Bewohner? Das könnte an einer verzögerten und schwächeren Immunantwort bei Älteren liegen, haben Wissenschaftler der Berliner Charité herausgefunden.
Zwei im Fachblatt „Emerging Infectious Diseases“ veröffentlichte Arbeiten von Forschern der Berliner Charité bestätigen, was seit längerem vermutet wird: Das Immunsystem von alten Menschen reagiert offenbar nicht ganz so effizient auf die Corona-Impfung wie das von jüngeren, so das Berliner Universitätsklinikum am Mittwoch. Deshalb bleiben zum Schutz der Bewohner auch weiterhin Impfungen von Pflegekräften, anderen Kontaktpersonen sowie Hygienemaßnahmen wichtig, so die Empfehlung.
Erkenntnisse aus Ausbruch in Berliner Pflegeheim
Für eine Untersuchung hatten Forscher den Corona-Ausbruch in einer Berliner Pflegeeinrichtung vom Februar 2021 analysiert. Dort hatten sich – neben 11 Pflegekräften ohne vollständigen Impfschutz – auch 20 Bewohner mit der besonders ansteckenden Mutante Alpha (B 1.1.7.) von Sars-CoV-2 infiziert. Bis auf vier Bewohner waren alle vollständig mit dem Biontech/Pfizer-Vakzin geimpft. Die ungeimpften Bewohner erkrankten so schwer, dass sie in einem Krankenhaus behandelt werden mussten. Von den Geimpften zeigte nur rund ein Drittel Krankheitszeichen wie Husten oder Atemnot. Zwei geimpfte Bewohner verstarben, wobei die Forscher keinen ursächlichen Zusammenhang mit der Infektion sahen.
Bei einer Bestimmung der Virusmenge in den Abstrich-Proben stellten die Forscher bei Geimpften tendenziell weniger Virus im Rachen fest als bei Ungeimpften. Zudem konnten sie das Virus bei Geimpften nur über einen deutlich kürzeren Zeitraum nachweisen.
„Auf der einen Seite sehen wir an diesem Ausbruch, dass die Impfung die Bewohnerinnen und Bewohner des Pflegeheims insgesamt geschützt hat, denn ihre Krankheitsverläufe waren deutlich milder“, erklärt Dr. Victor Corman, Stellvertretender Leiter des Konsiliarlabors für Coronaviren am Institut für Virologie. „Die kürzere Virusausscheidung hat außerdem vermutlich weitere Übertragungen verhindert. Gleichzeitig wird durch die Häufung der Infektionen klar, dass die hohe Wirksamkeit der Impfung bei alten Menschen manchmal nicht voll zum Tragen kommt.“
Verzögerte und schwächere Immunantwort
In einer weiteren Untersuchung verglich ein Forschungsteam die Immunreaktion auf den Biontech-/Pfizer-Vakzine bei über 70-jährigen Patienten einer Hausarztpraxis mit der von Charité-Beschäftigten. Diese waren im Schnitt 34 Jahre alt. Schon drei Wochen nach der ersten Dosis hatten etwa 87 Prozent der Jüngeren Antikörper gegen SARS-CoV-2 im Blut gebildet. Bei den Älteren waren es zu diesem Zeitpunkt nur rund 31 Prozent. Einen Monat nach der zweiten Dosis hatten fast alle jungen Impflinge (99 Prozent) Antikörper gegen SARS-CoV-2 im Blut, unter den älteren waren es rund 91 Prozent. Zusätzlich reiften die Antikörper bei den Älteren langsamer, sie konnten das Virus schlechter binden. Auch der zweite wichtige Arm der Immunreaktion, die T-Zell-Antwort, fiel schwächer aus.
„Unsere Studie zeigt also, dass bei älteren Menschen die Immunantwort nach der Impfung deutlich verzögert ist und nicht das Niveau von jungen Impflingen erreicht“, fasst Prof. Dr. Leif Erik Sander, Impfstoffforscher von der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie zusammen.
So lange große Teile der Bevölkerung noch nicht immun sind, spielen aus Sicht der Forscher in Pflegeeinrichtungen Schutzmaßnahmen weiterhin eine wichtige Rolle. Auch Auffrischimpfungen für Ältere könnten mittelfristig deren Impfschutz verbessern. (ne)
Quelle: www.charité.de