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24.06.2019 | Rahmenbedingungen | Nachrichten

Pflege im Wandel – Zukunftsmodell Hybridberuf?

verfasst von: Sarah Weckerling

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Wie sich Pflegeberufe künftig verändern, war Thema einer Diskussionsrunde bei der Nationalen Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft. Gefordert werden praktikable Lösungen.

Pflegeberuf © Alexander Raths / stock.adobe.comDer klassische Pflegeberuf wandelt sich – wie genau, bleibt abzuwarten.

Das klassische Berufsbild der Pflege in den Altenheimen und Kliniken wandelt sich zunehmend: Hierarchische Strukturen werden infrage gestellt, mehr Entwicklungsmöglichkeiten gewünscht. Gleichzeitig wird händeringend nach Nachwuchs gesucht. Auf der Nationalen Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft diskutierten Experten diese und andere Entwicklungen.

In der Altenpflege und Geriatrie würden sich in einigen Häusern in Norddeutschland die Organisationsformen gerade dramatisch ändern, beobachtet Professor Joachim Hasebrook, Psychologe, Informatiker und akademischer Leiter der zeb.business.school, Münster. „Man nennt das dann agiles Organisationsnetzwerk“, sagt er und ergänzt: „Nur die Krankenhäuser sind die Festungen, in die wir nicht eindringen können.“

Was die beruflichen Vorstellungen und Wünsche junger Heilberufler angeht, sehe er eine klare Tendenz zu mehr Selbstorganisation und mehr Kooperation, jedoch gleichzeitig weniger Selbstständigkeit. „Wir erleben den Aufbruch in eine viel flexiblere, von Teilzeit und Selbstbestimmtheit geprägte Arbeitswelt“, betont Hasebrook.

Akademisierung fordert Branche

Die Zukunft sieht Professor Arndt Rolfs, Neurologe und Psychiater sowie Vorstandsvorsitzender des auf seltene Erbkrankheiten spezialisierten Biotech-Unternehmens Centrogene , in den so genannten Hybridberufen. Beispielsweise bei Chemikern, die eine medizinisch-technische Ausbildung haben oder Bioinformatikern, die mit angewandter Statistik arbeiten.

Seiner Meinung nach habe sich die Ausbildung in den Kernberufen in den vergangenen 30 bis 40 Jahren wenig verändert: „Ich kann es mir heute nicht mehr leisten, als Kliniker 24 Stunden auf den Befund eines niedergelassenen Kollegen zu warten. Da mache ich die MRT lieber noch mal selber. Hier sind die großen Bereiche, wo wir das Geld unnötigerweise ausgeben“, berichtet er. Stattdessen müsse vor allem in den Pflegeberuf massiv investiert werden.

Derzeit findet eine zunehmende Akademisierung des Pflegeberufes statt, sagt auch Professor Dr. Adina Dreier-Wolfgramm vom Department Pflege und Management der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg: „In den nächsten fünf Jahren wird es mehr duale Pflegestudiengänge geben.“ Die große Herausforderung sei dann, für hochschulisch ausgebildete Pflegekräfte entsprechende Arbeits- und Tätigkeitsfelder zu schaffen.

Das Gesundheitssystem fordere ihrer Erfahrung nach außerdem „die Evidenz, dass durch neue Berufsbilder die Patientensicherheit und Versorgungsqualität steigt, wenn die Pflege mehr und andere Aufgaben übernimmt.“ Rolfs bezweifelt angesichts des Fachkräftemangels, dass die Zeit genüge, wissenschaftliche Studien durchzuführen.

Was die Ausbildung des Nachwuchses angeht, berichtet Schulleiter Henry Tesch, dass die Vielfalt der Berufsbilder und Ausbildungsberufe bei Schülern nicht ankäme und Talente nicht ausreichend gefördert würden. So habe er zum Beispiel eine Arbeitsstelle verloren, weil er motivierten Schülern am Wochenende Zugang zur Schule gewährte.

Neue Strukturen gefordert

Von einer Kinderkrankenschwester, die seit Kurzem in der Verwaltung arbeitet, der Einwand: „Was uns fehlt, ist nicht, dass wir von Anfang an besser und anders ausgebildet werden. Der Pflege werden einfach nicht genügend Weiterentwicklungsmöglichkeiten geboten. Wir brauchen neue Berufsbilder, aber auch neue Strukturen.“ Die Strukturen, an denen man zum Beispiel nach einer Weiterbildung zum Case Manager andocken kann, sind an den Kliniken nicht klar definiert.

Im Abschluss einigten sich die Diskussionsteilnehmer darauf, dass man in der Debatte um Berufsbilder nur durch Raum für mehr Kreativität und Flexibilität zu praktikablen Lösungen kommen könne.

Hasebrook fasst zusammen: „Die Hoffnung auf ordnungspolitische Lösungen führt in die Irre, weil sie Innovation zurückdrängt.“

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