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2018 | Ratgeber | Buch

Ratgeber Schlaganfall, Schädelhirntrauma und MS

Das Leben mit neurologischer Erkrankung gestalten

verfasst von: Dr. Caroline Kuhn

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Dieses Buch bietet für medizinische Laien plausible Erklärungsmodelle für Hirnleistungsstörungen wie Schwindel, Gedächtnisprobleme, Müdigkeit oder Sehstörungen und fehlende Belastbarkeit. Damit der Alltag nach der Rehabilitationsphase gut gelingt, macht der Ratgeber verständlich, was im Gehirn passiert, wenn solche Probleme auftreten - zum Beispiel als Folgen von Schlaganfall oder einem Schädelhirntrauma, bei Multipler Sklerose oder einem Hirntumor. Das Buch bietet dem Betroffenen Lösungen und Strategien an, wie er damit gut umgehen und weiter am Leben teilnehmen kann. Mit vielen Übungen und Tipps für Betroffene und Angehörige, wie Probleme im Alltag entschärft und kritische Situationen gemeistert werden können.
Ein Buch, das Mut macht, den Weg zurück in die aktive Gestaltung des Alltags und in den Beruf zu finden.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Was ist passiert? Eine Einführung
Zusammenfassung
Eine Verletzung des Gehirns kann weitreichende Folgen für die Patienten nach sich ziehen. Eine neurologische Krankheit kann die Körpermotorik und das Körpergefühl stark verändern. Sie kann Ausfälle in Sinneswahrnehmung und Gedächtnis bedingen, das Erleben von Emotionen und Verhalten negativ beeinflussen. Große Angst bereiten Störungen der Hirnleistungsfunktionen bzw. der kognitiven Funktionen. Nichts definiert einen Menschen mehr als das, was ihn in seinem Kopf, seinem Gehirn und Geist ausmacht. Selbst Jahre nach einer neurologischen Krankheit können Angst, Hilflosigkeit und Depressionen das Leben bestimmen. Nach dem Aufenthalt im Krankenhaus folgt ein langer Weg durch die Rehabilitation in Rehakliniken. In der Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie und Neuropsychologie wird intensiv geübt, damit das normale Alltagsleben bald wieder aufgenommen werden kann. Viel Geduld ist erforderlich, um die Therapien stationär, teilstationär und ambulant zu durchlaufen.
Caroline Kuhn
Kapitel 2. Die Architektur des Gehirns. Ein kurzer Überblick
Zusammenfassung
Was meinen die Ärzte damit, wenn sie vom Posteriorinfarkt und Mediainfarkt, von Demyelinisierung oder Subarachnoidalblutung sprechen? Wieso führt der Schlaganfall bei dem einen zu einer körperlichen Lähmung, während er bei einem anderen eine Halbseitenblindheit zur Folge hat? Welche Aufgaben haben denn der Hirnstamm und das Kleinhirn? Woher kommt der Schwindel, obwohl scheinbar mit dem Gleichgewichtssystem alles in Ordnung ist. Warum erhöht sich bei einer Hirnblutung wie nach einem Schädelhirntrauma der Hirndruck? Welche Aufgaben hat die Myelinscheide, die sich bei einer Multiplen Sklerose scheinbar ohne ersichtlichen Grund entzündet und auflöst, was offenbar mit Demyelisierung gemeint ist. Zu verstehen, was im Gehirn bei einer neurologischen Erkrankung passiert, entscheidet darüber wie gut die Krankheit bewältigt wird.
Caroline Kuhn
Kapitel 3. Die menschlichen Hirnleistungen
Zusammenfassung
Eine Mangeldurchblutung oder ein kompletter Ausfall der Durchblutung des Hirngewebes sind häufige Ursachen für die Entwicklung einer neurologischen Erkrankung. Bei Schädelhirntraumata kann sich ein erhöhter Hirndruck ungünstig auf das Hirngewebe auswirken und dadurch neuropsychologische Funktionsstörungen bewirken. Bei multiple Sklerose ist der Abbau der Myelinscheide der entscheidende Mechanismus. Da das gesamte Zentralnervensystem von der Demyelinisierung betroffen sein kann, treten sogenannte MS-Herde nicht nur im Gehirn, sondern auch im Rückenmark auf. Daher rührt ihr Name als Krankheit mit tausend Gesichtern. Welche neuropsychologischen Funktionen letzten Endes ausfallen, hängt ausschließlich davon ab, welche Gehirnareale beschädigt wurden und weniger welche neurologische Krankheit diagnostiziert wurde. Neurologische Krankheiten können sich in ihrer Symptomatik sehr ähneln, weil sie einen gemeinsamen Wirkungsort miteinander teilen: Das Zentralnervensystem.
Caroline Kuhn
Kapitel 4. Aufmerksamkeit und Konzentration: Warum bin ich nicht mehr belastbar?
Zusammenfassung
Störungen der Aufmerksamkeit treten bei 80 % aller neurologisch Erkrankten auf. Eine psychomotorische Verlangsamung und erhöhte Ablenkbarkeit sind die Hauptprobleme. Sie führen zur vorschnellen Erschöpfung. Selbst kleinste Anstrengung oder Konzentration genügt, um Nervosität, Müdigkeit, Verlust von Interesse bis zur Apathie aufkommen zu lassen. Eine neue zeitliche Einteilung ist für die erfolgreiche Bewältigung von entscheidender Bedeutung. Regelmäßige Pausen, Tagesformschwankungen berücksichtigen, Belastungsgrenzen erkennen sind nur einige Strategien, um mit dem chronischen Fatigue-Syndrom umzugehen. Bei der Untersuchung von Aufmerksamkeitsstörungen werden vier Komponenten einzeln untersucht: Alertness-Funktionen, die Daueraufmerksamkeit, die selektive Aufmerksamkeit und die geteilte Aufmerksamkeit. Die Akzeptanz neuer Belastungsgrenzen ermöglicht es, die Minderbelastbarkeit zu verstehen und angemessen auf sie zu reagieren. Dadurch kann die Belastbarkeit immer weiter verbessert werden.
Caroline Kuhn
Kapitel 5. Das Sehen hängt nicht allein von den Augen ab: Sehstörungen
Zusammenfassung
Neurovisuelle Störungen treten in rund 50 % aller neurologischen Erkrankungen auf. Am häufigsten sind Gesichtsfeldausfälle zu beklagen, gefolgt von Lesestörungen, Schwierigkeiten bei Adaptation von hell und dunkel. Viele Patienten leiden unter Verschwommensehen und schneller Ermüdung der Augen. Werden die Augen angestrengt, treten brennende oder drückende Gefühle im Bereich der Augen und Stirn auf. Visuelle Reizerscheinungen in Form von Licht- und Bewegungseindrücken, die eigentlich nicht da sind, zeugen von Restfunktionen in verschiedenen Abschnitten der Sehbahn bzw. der Sehstrahlung. Homonyme Hemianopsien sind häufige Folgen von Posteriorinfarkten oder Verletzungen des Okzipitallappens durch andere neurologische Erkrankungen. Vor allem die Multiple Sklerose wird häufig von neurovisuellen Störungen begleitet. Nicht nur äußere Abschnitte der Sehnerven können von der Demyelinisierung betroffen sein, sondern die gesamte Sehbahn, von der Netzhaut bis zum Hinterhauptlappen.
Caroline Kuhn
Kapitel 6. Hellhörig und überempfindlich? Schmerzen, wo keine sein dürften? Wenn uns die Sinne täuschen
Zusammenfassung
Fehlende Wahrnehmung und Missempfindungen der Haut werden als Sensibilitätsstörungen zusammengefasst. Sie umfassen Gefühle von Taubheit und Kribbeln in den Extremitäten. Arme und Beine haben ein verändertes Empfinden für Temperatur und Druck oder Reibung. Die Störungen sind unmittelbare Folgen einer Schädigung im Bereich des Parietallappens, dem Sitz der Körperlandkarte. Alle Sinnesmodalitäten können vom Ausfall betroffen sein, nicht nur der Tastsinn. Der Geruchssinn und Geschmacksinn fallen häufig nach einem Schädelhirntrauma aus. Der Hörsinn ist besonders anfällig für die Entwicklung einer Schallüberempfindlichkeit, die unter dem Fachausdruck Hyperakusis bekannt ist. Im Alltag zeigt sie sich als starke Hellhörigkeit. Sie kann zeitgleich mit einer Schwerhörigkeit auftreten. Obwohl beide Phänomene wie Gegensätze scheinen, bedingen sie einander. Alle Sinneseindrücke münden im Hirnstamm, der mit dem Thalamus die erste Station der langen Reihe von Verarbeitungen bildet.
Caroline Kuhn
Kapitel 7. Sprachstörungen und Sprechstörungen
Zusammenfassung
Sprache ist das wichtigste Instrumentarium der zwischenmenschlichen Kommunikation. Wer einmal Urlaub in einem fremden Land machte, dessen Sprache er nicht beherrschte, erahnt leise, wie es wohl jemandem ergehen mag, der seine Sprache verloren hat. Betroffene erleben sich von der Umwelt abgeschnitten. Sie haben keine Möglichkeiten mehr, sich angemessen mitzuteilen und ihre Bedürfnisse auszudrücken. Sprachstörungen können sowohl das Verstehen als auch das Produzieren von Sprache umfassen. In der Fachsprache nennt man sie Aphasie. Aphasiker sind Menschen mit einer erworbenen Sprachstörung. Es gibt vier Grundformen der Aphasie: die amnestische Aphasie, die Broca-Aphasie, die Wernicke-Aphasie und die Globalaphasie. Nach einer erworbenen Hirnschädigung an den betreffenden Gehirnabschnitten kann auch eine Störung des Sprechens auftreten. Dabei ist die motorische Ausführung der Sprechbewegungen beschädigt.
Caroline Kuhn
Kapitel 8. Gedächtnis ist nicht gleich Gedächtnis: Gedächtnisstörungen
Zusammenfassung
Gedächtnis ist nicht gleich Gedächtnis. Es ist ein hochkomplexes Netzwerksystem, das alle Erfahrungen und Erlebnisse speichert, die ein Mensch im Verlauf seines Werdens und Seins sammelt. Nur mit dem Wissen unseres Gedächtnisses, den Erinnerungen und mit ihnen verbundenen Emotionen, können Menschen ihre persönliche Identität entwickeln und sich als die Menschen definieren, die sie sind. Das Zeitprinzip teilt das Gedächtnisnetzwerk in ein Kurzzeit- bzw. Arbeitsgedächtnis und ein Langzeitgedächtnis ein. Das Langzeitgedächtnis ist für den Menschen wie die Festplatte für den Computer. Hier wird jegliches Wissen, jede Erfahrung, die der Mensch in seiner Biographie gesammelt hat, abgelegt und gespeichert. Tagtäglich erhalten die Langzeitgedächtnisspeicher neue Daten, die wieder abgespeichert werden müssen. So wächst das Gedächtnis mit jedem Tag eines Lebens.
Caroline Kuhn
Kapitel 9. Warum schwankt meine Welt? Schwindel
Zusammenfassung
Schwindel kann, er muss aber nicht mit Gleichgewichtsstörungen einhergehen. Das macht es vielen Betroffenen so schwer, ihren Schwindel glaubhaft darzustellen. Viele Menschen setzen Schwindel mit Gleichgewichtsstörungen gleich. Dem ist aber nicht so, denn umgekehrt gibt es Patienten mit schweren Gleichgewichtsstörungen, die keinerlei Schwindelbeschwerden haben. Schwindel ist demnach ein subjektives, individuelles Gefühl, dass die Welt aus irgendwelchen Gründen ins Wanken geraten ist. Subjektivität ist aber nicht damit zu verwechseln, dass die Betroffenen sich den Schwindel bloß „einbilden“, dass sie eigentlich kein Problem haben oder sich nur interessant machen wollen. Das ist ein potenziell sehr großes Missverständnis, das den Betroffenen und den Ursachen für den Schwindel in keiner Weise gerecht würde.
Caroline Kuhn
Kapitel 10. Warum verliere ich so schnell den Überblick? Planungsstörungen
Zusammenfassung
Mit „Exekutivfunktionen“ sind Hirnprozesse angesprochen, die es den Menschen erlauben, im Alltag Handlungen zu planen, umzusetzen und den Umständen gemäß anzupassen. Es dreht sich aber nicht nur um aktive Handlungen. Zu den Exekutivfunktionen gehören auch Leistungen, die unsere Aufmerksamkeit lenken, uns sagen, was für uns aktuell von Relevanz oder vernachlässigbar ist. Sie sagen uns, was wir jetzt besser tun oder lassen sollten. Darüber hinaus steuern Exekutivfunktionen auch unser Gefühlserleben. Sie legen uns nahe, besser nicht unsere Enttäuschung oder Wut herauszuposaunen, und uns diplomatisch zu verhalten. Das können Exekutivfunktionen leisten, weil sie auf unsere Lernerfahrungen zurückgreifen. Wir wissen üblicherweise, welche Konsequenzen unseres Handelns oder Nichthandelns uns erwarten. Entsprechend dieser erfahrungsbasierten Antizipation bzw. Vorannahmen treffen wir unsere Entscheidungen. Exekutivfunktionen helfen, vorausschauend zu planen und zu agieren.
Caroline Kuhn
Kapitel 11. Gefühle und Gehirn: emotionale Veränderungen
Zusammenfassung
Veränderungen der Persönlichkeit oder einzelner Persönlichkeitszüge finden sich regelmäßig nach Hirnschädigungen im Bereich der Frontal- und Temporallappen. Besonders beidseitige Verletzungen in diesen Großhirnbereichen bergen ein hohes Risiko. Schlaganfälle oder Entzündungen, die sowohl den linken als auch rechten Frontallappen betreffen, begünstigen die Entwicklung eines Plussyndroms. Hirnschädigungen im Bereich der Temporallappen sind mit einem erhöhten Risiko für depressive Entwicklungen verbunden. Diese Schädigungsorte im Gehirn begünstigen die Entwicklung eines Minussyndroms. Schädigungen im Bereich des rechten Temporallappens können Veränderungen der Prosodie nach sich ziehen. Fällt die Prosodie aus, die letzten Endes der menschlichen Sprache die individuellen Merkmale verleiht und charakteristisch klingen lässt, bleibt eine tonlose, beinahe roboterhafte Stimme zurück.
Caroline Kuhn
Kapitel 12. Warum habe ich jetzt Krampfanfälle? Die posttraumatische Epilepsie
Zusammenfassung
Epileptische Anfälle infolge einer schweren Schädelhirnverletzung sind nicht unüblich. Etwa jeder zweite Schädelhirntrauma-Patient erleidet irgendwann im Verlauf des ersten Jahres einen Krampfanfall. Anfälle können bereits innerhalb der ersten 24 Stunden nach der akuten Hirnverletzung auftreten. Sie werden Immediatanfälle (immediat = sofort) genannt. Krampfanfälle innerhalb der ersten Woche nach der Hirnverletzung sind sogenannte Frühanfälle. Krampfanfälle, die nach diesem Zeitfenster und als Folge der neurologischen Schädigungen entstehen, heißen Spätanfälle. Da die Anfälle eine unmittelbare Folge der stattgehabten Hirnverletzungen sind, werden sie als „posttraumatische“ Krampfanfälle kategorisiert. Posttraumatisch bedeutet „nach der Verletzung“. Obwohl es sich bei den Krampfanfällen in der Tat nachweislich um Epilepsieanfälle handelt, leiden Patienten mit einer erworbenen Hirnschädigung nicht unter Epilepsien im klassischen Sinne.
Caroline Kuhn
Kapitel 13. Was, wenn alles so bleibt? Ein Ausblick
Zusammenfassung
Auch wenn sich Aufmerksamkeitsstörungen oder sensorische Ausfälle wie Sehstörungen im Rahmen einer neuropsychologischen Therapie gut zurückgebildet haben, müssen Betroffene damit rechnen, dass es zu stärkeren oder erneuten Symptombildungen kommen kann. An manchen Tagen fühle es sich an, als sei man im Wiederherstellungsprozess um Monate zurückgeworfen. Davon berichten Patienten und deren Familien immer wieder. Verständlicherweise reagieren viele Betroffenen frustriert, verärgert oder verängstigt auf diese Beobachtung. Es darf aber nicht aus dem Blick geraten, dass Leben und Lebendigkeit dynamische Veränderungen bedeuten. Je eher es gelingt, Fluktuationen in der geistigen Leistungsfähigkeit sowie körperlichen Belastbarkeit als einen festen Bestandteil des neuen Lebens zu akzeptieren, desto gelassener begegnet man den vielen Aufs und Abs.
Caroline Kuhn
Backmatter
Metadaten
Titel
Ratgeber Schlaganfall, Schädelhirntrauma und MS
verfasst von
Dr. Caroline Kuhn
Copyright-Jahr
2018
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-57322-8
Print ISBN
978-3-662-57321-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-57322-8