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14.11.2018 | Rahmenbedingungen | Nachrichten

Überlastet und krank – pflegende Angehörige früher unterstützen

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Der größte „Pflegedienst“ der Nation droht zusammenzubrechen: Pflegende Angehörige fühlen sich häufig so überfordert, dass sie kurz davor stehen, aufzugeben. Das geht aus dem Barmer-Pflegereport 2018 hervor.

Rund 2,5 Millionen Menschen in Deutschland pflegen heute Angehörige zuhause. 185.000  von ihnen denken darüber nach, die Pflege einzustellen. 164.000 Personen, das sind 6,6 Prozent, wollen nur mit mehr Hilfe weiter pflegen. Knapp ein Prozent will dies auf keinen Fall länger tun. „Viele pflegende Angehörige sind an der Grenze der Belastbarkeit angekommen“, lautet das Resümee des Bremer Gesundheitsökonoms Professor Heinz Rothgang, der den Pflegereport verfasst hat.

Die Pflege bestimmt bei den meisten Betroffenen das ganze Leben.  Viele müssen ihre Arbeit reduzieren oder ganz aufgeben. Die Hälfte von ihnen kümmert sich sogar mehr als zwölf Stunden täglich um die pflegebedürftige Person. Schlafmangel, Gefangensein in der Pflegerolle sowie Überforderung erwiesen sich in der Befragung daher als Hauptbelastungsfaktoren. „Nicht von ungefähr wünschen sich 60 Prozent der pflegenden Angehörigen Unterstützung bei der Pflege“, so Rothgang weiter. Allerdings finde mehr als die Hälfte der Hauptpflegepersonen niemanden, der sie für längere Zeit vertritt. Hilfsangebote wie Kurzzeitpflege, Tagespflege oder Betreuungs- und Haushaltshilfen werden, laut Studie, aus Qualitäts- oder Kostengründen häufig nicht genutzt.

Unterstützung muss möglichst früh einsetzen

Das bleibt nicht ohne Folgen: Pflegende Angehörige sind verglichen mit nicht pflegenden Personen häufiger krank. Viele kümmern sich aber erst dann um Entlastung, wenn es ihnen selbst schlecht geht, wie der Pflegereport zeigt. Rothgang: „Je kränker und belasteter Hauptpflegepersonen sind, desto stärker ist ihr Drang, sich über Unterstützungsmöglichkeiten zu informieren.“ Hilfe wirke aber dann am besten, wenn sie möglichst früh einsetze. Rothgang fordert daher eine umfassende, frühzeitige Beratung durch Pflegeexperten sowie einen möglichst niedrigschwelligen Zugang zu Unterstützungsleistungen.

Diese Notwendigkeit betont auch Professor Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer: „Ohne pflegende Angehörige geht es nicht. Es ist höchste Zeit, dass sie schon frühzeitig besser unterstützt, umfassend beraten und von überflüssiger Bürokratie entlastet werden“. 60 Prozent der im Pflegereport Befragten wünschten sich weniger Bürokratie bei der Beantragung von Leistungen. Straub kündigte Entlastungen bei der Antragstellung für die Barmer-Versicherten an, die schon bald greifen sollen.

Auch die Präsidentin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK), Professor Christel Bienstein, mahnte in einer Stellungnahme mehr Unterstützung und Entlastung für pflegende Angehörige an. Die Versorgung pflegebedürftiger Menschen wäre ohne sie weder zu leisten noch zu finanzieren, so Bienstein.

Für den Pflegereport wurden mehr als 1.900 pflegende Angehörige repräsentativ ausgewählt und befragt. (ne)

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