Die Corona-Pandemie hat die Krankenhäuser im Frühjahr vor enorme Herausforderungen gestellt. Wie gut waren Pflegende darauf vorbereitet? Diese Frage wurde jetzt für die Region Berlin-Brandenburg untersucht. Die Ergebnisse sollen auch als Handlungsempfehlung für eine „zweite Welle“ dienen.
Um fehlende systematische Informationen zu liefern, führte ein Team um Professor Johannes Gräske, Leiter des Studiengangs Pflege an der Alice Salomon Hochschule Berlin, im April eine Online-Erhebung aus dem Blickwinkel des Pflegemanagements durch.
Befragt wurden Pflegedienstleitungen aus Berliner und Brandenburger Kliniken zu strukturellen Kapazitäten, vorgenommenen Anpassungen, Personalsituation, Schutzausrüstung und Schulungsmaßnahmen. 31 Krankenhäuser haben geantwortet. Die Rücklaufquote lag trotz pandemiebedingter Herausforderungen bei rund 31%.
Ergebnisse und Empfehlungen
Im Hinblick auf die strukturelle Kapazität verlief die Einrichtung von Teststationen an Krankenhäusern, der Umfrage zufolge, weitestgehend problemlos. Auch Maßnahmen zum Aufbau zusätzlicher Isolations- und Beatmungskapazitäten haben innerhalb kürzester Zeit gegriffen. Lediglich bei Probentransport und Ergebnisübermittlung zwischen Teststationen und Laboren gab es teilweise Probleme. Hier könnte ein Mehr an Digitalisierung helfen, so die Studie.
Deutlich unzufriedener waren die Befragten mit der Personalsituation: Rund die Hälfte der Krankenhäuser gab an, nicht über ausreichend Personal zu verfügen. Dabei hatte die Mehrheit der Häuser Maßnahmen zur Umverteilung von Personal ergriffen, z.B. durch Absage nicht notwendiger Behandlungen. Für die künftige Pandemieplanung sollten daher Strategien entwickelt werden, wie Personal - temporär und situationsbezogenen – ohne größere Hürden zwischen Krankenhäusern verteilt werden kann, so die Empfehlung.
In Bezug auf die Schutzausrüstung hatte die Mehrzahl der Krankenhäuser keine Engpässe zu verzeichnen. Die Erfahrungen zeigen aber, dass eine Bevorratung nicht zuverlässig erfolgt, vor allem durch den Bezug aus dem Ausland. Krankenhäuser und zuständige Behörden müssten daher in enger Abstimmung gemeinsame Strategien dafür entwickeln.
Zur Vorbereitung des Personals hatte ein Großteil der Pflegedienstleitungen Schulungen mit den Schwerpunkten Intensivpflege und Pflege von beatmungspflichtigen Patienten angeboten. Um künftig qualifizierte Fachkräfte sicherzustellen sei auch ein Personalpool mit Pflegenden, die zwischen peripheren Stationen und Intensivstationen rotieren, denkbar. Mangelndes Basiswissen und damit Nachholbedarf wurde in den Schulungsthemen Hygienemaßnahmen und persönliche Schutzausrüstung verzeichnet. Als mögliche Ursache werden Zeitdruck auf die Pflegekräfte und entsprechend reduzierte Vorsichtsmaßnahmen genannt.
Maßnahmen gegen Fachkräftemangel und bessere Hygieneschulungen
„Die Krankenhäuser in Berlin und Brandenburg waren zum Zeitpunkt der Umfrage gut auf die Herausforderungen durch die COVID-19-Pandemie vorbereitet“, so das grundsätzliche Fazit von Studienleiter Gräske. Durch die im April geringer als erwartete Zahl behandlungspflichtiger Patienten im Krankenhaus, hätten die getroffenen Maßnahmen ausgereicht, um die Versorgung sicherzustellen.
Eine deutliche Abkehr von bisherigen Abläufen fordert Gräske aber angesichts der Hinweise auf Personalmangel und der Bevorratung mit Schutzausrüstung: „Nötig sind verlässliche Ansätze zur Personalgewinnung und Maßnahmen zur Vermeidung zusätzlichen Personalausfalls durch mögliche Infektionen. Darüber hinaus gilt es auch Strategien zu entwickeln, um dem grundsätzlichen Fachkräftemangel im Pflegeberuf entgegenzuwirken.“
Auch Schulungsmaßnahmen zu Hygiene und Umgang mit Schutzausrüstung müssten vermehrt in den Fokus der Pflegeausbildung bzw. des Pflegestudiums rücken. (ne)