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05.01.2022 | Sars-CoV-2 | Nachrichten

Bauchlagerung bei COVID-19: Sinnvoll und herausfordernd

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Schwerkranke Menschen brauchen eine hochkomplexe Versorgung. Auch COVID-19-Patient*innen. Die notwendigen Umlagerungen auf den Bauch und zurück auf den Rücken sind für das Personal sehr herausfordernd. Für die Patient*innen jedoch sehr erfolgreich, wie eine pflegewissenschaftliche Arbeit jetzt zeigt.

Bauchlagerung eines COVID-Patienten ©  Marcel Mompour - HDZ NRWJe nach Körpergröße, Gewicht und eingesetzter Medizintechnik können bei der Umlagerung eines Patienten auf der Intensivstation fünf Personen beteiligt sein

Alltag auf der Intensivstation: Um einen Patienten mit akutem Lungenversagen fachgerecht und komplikationslos vom Rücken auf den Bauch umzulagern, sind durchschnittlich fünf Personen im Einsatz. Die Maßnahme hat sich bei schwerkranken COVID-19-Patienten bewährt. Unter bestimmten Voraussetzungen ist die Bauchlagerung sogar besonders erfolgreich. Das hat Jenny Tropmann, Krankenpflegerin am Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, in ihrer Bachelorarbeit dargestellt.

Hoher Anspruch an pflegerische Versorgung

„Schwerkranke Patientinnen und Patienten benötigen hochkomplexe Pflegeprozesse“, sagt die 24-Jährige. „Das war schon immer so, ist aber erst durch die SARS-CoV-2-Pandemie in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten.“ Die Pflegekräfte überwachen Herzfrequenz, Blutdruck und Sauerstoffsättigung. Sie sind mit der aufwendigen Medizintechnik – darunter extrakorporale Lungenunterstützungssysteme (ECMO) - vertraut, bedienen Beatmungs- und Infusionsgeräte und setzen bei Nieren- oder Leberversagen entsprechende Ersatzverfahren ein.

„Drehen Sie einmal einen mit diesen Geräten ausgestatteten Patienten in die Seitenlage oder die empfohlene Bauchlage“, sagt Jenny Tropmann. Dazu brauche es ein perfekt geschultes Team, eine gute Vorbereitung der erforderlichen Lagerungsmaterialien zur Dekubitusprophylaxe, um ein Wundliegen zu verhindern - einschließlich der Sicherung der verschiedensten Gerätschaften. Und natürlich klar geregelte Absprachen untereinander. Auch auf Körpergröße und Gewicht der Patienten müsse bei der Umlagerung geachtet werden. „Dieses Prozedere routinemäßig ohne Komplikationen zu beherrschen, ist eine äußerst anspruchsvolle Pflegeintervention.“

Die Bauchlage kann das Sterberisiko senken

Mit der Bauchlagerung hat sich die Krankenpflegerin eingehender im Rahmen ihres berufsbegleitenden Studiums beschäftigt. Anhand einer systematischen Untersuchung der zum Thema vorhandenen wissenschaftlichen Veröffentlichungen hat sie in ihrer Übersichtsarbeit nachgewiesen, dass eine Bauchlagerung das Sterblichkeitsrisiko insgesamt im Vergleich zur Rückenlage prozentual verringern kann, - sofern bestimmte Kriterien beachtet werden.

Warum ist die Bauchlagerung so sinnvoll und wird bei akutem Lungenversagen, das als „ARDS“ (engl. Acute Respiratory Distress Syndrome) bezeichnet wird, ausdrücklich empfohlen? „Auf dem Bauch liegend verteilt sich der über die Beatmungsgeräte zugeführte Sauerstoff besser und gleichmäßiger in der Lunge“, antwortet Tropmann. „Die Lunge wird entlastet, Belüftung und Durchblutung bessern sich auf diese Weise.“

Mehr als 10% aller Intensivpatienten leiden an einem akuten Lungenversagen. Bei einem schweren Verlauf verstirbt fast die Hälfte der Betroffenen. Mit ihrer Forschungsarbeit belegt Jenny Tropmann, dass gerade bei dieser Patientengruppe eine Bauchlagerung das Sterblichkeitsrisiko um bis zu 15% senken kann. Die Methode ist umso wirksamer, je früher sie angewandt wird. „Zudem sollten die Patienten möglichst lange auf dem Bauch gelagert werden, die Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften empfehlen sogar 16 Stunden.“

Evidenzbasierte Pflege ist Grundlage für Veränderungen

Was bedeuten diese Erkenntnisse für die Arbeit auf der Intensivstation? „In einem Klinikum wie dem HDZ NRW sind die Spezialkenntnisse der Mitarbeitenden und das Erfahrungswissen aufgrund der hohen Routine im Alltag auf den Stationen enorm groß“, sagt die Gesundheits- und Krankenpflegerin. Ihrer Meinung nach ist es für eine bestmögliche Versorgung wichtig, die pflegerischen Maßnahmen regelmäßig zu hinterfragen und zu überprüfen. Nur so könne das, was Pflegende tun, nachhaltig begründet, wissenschaftlich belegt und damit auch weiter verbessert werden.

hdz-nrw.de

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