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Open Access 2020 | OriginalPaper | Buchkapitel

7. Reformschwerpunkt Pflege: Pflegepersonaluntergrenzen und DRG-Pflege-Split

verfasst von : Dr. Wulf-Dietrich Leber, Dr. Charlotte Vogt

Erschienen in: Krankenhaus-Report 2020

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Zusammenfassung
Im Bereich der Krankenhausversorgung ist der Bereich Pflege gleich zweifach Gegenstand zentraler Reformvorhaben des Gesetzgebers: Zum ersten gelten seit 2019 für ausgewählte Krankenhausbereiche verbindliche Pflegepersonaluntergrenzen, zum zweiten werden ab dem Budgetjahr 2020 die Pflegepersonalkosten aus den DRG-Fallpauschalen ausgegliedert und in Form eines Pflegebudgets nach dem Selbstkostendeckungsprinzip refinanziert. Die beiden Reformen ändern die Rahmenbedingungen für die Krankenhäuser erheblich und sind mit einer Vielzahl von Umsetzungsvereinbarungen zwischen der Deutscher Krankenhausgesellschaft und dem GKV-Spitzenverband verbunden. Der Artikel stellt dar, dass Pflegepersonaluntergrenzen ein sinnvoller Beitrag zum Patientenschutz sind, und plädiert dafür, Untergrenzen mittelfristig für alle Stationen festzulegen. Kritisch hingegen wird der sogenannte DRG-Pflege-Split (auch „Pflexit“) gesehen. Diese Maßnahme dürfte dazu beitragen, dass Pflegekräfte wegen der vollen Refinanzierung der Kosten wieder vermehrt pflegeferne Tätigkeiten ausüben. Zur Ablösung des Selbstkostendeckungsprinzips werden Alternativen zur Bestimmung des Pflegebudgets diskutiert. Diese bedürfen einer Erfassungssystematik für Pflegebedarf und Pflegeleistungen. Gleiches gilt für die Pflegepersonaluntergrenzen, die bislang ohne Berücksichtigung des individuellen Pflegebedarfes der Patienten festgesetzt werden. Damit die Abbildung der Pflege im Rahmen der Qualitätssicherung und der Krankenhausvergütung nicht zu zusätzlichem bürokratischem Aufwand führt, bedarf es dringend einer digitalen Pflegedokumentation, aus der aufwandsarm die notwendigen Informationen abgeleitet werden können.
In the area of hospital care, the nursing sector is the subject of two central reform projects of the legislator: firstly, minimum staffing levels for nursing staff which have been in force for selected hospital areas since 2019; secondly, from the budget year 2020, nursing staff costs will be separated from the DRGs and refinanced via a nursing budget according to the principle of cost coverage. The two reforms are changing the framework conditions for hospitals considerably and associated with several implementation agreements between the German Hospital Association and the National Association of Statutory Health Insurance Funds. The article shows that minimum levels for nursing staff are a sensible contribution to patient safety and argues in favour of setting minimum staffing levels for all wards in the medium term. Instead, the so-called nursing DRG split (also known as “Pflexit”) is viewed critically. Due to the full refinancing of costs, nursing staff might again increasingly become engaged in activities away from nursing care. In order to replace the principle of cost coverage, the authors discuss alternative ways for determining the nursing budget. These require a system for recording care needs and nursing services. The same applies to the minimum staffing levels for nursing staff, which have so far been set without taking the individual care needs of patients into account. In order to ensure that the mapping of nursing care in the context of quality assurance and hospital reimbursement does not lead to additional bureaucratic burdens, there is an urgent need for digital nursing care documentation from which the necessary information can be derived with little effort.

7.1 Vergütung pflegerischer Leistungen im Finanzierungssystem für Krankenhäuser

Die Finanzierung pflegerischer Leistungen ist das dominierende gesundheitspolitische Thema der letzten und der laufenden Legislaturperiode – vorrangig allerdings in der Altenpflege. Drei Reformen (PSG I1, PSG II2, PSG III3) unter Gesundheitsminister Hermann Gröhe ordneten die gesetzliche Pflegeversicherung neu, so z. B. durch die Einführung von Pflegegraden statt der vorher geltenden Pflegestufen. Daneben wurde im Rahmen des sogenannten zweiten Pflegegipfels – nach dem ersten Pflegegipfel unter Gesundheitsministerin Ulla Schmidt – die Pflegesituation im Krankenhaus zum Handlungsfeld gesundheitspolitischer Maßnahmen. Sie schlugen sich nieder im Koalitionsvertrag der Großen Koalition am Anfang dieser Legislaturperiode: Zum einen wurden Pflegepersonaluntergrenzen festgelegt, zum anderen wurden – völlig überraschend – die Pflegeleistungen als Pflegebudget aus den DRG-Fallpauschalen ausgegliedert. Die Umsetzung dieser Maßnahmen führte zu einer Vielzahl an Aufgaben für die gemeinsame Selbstverwaltung. Diese sind das zentrale Thema der folgenden Ausführungen.
Das DRG-Fallpauschalensystem ist in seinen Ursprüngen ein ärztlich dominiertes System, in dem aber sukzessive pflegerische Aspekte integriert wurden, so z. B. durch die Einführung eines Scores für aufwendige Pflegefälle und Zusatzentgelte für Pflegegrade (siehe Abschn. 7.2). Bedeutsamer aber waren die flankierenden Maßnahmen zur Sicherung der Pflegequalität, so z. B. die externe Qualitätssicherung zum Dekubitus, das Pflegestellen-Förderprogramm und die Personalvorgaben (siehe Abschn. 7.3). Personalvorgaben existieren inzwischen teils als Anhaltszahlen, teils als Untergrenzen an mehreren Stellen in der gesetzlichen Pflege- und in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Pflegepersonaluntergrenzen für die Krankenhauspflege im Gefolge des zweiten Pflegegipfels sind der zurzeit bedeutsamste Ansatz zur Sicherung der Pflegequalität. Ihre Umsetzung ist hoch konfliktär und musste nach anhaltendem Widerstand der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) auf dem Wege einer Ersatzvornahme des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) in Kraft gesetzt werden (siehe Abschn. 7.4). Die erstmalige Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen ist der Beginn eines längeren Prozesses, bei dem in den initialen Jahren 2019 und 2020 lediglich ein Viertel der Krankenhausstationen geregelt wurde und zudem eine Berücksichtigung des individuellen Pflegebedarfs fehlt.
Parallel erfolgte der sogenannte „Pflexit“, also die Ausgliederung der Pflege am Bett in ein Pflegebudget, dessen Volumen sich krankenhausspezifisch nach den Selbstkosten bemisst. Dieser Vorgang kann als eine Art Kollateralschaden der Diskussion in der gesetzlichen Pflegeversicherung und als gesundheitspolitischer Fehler gewertet werden. Die Umsetzung auf Selbstverwaltungsebene ist komplex (siehe Abschn. 7.5) und schlägt sich in einer Vielzahl von Vereinbarungen zur Kostenabgrenzung sowie in neuen Regeln zur Abrechnung und Budgetbestimmung nieder.
Sowohl die Pflegepersonaluntergrenzen als auch die künftigen Bestimmungsgrößen für das Pflegebudget werfen tiefgreifende Fragen der Abbildung pflegerischer Leistungen auf (siehe Abschn. 7.6). Es zeigt sich ein erheblicher Nachholbedarf bei der elektronischen Erfassung von Pflegebedarf und Pflegeleistungen, ohne die eine sinnvolle Weiterentwicklung der Qualitätssicherung und des Vergütungssystems nicht möglich sein wird (siehe Abschn. 7.7). Die künftige Systematik wird auf einer besseren digitalen Erfassung pflegerischer Leistungen aufbauen müssen (siehe Abschn. 7.8).

7.2 Abbildung der Pflege im DRG-System

7.2.1 DRG: Gruppenbildung nach Maßgabe ärztlicher Kategorien

Das DRG-System ist ein medizinisch-ökonomisches Klassifikationssystem, das von Ärzten entwickelt wurde. Folglich bilden die Kategorien primär ärztliche Leistungen ab. Das pflegerische Leistungsgeschehen in Krankenhäusern hingegen bleibt weitgehend unbeachtet. So berücksichtigt das DRG-System den medizinischen Schweregrad eines Krankenhausfalles, nicht aber den Pflegebedarf eines Patienten und den daraus resultierenden Pflegeaufwand eines Falles. Dies ist insofern relevant, als der Pflegeaufwand für Patienten bei gleicher medizinischer Diagnose und Behandlung aufgrund pflegerischer Kriterien erheblich variieren kann (Thomas et al. 2014; Simon 2008; Eberl et al. 2005; Fischer 1999, 2002). Pflege war lange überhaupt nicht erlösrelevant im DRG-System und ist es nach wie vor wenig. Die Folgen sind massive Einsparungen in der Krankenhauspflege seit Beginn des DRG-Systems, die in dem derzeit angeprangerten „Pflegenotstand“ gipfeln (obwohl es den schon vor der DRG-Einführung gab). Neben der unzureichenden Berücksichtigung von Pflege im DRG-System fehlt es darüber hinaus an der Transparenz über Pflegeleistungen im Krankenhaus.

7.2.2 PKMS: Zusatzentgelt für aufwendige Pflegefälle

Die Abbildung schwerer Pflegefälle war eines der wesentlichen Ergebnisse des ersten Pflegegipfels und erfolgte als „Pflegekomplexmaßnahmen-Score (PKMS)“.
Der PKMS ist eine Art Einzelleistungserfassung pflegerischer Leistungen, wobei die Leistungen mit Punkten bewertet sind. Hohe Punktzahlen führen im DRG-System zu einer zusätzlichen Vergütung bei Fällen mit hohem Pflegeaufwand, beispielsweise bei Patienten mit Querschnittslähmung. Da ein solch hoher Pflegeaufwand in allen Fallgruppen auftreten kann, erfolgt die Vergütung in Form eines Zusatzentgelts. Ziel des PKMS ist die Identifizierung und adäquate Vergütung von hohem Pflegeaufwand bei bestimmten Patientengruppen, um zu vermeiden, dass diese Patienten von den Krankenhäusern abgewiesen werden.
Der PKMS ist nach wie vor Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen innerhalb des Deutschen Pflegerates (DPR) sowie zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen. Der PKMS war eine Lösung der mangelnden Berücksichtigung besonders schwerer Krankenhausfälle. Dies aber wurde von großen Teilen der pflegerischen Interessenvertretung als unzureichende Antwort auf die insgesamt problematische Pflegesituation angesehen. Schließlich erfasst der PKMS nicht einmal 5 % der Krankenhausfälle – bei erheblichem Erfassungsaufwand. In der Tat war das Ziel der PKMS-Einführung die Berücksichtigung besonders schwerer Fälle im DRG-System, um für die betroffenen Patientengruppen eine negative Risikoselektion auszuschließen. Man hilft diesen Gruppen nicht mit einem Kode, der quasi bei allen Krankenhausfällen kodierbar ist, da dann gerade die differenzierende Wirkung verloren geht.
Von Krankenhausseite wird der PKMS wegen seines bürokratischen Aufwands kritisch gesehen. Die Lobbyaktivitäten der DKG zur Abschaffung des PKMS haben ihren Grund jedoch vor allem durch die Auseinandersetzungen im Rahmen der Rechnungsprüfung. Da eine PKMS-Kodierung über 1.000 € zusätzlich erbringt (bei Kleinkindern, Kindern und Jugendlichen bis über 6.000 €, siehe Abschn. 7.5.3), wurde auf Kassenseite der Nachweis der einzelnen Aktivitäten in großem Umfang überprüft (z. B.: „Waren wirklich zwei Personen bei der Umbettung anwesend?“). Die Kampagnen der DKG gegen den PKMS führten schließlich zu einer Regelung im Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG)4, die von den Spitzenverbandspartnern einvernehmliche Vorschläge für zu streichende Prozeduren einforderte.5 Da der PKMS nach Einführung des Pflegebudgets vermeintlich nicht mehr erlösrelevant sei, könne künftig verzichtbarer Dokumentationsaufwand vermieden werden.
Absehbar scheiterten die diesbezüglichen Verhandlungen zwischen DKG und GKV und es kam kein gemeinsamer Vorschlag bis zum 28.02.2019 zustande. Der Weg, die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 6 KHG anzurufen, wurde von keinem der Spitzenverbandspartner beschritten. Es sei bei dieser Gelegenheit auf diese skurrile neue Gesetzeskonstruktion der „zuarbeitenden Selbstverwaltung“ hingewiesen: Die Selbstverwaltungspartner sollen verhandeln, können auch die Schiedsstelle bemühen; das Verhandlungsergebnis war dann aber nichts anderes als ein Vorschlag für das obrigkeitsstaatlich entscheidende Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI).
Der GKV-Spitzenverband vertrat die Meinung, dass der PKMS keinesfalls ersatzlos gestrichen werden solle, und zwar aus mehreren Gründen:
1.
Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) konnte zeigen, dass der PKMS auch nach Ausgliederung der Pflegekosten maßgebliche DRG-Erlösbestandteile triggert (Erklärung: Pflegeaufwendige Fälle haben auch einen höheren Sachkostenanteil bei Verbandskosten.).
 
2.
Eine Identifizierung pflegeaufwendiger Fälle ist notwendiger Bestandteil bei der Risikoadjustierung im Zusammenhang mit Pflegepersonaluntergrenzen und beim Pflegepersonalquotienten.
 
3.
Da absehbar ist, dass das Selbstkostenprinzip beim Pflegebudget nicht auf Dauer Bestand haben wird, ergibt sich die Notwendigkeit, weiterhin unterschiedlichen Pflegeaufwand „sichtbar“ zu machen.
 
Allerdings führt das diesbezügliche Zusatzentgelt nur noch zu Erlösen, die rund ein Viertel des Volumens vor der Pflegeausgliederung betragen (siehe Abschn. 7.5.3, Tab. 7.6).
Noch ist keine Lösung gefunden. Das BMG hat den Selbstverhandlungspartnern im Juni 2019 mitgeteilt, dass der PKMS für das Jahr 2020 beibehalten wird – für 2021 jedoch nicht mehr. Ein Vorschlag für eine Nachfolgeregelung für den PKMS findet sich in Abschn. 7.6.3.

7.2.3 Zusatzentgelte für Pflegegrade

Ergebnis des zweiten Pflegegipfels war die Nutzung der Pflegegrade aus der Pflegeversicherung als Zusatzentgelt im DRG-System. Die Pflegegrade (in Verbindung mit der Verweildauer) waren in Form der Zusatzentgelte ZE162 und ZE162 im DRG-System 2018 erstmals erlösrelevant. Da fast 90 % der zusätzlichen Kosten im Bereich der Pflegemodule anfallen, stellte sich die Frage, ob die Weiterführung dieser Zusatzentgelte bei Ausgliederung der Pflegepersonalkosten noch sinnvoll ist. Im Sinne einer zunächst konservativen Weiterentwicklung des DRG-Systems (siehe Abschn. 7.5.3) wurden die Zusatzentgelte auch im DRG-System 2020 erhalten, obwohl die Höhe von 18 € bzw. 34 € eigentlich kein Zusatzentgelt mehr rechtfertigt. Prinzipiell bleibt es ein kluger Weg, vorhandene Daten zum Pflegebedarf in der Krankenhausvergütung zu nutzen – sei es im DRG-System oder aber auch bei einer künftigen Bemessung des Pflegebudgets.

7.3 Flankierende Maßnahmen

7.3.1 Externe stationäre Qualitätssicherung – Pflege: Dekubitusprophylaxe

Das DRG-System wurde im Laufe der Jahre um ein differenziertes System externer Qualitätssicherung ergänzt, das derzeit 271 Indikatoren zu rund 30 Leistungsbereichen erfasst (mit starkem Schwerpunkt auf chirurgischen Leistungen). Pflegerische Aspekte wurden lediglich im Qualitätssicherungsverfahren „Pflege: Dekubitusprophylaxe“ abgebildet, das im Jahr 2004 eingeführt wurde; 2007 wurde eine Risikoadjustierung implementiert und 2013 wurde das Dokumentationsverfahren erheblich vereinfacht. So erfolgt die Datenerfassung seitdem weitgehend automatisiert über die im Krankenhaus vorhandenen Abrechnungsdaten nach § 21 KHEntgG.6

7.3.2 Pflegestellen-Förderprogramme

Jenseits der Qualitätssicherung reagierte die Politik im Rahmen des ersten Pflegegipfels auf den Stellenabbau in der Krankenhauspflege in den Jahren 1997 bis 2007 und legte ein Programm zur Förderung von Neueinstellungen oder Aufstockungen vorhandener Teilzeitstellen in der Pflege auf. Dieses sogenannte erste Pflegesonderprogramm wurde mit Inkrafttreten des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes (KHRG7) zum 01.01.2009 eingeführt (Laufzeit bis 2011). In diesem Zeitraum wurden die durch Neueinstellung oder Aufstockung zusätzlich entstehenden Personalkosten zu 90 % durch die Krankenkassen gefördert. Für die Förderung neuer bzw. aufgestockter Pflegestellen war es möglich, jährlich bis zu 0,48 % des Krankenhausbudgets (Gesamtbetrag nach § 4 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG) zusätzlich zu vereinbaren. Im Rahmen des ersten Pflegesonderprogramms sind für ca. 15.300 zusätzliche Vollkräfte im Pflegedienst insgesamt ca. 1,1 Mrd. € von den Krankenkassen an die Krankenhäuser geflossen. Die Nachweise über die tatsächlich geschaffenen zusätzlichen Stellen bestätigten ein Volumen von 13.600 Pflegevollzeitkräften im Förderzeitraum.8
Mit dem Krankenhausstrukturgesetz (KHSG)9 wurde ein zweites Pflegestellen-Förderprogramm eingerichtet. Im Zeitraum von 2016 bis 2018 wurden rund 660 Mio. € für die Stärkung der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen zur Verfügung gestellt. Das vorläufige Ergebnis des zweiten Förderprogramms war eher ernüchternd, da in den Förderjahren 2016 bis 2018 lediglich 339 Mio. € verausgabt wurden und damit nur die Hälfte der insgesamt zur Verfügung stehenden Mittel. Das endgültige Ergebnis des zweiten Förderprogramms steht erst im Juni 2020 fest.
Mit dem PpSG ist die Weiterentwicklung und der Ausbau des Pflegestellen-Förderprogramms gesetzlich verankert worden. Bereits ab dem Jahr 2019 wird jede zusätzliche und jede aufgestockte Pflegekraft am Bett unabhängig von einer Obergrenze vollständig durch die Kostenträger finanziert. Der bisherige Eigenanteil der Krankenhäuser von 10 % sowie die bisherige Begrenzung auf 0,15 % des Krankenhausbudgets entfallen. Dies kann als Einstieg in die ebenfalls mit dem PpSG beschlossene und ab dem Jahr 2020 geltende Selbstkostendeckung im Bereich der Pflegepersonalkosten bewertet werden.

7.3.3 Personalvorgaben im Bereich Pflege im Krankenhaus

Eine weitere, das DRG-Vergütungssystem flankierende Maßnahme zur Qualitätssicherung in der Pflege im Krankenhaus ist die Festsetzung von Personalvorgaben (siehe Tab. 7.1). Es gibt derzeit acht gesetzliche Aufträge in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Dabei folgen diese Aufträge unterschiedlichen methodischen Ansätzen und bergen verschiedene konzeptionelle, methodische und empirische Herausforderungen. Tab. 7.1 gibt einen Überblick über diese Regelungen, ihren Regelungszeitraum, die Art der Festsetzung der Personalvorgaben und die gewählte Methodik sowie die Regelungen zu Transparenz und Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Vorgaben. Es sei darauf hingewiesen, dass neben diesen Vorgaben auch in diversen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) und in mehreren Komplexkodes Personalvorgaben enthalten sind. Diese sind aber in der Regel Mindestanforderungen an die beteiligten Berufsgruppen (z. B. Teamzusammensetzung in der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung) und enthalten keine quantitativen Vorgaben. Sie bleiben im Folgenden außer Betracht.
Tab. 7.1
Personalvorgaben in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung
Nr.
Regelung, Rechtsgrundlage und Regelungszeitraum
Festsetzung
Methodik
Transparenz über Einhaltung
Konsequenzen bei Nichteinhaltung
1
Stationäre Altenpflege
§§ 75 Abs. 3 und 84 Abs. 5 Nr. 2 SGB XI
ab 2002
Landesebene:
Vereinbarung von Personalschlüsseln und Fachkraftquoten
Tradierte Erfahrungswerte aus früheren Verhandlungen
  
Einrichtungsebene:
Vereinbarung von einrichtungsbezogenen Personalschlüsseln
Auf Basis der Landesvorgaben
Überprüfung durch Landesverbände der Pflegekassen; keine Veröffentlichung
Kürzung der Pflegesätze
§ 113c SGB XI
zusätzlich seit 2016
Weiterentwicklung:
wissenschaftliches Personalbemessungsverfahren
REFA-Methode
  
2
Pflege-Personalregelung (PPR)
BPflV (1993)
ab 1993
(Aussetzung 1996, Aufhebung 1997)
Gesetzliche Regelung im KHG (1990); Festlegung der PPR durch Expertengremium
Testläufe, Experteneinschätzungen
Nachweis der PPR-Minuten in den Budgetverhandlungen
Budgetrückerstattung bei Nichtbesetzung vorab vereinbarter Pflegestellen
3
Pflegepersonaluntergrenzen (PpUG)
§ 137i SGB V
erstmals ab 01.01.2019;
Weiterentwicklung für 2020;
ab 2021 jährlich Erweiterung um neue pflegesensitive Bereiche
Vereinbarung der PpUG;
Nachweis- und Sanktionsregelungen durch DKG und GKV-Spitzenverband; ggf. BMG-Ersatzvornahme
Perzentilansatz auf Basis von Ist-Daten
Nachweise gegenüber InEK und Kostenträgern: Monatsdurchschnittswerte, Anzahl gerissener Schichten; ab 2020: jährlicher Erfüllungsgrad; Darstellung in Qualitätsberichten
Sanktionen für Nichteinhaltung: Vergütungsabschläge oder Fallzahlverringerung;
Vergütungsabschläge bei Nichtmeldung
4
Pflegepersonalquotient (PpQ)
§ 137j SGB V
ab 2020
Festsetzung der Untergrenze durch BMG-Rechtsverordnung;
Vereinbarung von Sanktionen durch DKG und GKV-Spitzenverband
Perzentilansatz
Jährliche Ermittlung und Veröffentlichung der PpQ aller Krankenhausstandorte durch InEK
Sanktionen bei Unterschreitung der PpQ-Untergrenze: Vergütungsabschläge oder Fallzahlverringerung
5
Qualitätssicherungs-Richtlinie Früh- und Reifgeborene (QFR-RL)
§ 136 Abs. 1 SGB V
ab 2006
Richtlinie des G-BA
Studien zu Personalvorgaben (Leitlinien usw.); Expertenempfehlung durch Fachgruppe
Klärender Dialog: Berichte an G-BA;
Strukturabfrage: Ergebnisse öffentlich und einrichtungsbezogen auf www.​perinatalzentren​.​org
Erfüllungsgrad der schichtbezogenen Personalschlüssel:
2020 bis 2022 90 %, in 2023 95 % und ab 2024 100 %;
ggf. keine Vergütung
6
Hygieneförderprogramm
§ 4 Abs. 9 KHEntgG
2013 bis 2019; Verlängerung bis 2022 (MDK-Reformgesetz)
Gesetzliche Regelung im § 23 Infektionsschutzgesetz (IfSG); Festsetzung durch KRINKO
Expertenempfehlungen (KRINKO-Empfehlung)
Nachweis in Budgetverhandlungen,
jährlicher Bericht durch GKV-Spitzenverband
Rückzahlungspflicht bei Nichteinstellung des vereinbarten Personals
7
Personalbedarf stationärer psychiatrischer Krankenhäuser
(Psych-PV)
(Nachweis §§ 9, 18 BPflV)
01.01.1991
BMG-Rechtsverordnung;
Nachweisvereinbarung durch DKG und GKV-Spitzenverband
Gesetzliche Regelung auf Basis von Expertenempfehlungen
Ab 2016 Nachweise über die tatsächliche Stellenbesetzung und die zweckentsprechende Mittelverwendung
Keine Sanktionen (ab 2016 mit Nachweisen sehr eingeschränkte Konsequenzen bei zweckfremder Mittelverwendung)
8
Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik (PPP)
§ 136a Abs. 2 SGB V
ab 01.01.2020
Richtlinie des G-BA
Fortschreibung der Psych-PV
Darstellung in Qualitätsberichten;
Nachweise über zweckentsprechende Mittelverwendung
Ggf. keine Vergütung
Krankenhaus-Report 2020
Die Übersicht zeigt, dass es neben Personalvorgaben, bei denen die Personalbemessung und eine daraus abgeleitete Budgetfindung im Vordergrund stehen (z. B. PPR und Psych-PV) auch Personalvorgaben mit einem Fokus auf Patientensicherheit (z. B. Pflegepersonaluntergrenzen und Qualitätssicherungs-Richtlinie Früh- und Reifgeborene (QFR-RL)) gibt. Diese schreiben stations- und schichtgenaue Mindestvorgaben für die Qualifikation und die Anzahl des einzusetzenden Personals im Verhältnis zur Patientenanzahl vor. So sieht die QFR-RL für die Versorgung von intensivtherapiepflichtigen Frühgeborenen unter 1.500 g Geburtsgewicht in Perinatalzentren Level I oder Level II zu jeder Zeit einen Pflegepersonalschlüssel von „1 : 1“ und für intensivüberwachungspflichtige Frühgeborene unter 1.500 g Geburtsgewicht von „1 : 2“ vor.10 In den Jahren 2020 bis 2022 ist ein Erfüllungsgrad von mindestens 90 %, im Jahr 2023 von mindestens 95 % und ab dem Jahr 2024 von 100 % einzuhalten. Anderenfalls droht der Wegfall der Vergütung.
Personalvorgaben, die hingegen primär der Personalbemessung und Budgetfindung dienen, leiten aus normativ festgelegten Zeitwerten für differenzierte Patienten- oder Behandlungsgruppen eine erforderliche Personalausstattung ab, die anschließend die Grundlage für die Vereinbarung einer entsprechenden Vergütung ist. Der organisatorische Bezug solcher Personalvorgaben ist dabei meist das gesamte Krankenhaus und nicht die einzelne Station. So ergab sich bei der Psych-PV aus der Eingruppierung von stationären Patienten der Psychiatrie ein erforderlicher Minutenwert je Berufsgruppe. Aus der Summe der Minutenwerte wurde dann die erforderliche Personalbemessung für die gesamte Einrichtung abgeleitet, die die Grundlage für die Verhandlung des Krankenhausbudgets war.
Eine wesentliche Überarbeitung der Regelungen zur Personalausstattung in der Psychiatrie erfolgte erst kürzlich mit der Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-RL)11 des G-BA. Die größte Neuerung (und Konfliktpunkt zwischen DKG und GKV) ist, dass mit der PPP-RL aus den Werten eines Budgetbemessungsinstruments (Psych-PV) eine Mindestvorgabe abgeleitet wurde, die nun verbindlich einzuhalten ist. Künftig ist die Behandlung von Patienten nur dann zulässig und vergütungsfähig, wenn die Mindestvorgaben für die Berufsgruppen erfüllt sind. Bei Nichteinhaltung der Mindestvorgaben entfällt der Vergütungsanspruch.
Einem anderen Ansatz folgt der Pflegepersonalquotient (§ 137j SGB V), der mit dem PpSG gesetzlich verankert wurde. Der Pflegepersonalquotient setzt im Sinne eines Ganzhausansatzes die Anzahl der Pflegevollkräfte ins Verhältnis zu dem am Krankenhausstandort erbrachten Pflegeaufwand und wird jährlich, erstmals im Jahr 2020, vom InEK ermittelt. Die Personalvorgabe erfolgt über die Festlegung einer Untergrenze durch eine Rechtsverordnung des BMG.12 Krankenhausstandorte, an denen im Verhältnis zum Pflegeaufwand zu wenig Pflegepersonal beschäftigt wurde, werden sanktioniert.13 Darüber hinaus erfolgt eine Veröffentlichung der Pflegepersonalquotienten aller Krankenhausstandorte. Auch wenn bei diesem Ansatz nicht die schicht- und stationsbezogene Sicherstellung der Patientensicherheit im Vordergrund steht, bietet der Pflegepersonalquotient doch einen niedrigschwelligen und bürokratiearmen Überblick über das Verhältnis aus Pflegepersonal und dem Pflegeaufwand der betreuten Patienten. Allerdings kann auch bezweifelt werden, dass der Pflegepersonalquotient zu einem wirkmächtigen Instrument wird, da die Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates erfolgen muss.

7.4 Pflegepersonaluntergrenzen

7.4.1 Gesetzgebung infolge der Pflegeexpertenkommission

Eine der aktuellsten Maßnahmen, die flankierend zum G-DRG-System implementiert wurden, um die pflegerische Versorgung in Krankenhäusern zu verbessern, sind Pflegepersonaluntergrenzen für sogenannte pflegesensitive Bereiche. Ihre Einführung geht auf die Arbeit der Expertenkommission „Pflegepersonal im Krankenhaus“ zurück, die 2015 vom damaligen Bundesminister für Gesundheit, Hermann Gröhe, einberufen wurde. Gesetzlich verankert wurden die Pflegepersonaluntergrenzen mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten14 im Juli 2017 (§ 137i SGB V). Der gesetzliche Auftrag an die Selbstverwaltungspartner GKV-Spitzenverband und DKG lautete, innerhalb eines Jahres pflegesensitive Bereiche in Krankenhäusern festzulegen und Pflegepersonaluntergrenzen zu vereinbaren, die ab dem 01.01.2019 verbindlich gelten. An der Ausarbeitung und Festlegung waren der DPR, Vertreter der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, Patientenvertreter sowie wissenschaftliche Fachgesellschaften (AWMF) qualifiziert zu beteiligen. Über die Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen hinaus sollten zahlreiche weitere Vereinbarungen getroffen werden, u. a. zur Nachweisführung und Vergütung bzw. Sanktionierung bei Nichteinhaltung der Pflegepersonaluntergrenzen.
Mit dem PpSG wurden die Pflegepersonaluntergrenzen als Qualitätssicherungsmaßnahme bestätigt. Die für 2019 festgelegten Pflegepersonaluntergrenzen sollen mit Wirkung ab 2020 auf Basis einer umfassenden, repräsentativen Datenerhebung evaluiert und angepasst werden. Dabei soll der heterogene Pflegeaufwand von Patienten bei der Festlegung der Pflegepersonaluntergrenzen berücksichtigt werden, indem nach der Pflegelast differenzierte Schweregradgruppen unterschieden werden (Risikoadjustierung). Weiter sieht das PpSG vor, dass erstmals ab 2021 jährlich weitere pflegesensitive Bereiche in Krankenhäusern festgelegt und für diese Pflegepersonaluntergrenzen vereinbart werden sollen. Weitere gesetzliche Initiativen sehen vor, dass die Nachweisvereinbarung jährlich angepasst und die Sanktionsvereinbarung um weitere Sanktionstatbestände erweitert werden sollen.15 Tab. 7.2 gibt einen Überblick über die bereits in Kraft getretenen Vereinbarungen und Verordnungen.
Tab. 7.2
Übersicht der gesetzlichen beauftragten Vereinbarungen bzw. Rechtsverordnungen gemäß § 137i SGB V (Stand: 12.11.2019)
Nr.
Datum
Vereinbarung/Verordnung
Festlegung durch
1
05.10.2018
Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV 2019)
BMG-Ersatzvornahme
2
28.11.2018
PpUG-Nachweis-Vereinbarung
Vereinbarung
3
30.11.2018
Fortschreibung der Vereinbarung über die Übermittlung von Daten nach § 21 Abs. 4 und Abs. 5 KHEntgG 2019 für das Datenjahr 2018
Vereinbarung
4
26.03.2019
PpUG-Sanktions-Vereinbarung
Schiedsstelle
5
28.10.2019
Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV 2020)
BMG-Ersatzvornahme
7
12.11.2019
Fortschreibung der PpUG-Nachweis-Vereinbarung für 2020
Vereinbarung
8
in Arbeit
Fortschreibung der PpUG-Sanktions-Vereinbarung
Vereinbarung
9
Frist: 01.01.2020
Festlegung weiterer pflegesensitiver Bereiche für 2021
BMG-Ersatzvornahme
Krankenhaus-Report 2020

7.4.2 Methodische Fragen der Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen

Die Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen ist von einer Vielzahl definitorischer, konzeptioneller und methodischer Herausforderungen geprägt. Die erste Herausforderung liegt in der Festlegung der Bereiche. Für die erstmalige Vereinbarung von Pflegepersonaluntergrenzen für das Jahr 2019 konnten sich die Selbstverwaltungspartner auf sechs pflegesensitive Bereiche in Krankenhäusern verständigen: Geriatrie, Neurologie, Herzchirurgie, Kardiologie, Unfallchirurgie und Intensivmedizin. Die Auswahl dieser Bereiche basierte maßgeblich auf den Ergebnissen des vom BMG beauftragten Gutachtens des Hamburg Center for Health Economics (Schreyögg und Milstein 2016a, 2016b).16 Ausgehend von den Abrechnungsdaten der Krankenhäuser und den Angaben der Krankenhäuser in den Qualitätsberichten wurde für insgesamt 15 medizinische Fachabteilungen der Zusammenhang zwischen den pflegesensitiven Ergebnisindikatoren (PSEI) und der Personalbelastungszahl der Pflegekräfte untersucht. Angesichts der verzerrten Datengrundlage kann das Ergebnis des Gutachtens kritisiert werden. Dennoch war es aufgrund mangelnder Alternativen handlungsleitend für die Selbstverwaltungspartner und das BMG.
Eine weitere Herausforderung ist die Festlegung der Grenzwerte, da Studien zum Zusammenhang von Personalausstattung und Ergebnisqualität fehlten. Es wurde deshalb die rein statistische Methode des sogenannten Perzentilansatzes gewählt, bei dem der Grenzwert auf Basis der Verteilung von erhobenen Ist-Daten erfolgt – im Falle der Pflegepersonaluntergrenze auf Basis des 25 %-Perzentils. Krankenhäuser, deren Pflegepersonal-Patienten-Verhältnis im unteren Quartil der Verteilung liegt, müssen ihr Verhältnis von Pflegepersonal zu Patienten mindestens bis zum Erreichen des vorgegebenen Grenzwertes verbessern. Dies kann zum einen durch die Aufstockung des Pflegepersonals und zum anderen durch die Reduzierung von Patientenzahlen erreicht werden. Der Vor- und Nachteil zugleich beim Perzentilansatz ist die Nähe zum Status quo. Aus wissenschaftlichen Studien oder REFA-Erhebungen abgeleitete Personalvorgaben bergen die Gefahr, dass sie so weit von der tatsächlichen bzw. realistisch umsetzbaren Personalausstattung entfernt sind, dass lange Übergangsfristen (Beispiel: QFR-RL) oder sogar eine Außerkraftsetzung (Beispiel: PPR) die Folge sein können. Allerdings kann beim Perzentilansatz das Gesamtniveau der erhobenen Ist-Daten – verglichen mit der Einschätzung von Experten, Politikern oder Einzelpersonen – inadäquat sein und einen als kritisch eingeschätzten Status quo manifestieren.17
Für die erstmalige Vereinbarung von Pflegepersonaluntergrenzen wurde die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG AG mit der Datenerhebung und Auswertung beauftragt.18 Mit Inkrafttreten des PpSG wurde das InEK mit diesen Aufgaben betraut.
Weitere zentrale Herausforderungen bei der Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen betreffen den unterschiedlichen Pflegeaufwand von Patienten und die unterschiedlichen Qualifikationsniveaus von Pflegekräften, den zeitlichen und organisatorischen Bezug der Untergrenzen und die Regelungen dazu, wann Untergrenzen als eingehalten bzw. nicht eingehalten gelten. Diese Herausforderungen werden im Folgenden kurz erläutert.
Heterogenität des Pflegeaufwands von Patienten
Nicht alle Patienten haben denselben Pflegeaufwand. Vielmehr variiert der Pflegeaufwand von Patienten zum Teil erheblich, sowohl zwischen unterschiedlichen Patientengruppen als auch über den Zeitverlauf des Krankenhausaufenthaltes. So ist z. B. der Pflegeaufwand eines frisch operierten Patienten in den ersten Tagen nach der Operation höher als in den Tagen kurz vor der Entlassung aus dem Krankenhaus. Für die Umsetzung einer geeigneten Risikoadjustierung des Pflegeaufwands von Patienten wurde das InEK beauftragt, den patientenindividuellen Pflegeaufwand aus den Pflegepersonalkostenanteilen der G-DRG-Fallpauschalen abzuleiten. Das Ergebnis war ein sogenannter Pflegelast-Katalog19, der für jede DRG die Pflegelast pro Verweildauertag und additive Komponenten in Form eines Relativgewichts enthält, differenziert für Normal- und Intensivstationen sowie für die Versorgung von Erwachsenen und Kindern. Im Rahmen einer vom BMG moderierten Einigung sollten drei Schweregradgruppen mit jeweils vergleichbarer Pflegelast gebildet werden. Mangels signifikanter Daten konnten jedoch keine differenzierten Grenzwerte für die Jahre 2019 und 2020 festgelegt werden.
Qualifikationsmix des Pflegepersonals
Eine ähnliche Herausforderung zeigt sich auch auf der Seite des Pflegepersonals: Nicht alle Pflegekräfte haben dasselbe Qualifikationsniveau. Die Verordnungen für die Jahre 2019 und 2020 sehen vor, dass in erster Linie Pflegefachkräfte mit mindestens dreijähriger Berufsausbildung maßgeblich für die Einhaltung der Pflegepersonaluntergrenzen sind. Bis zu einem bestimmten Umfang können darüber hinaus auch anteilig weitere Pflegekräfte berücksichtigt werden.
Organisatorischer Bezug von Pflegepersonaluntergrenzen
Während das Gesetz Pflegepersonaluntergrenzen für pflegesensitive Bereiche vorschreibt, fehlt es an einer organisatorischen Verortung des Begriffs. Die ärztliche Patientenversorgung in deutschen Krankenhäuser ist traditionell in medizinischen Fachabteilungen organisiert, deren Bezeichnungen und Differenzierungsgrad sich an der Weiterbildungsordnung für Ärzte20 orientieren. Die pflegerische Patientenversorgung hingegen ist in Stationen organisiert, die zunehmend interdisziplinär, d. h. mit Patienten von verschiedenen Fachabteilungen, belegt sind. Aus Gründen des Patientenschutzes müssen die Pflegepersonaluntergrenzen für Stationen festgelegt werden, zu denen es jedoch im deutschen Krankenhauswesen keinerlei Festlegungen und Statistiken gibt. Krankenkassen erhalten beispielsweise im Rahmen der Abrechnung lediglich Angaben zur Abteilung – nicht zu den Stationen, auf denen der Patient versorgt worden ist. In einem hier nicht näher beschriebenen Prozess erhält das InEK Informationen zu den „pflegesensitiven“ Stationen, für die die Grenzwerte anzuwenden sind.
Zeitlicher Bezug von Pflegepersonaluntergrenzen
Eine weitere Entscheidung lag in dem zeitlichen Bezug von Pflegepersonaluntergrenzen: Werden Pflegepersonaluntergrenzen differenziert für jede Schicht eines üblichen Drei-Schicht-Modells (Früh-, Spät- und Nachtschicht) oder nur differenziert für eine Tages- und eine Nachtschicht festgelegt? Werden Vorgaben für Schichten an Werktagen von solchen für Wochenendtage unterschieden? Für die ersten beiden Jahre wurde im Rahmen der Rechtsverordnung ein Zweischichtenmodell ohne Wochentag- und Wochenend-Differenzierung festgelegt.
Einhaltung von Pflegepersonaluntergrenzen
Schließlich galt es eine Regelung zur Frage der Einhaltung bzw. Nichteinhaltung und Sanktionierung von Pflegepersonaluntergrenzen zu vereinbaren. Die adäquate Lösung aus Sicht des Patienten ist die hundertprozentige Einhaltung der Grenzwerte in allen Schichten. Als Einstiegslösung hat das BMG allerdings die Einhaltung der Grenzwerte im Monatsdurchschnitt vorgegeben, was die Saldierung von über- und unterbesetzten Schichten erlaubt. Die Anzahl der gerissenen Schichten muss allerdings ebenfalls mitgeteilt werden.

7.4.3 Pflegepersonaluntergrenzen für 2019 und 2020

Die Verhandlungen der Selbstverwaltungspartner über die Pflegepersonaluntergrenzen für das Jahr 2019 gestalteten sich schwierig und führten letztlich zur Ablehnung eines vom BMG moderierten Kompromisses durch den DKG-Vorstand. Damit waren die Verhandlungen der Selbstverwaltungspartner gescheitert und das BMG erließ die Pflegepersonaluntergrenzen per Rechtsverordnung (Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV)21 für das Jahr 2019 vom 05.10.2018). Inhaltlich setzte diese PpUGV weitgehend die Vorarbeiten von GKV-Spitzenverband und DKG aus den Verhandlungen um, traf aber in den bis zuletzt strittigen Verhandlungspunkten die ausstehenden Entscheidungen. Die entscheidende Abweichung von den empirischen Ergebnissen der KPMG-Datenerhebung waren weniger strenge Vorgaben für die Intensivstationen.
Um der Weiterentwicklung und Ausweitung der Pflegepersonaluntergrenzen eine sichere Basis zu bereiten, wurde die Erhebung und Auswertung der notwendigen Daten explizit durch das PpSG geregelt und dem InEK als Aufgabe übertragen. Ende Januar 2019 wurden für eine Stichprobe knapp 800 Krankenhäuser gezogen, die dann bis Ende Mai 2019 stations- und schichtgenaue Daten zur Pflegepersonalausstattung und Patientenbelegung zu liefern hatten. Insgesamt lagen über 23.000 verwertbare Daten vor.
Obwohl in den intensiven Verhandlungen der Selbstverwaltungspartner über Pflegepersonaluntergrenzen für das Jahr 2020 wieder eine weitgehend geeinte Kompromisslösung erarbeitet werden konnte, lehnte der DKG-Vorstand die Personalgrenzwerte erneut ab: Die vom InEK ermittelten Werte für die Untergrenzen in den zwei Schweregradklassen der Intensivmedizin und im Bereich Neurologie seien zu streng.22 Insgesamt schienen die Verhandlungen jedoch vorrangig an der grundsätzlich ablehnenden Haltung der Krankenhausvertreter gegenüber dem Instrument der Pflegepersonaluntergrenzen gescheitert zu sein.23 Auch für das Jahr 2020 war damit das BMG gefordert, die Pflegepersonaluntergrenzen per Rechtsverordnung festzulegen (Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) für das Jahr 2020 vom 28.10.2019).24 Sie enthält die folgenden Neuerungen im Vergleich zur Rechtsverordnung aus dem Jahr 2018:
  • Die Qualifikationsgruppen von Pflegehilfskräften, die anteilig berücksichtigt werden können, werden um medizinische Fachangestellte, anästhesietechnische Assistentinnen und Assistenten und Notfallsanitäter erweitert.
  • Es wird eine bundeseinheitliche Definition von Stationen normiert.
  • Die Aufgreifkriterien zur Identifikation von pflegesensitiven Bereichen in Krankenhäusern werden geschärft.
  • Es werden Regelungen dazu festgelegt, unter welchen Bedingungen Personalverlagerungen aus nicht-pflegesensitiven in pflegesensitive Bereiche als unzulässig gelten. Die Ermittlung unzulässiger Personalverlagerungen erfolgt jährlich durch das InEK.
  • Auch für das Jahr 2020 gilt eine Übergangsregelung für das erste Quartal 2020 für die vier neu geregelten Bereiche (Herzchirurgie, Neurologie, Neurologische Schlaganfalleinheit, Neurologische Frührehabilitation).
Tab. 7.3 gibt einen Überblick über die Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen gemäß den Rechtsverordnungen für die Jahre 2019 und 2020.
Tab. 7.3
Übersicht der Pflegepersonaluntergrenzen gemäß PpUGV für das Jahr 2019 und das Jahr 2020 (Datenquelle: PpUGV 2019, 2020)
 
PpUGV 2019 vom 05.10.2018
PpUGV 2020 vom 28.10.2019
 
Maximale Anzahl von Patienten je Pflegekraft
Maximaler Anteil von Pflegehilfskräften
(in %)
Maximale Anzahl von Patienten je Pflegekraft
Maximaler Anteil von Pflegehilfskräften
(in %)
 
Tag
Nacht
Tag
Nacht
Tag
Nacht
Tag
Nacht
Intensivmedizin
2,5
3,5
8
8
2,5
3,5
8
0
Geriatrie
10
20
20
40
10
20
15
20
Unfallchirurgie
10
20
10
15
10
20
10
15
Kardiologie
12
24
10
15
10
20
10
10
Neurologie
10
20
10
8
Neurol. Schlaganfall
3
5
0
0
Neurol. Frühreha
5
12
10
8
Herzchirurgie
7
15
5
0
Krankenhaus-Report 2020
Neben der Überprüfung und Weiterentwicklung der bestehenden Pflegepersonaluntergrenzen sieht das PpSG auch die jährliche Festlegung weiterer pflegesensitiver Bereiche und Pflegepersonaluntergrenzen vor, erstmals mit Wirkung für das Jahr 2021. Während sich die Vertreter der Kostenträger für die Innere Medizin und die Chirurgie als neue pflegesensitive Bereiche sowie für eine explizite Berücksichtigung rein pädiatrischer Versorgungsbereiche einsetzten, schwieg dazu die DKG zunächst und lehnte schließlich Mitte Oktober 2019 die Vereinbarung neuer Bereiche gänzlich ab. In der Folge wird das BMG auch zu diesem Punkt eine Ersatzvornahme erlassen müssen.25
Anders als bei der Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen gelang den Selbstverwaltungspartnern eine Einigung über die Regelungen zur Nachweisführung sowie über deren Fortschreibung für das Jahr 2020. Bezüglich der Details sei verwiesen auf die PpUG-Nachweis-Vereinbarung.26
Die ersten Nachweise der Krankenhäuser zeigen erstaunliche Entwicklungen: Während im ersten Quartal 2019 noch 12 % der gesamten schicht- und stationsbezogenen Meldungen eine Nichteinhaltung im Monatsdurchschnitt aufwiesen, verringerte sich diese Quote bis zum dritten Quartal 2019 auf 3 % – ein Rückgang um 75 % innerhalb von neun Monaten! Es ist schwer zu glauben, dass diese rasante Verbesserung der pflegerischen Versorgungssituation in den betroffenen Krankenhäusern allein auf eilig erfolgte Neueinstellungen von Pflegekräften zurückzuführen ist, auch wenn dies die wünschenswerte Ursache wäre. Solchen Verlagerungseffekten, die mutmaßlich Grund für die augenscheinlich rasante Verbesserung der Versorgungssituation in den betroffenen Krankenhäusern sind, kann man nur mit einer konsequenten Ausweitung von Pflegepersonaluntergrenzen auf alle Bereiche eines Krankenhauses begegnen (siehe Abschn. 7.4.5).
Keine Einigung konnte letztendlich über die Regelungen zu Sanktionen bei Nichteinhaltung von Pflegepersonaluntergrenzen erzielt werden. Nachdem der Gesetzgeber zunächst nur Vergütungsabschläge als Sanktionsform vorgesehen hatte, schaffte er – nicht zuletzt auf Anregung des GKV-Spitzenverbandes – mit Inkrafttreten des PpSG die Möglichkeit, alternativ zu Vergütungsabschlägen die Fallzahl anzupassen. Dieses Vorgehen ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Diskussion über die stationäre Fallzahl und damit letztlich auch über die Anzahl der Krankenhäuser in Deutschland wünschenswert (Loos et al. 2019; Busse und Berger 2018; Leber und Scheller-Kreinsen 2018; SVR 2018). Die komplizierte Ausgestaltung von stations- und schichtbezogenen Fallzahlreduktionen wurde schließlich in einem Schiedsstellenverfahren entschieden.27

7.4.4 Pflegepersonaluntergrenzen als Digitalisierungsproblem

Die Diskussionen um Pflegepersonaluntergrenzen haben über den Mangel an Pflegekräften hinaus auch ein massives Digitalisierungsdefizit in den deutschen Krankenhäusern aufgedeckt: In einem Großteil der Krankenhäuser findet keine systematische Integration der Daten über die Pflegepersonalausstattung und die Patientenbelegung auf den Stationen statt (Abb. 7.1).
So wird die Patientenbelegung, aus deren Datenpool sich grundsätzlich der individuelle Pflegebedarf bzw. Pflegeaufwand für eine bedarfsgerechtere Personalplanung ableiten ließe, meist völlig unabhängig von der Dienstplanung und Dokumentation der tatsächlichen Personalausstattung dokumentiert. Zudem sind die Dokumentationssysteme in den Krankenhäusern immer noch häufig vollständig oder zumindest vorrangig papierbasiert, was eine Migration und Integration von Daten erheblich erschwert bzw. unmöglich macht. Entsprechend hoch ist der seitens der Krankenhäuser und der Pflege bemängelte Dokumentationsaufwand und Bürokratisierungsgrad bei der Umsetzung der Pflegepersonaluntergrenzen. Internationale Studien zum Digitalisierungsgrad in Krankenhäusern bestätigen dies. So untersuchten Stephani et al. (2019) anhand des sogenannten Electronic Medical Record Adoption Model (EMRAM)28 den Digitalisierungsgrad in den deutschen Krankenhäusern im internationalen Vergleich.
Allerdings scheint in diesen Bereich nun Bewegung zu kommen, nicht zuletzt getrieben durch die aktuellen gesetzlichen Maßnahmen für Personalanforderungen in der Pflege. So haben u. a. die Anforderung von stations- und schichtgenauen Daten des Personaleinsatzes von Pflegekräften und der Patientenbelegung für die Nachweise der Einhaltung der Pflegepersonaluntergrenzen zu großen Veränderungen im Krankenhauscontrolling geführt: Anbieter von Krankenhausinformationssystemen erweitern ihre Systeme um die entsprechenden Informationen und schaffen Exportschnittstellen zu Personalmanagementsystemen. Auch stellte das Thema Personalcontrolling in der Pflege im Jahr 2019 erstmals einen eigenständigen Themenblock des Deutschen Krankenhaus-Controller-Tages des Deutschen Vereins für Krankenhaus-Controlling (DVKC) dar.29 Die aktuellen Entwicklungen deuten auf eine zunehmende Integration der Krankenhausbereiche Controlling, Medizin und Pflege hin. Dies zeigt, dass die gesetzlichen Vorgaben einen wichtigen Trigger für die digitale Transformation in der Pflege und in den Krankenhäusern als ganzheitliche Organisationssysteme aus Medizin, Pflege und Management darstellen. Das Ziel dieses nun beginnenden Digitalisierungsprozesses muss eine digitale Integration der Personal- und Patientendaten sein, die eine aufwands- und bürokratiearme Umsetzung von Personalmindestanforderungen ermöglicht.

7.4.5 Weiterentwicklung der Pflegepersonaluntergrenzen: Risikoadjustierung und Komplettierung

Mit dem PpSG hat der Gesetzgeber bereits zentrale Forderungen der Krankenkassen aufgegriffen: die Weiterentwicklung und die Risikoadjustierung der Pflegepersonaluntergrenzen sowie die Ausweitung auf weitere Bereiche. Allerdings ist die Umsetzung beider Ziele weiterhin bedroht. So erfolgt die Risikoadjustierung anhand von nach der Pflegelast differenzierten Schweregradgruppen im Jahr 2020 nun lediglich für den Bereich der Neurologie und die Ausweitung der Pflegepersonaluntergrenzen auf weitere Bereiche ab dem Jahr 2021 liegt nach dem Scheitern der Verhandlungen in den Händen des BMG (siehe Abschn. 7.4.3).
Um Pflegepersonaluntergrenzen als ein effektives Instrument zur Sicherstellung der Patientensicherheit in Krankenhäusern zu nutzen, bedarf es zweier zentraler Weiterentwicklungen:
Risikoadjustierung anhand des Pflegebedarfs bzw. des Pflegeaufwands von Patienten
Nur durch eine Risikoadjustierung der Pflegepersonaluntergrenzen anhand des schichtbezogenen, individuellen Pflegebedarfs bzw. Pflegeaufwands der Patienten kann erreicht werden, dass der heterogene Pflegebedarf bzw. Pflegeaufwand von Patienten angemessen Berücksichtigung findet. Die implizite Annahme der ersten beiden Verordnungen, dass alle Patienten einer Station in jeder Schicht den gleichen Pflegebedarf haben, ist aus Patientenschutzgründen völlig inakzeptabel. Pflegepersonaluntergrenzen sollten als Verhältnis von Pflegekräften zu sogenannten Pflegebedarfs- bzw. Pflegeaufwandsäquivalenten normiert werden. Die konkrete mindestens zu erfüllende Personalbesetzung auf einer Station in einer Schicht würde sich dann schichtgenau aus dem Umfang und der Art der Patientenbelegung ergeben. Digitale integrierte Informationssysteme, die Personal- und Patientendaten automatisiert zusammenspielen und auswerten, sind eine zwingende Voraussetzung hierfür.
Ausweitung auf alle Krankenhausbereiche
Nicht bedarfsinduzierte Personal- und Patientenverschiebungen, die die Patientensicherheit in den Krankenhäusern gefährden und zulasten der Pflegekräfte gehen, lassen sich nur durch eine konsequente Ausweitung der Pflegepersonaluntergrenzen auf alle Krankenhausbereiche verhindern. Die mit dem PpSG gesetzlich verankerte sukzessive Ausweitung der Pflegepersonaluntergrenzen ist bereits ein erster Schritt in die richtige Richtung. Die Erfahrungen aus der praktischen Umsetzung der Pflegepersonaluntergrenzen im ersten Jahr zeigen jedoch den dringenden Bedarf für eine konsequente und schnelle Ausweitung auf alle Krankenhausbereiche.

7.4.6 Pflegepersonaluntergrenzen versus Personalanhaltszahlen

Die DKG lehnt inzwischen jede Ausweitung der Pflegepersonaluntergrenzen ab. Sie gab im März 2019 überraschend bekannt, gemeinsam mit ver.di und dem DPR an der Entwicklung eines Instruments für eine bedarfsgerechte Pflegepersonalausstattung in Krankenhäusern zu arbeiten.30 Das Ziel sei, auf Basis wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse ein Instrument zu entwickeln, das die Pflegepersonalausstattung eines gesamten Krankenhauses aus dem Pflegebedarf der Patienten ableitet. Es solle verschiedene Korridore geben: einen grünen Bereich, wenn die vorgegebene Pflegepersonalausstattung eingehalten wird, einen gelben Bereich, wenn die vorgegebene Pflegepersonalausstattung nicht eingehalten wird, aber sich noch in einem akzeptablen Bereich befindet, und einen roten Bereich, wenn eine gewisse Mindestpersonalausstattung unterschritten wird. Letzteres lässt sich als eine Art Pflegepersonaluntergrenze auf Ganzhausebene verstehen.
Der Konflikt zwischen DKG und GKV führt zum schwierigen Vergleich von Personaluntergrenzen versus Personalanhaltszahlen. Personaluntergrenzen definieren die Grenze zur Patientengefährdung. Damit stellen sie per se keinen Indikator für eine gute Versorgung dar, allenfalls für eine gerade noch ausreichende Versorgung, um eine Patientengefährdung durch Personalmangel zu vermeiden. Personalanhaltszahlen hingegen geben Aufschluss über ein Versorgungsoptimum, das es zu erreichen gilt. Damit reflektieren Personalanhaltszahlen aber auch immer die finanziellen Möglichkeiten und Ansprüche einer bestimmten historischen Situation.
Fraglich ist, welche Konsequenzen folgen können, wenn Personalanhaltszahlen nicht erreicht werden. Unter der Annahme, dass diese ein Versorgungsoptimum definieren, sind harte Konsequenzen wie hohe Vergütungsabschläge, Vergütungsausschluss oder Schließung nicht vertretbar. Öffentliche Transparenz hingegen eignet sich, um über die Einhaltung bzw. Nichteinhaltung von Personalanhaltszahlen zu informieren. Die Transparenz bleibt allerdings oft folgenlos.
Bei Personaluntergrenzen hingegen steht die Patientensicherheit im Vordergrund, nicht die Budgetsicherung. Anders als bei Personalanhaltszahlen rechtfertigt die Unterschreitung einer Personaluntergrenze eine konsequente Sanktionierung. Denn wer eine Gefährdung von Patienten durch eine zu niedrige Personalausstattung in Kauf nimmt, muss mit harten Konsequenzen rechnen. So sind bei einer Unterschreitung der Pflegepersonaluntergrenzen und der Untergrenze des Pflegepersonalquotienten als Sanktionen Vergütungsabschläge oder Fallzahlverringerungen vorgesehen. Bei einer Nichterfüllung der Personalvorgaben der QFR-RL und der PPP-RL droht sogar der Vergütungsausschluss.
In der Zusammenschau beider Grundformen von Personalvorgaben – Personaluntergrenzen und Personalanhaltszahlen – lässt sich festhalten, dass im Falle einer anhaltend schlechten Versorgungssituation die Festlegung von Personaluntergrenzen eine sinnvolle Qualitätssicherungsmaßnahme darstellt, um Patientengefährdung zu vermeiden. Auch die Entwicklung eines bedarfsorientierten Personalbemessungsinstruments kann eine effektive Maßnahme sein, um die bedarfsgerechte Steuerung knapper Ressourcen – wie Pflegekräfte – zu verbessern. Sie ersetzt aber keine verbindliche Mindestpersonalvorgabe, die die Patientensicherheit stations- und schichtbezogen sicherstellt.

7.5 DRG-Pflege-Split

7.5.1 Koalitionsbeschluss zur Ausgliederung der Pflege aus dem DRG-System

Die Regierungskoalition hat die Wirkung der kurz vor der Wahl beschlossenen Pflegepersonaluntergrenzen nicht abgewartet, sondern – überraschend – einen zweiten Beschluss zur Regulierung des Pflegebereichs gefällt: Die Ausgliederung der Pflegekosten aus den DRG-Fallpauschalen. Dies ist der bislang schwerste Eingriff in das Krankenhausvergütungssystem seit Einführung der DRG-Fallpauschalen Anfang des Jahrhunderts. Ohne jede konzeptionelle Vorarbeit entstand die Idee eines gesonderten Pflegebudgets und fand in folgender Formulierung Eingang in den Koalitionsvertrag:
Künftig sollen Pflegepersonalkosten besser und unabhängig von Fallpauschalen vergütet werden. Die Krankenhausvergütung wird auf eine Kombination von Fallpauschalen und einer Pflegepersonalkostenvergütung umgestellt. Die Pflegepersonalkostenvergütung berücksichtigt die Aufwendungen für den krankenhausindividuellen Pflegepersonalbedarf. Die DRG-Berechnungen werden um die Pflegepersonalkosten bereinigt.31
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass dieser ganz grundlegende Einschnitt in das Vergütungssystem gänzlich ohne konzeptionelle Vorarbeiten erfolgte. In keinem der zahlreichen Vorschläge zur Weiterentwicklung des DRG-Systems findet sich dieser Vorschlag. Bemerkenswert ist auch, dass dieser Beschluss quasi ohne jede Modifikation im Rahmen des PpSG umgesetzt worden ist.
Hintergrund für den weitreichenden Beschluss dürfte der Eindruck der politischen Entscheidungsträger gewesen sein, man müsse etwas für die Pflege(nden) tun. De facto gab es seit Jahrzehnten eine Diskussion über unzureichende Pflege. Anfang der neunziger Jahre hatte dies zur Einführung der Pflege-Personalregelung (PPR)32 geführt, die allerdings aufgrund ihrer Wirkung auf die Ausgaben gleich wieder außer Kraft gesetzt wurde. Eine längere Wirkung hatte die Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV)33 (siehe Abschn. 7.3.3). Es folgten im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts die bereits erwähnten Pflegegipfel (siehe Abschn. 7.1, 7.2.2, 7.2.3 und 7.3.2). Die Ursache dafür, dass die Pflegeproblematik nunmehr auf einmal systemsprengende Energie hat, liegt nicht in der Verschlechterung der Situation im Krankenhaus, sondern im besonderen Handlungsbedarf in der Altenpflege. Bezüglich der Pflegekräfte-Patienten-Quote im Krankenhaus gab es in den letzten Jahren eher eine „Entspannung“.
Überspitzt formuliert: Je älter die Bevölkerung wird, desto weniger(!) liegt sie im Krankenhaus – sie liegt im Altenheim (Abb. 7.2). Dort besteht das eigentliche Pflegeproblem und dort sollten auch vermehrt Pflegestellen geschaffen werden. Der DRG-Pflege-Split war letztlich eine Art Kollateralschaden der ungelösten Probleme in der Altenpflege.
Ordnungspolitisch ist die Ausgliederung der Pflege aus den DRGs ein Fehler – und zwar aus zwei Gründen:
1.
Die Aufspaltung der Krankenhausrechnung in zwei Komponenten erhöht nicht nur die Komplexität, sie führt auch zu zahlreichen Manipulationsmöglichkeiten und zu entsprechenden Abrechnungsstreitigkeiten.
 
2.
Die Finanzierung der Pflegekosten gemäß Selbstkosten ist ein Rückfall in die finsteren Zeiten vor Einführung einer leistungsorientierten Vergütung – in Zeiten also, in denen das Krankenhaus gewinnt, das die meisten Kosten verursacht und glaubhaft nachweisen kann.
 
Die Folgen sind absehbar: So werden die Krankenhäuser in das Pflegebudget umbuchen, weil in diesem Bereich eine volle Refinanzierung erfolgt. Zudem werden sinnvolle pflegeentlastende Maßnahmen der Vergangenheit wieder rückgängig gemacht werden. Krankenpfleger dürften wieder zur Raumpflege auf Station eingesetzt werden. Entgegen der politischen Zielrichtung, die Situation in der Altenpflege zu verbessern, dürfte das Pflegepersonal aus der Altenpflege von den besser zahlenden Krankenhäusern abgeworben werden.
Bei Verabschiedung des PpSG wurde insbesondere die Verbesserung der Situation in der Altenpflege in den Mittelpunkt der politischen Debatte gestellt: 13.000 neue Stellen sollten dort geschaffen werden. Genau dies wird aber nicht gelingen, wenn die Krankenhäuser mit ihrer hundertprozentigen Refinanzierung der Pflegekosten die wenigen Pflegekräfte auf dem knappen Arbeitsmarkt rekrutieren werden.

7.5.2 Umsetzung des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes

Das PpSG sieht eine Vielzahl von Selbstverwaltungsvereinbarungen vor, die zur Umsetzung des DRG-Pflege-Splits notwendig sind (Tab. 7.4).
Tab. 7.4
Vereinbarungen zur Pflegeausgliederung
Nr.
Datum
Vereinbarung
Inhalt
1
18.02.2019
Pflegepersonalkostenabgrenzungsvereinbarung
– Bundeseinheitliche Definition der auszugliedernden Pflegepersonalkosten
– Zuordnung von Kosten von Pflegepersonal, das überwiegend in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen tätig ist
– Kongruenz zwischen der Ausgliederung der Pflegepersonalkosten auf Bundes- und Ortsebene
2
17.06.2019
Änderungsvereinbarung zur Konkretisierung der Anlage 3 der Pflegepersonalkostenabgrenzungsvereinbarung
– Detaillierte Festlegung der Vorgaben für die Zuordnung der Pflegepersonalkosten
3
06.05.2019
DRG-Grundlagenvereinbarung
– Grundsätze für die Systementwicklung (aG-DRG-System und Pflegefinanzierung)
– Spaltenlösung im Katalog
– Lernendes System/mehrjähriger Prozess/Normierung
– Vorgabe erster Abrechnungsgrundsätze ab dem Jahr 2020
4
23.09.2019
Pflegebudgetverhandlungsvereinbarung
– Einzelheiten zur Verhandlung des Pflegebudgets
– Vorzulegende Unterlagen
– Verfahren der Rückzahlung nicht zweckentsprechend verwendeter Mittel
5
18.10.2019
Fallpauschalenvereinbarung 2020
– Abrechnungsregeln
– aG-DRG-Katalog 2020 (inklusive Zusatzentgelte)
– Pflegeerlöskatalog 2020
6
25.11.2019
Änderungsvereinbarung zur Pflegebudgetverhandlungsvereinbarung
– Berechnung des krankenhausindividuellen Pflegeentgeltwertes
– Erlöszuordnung und Ausgleiche für Jahresüberlieger
Krankenhaus-Report 2020
Die Abgrenzung der Pflegepersonalkosten aller bettenführenden Abteilungen ist extrem konfliktträchtig, da eine Kongruenz zwischen kalkulatorischer Ausgliederung auf Bundesebene einerseits und der Budgetverhandlung vor Ort andererseits erreicht werden muss. Da die Abgrenzung in allen Krankenhäusern unterschiedlich gehandhabt wird und durch keine Kalkulationsvorschrift vorgegeben ist, sind Unschärfen unvermeidlich. Das Kalkulationshandbuch erforderte bislang keine Differenzierung nach Pflegepersonalkosten und jenen Kosten, die im DRG-System verbleiben. Ziel der Kalkulation war bislang lediglich, die Kosten dem einzelnen Fall zuzuordnen.
Schwierigkeiten ergeben sich beispielsweise bei der Frage, ob Aufnahmestationen „bettenführend“ oder nur „pritschenführend“ sind. Da dem InEK die Verhältnisse vor Ort (und das Ergebnis der Verhandlungen vor Ort) nicht bekannt sind, kann lediglich mit groben Approximationen gearbeitet werden. Gegenstand gesundheitspolitischer Auseinandersetzungen ist auch die Frage, inwieweit Leiharbeit in vollem Umfang Bestandteil des Pflegebudgets sein soll. Die grundlegende Vorschrift laut Krankenhausbuchführungsverordnung, Leiharbeit als Sachkosten zu verbuchen, erfordert nunmehr eine Vorgabe, diese in das Pflegebudget umzubuchen. Würde man allerdings sämtliche Kosten in beliebigem Umfang umbuchen können, würde dies die Leiharbeit in erheblichem Ausmaß fördern. Es würde sich lohnen, komplette Belegschaften in Tochterfirmen auszugliedern und mit Gewinn wieder einzukaufen. Die Politik hat auf diese Gefahr reagiert und im MDK-Reformgesetz vorgesehen, dass bei Leiharbeitnehmern der Teil der Vergütungen, der über das tarifvertraglich vereinbarte Arbeitsentgelt für das Pflegepersonal mit direktem Arbeitsverhältnis mit dem Krankenhaus und damit auch über die Zahlung von Vermittlungsentgelten hinausgeht, nicht im Pflegebudget berücksichtigt werden kann.
Pflegepersonalkostenabgrenzungsvereinbarung
Die bundeseinheitliche Definition der auszugliedernden Personalkosten wurde in der Pflegepersonalkostenabgrenzungsvereinbarung34 Mitte Februar 2019 kurz nach Ablauf der gesetzlichen Frist zwischen GKV und DKG geeint – ohne Sonderregelungen zur Leiharbeit. Inhaltlich haben sich die Vertragsparteien eng an die gesetzlichen Vorgaben und die Gesetzesbegründung gehalten. So erfolgte bei der Abgrenzung grundsätzlich eine Orientierung an den Vorgaben der Krankenhausbuchführungsverordnung. Daneben sind notwendige Vorgaben des Kalkulationshandbuchs des InEK handlungsleitend für alle Krankenhäuser, um eine hohe Kongruenz von Bundes- und Ortsebene zu gewährleisten. In einer Anlage 3 zu diesem Vertrag35, die im Juni 2019 konsentiert werden konnte, wurden weiterführende Kostenabgrenzungen vereinbart – etwas für Kostenrechnungsspezialisten.
DRG-Grundlagenvereinbarung
Um dem InEK frühzeitig klare Richtlinien für die Kalkulation zu geben und um den Programmierern von Krankenhaussoftware und von Rechnungsprüfungssoftware bei den Krankenkassen ausreichend Vorlauf zu geben, haben die Vertragsparteien auf Bundesebene im Mai 2019 eine DRG-Grundlagenvereinbarung36 geschlossen, deren zentraler Inhalt die sogenannte Spaltenlösung ist. Es geht um die Frage, wie das Pflegebudget des einzelnen Krankenhauses via Einzelrechnung zu transferieren ist. Gesetzlich vorgegeben war eine tagesbezogene Abzahlung. Um pflegeaufwendige Fälle in adäquater Weise zu belasten, haben sich die Vertragspartner darauf verständigt, relative Gewichte zu verwenden: Je Krankenhaus gibt es einen spezifischen Pflegeentgeltwert, der sich aus den jeweiligen Selbstkosten ergibt, und je DRG weist der Katalog einen Pflegeerlös als Berechnungsrelation je Tag aus (vgl. rechte Spalte im Fallpauschalen- und Pflegeerlöskatalog 2020, Tab. 7.5). Dieser Katalog wurde vom InEK aus den fallspezifischen Pflegekosten ermittelt. Die Spaltenlösung ist eine Art integrale Vergütungslösung, die den Zusammenhang zwischen den aG-DRG-Kosten und den fallgruppenspezifischen Pflegekosten aufrechterhält. Der Katalog firmiert als aG-DRGs, den DRGs mit ausgegliederten Pflegekosten. Durch die Spaltenlösung werden hohe Pflegekosten wie bisher der jeweiligen Fallgruppe zugeordnet. Dies vermeidet u. a. neue Belastungsunterschiede zwischen den Kassen, die ansonsten zu schwierigen Folgeproblemen im Risikostrukturausgleich geführt hätten.
Tab. 7.5
Spaltenlösung in aG-DRG-Version 2020 und Pflegeerlöskatalog 2020 (Auszug aus Teil a) Bewertungsrelationen bei Versorgung durch Hauptabteilung) (Datenquelle: InEK (Stand: 21.10.2019))
DRG
Partition
Bezeichnung
Bewertungsrelation bei Hauptabteilung
[…]
Pflegeerlös
Bewertungsrelation/Tag
1
2
3
4
5–13
14
Prä-MDC
A01A
O
Lebertransplantation mit Beatmung > 179 h oder kombinierter Dünndarmtransplantation
21,483
[…]
3,5493
A01B
O
Lebertransplantation ohne kombinierte Dünndarmtransplantation mit Beatmung > 59 und < 180 h oder mit Transplantatabstoßung oder mit kombinierter Nierentransplantation oder mit kombinierter Pankreastransplantation oder Alter < 6 Jahre
12,506
[…]
2,5709
A01C
O
Lebertransplantation ohne kombinierte Dünndarmtransplantation, ohne Beatmung > 59 h, ohne Transplantatabstoßung, ohne kombinierte Nierentransplantation, ohne kombinierte Pankreastransplantation, Alter > 5 Jahre
8,835
[…]
2,2879
A02Z
O
Transplantation von Niere und Pankreas
8,606
[…]
1,8611
A03A
O
Lungentransplantation mit Beatmung > 179 h
22,919
[…]
3,2952
[…]
[…]
[…]
[…]
[…]
[…]
Krankenhaus-Report 2020
Unklar ist zum Zeitpunkt der Schlussredaktion noch die Regelung zur Abzahlung des Pflegebudgets in jenem Zeitraum, in dem noch kein Pflegebudget vereinbart ist. Das PpSG sah ursprünglich einen einheitlichen Tageswert in Höhe von 130 € vor (§ 15 Abs. 2a Satz 1 KHEntgG), was explizit nicht der Spaltenlösung entspricht. Da im Jahr 2020 wahrscheinlich nur die Minderheit der Häuser verhandelt sein wird (überwiegend wird inzwischen retrospektiv verhandelt), liefe die Spaltenlösung im ersten Jahr völlig ins Leere. DKG und GKV-Spitzenverband sind deshalb gemeinsam an das BMG herangetreten, um statt des vorläufigen Tageswertes einen vorläufigen Pflegeentgeltwert gesetzlich vorzugeben. Die Spaltenlösung funktioniert dann auch im Jahr 2020, in dem kaum Pflegebudgets vereinbart sein werden.
Eine besondere Herausforderung stellen die Nachweispflichten und die Abtrennung des Pflegebudgets dar. Tendenziell haben die Krankenhäuser ein starkes Interesse, Kosten umfänglich in das Pflegebudget zu buchen, da sie hier gemäß Selbstkostendeckungsprinzip zu 100 % refinanziert werden. In der Pflegebudgetverhandlungsvereinbarung37 (September 2019) hatten die Vertragspartner auf Bundesebene deshalb einheitlich Vorgaben zu formulieren, so z. B. über die vorzulegenden Unterlagen bei der Ermittlung des Pflegebudgets.
Fallpauschalenvereinbarung (FPV 2020)38
Traditionell wird der DRG-Katalog als Anlage einer Fallpauschalenvereinbarung (FPV) veröffentlicht. Die Fallpauschalenvereinbarung enthält im Wesentlichen die Abrechnungsregeln. Diese mussten wegen der gesonderten Abrechnung der Pflege modifiziert werden. Neben den Fallpauschalen und Zusatzentgelten sind jetzt auch tagesbezogene Pflegeentgelte abzurechnen. Der tagesbezogene Pflegeentgeltwert wird ermittelt, indem die maßgebliche Bewertungsrelation jeweils mit dem krankenhausindividuellen Pflegeentgeltwert multipliziert wird (Spaltenlösung). Neue Jahresüberliegerprobleme ergeben sich nicht: Alle im Jahr 2019 aufgenommenen Fälle werden nach altem System abgerechnet.

7.5.3 DRG-Pflege-Split als mehrjähriger Prozess

Der Umbau des DRG-Systems ist hoch komplex und nur beherrschbar, wenn er in mehreren Schritten erfolgt. Der erste aG-DRG-Katalog ist deshalb weitgehend strukturkonservativ: Die Fallgruppen entsprechen überwiegend der bisherigen Systematik und nur die Relativgewichte sind um die Pflegekosten bereinigt. Sollte sich die Ausgliederung der Pflege als historisch stabil erweisen, so wäre eine grundsätzliche Überarbeitung der Fallgruppenzusammensetzung folgerichtig. Die neuen homogenen Gruppen müssten auf Basis der Fallkosten bei Ausgliederung der Pflegekosten optimiert werden. Solange die Pflegekosten jedoch nur schwer approximiert werden können, ist es sinnvoll, nur die wirklich notwendigen Korrekturen vorzunehmen, z. B. die Umsortierung der Gruppen, um Mindervergütung bei Mehrleistung zu vermeiden. Der aDRG-Katalog 2020 sieht also zunächst weitestgehend die Beibehaltung der bestehenden Gruppen vor und erst in den Folgejahren wäre eine neue Gruppenbildung erforderlich.
Ähnlich problematisch sind die Entscheidungen über Zusatzentgelte. Beispielhaft sei der PKMS erwähnt (siehe Abschn. 7.2.2). Spontan würde man vermuten, dass sich der Kode erübrigt, weil Pflege nun außerhalb des DRG-Systems vergütet wird. Analysen des InEK haben jedoch gezeigt, dass der PKMS auch im verbleibenden DRG-System über 100 Mio. € triggert. Offenbar ist aufwendige Pflege auch ein Indikator für insgesamt aufwendige Fälle, was sich in zusätzlichen Materialkosten und verlängerter Verweildauer niederschlägt. Gegen scharfe Proteste der DKG enthält der Katalog 2020 deshalb weiterhin die auf dem PKMS aufbauenden Zusatzentgelte ZE130 und ZE131 (Hochaufwendige Pflege von Erwachsenen bzw. von Kleinkindern oder von Kindern und Jugendlichen). Ihr Volumen ist allerdings erheblich reduziert, weil rund drei Viertel der Kosten im Pflegebereich anfallen und nicht mehr DRG-relevant sind (Tab. 7.6).
Tab. 7.6
PKMS-bezogene Zusatzentgelte im aG-DRG-System 2020 (Datenquelle: InEK (Stand: 06.09.2019))
Zusatzentgelt
Betrag in Euro
Anteil Pflegekosten (in %)
2014
2015
2016
2017
2018
2019
2020
ZE130.01
Hochaufwendige Pflege von Erwachsenen: 43 bis 129 Aufwandspunkte
1.117
1.092
1.058
1.004
1.004
994
263
72,4
ZE130.02
Hochaufwendige Pflege von Erwachsenen: mehr als 129 Aufwandspunkte
2.278
2.236
2.342
2.347
2.457
2.534
688
72,9
ZE131.01
Hochaufwendige Pflege von Kleinkindern oder von Kindern und Jugendlichen: 37 bis 100 Anhaltspunkte
2.607
2.680
2.791
2.712
3.336
2.921
796
74,0
ZE131.02
Hochaufwendige Pflege von Kleinkindern oder von Kindern und Jugendlichen: mehr als 100 Anhaltspunkte
4.949
5.033
4.724
5.382
6.590
6.482
1.877
72,0
Krankenhaus-Report 2020
Wesentlich für die Weiterentwicklung ist eine integrale Sichtweise: Bei der Fallkalkulation und bei der anschließenden Vergütung sollte der Blick auf die Gesamtkosten eines Falles erhalten bleiben. Dieses muss umso mehr betont werden, als es in der Krankenhausszene starke Tendenzen gibt, die Pflegekosten völlig aus der Kalkulation herauszuhalten und so dem InEK und den Selbstverhandlungspartnern auf Bundesebene möglichst wenig Einblick in die Kostenausgliederung zu gewähren. Das würde einer Doppelfinanzierung von Pflegekosten Tür und Tor öffnen.
Insgesamt stellt sich die Frage, wie die Pflege im künftigen Vergütungssystem abgebildet wird. Man darf davon ausgehen, dass die „Schönwetterregelung“ Selbstkostendeckung keine dauerhafte Lösung darstellt, zumal diese nur sicherstellt, dass das Geld bei der Pflege ankommt, nicht jedoch garantiert, dass die Pflege auch beim Patienten ankommt. Auf die wesentlichen Optionen zur Abbildung der Pflege sei kurz eingegangen.

7.6 Abbildung der Pflege in Krankenhausvergütungssystemen

7.6.1 Erfassung von Pflegebedarf und Pflegeleistungen

Das in Deutschland am weitesten verbreitete Instrument zur Erfassung von Pflegebedarf ist die PPR. Sie wurde 1993 als leistungsorientiertes Berechnungssystem für den Personalbedarf eingeführt mit dem Ziel, „eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie an einem ganzheitlichen Pflegekonzept orientierte Pflege der stationär und teilstationär zu behandelnden Patienten zu gewährleisten“.39 Damit mussten alle Krankenhäuser die PPR als verbindliches Instrument zur Pflegepersonalbedarfsplanung anwenden. Dies führte innerhalb kurzer Zeit zu einem Aufbau von 20.000 Pflegekräftestellen mit entsprechender Wirkung auf die Ausgabenlast der Krankenkassen. In der Konsequenz wurde die PPR bereits 1996 eingestellt und 1997 schließlich ersatzlos abgeschafft. Seitdem dient die PPR vielen Krankenhäusern aber weiterhin als internes Steuerungsinstrument. Zudem nutzt das InEK die PPR, um die Pflegepersonalkosten der DRG-Fallpauschalen zu kalkulieren.
Die PPR umfasst verschiedene Pflegeaufwandsgruppen, in die voll- und teilstationäre Patienten täglich eingestuft werden. Für Erwachsene gibt es neun verschiedene Pflegeaufwandsgruppen und für Kinder 27. Die Einstufung in die Pflegeaufwandsgruppen erfolgt anhand einer Kombination aus zwei Kategorien (Pflegebereiche und Pflegestufen) und deren Ausprägung. Die Pflegebereiche werden differenziert in die Ausprägungen „Allgemeine Pflege“ und „Spezielle Pflege“, wie z. B. Wund- und Hautbehandlung. Die Pflegestufen werden differenziert in Grundleistungen, erweiterte Leistungen und besondere Leistungen. Mit der Einführung des PKMS wurde die PPR um eine zusätzliche Pflegestufe (A4) erweitert, um pflegerisch hochaufwendige Fälle abbilden zu können (siehe Abschn. 7.2.2). Jede Pflegeaufwandsgruppe ist mit sogenannten PPR-Minuten hinterlegt. Die Einstufung in eine Pflegeaufwandsgruppe kann dabei von 52 PPR-Minuten für wenig aufwendige Pflegefälle (A1/S1) bis zu 325 PPR-Minuten für hochaufwendige Pflegefälle (A4/S3) reichen. Aus den PPR-Minuten je Pflegeaufwandsgruppe und der patientenindividuellen Einstufung in eine Pflegeaufwandsgruppe lässt sich der Personalbedarf berechnen, der zur Deckung des (normativ ermittelten) Pflegebedarfs notwendig ist. Damit stellt die PPR ein Pflegepersonalplanungsinstrument und damit vorrangig ein Instrument zur Budgetbemessung dar. Als solches war es Anfang der 1990er Jahre auch politisch eingeführt worden.
Auch wenn die PPR in ihren Grundzügen den patientenindividuellen Pflegebedarf bemisst, gilt es folgende Kritikpunkte zu beachten, die seit Einführung des Instruments in der Diskussion sind (AGKAMED 2014; Thomas et al. 2014):
1.
Die PPR-Minuten je Pflegeaufwandsgruppe sind das Ergebnis eines Kompromisses aus Experteneinschätzungen, Testläufen in Krankenhäusern nach der sogenannten REFA-Methode und den politischen Finanzierungsmöglichkeiten der historischen Epoche. In der Konsequenz kann davon ausgegangen werden, dass die PPR-Minuten nicht den tatsächlichen Zeitbedarf für die Erbringung der für eine Pflegeaufwandsgruppe erforderlichen Leistungen abbilden.
 
2.
Die PPR wurde seit ihrer Einführung Anfang der 1990er Jahre nicht mehr weiterentwickelt. Das medizinisch-pflegerische Leistungsgeschehen in den Krankenhäusern hingegen hat sich in den letzten 30 Jahren wesentlich weiterentwickelt. Daraus bedingt sich ein dringend notwendiger Anpassungs- und Weiterentwicklungsbedarf für die PPR.
 
3.
Den Kriterien und ihren Ausprägungen zur Einstufung von Patienten in eine Pflegeaufwandsgruppe mangelt es an Operationalisierbarkeit. So beinhalten die Zuordnungsregeln der PPR nicht näher definierte Begriffe, wie „Hilfe bei überwiegend selbstständiger Körperpflege“. Die Folge sind große Varianzen in der Zuordnung von Patienten zu Pflegeaufwandsgruppen.
 
4.
Zum Teil wird auch die Manipulationsanfälligkeit der PPR angeprangert, da das Instrument den Anreiz zum gezielten Upcoding beinhaltet.
 
Ein Instrument, das explizit Pflegeleistungen erfasst und daraus den Pflegepersonalbedarf ableitet, ist das schweizerische System zur Leistungserfassung in der Pflege (LEP). Die LEP-Methode stellt in ihren Grundzügen eine Adaption der Prozesskostenrechnung bzw. des Activity based Costing von Robert S. Kaplan (Kaplan und Cooper 1999) auf den Bereich Pflege im Krankenhaus dar: (Pflegepersonal-)Kosten werden (pflegerischen) Leistungsprozessen zugeordnet bzw. aus diesen abgeleitet. Seit 1997 wird LEP nahezu flächendeckend in der Schweiz sowie von 70 Krankenhäusern in Deutschland angewendet.40 LEP wird von der schweizerischen LEP AG entwickelt und vertrieben und stellt damit ein kostenpflichtiges Softwareprodukt für Leistungserbringer dar.
Im Gegensatz zur PPR baut LEP auf tatsächlich erbrachten Pflegeleistungen auf. Die aktuellste Version LEP Nursing 3 besteht aus einem Klassifikationssystem mit 15 Leistungsgruppen, die 150 Pflegevariablen mit verschiedenen Ausprägungen (einfach bis sehr aufwendig bzw. kurz bis sehr lang) umfassen. Dabei unterscheidet LEP zwischen Pflegetätigkeiten, die einzelnen Patienten zugerechnet werden können (direkte Pflegetätigkeiten), und Pflegetätigkeiten, die nicht einzelnen Patienten zugeordnet werden können (indirekte Pflegetätigkeiten), wie z. B. Managementtätigkeiten auf Stationen, Ausbildung von Studierenden und Tätigkeiten der Qualitätssicherung. Jede Ausprägung einer Pflegevariable ist mit einem Zeitwert hinterlegt. Dieser ist so kalkuliert, dass eine examinierte Pflegekraft die Tätigkeit qualitativ gut und patientengerecht ausführen kann. Für andere Qualifizierungsgruppen von Pflegekräften werden die Zeitwerte angepasst. Die Zeitwerte der LEP basieren auf Experteneinschätzungen und Erfahrungswerten und können von den Krankenhäusern auch individuell angepasst werden. Die Pflegeleistungen werden täglich und meist retrospektiv dokumentiert. Im Gegensatz zur PPR erfolgt die Dokumentation aber vollständig digital. So können die Pflegeleistungen über elektronische Formulare, Online-Dokumentation, Barcodierung sowie mit Hilfe mobiler Endgeräte wie Tablets erfasst werden. Diese digitalen Dokumentationsmöglichkeiten ermöglichen die Leistungsdokumentation in Echtzeit sowie prinzipiell eine prospektive Einschätzung der für einen Patienten erforderlichen Pflegeleistungen. Zudem erlaubt die digitale Leistungsdokumentation der LEP umfassende Datenauswertungen zu Pflegeleistungen, Patientenbelegung und Personaleinsatz.
Kritisch bleibt der Fakt, dass das LEP-System ein kostenpflichtiges Softwareprodukt ist, das mit hohen Lizenzgebühren sowie Beratungs- und Schulungskosten verbunden ist und Investitionen in eine digitale Infrastruktur erfordert. Insgesamt gilt das LEP-System jedoch trotz berechtigter Kritikpunkte als eines der am weitesten entwickelten und verbreiteten Systeme der Pflegeaufwandserfassung, das eine hohe Validität und Effektivität aufweist und Leistungstransparenz ermöglicht (Thomas et al. 2014).
Einen anderen Ansatz verfolgt das Konzept der sogenannten Nursing Related Groups (NRGs). Analog den medizinisch angelegten DRGs werden nach diesem Konzept Pflegefallgruppen gebildet, die anschließend entweder über eigenständige NRG-Fallpauschalen parallel zu den DRG-Fallpauschalen vergütet werden oder erlösrelevant in den DRG-Fallpauschalen Berücksichtigung finden. Befürworter dieses Konzepts versprechen sich davon dieselben Anreizwirkungen wie bei den DRGs:
  • Eine leistungsorientierte Vergütung führt zur Mengenausweitung. Durch NRGs würde also wieder mehr gepflegt werden in deutschen Krankenhäusern. Sowohl der Umfang der tatsächlich erbrachten Pflegeleistungen als auch deren Qualität würden steigen und die teilweise erschreckend schlechte Pflegepersonalausstattung im Verhältnis zur Art und Anzahl der Patienten würde sich verbessern.
  • Eine leistungsorientierte Pflegevergütung würde aufwendigere Pflegefälle besser vergüten.
  • Eine pauschale Vergütung führt zu einer effizienten Ressourcenverteilung, was nicht zuletzt in Zeiten des Pflegekräftemangels relevant ist.
  • Zudem reizt eine pauschale Pflegevergütung Verweildauerverkürzungen an.
Analog zu den DRG-Fallpauschalen ist für die Entwicklung von NRGs eine eigenständige Diagnose- und Prozedurenklassifikation erforderlich, die der Bestimmung der Pflegefallgruppen zugrunde liegt. Das G-DRG-Fallpauschalensystem basiert auf der medizinischen Diagnoseklassifikation (ICD) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und dem Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS). Die Äquivalente für die Pflege existieren bislang nicht. Zudem erfordert eine pflegerische Diagnoseklassifikation den Einsatz eines systematischen Pflegeassessments. Somit stellen NRGs in erster Linie ein Konzept für eine alternative Abbildung von Pflege im deutschen Krankenhausvergütungssystem dar, dem es aber an einer Konkretisierung und Ausgestaltung der notwendigen Voraussetzungen fehlt. Auch wenn das Konzept zweifelsfrei grundsätzlich eine interessante Alternative darstellt, ist es zum jetzigen Zeitpunkt kaum mehr als eine Idee.

7.6.3 Conclusio: Von der Pflegedokumentation über Pflegescores zur Vergütung von Pflege

Wie die Diskussion um den PKMS gezeigt hat (siehe Abschn. 7.2.2 und 7.5.3), ist das zentrale Argument gegen eine dezidierte Erfassung pflegerischer Leistungen der zusätzliche bürokratische Aufwand. Eine verbindliche Wiedereinführung der PPR würde dazu führen, dass täglich rund 400.000 Patienten eingestuft werden müssten. Im digitalen Zeitalter ist das nicht mehr akzeptabel, zumal viele Informationen aus bereits vorliegenden Daten abgeleitet werden könnten (Diagnosen, OP-Tag). Der Erfassungsaufwand reduziere angeblich die Zeit, die für die Patienten zur Verfügung steht. Das Argument verfängt allerdings nur, wenn die Erfassung von Pflegeleistungen zusätzlich zur normalen Dokumentation erfolgen muss. Würden die Pflegeleistungen digital in einer elektronischen Patientenakte erfasst, so wären diese (und damit die Einhaltung von Personalmindestvorgaben, wie Pflegepersonaluntergrenzen) ohne zusätzlichen Erfassungsaufwand aus dieser ableitbar. Bei der Berücksichtigung pflegerischer Leistungen in der Vergütungssystematik sollte deshalb folgendermaßen vorgegangen werden:
1.
Eine verbindliche Dokumentation pflegerischer Leistungen erfolgt in einer elektronischen Akte in einer Art einheitlichem Minimaldatensatz.
 
2.
Aus der elektronischen Akte wird ein Pflegescore abgeleitet, der Pflegebedarf und Pflegeleistungen abbildet.
 
3.
Ergebnisse des Pflegescores dienen als Trigger im DRG-System und zur Risikoadjustierung bei Pflegepersonaluntergrenzen, ggf. auch für Personalanhaltszahlen.
 
Angesichts der Tatsache, dass eine elektronische Pflegedokumentation in Deutschland noch nicht Standard ist, handelt es sich um ein mehrjähriges, aber überfälliges Projekt. Anders wird die Abbildung der Pflege in Vergütung und Qualitätssicherung nicht zu erreichen sein. Bei der Klassifikation pflegerischer Leistungen kann auf Vorarbeiten der European Nursing care Pathways (ENP)41 zurückgegriffen werden. Eine Ablösung des PKMS ist erst dann sinnvoll, wenn eine solche digital unterstützte Pflegedokumentation etabliert worden ist.

7.7 Optionen zur Berücksichtigung der Pflege bei der Krankenhausvergütung

7.7.1 Wiedereingliederung der Pflegeleistung in ein neues DRG-System

Die Ausgliederung der Pflege und deren Finanzierung über das Selbstkostendeckungsprinzip ist keine dauerhafte Lösung, sodass sich die Frage nach Weiterentwicklungsoptionen stellt. Die Wiedereingliederung der Pflegepersonalkosten wäre die konsequenteste Korrektur der Pflexit-Fehlentscheidung. In der Anfangsphase ist sie technisch einfach, aber insgesamt ist sie gesundheitspolitisch eher unwahrscheinlich. Zum einen dürfte es eine erneute Gewinner-Verlierer-Diskussion geben, bei der jene, die besonders viel für Pflegepersonal ausgeben (oder denen es gelungen ist, besonders viel auf die Pflegebudgetkonten zu buchen), sich lautstark zu Wort melden werden. Zum anderen ist mittelfristig damit zu rechnen, dass das DRG-System weiterhin für die Mängel in der Pflege verantwortlich gemacht wird. Der Beweis, dass man der Pflegeproblematik auch mit Pflegepersonaluntergrenzen begegnen kann, konnte leider nicht mehr erbracht werden.
Absehbar sind allerdings die budgettechnischen Schwierigkeiten im Gefolge der Pflexit-Entscheidung. Sie könnten dazu führen, dass sich, ähnlich wie beim Brexit, allenthalben Ernüchterung breitmacht. Diese wiederum könnte all jenen, die eine Demontage des leistungsorientierten DRG-Systems durch Ausgliederung weiterer Kostenblöcke das Wort reden, Einhalt gebieten. Dies gilt insbesondere für Forderungen aus der Ärzteschaft, auch die Kosten des ärztlichen Dienstes aus dem DRG-System auszukoppeln.42 Es könnte sich zeigen, dass die Idee einer leistungsorientierten Vergütung nach wie vor sinnvoll ist – so wie der europäische Gedanke durch den Brexit nicht hinfällig geworden ist. Man registriere, dass nirgends im Gesetz steht: „Schafft die DRGs ab!“ Es steht dort lediglich: „Finanziert die Pflege ordentlich!“ Da die Gesundheitspolitik jedoch mehrheitlich davon ausgeht, dass die Pflege im gegenwärtigen System nicht ordentlich finanziert worden ist, gilt es nach anderen Optionen zur Weiterentwicklung des Vergütungssystems Ausschau zu halten.

7.7.2 Weiterentwicklung des Pflegebudgets jenseits der Selbstkostendeckung

Selbstkostendeckung wird wegen der unerwünschten Kostenexplosion nicht lange funktionieren. Sie ist eine „Schönwetterregelung“, die bei steigenden Beitragseinnahmen funktioniert, die aber in der Regel beim Aufzug rezessiver Tendenzen in undifferenzierter Budgetierung endet. Es gilt deshalb, frühzeitig die konzeptionellen Vorarbeiten für eine Bemessung des Pflegebudgets in Angriff zu nehmen. Diese sollte Pflegebedarf und Pflegeleistung aus der Patienten- und Behandlungsstruktur ableiten. Tendenziell entspricht dies dem Ansatz von Personalanhaltszahlen, wie er in der PPR oder der Psych-PV verfolgt wurde. Ein solches aktuelles und auf Routinedaten basierendes System existiert derzeit nicht, wurde aber von der DKG in Aussicht gestellt (siehe Abschn. 7.4.6).43 Fälschlicherweise wurde das Anhaltszahlensystem als Alternative zu den Pflegepersonaluntergrenzen vorgestellt, was es natürlich nicht sein kann, weil es beispielsweise Patienten nicht davor schützt, um Mitternacht ohne pflegerische Versorgung zu sein. Diskutiert werden kann aber, ob man über ein System von Personalanhaltszahlen das Volumen des Pflegebudgets bestimmen kann.
Der wesentliche Mangel eines solchen bedarfsorientierten Ansatzes ist die Tatsache, dass nicht gemessen wird, ob die notwendigen Pflegeleistungen auch wirklich erbracht werden. Ein hoher Pflegebedarf sagt nichts über „gute Pflege“ aus. Das führt zu der Frage, ob auch Pflegeleistungen mit einem System (siehe Abschn. 7.6.3) bei der Bemessung des Pflegebudgets einbezogen werden sollten.

7.7.3 Zusammenhänge mit anderen DRG-Entwicklungen

Der DRG-Pflege-Split dominiert derzeit die Katalogdiskussion für 2020, aber schon bald wird es weitere DRG-Entwicklungen geben, die mit zu bedenken sind.
Integration der Investitionskostenanteile in die DRGs
Mehr als die Hälfte der Investitionskosten wird inzwischen aus DRG-Erlösen finanziert, wobei nicht ganz klar ist, wie der Finanzierungsanteil durch Defizitdeckung von Krankenhausträgern und ähnliche Eigenfinanzierungen ist. Akzeptiert man jedoch die Investitionsfinanzierung via DRG-Erlöse, dann müssten anteilig auch die Investitionsbewertungsrelationen in die DRG-Relativgewichte integriert werden. Andernfalls würde der Finanzierungsbedarf investitionsintensiver Bereiche nicht ausreichend gedeckt. Tendenziell würde eine solche Anpassung sachkostenintensive Leistungen auf Kosten personalkostenintensiver Leistungen stärken. Es mag sein, dass diese Umstrukturierung der derzeit vorherrschenden Meinung, die personalintensive Vergütung müsse erhöht werden, entgegensteht. Außerdem würde die Integration der Investitionsgewichte deutlich machen, dass die Zeit der dualen Finanzierung endgültig vorbei ist.
Neuregelung des Grenzbereichs ambulant-stationärer Versorgung
Ein Blick auf die Verteilung der Verweildauertage in deutschen Krankenhäusern zeigt, dass der eintägige Krankenhausaufenthalt der häufigste ist. Knapp 4 Mio. und damit 20 % der rund 20 Mio. Krankenhausfälle haben nicht einmal eine zweite Übernachtung (Abb. 7.3); knapp 400.000 Fälle sind stationäre Krankenhausfälle ohne Übernachtung. Die Tendenz zur extrem kurzen Verweildauer ist seit Jahren ungebrochen, liegt aber weit hinter der internationalen Entwicklung zurück.
Ein großer Teil der Kurzliegerfälle (1 bis 3 Tage Verweildauer) sind dem ambulanten Potenzial zuzurechnen und könnten schon heute ambulant versorgt werden. Insbesondere bei den Ein-Tages-Fällen ist fraglich, ob es sich nicht letztlich um pseudostationäre Behandlung handelt, also um ambulante Leistungen im Rahmen des stationären Budgets. Ein Maßnahmenbündel zur Ausschöpfung des ambulanten Potenzials könnte ein wesentlicher Beitrag sein, den Mangel an Pflegekräften in den Krankenhäusern zu entschärfen. Wenn die skandinavischen Länder wesentlich weniger Patienten je Pflegekraft haben, dann ist das nicht unbedingt auf eine größere Zahl von Pflegekräften, sondern auf eine geringere Patientenzahl im Krankenhaus zurückzuführen.
Über das richtige Maßnahmenbündel zur Ausschöpfung des ambulanten Potenzials wird noch intensiv zu diskutieren sein. Im MDK-Reformgesetz44 ist ein gemeinsamer Vergütungsbereich vorgesehen, in dem Kassenärzte und Kliniken gleichermaßen tätig sein können. So soll der Katalog für ambulante Operationen (AOP-Katalog nach § 115b SGB V) wesentlich erweitert und eine leistungserbringerunabhängige, nach dem Schweregrad der Fälle differenzierte Vergütung vereinbart werden. Als Anreiz für eine umfassende Anwendung des neuen Katalogs entfallen die Prüfungen durch den Medizinischen Dienst (MD) für von Krankenhäusern ambulant erbrachte Katalogleistungen. Dieser Ansatz folgt zunächst einmal der langjährigen Linie, die Krankenhäuser vermehrt zur ambulanten Versorgung zuzulassen (Leber und Wasem 2016), garantiert aber noch nicht die Substitution stationärer Leistungen. Eine solche Substitution wird nur dann erreicht, wenn man einen Katalog erarbeitet, der zwingend ambulant zu erbringen ist und eine komplementäre Kürzung des DRG-Kataloges vorsieht. Pseudostationäre Leistungen sollten im DRG-Katalog nicht mehr abrechnungsfähig sein.
Die Folgen für die Pflege dürften erheblich sein. Tendenziell steht wesentlich mehr Pflegepersonal für die verbleibenden und zu Recht stationär versorgten Krankenhausfälle zur Verfügung, was die Einhaltung von Pflegepersonaluntergrenzen erleichtern und möglicherweise auch eine Abkehr vom Selbstkostendeckungsprinzip beim Pflegebudget ermöglichen könnte.
Eine Reduktion der Fallzahlen soll auch durch eine Neuordnung der Notfallversorgung erreicht werden.45 Hier hatte der Sachverständigenrat Gesundheit (SVR) Integrierte Notfallzentren vorgeschlagen (SVR 2018). Diese würden allerdings den Aufbau eines neuen dritten Sektors bedeuten, was allseits als kritisch angesehen wird. Bei der avisierten Neuordnung der Notfallversorgung wird es darauf ankommen, Fälle, die abschließend ambulant in einer KV-Notdienstpraxis behandelt werden können, nicht mehr in die Notfallambulanzen der Krankenhäuser zu leiten. Hierzu werden Vergütungsmodelle und ein „gemeinsamer Tresen“ von Kassenärztlicher Vereinigung (KV) und Krankenhaus im Aufnahmebereich der Kliniken diskutiert.

7.8 Fazit: Digitale Erfassung von Pflegebedarf und Pflegeleistungen vorantreiben

Die Pflegesituation in deutschen Krankenhäusern wird allenthalben als unzureichend eingeschätzt. Der Gesetzgeber hat zwecks Verbesserung der Situation Pflegepersonaluntergrenzen und eine Herauslösung der Pflegepersonalkosten aus den DRG-Fallpauschalen beschlossen. Die dargestellte Umsetzung der Pflegepersonaluntergrenzen zeigt, dass man erst am Anfang eines langen Weges steht. Noch sind nur wenige Stationen einbezogen und noch berücksichtigt das System nicht den unterschiedlichen Pflegebedarf der Patienten. Hier ist eine detailliertere Erfassung von Pflegebedarf und Pflegeleistungen notwendig. Einem damit verbundenen dokumentarischen Mehraufwand ist mit einer konsequenten Umsetzung einer elektronischen Patientenakte zu begegnen. Der vermeintliche Mangel an Fachkräften ist kein Argument gegen die Pflegepersonaluntergrenzen. Das Verhältnis von Pflegekräften zu Patienten kann auch entschärft werden, wenn – wie international üblich – die Fallzahl reduziert wird. Die Reduktion der Fälle im ambulant-stationären Grenzbereich ist eine der wesentlichen Aufgaben der nächsten Jahre.
Die Ausgliederung der Pflegekosten aus dem leistungsorientierten DRG-System bleibt problematisch. Dringend ist die Entwicklung von Instrumenten zur Bestimmung des Pflegebudgets, um alsbald die Selbstkostendeckung abzulösen. Dazu bedarf es einer detaillierteren Erfassung von Pflegebedarf und Pflegeleistungen. Um zusätzlichen Dokumentationsaufwand zu vermeiden, erfordert dies – genau wie bei der Weiterentwicklung der Pflegepersonaluntergrenzen – eine schnelle Umsetzung der elektronischen Patientenakte auf den Stationen. Die Lösung des Pflegeproblems besteht also nicht in einer pauschalen Finanzierungszusage (Selbstkostendeckung), sondern in einer besseren Abbildung pflegerischer Leistungen und deren Berücksichtigung in einem künftigen Vergütungssystem.
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Fußnoten
1
Erstes Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Erstes Pflegestärkungsgesetz – PSG I) vom 17.10.2014 (BGBl. I S. 2222–2230).
 
2
Zweites Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz – PSG II) vom 21.12.2015 (BGBl. I S. 2424–2463).
 
3
Drittes Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Drittes Pflegestärkungsgesetz – PSG III) vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191–3220).
 
4
Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals (Pflegepersonal-Stärkungsgesetz – PpSG) vom 11.12.2018 (BGBl. I S. 2394–2422).
 
5
Vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 9 KHEntgG.
 
6
Vgl. Abschlussbericht des Instituts für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH (AQUA) (2016): Weiterentwicklung der Risikoadjustierung für den Leistungsbereich Pflege: Dekubitusprophylaxe, abrufbar auf www.​aqua-institut.​de.
 
7
Gesetz zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009 (Krankenhausfinanzierungsreformgesetz – KHRG) vom 17.03.2009 (BGBl. I S. 534–549).
 
8
Vgl. Abschlussbericht des GKV-Spitzenverbandes an das Bundesministerium für Gesundheit (2013) zum Pflegesonderprogramm für die Förderjahre 2009 bis 2011, abrufbar auf www.​gkv-spitzenverband.​de.
 
9
Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz – KHSG) vom 10.12.2015 (BGBl. I S. 2229–2253).
 
10
Qualitätssicherungs-Richtlinie Früh- und Reifgeborene (QFR-RL) in der Fassung vom 20.09.2005, letzte Änderung vom 18.07.2019, in Kraft getreten am 05.10.2019, abrufbar auf www.​g-ba.​de.
 
11
Richtlinie über die Ausstattung der stationären Einrichtungen der Psychiatrie und Psychosomatik mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal gemäß § 136a Abs. 2 Satz 1 SGB V (Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie – PPP-RL): Erstfassung, G-BA-Beschluss vom 19.09.2019. Der Beschluss tritt nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger zum 01.01.2020 in Kraft; abrufbar auf www.​g-ba.​de.
 
12
Bei Redaktionsschluss stand die Rechtsverordnung des BMG zur Festlegung der Untergrenze für den Pflegepersonalquotienten und der näheren Ausgestaltung der Veröffentlichung der Pflegepersonalquotienten der Krankenhäuser (§ 137j Abs. 2 Satz 1 SGB V) noch aus.
 
13
DKG und GKV-Spitzenverband haben hierzu am 31.07.2019 eine Vereinbarung nach § 137j Abs. 2 Satz 2 SGB V (Pflegepersonalquotient-Sanktions-Vereinbarung) geschlossen; abrufbar auf www.​gkv-spitzenverband.​de.
 
14
Gesetz zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten vom 17.07.2017 (BGBl I S. 2615–2639).
 
15
Der gesetzliche Auftrag zur jährlichen Fortschreibung der PpUG-Nachweis-Vereinbarung gemäß § 137i Abs. 4 Satz 2 SGB V wurde mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) vom 09.08.2019 verankert. Der gesetzliche Auftrag zur Fortschreibung der PpUG-Sanktions-Vereinbarung gemäß § 137i Abs. 1 Satz 10 SGB V ist im Gesetzentwurf der Bundesregierung für das Gesetz für bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK-Reformgesetz) vom 23.09.2019 (Drucksache 19/13397) vorgesehen.
 
16
Weitere von den Selbstverwaltungspartnern verwendete Quellen für die Auswahl pflegesensitiver Bereiche waren Auswertungen des Beschwerdemanagements der Krankenkassen und der CIRS-Systeme (Critical Incident Reporting System) der Krankenhäuser sowie eine Studie des IGES-Instituts (Näher et al. 2018). Die vom IGES-Institut im Rahmen der Studie befragten Pflegeexperten stuften zudem noch die Bereiche „Innere Medizin“ und „Chirurgie“ als pflegesensitiv ein.
 
17
Vgl. hierzu auch die Diskussion „Personaluntergrenzen versus Personalanhaltszahlen“ in Abschn. 7.3.3.
 
18
Vgl. KPMG-Abschlussbericht: Studie zur Pflegepersonalausstattung und „Pflegelast“ in pflegesensitiven Bereichen in Krankenhäusern im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes und der Deutschen Krankenhausgesellschaft vom 24.09.2018 (Friedrich et al. 2018), abrufbar auf www.​gkv-spitzenverband.​de.
 
19
Vgl. InEK: Katalog zur Risikoadjustierung für Pflegeaufwand (Pflegelast-Katalog) – Version 0.99 vom 29.03.2018, abrufbar auf www.​g-drg.​de.
 
20
Vgl. BÄK: (Muster-)Weiterbildungsordnung 2018 vom 16.11.2018, abrufbar auf www.​bundesaerztekamm​er.​de.
 
21
Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) vom 05.10.2018 (BGBl. I S. 1632–1645).
 
22
Vgl. Pressemitteilung der DKG vom 02.09.2019 „GKV-Spitzenverband gefährdet Versorgung durch Maximalforderungen“, abrufbar auf www.​dkgev.​de.
 
23
Vgl. Gemeinsame Pressekonferenz von DPR, ver.di und DKG am 13.08.2019 zum Pflegepersonalbemessungsinstrument: Hochwertige Patientenversorgung und attraktive Arbeitsbedingungen sind die Zielsetzung, abrufbar auf www.​dkgev.​de.
 
24
Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) vom 28.10.2019 (BGBl. I S. 1492–1507).
 
25
Bei Redaktionsschluss stand diese Rechtsverordnung des BMG noch aus.
 
26
PpUG-Nachweis-Vereinbarung vom 28.11.2018 sowie vom 12.11.2019, abrufbar auf www.​gkv-spitzenverband.​de.
 
27
PpUG-Sanktions-Vereinbarung vom 26.03.2019, abrufbar auf www.​gkv-spitzenverband.​de.
 
28
Das EMRAM-Modell wurde 2005 von HIMSS Analytics in den USA entwickelt und ist mittlerweile in vielen Ländern ein etabliertes Modell zur Bewertung des Digitalisierungsgrades von Krankenhäusern sowie zur politischen Steuerung der digitalen Transformation (Stephani et al. 2019). Das Modell stuft Krankenhäuser in sieben Digitalisierungsstufen ein. Dabei gilt: Je höher die Stufe eines Krankenhauses und damit auch der Punktwert eines Landes, desto digitaler ist das Krankenhaus bzw. die Krankenhauslandschaft eines Landes. Die Ergebnisse von Stephani und Kollegen zeichnen ein düsteres Bild von der deutschen Krankenhauslandschaft: Mit einem Punktwert von 2,3 liegen die deutschen Krankenhäuser weit unter dem EU-Durchschnitt von 3,6 und den Krankenhäusern in den USA (5,0) und Singapur (5,7).
 
29
Vgl. 26. Deutscher Krankenhaus-Controller-Tag am 27./28.06.2019 in Köln: Agiles Controlling, abrufbar auf www.​dvkc.​org.
 
30
Vgl. Pressemitteilung der DKG vom 20.03.2019: DKG legt Eckpunkte für Strukturveränderungen und Personalbemessung fest. Ende einer destruktiven Krankenhauspolitik, abrufbar auf www.​dkgev.​de.
 
31
Vgl. Ein neuer Aufbruch für Europa. Eine neue Dynamik für Deutschland. Ein neuer Zusammenhalt für unser Land. – Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 19. Legislaturperiode, 12.03.2018, S. 99, abrufbar auf www.​bundesregierung.​de.
 
32
Regelung über Maßstäbe und Grundsätze für den Personalbedarf in der stationären Krankenpflege (Pflege-Personalregelung – PPR), Artikel 13 aus: Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz) vom 29.12.1992, abrufbar auf www.​bgbl.​de.
 
33
Verordnung über Maßstäbe und Grundsätze für den Personalbedarf in der stationären Psychiatrie (Psychiatrie-Personalverordnung – Psych-PV), vom 18.12.1990 (BGBl. I S. 2930–2939), zuletzt durch Artikel 54 des Gesetzes vom 29.03.2017 geändert, abrufbar auf www.​gesetze-im-internet.​de.
 
34
Pflegepersonalkostenabgrenzungsvereinbarung vom 18.02.2019, abrufbar auf www.​gkv-spitzenverband.​de.
 
35
Änderungsvereinbarung zur Konkretisierung der Anlage 3 der Pflegepersonalkostenabgrenzungsvereinbarung vom 17.06.2019, abrufbar auf www.​gkv-spitzenverband.​de.
 
36
DRG-Grundlagenvereinbarung vom 06.05.2019, abrufbar auf www.​gkv-spitzenverband.​de.
 
37
Pflegebudgetverhandlungsvereinbarung vom 23.09.2019, abrufbar auf www.​gkv-spitzenverband.​de.
 
38
Fallpauschalenvereinbarung 2020 (FPV 2020) vom 18.10.2019, abrufbar auf www.​gkv-spitzenverband.​de.
 
39
Art. 13 § 1 Abs. 3 Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) von 1993.
 
40
Stand von 2017, abrufbar auf https://​www.​epa-cc.​de/​partner.​html. Zugegriffen: 29. Okt. 2019.
 
42
Vgl. u. a. Marburger Bund: Marburger Bund fordert grundlegende Reform des DRG-Systems, Pressemitteilung vom 10.10.2018, abrufbar auf www.​marburger-bund.​de.
 
43
Vgl. DKG, DPR, ver.di: Eckpunkte für ein Gemeinsames Konzept für eine bedarfsgerechte Pflegepersonalausstattung im gesamten Krankenhaus auf allen bettenführenden Stationen. Entwicklung eines Instrumentes zur verbindlichen Bemessung des notwendigen Pflegepersonalbedarfs und der Pflegepersonalausstattung vom 13.08.2019, abrufbar auf www.​dkgev.​de.
 
44
Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz für bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK-Reformgesetz) vom 06.11.2019 (Drucksache 19/14871).
 
45
Vgl. BMG: Reform der Notfallversorgung – Schnellere Hilfe im Notfall, abrufbar auf www.​bundesgesundheit​sministerium.​de.
 
Literatur
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Zurück zum Zitat Stephani V, Busse R, Geissler A (2019) Benchmarking der Krankenhaus-IT: Deutschland im internationalen Vergleich. In: Klauber J, Geraedts M, Friedrich J, Wasem J (Hrsg) Krankenhaus-Report 2019. Springer, Berlin, S 17–32CrossRef Stephani V, Busse R, Geissler A (2019) Benchmarking der Krankenhaus-IT: Deutschland im internationalen Vergleich. In: Klauber J, Geraedts M, Friedrich J, Wasem J (Hrsg) Krankenhaus-Report 2019. Springer, Berlin, S 17–32CrossRef
Metadaten
Titel
Reformschwerpunkt Pflege: Pflegepersonaluntergrenzen und DRG-Pflege-Split
verfasst von
Dr. Wulf-Dietrich Leber
Dr. Charlotte Vogt
Copyright-Jahr
2020
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-60487-8_7