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02.08.2019 | Rechtsfragen | News | Online-Artikel

Kürzung des Erholungsurlaubs wegen Elternzeit

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Ist der Arbeitgeber berechtigt, bei der Berechnung des Erholungsurlaubs die Zeiten, in der ein Arbeitnehmer in Elternzeit ist und nicht arbeitet, auszuklammern? Unsere Rechtsexpertin Martina Weber klärt auf.

Recht © David Ebener / picture-alliance

Während der Elternzeit ist das Arbeitsverhältnis nicht beendet, es ruht. Arbeitet ein Arbeitnehmer während der Elternzeit nicht, können trotzdem Urlaubsansprüche entstehen. Der Arbeitgeber kann den Anspruch auf Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer für das Urlaubsjahr zusteht, nach § 17 Abs. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen, indem er gegenüber dem Arbeitnehmer eine entsprechende Kürzungserklärung abgibt. Es war in der Vergangenheit umstritten, ob die Kürzungsbefugnis in § 17 BEEG gegen Europarecht verstößt, und zwar gegen Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie), wonach Arbeitnehmern unabhängig von ihrer tatsächlichen Arbeitsleistung ein vierwöchiger Mindesturlaub pro Urlaubsjahr garantiert wird.

Wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 19. März 2019 (9 AZR 362/18) entschied, ist § 17 BEEG europarechtskonform und kann angewendet werden. Das BAG folgte mit seiner Entscheidung dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 04.10.2018 (C-12/17 – Maria Dicu). Der EuGH hatte in seinem Urteil eine Regelung aus dem rumänischen Arbeitsrecht, die eine Kürzung des Urlaubs für die Dauer der Elternzeit automatisch per Gesetz (ohne das Erfordernis einer Arbeitgebererklärung) vorsieht, für europarechtskonform erklärt. Da die rumänische Regelung weniger arbeitnehmerfreundlich ist als die deutsche, ist § 17 Absatz 1 Satz 1 BEEG nach der Entscheidung des BAG erst recht mit Europarecht vereinbar.

Das Recht des Arbeitgebers, die Urlaubstage nach § 17 BEEG aufgrund der Elternzeit zu kürzen, bezieht sich nicht nur auf den Mindesturlaub von vier Wochen pro Urlaubsjahr, sondern auch auf darüber hinausgehende, im Arbeitsvertrag vereinbarte Urlaubsansprüche. Im Geltungsbereich des TVöD vermindert sich der Urlaubsanspruch einschließlich eines etwaigen Zusatzurlaubs für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel, siehe § 26 Absatz 2 c TVöD. Einer Erklärung des Arbeitgebers bedarf hier es nicht; zur Klarstellung ist sie jedoch empfehlenswert.

Martina Weber, Volljuristin (Ass. Jur.)
Quelle: Heilberufe 7-8/2019, S. 55

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