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10.03.2019 | Rahmenbedingungen | Nachrichten

Integration ausländischer Fachkräfte – Studie sieht Einrichtungen in der Pflicht

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In Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen arbeiten immer mehr Pflegekräfte aus dem Ausland. Doch bei der nachhaltigen Integration der neuen Mitarbeiter auf Station, gibt es oft Probleme. Die Autoren einer Studie erwarten dafür mehr Unterstützung durch die Arbeitgeber.  

Pflege © Jens Wolf / dpa

Im Kampf gegen den Personalnotstand in der Pflege setzen Einrichtungen und Politik zunehmend auf die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland. Kamen im Jahr 2012 1.500 ausländische Pflegekräfte nach Deutschland, waren es im Jahr 2017 bereits gut 8.800. Damit hat sich die Zahl der pro Jahr zugewanderten Pflegekräfte nahezu versechsfacht, so eine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte aktuelle Studie. Die meisten zugewanderten Fachkräfte stammen aus Nicht-EU-Ländern in Süd- und Osteuropa sowie von den Philippinen.  

In rund 60 Interviews gingen die Forscher vom Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität Frankfurt der Frage nach, wie die Zusammenarbeit im Pflegealltag funktioniert. Befragt wurden Pflegekräfte, die seit 2008 zugewandert sind, sowie einheimische Fachkräfte, Vorgesetzte und Experten.

Die Autoren beobachteten erhebliche Differenzen bei Ausbildung, beruflichem Selbstverständnis und gewohnter Arbeitsorganisation. So würden die zugewanderten Pflegekräfte in ihren Herkunftsländern oft hochschulisch ausgebildet. Vielfach übernähmen sie dort auch Managementaufgaben sowie Behandlungsaufgaben, die in Deutschland Ärzten vorbehalten seien. Dagegen gehöre die Grundpflege häufig nicht zu ihren den Aufgaben.

Vor diesem Hintergrund sind Spannungen in den neu zusammengestellten Teams nicht verwunderlich. Überrascht zeigten sich die Wissenschaftler aber davon, wie sehr solche Konflikte „kulturalisiert“ und sich nicht selten als Auseinandersetzung zwischen „Einheimischen“ und „Ausländern“ zuspitzen würden.

Unzufriedenheit machten die Forscher auf beiden Seiten aus: So hätten viele der zugewanderten Pflegekräfte den Eindruck, „unter Wert“ arbeiten zu müssen, sie würden sich oft von Informationen ausgeschlossen und von Vorgesetzten schlechter behandelt fühlen. Deutsch als Arbeitssprache werde als „Hierarchisierungsmittel“ eingesetzt, und sie dadurch in eine Außenseiterposition gedrängt.

Aus Sicht der in Deutschland ausgebildeten Pflegefachkräfte seien neu zugewanderte Kolleginnen und Kollegen schon wegen mangelnder Sprachkenntnisse im eng getakteten Arbeitsalltag nicht voll einsetzbar. Die akademische Ausbildung im Ausland werde weniger als Vorteil gesehen, sondern als „praxisfern“ kritisiert. Die einheimischen Kollegen vermissten grundsätzliche Kompetenzen, etwa bei der Körperpflege von Patienten und im „Sozialverhalten“. Zumindest für einen längeren Einarbeitungszeitraum könnten die zugewanderten Kollegen allenfalls als „Schüler“ beschäftigt werden.

Mehr Zeit für Einarbeitung und Konfliktlösungen

Aus Sicht der Forscher müssen sich Kliniken und Pflegeeinrichtungen deutlich stärker bemühen, damit die Integration zugewanderter Kollegen gelingt und diese nicht nach „Exit-Strategien“ greifen. Die Beschäftigten dürften mit diesen Herausforderungen nicht allein gelassen werden. Sie empfehlen, den Mitarbeitern genug Zeit für fachlichen Austausch und Konfliktlösung einzuräumen und dazu geeignete Foren einzurichten. Auch unabhängige Coaches könnten hier weiterhelfen. Nicht zuletzt seien ausreichende Ressourcen erforderlich.

Die Gewerkschaft Verdi sieht angesichts der Studienergebnisse ebenfalls großen Handlungsbedarf. Es sei nicht damit getan Pflegekräfte aus dem Ausland „einfach nur anzuwerben.“ „Damit die zugewanderten und einheimischen Pflegekräfte Hand in Hand miteinander arbeiten können, braucht es eine gute Vorbereitung und Begleitung aller Beteiligten“, sagte Sylvia Bühler vom Verdi-Bundesvorstand.

Wichtig für eine erfolgreiche Integration ausländischer Pflegefachkräfte seien bessere Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten. „Genug Personal und eine faire Bezahlung sind Grundlage für eine gedeihliche Zusammenarbeit und ein gutes Arbeitsklima. Entscheidend ist auch, dass die Beschäftigten, die aus ihren Heimatländern andere fachliche Erfahrungen mitbringen, systematisch und mit ausreichend Zeit eingearbeitet werden“, unterstrich Bühler. (ne)

Die Studie finden Sie hier.


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