Skip to main content

05.04.2022 | Rahmenbedingungen | Nachrichten

bad e.V.: Drohende Unterversorgung durch Tariftreuepflicht?

print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Ab September müssen Pflegeeinrichtungen ihren Beschäftigten Tarif- bzw. vergleichbare Entgelte zahlen. Welche Option sie wählen, ist bis zum 30. April 2022 mitzuteilen. Der Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen sieht durch die höheren Löhne die Gefahr einer Unterversorgung.

© Sascha Steinach / ZB / picture allianceFühren höhere Löhne zu einer Unterversorgung in der Pflege?

Die Zeit drängt: Bis zum 30. April 2022 haben Pflegeeinrichtungen zu erklären, wie sie künftig ihre Pflegekräfte entlohnen werden. Hintergrund: Ab dem 1. September 2022 greift die sogenannte „Tariftreuepflicht“.  Ab dann dürfen tarifungebundene Pflegeeinrichtungen das „regional übliche Entgeltniveau“ bei der Entlohnung ihrer Beschäftigten in der Pflege oder Betreuung nicht unterschreiten oder müssen ihnen die Entgelte eines Tarifvertragswerkes zahlen. Nach Einschätzung des Bundesverbands Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad) e.V. ist die Einführung der Tariftreuepflicht für die Arbeitgeber in der Pflegebranche mit großen Unsicherheiten behaftet.

Andrea Kapp, Rechtsanwältin und Bundesgeschäftsführerin des bad e. V. erklärt dazu: „Der Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad) e.V. begrüßt ausdrücklich auskömmliche Löhne und steht auch einer tariflichen Regelung nicht entgegen. Jedoch sind die Umstände, unter denen die Unternehmer in der Pflege eine derart weitreichende und existenzielle Entscheidung treffen müssen, alles andere als geklärt. Weder sind die von den Landesverbänden der Pflegekassen in allen Bundesländern veröffentlichten regional üblichen Entgeltniveaus in irgendeiner Weise überprüfbar, noch ist den Betreibern von Pflegeeinrichtungen die Höhe der Refinanzierung bekannt.“

Versorgungslücke durch höhere Sachleistungen vermeiden

Höhere Löhne in der Pflegebranche führen laut bad e. V. zwangsläufig zu gestiegenen Kosten bei den Pflegesachleistungen insgesamt, und damit seien auch die pflegebedürftigen Menschen unmittelbar betroffen. „Wenn bei steigenden Vergütungen in der Pflege nicht gleichzeitig auch die Sachleistungs-Budgets angepasst werden, entsteht für die Betroffenen eine Versorgungslücke: Sie werden eher auf Leistungen verzichten, als selbst Geld in die Hand zu nehmen, um gestiegene Pflegekosten auszugleichen“, meint Andreas Kern, Bundesvorsitzender des bad e. V. und Betreiber mehrerer Pflegeeinrichtungen.

Für den Verband liegt die Lösung auf der Hand: Der Gesetzgeber müsste die Pflegesachleistungen entsprechend den steigenden Kosten anpassen, d. h. nach Aussage von Kern, deutlich höher als die regelhafte Dynamisierung. Dies habe der Gesetzgeber allerdings bisher abgelehnt. Unverständlich – wie Kern moniert: „In allen Bereichen des Lebens und in allen Branchen steigen die Kosten und die Dienstleistungen und Produkte werden entsprechend teurer. Nur in der Pflege werden steigende Kosten nicht umfassend abgedeckt.“ (SK)                                                                                        

print
DRUCKEN