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13.06.2019 | Rahmenbedingungen | Nachrichten

Intensivmedizin ist nur im multiprofessionellen Team möglich

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Der Pflegefachkräftemangel hat schwerwiegende Folgen: Bereits heute kommt es wegen Personalmangels auf Intensivstationen häufig zu Bettensperrungen. Ohne wirkungsvolle Gegenmaßnahmen, wird sich diese Situation weiter verschärfen. Dadurch gerät die Patientenversorgung massiv in Gefahr, wie im Rahmen der Jahrestagung der DGIIN in Berlin erklärt wurde.

​​​​​​​Intensivstation © Tyler Olson / stock.adobe.com

Auf den Intensivstationen fehlen Pflegefachkräfte. In der Folge muss täglich entschieden werden, wie viele Betten belegt werden können. Op-Termine werden verschoben und schwerkranke Patienten frühzeitig auf andere Stationen verlegt, um Notfallpatienten versorgen zu können. Auf der Pressekonferenz anlässlich der 51. Gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) und der Österreichischen Gesellschaft für Internistische und Allgemeine Intensivmedizin und Notfallmedizin (ÖGIAIN) diskutierten am 12. Juni Vertreter aus Medizin und Pflege über die Ursachen des Pflegenotstandes – und über mögliche Lösungsansätze.

Die Situation in der Intensivpflege ist prekär

Nach einer Umfrage der DGIIN vom Januar 2019 sind rund 68% der Intensivpflegekräfte unzufrieden mit ihrer Arbeitssituation, 97% empfinden eine verstärkte Arbeitsbelastung und 37% denken sogar, dass sie innerhalb der nächsten fünf Jahre den Beruf verlassen werden. An der bisher größten Umfrage dieser Art hatten sich 2.498 Intensivpflegekräfte beteiligt. Als Gründe für diese Einschätzung gaben die Befragten den hohen Zeitdruck, die steigende Ökonomisierung und den schlechten Personalschlüssel an.

Der Sprecher der im Dezember 2018 gegründeten Sektion Pflege der DGIIN, Carsten Hermes, erklärte, dass die meisten Kollegen hochengagiert sind – aber sie gehen seit langem über ihre Grenzen und leisten Doppelschichten, springen an freien Tagen ein und sind frustriert, da sie täglich auf Grund der Belastungen Fehler beispielsweise in der Hygiene machen. Viele dieser Pflegenden sind mittlerweile nicht mehr zu Kompromissen bereit, reduzieren ihre Stunden, gehen in die Zeitarbeit, wo sie mehr verdienen oder sie verlassen den Beruf ganz. Zudem werden die festgelegten Personal-Untergrenzen von vielen Kliniken als Obergrenzen verstanden werden, was die Situation auf den Stationen noch einmal zuspitzt.

Professor Uwe Janssens, Generalsekretär der DGIIN, appellierte an die Politik, dass der Pflegeberuf attraktiver werden müsse. Dazu gehören eine angemessenere Bezahlung und Rahmenbedingungen, die eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen. „Der Staat hat die Frauen bei Ihrer Ausbildung unterstützt und finanziert, aber wenn es an das Thema Familienplanung geht, lässt er sie allein. Wieso nimmt er es in Kauf, dass diese Frauen, die dringend auf dem Arbeitsmarkt gebraucht werden, ihren Beruf auf Grund fehlender Betreuungsplätze für ihre Kinder nicht mehr ausüben können?“, so Janssens.

Attraktive Karrierewege in der Pflege schaffen

Ein weiterer Ansatzpunkt zur Steigerung der Attraktivität des Pflegeberufes könnte in der Akademisierung der Pflege liegen. Mareen Machner, Fachkrankenschwester für Intensivmedizin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Charité im Bereich Notfallpflege, plädierte für eine Gestaltung attraktiver Karrierewege in der Pflege. Eine Möglichkeit für die Notfallversorgung könnte in der Ausbildung zu Pflegeexperten liegen, so Machner. Dies beinhalte auch einen eigenen pflegerischen Entscheidungsbereich im interprofessionellen Team der zentralen Notaufnahme und Intensivstation. Machner sieht in der Qualifikation einer klinisch-pflegerischen Expertise auf Masterniveau für die Pflege die Möglichkeit, sich zu einer eigenständigen Profession weiter zu entwickeln. Dies würde sich deutlich auf die multiprofessionelle Zusammenarbeit auswirken. Janssens, der auch Chefarzt am St.-Antonius-Hospitals in Eschweiler ist, unterstützte diesen Ansatz: „Wir Ärzte müssen auch an unserer Zusammenarbeit mit den Pflegenden arbeiten. Sie sind unsere Partner – und zwar auf Augenhöhe. Ohne die Pflegefachkräfte können wir Ärzte nichts machen. Ich würde mir wünschen, dass sie autonomer arbeiten können.“ (jb)

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