Erich Wulff (geb. 1926)

 

Erich Wulff, geboren 1926 in Reval/Tallinn Estland, wurde als Baltendeutscher nach Posen (Polen) "umgesiedelt" und war von 1944-1945 Kriegsteilnehmer mit anschließender Kriegsgefangenschaft. Er studierte Medizin und Philosophie an der Universität Köln von 1947-1953, mit einem anschließenden Studienaufenthalt in Frankreich bis 1954. Im folgenden Jahr begann er seine Psychiatrieausbildung, die er zunächst an den Universitätskliniken Marburg und Freiburg absolvierte. Von 1961-1967 lehrte er an der Universität Hue in Vietnam, wo er Zeuge des Vietnamkrieges wurde. Nach seiner Rückkehr war er von 1968-1974 als Oberarzt an der Psychiatrischen Klinik der Universität Gießen tätig und habilitierte sich dort 1969. 1974 wurde Erich Wulff auf die neu geschaffene Professur für Sozialpsychiatrie an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) berufen. Hier war er 20 Jahre bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1994 als Abteilungsleiter tätig. Er lebt seit 2003 in Paris.

In die Zeit von Erich Wulffs Tätigkeit an der MHH (1974-1994) fielen richtungweisende psychiatriepolitische Entscheidungen, die die Psychiatrie in Deutschland und Europa in den folgenden Jahrzehnten nachhaltig prägten und veränderten. Erich Wulffs Engagement galt der Reform der Psychiatrie, mit dem vorrangigen Ziel, zur Demokratisierung psychiatrischer Institutionen beizutragen und die entstehende Angehörigen- und Betroffenenbewegung Psychiatrieerfahrener zu unterstützen. Als weiteres Engagement sei die Ethnopsychiatrie genannt. Dabei ging es ihm um die kulturvergleichende Relativierung eigener ethnozentristischer Verständniszugänge zur Psychiatrie, insbesondere um die Gewinnung einer interkulturellen Perspektive und ethnografischen Distanz zum eigenen diagnostischen und therapeutischen Tun.

Marc Ziegenbein, Hannover

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