Geburtshilfe Frauenheilkd 1996; 56(7): 380-389
DOI: 10.1055/s-2007-1023271
Geburtshilfe

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die psychische Verarbeitung einer Totgeburt

Verlauf der Trauerreaktion, Einflußfaktoren, Behandlungszufriedenheit, BetreuungswünscheMental Coping with StillbirthM. W. Kuse-Isingschulte1 , M. Beutel1 , B. C. Hahlweg2 , M. Stauber2 , K. Schneider3
  • 1Psychosomatische Poliklinik der Technischen Universität, München (Dir.: Prof. Dr. M. von Rad)
  • 2I. Universitätsfrauenklinik der Ludwig-Maximilians-Universität, München (Dir.: Prof. Dr. G. Kindermann)
  • 3Frauenklinik der Technischen Universität, München (Dir.: Prof. Dr. H. Graeff)
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Publication Date:
17 June 2008 (online)

Zusammenfassung

Die psychische Reaktion auf eine späte Fehl- oder Totgeburt [*] wurde in einer systematischen Studie mit 51 Patienten, die innerhalb der vergangenen sieben Jahre einen Kindsverlust [*] ab der 20.SSW bis unmittelbar nach der Geburt erlitten hatten, retrospektiv untersucht. Ermittelt wurden der langfristige Verlauf, mögliche Einflußfaktoren zur Einschätzung eines Risikoprofils für eine komplizierte Trauerreaktion, sowie die Behandlungszufriedenheit der Patientinnen und das Bedürfnis nach weitergehenden psychotherapeutischen Hilfen. Eine depressive Reaktion als Komplikation des Trauerverlaufs zeigten 22% der Patientinnen. Die Bereitschaft dazu hängt von der individuellen Prädisposition der Patientin ab und von den äußeren Umständen, wie der medizinischen und psychischen Betreuung. Die Ergebnisse zeigen, daß der Verlauf der Trauerreaktin günstig beeinflußt wird: 1. von offenen Gesprächen (Thematisierung) mit dem Fachpersonal und Angehörigen, 2. einem direkten oder indirekten Kontakt zum verstorbenen Kind [*] (Konkretisierung) und 3., wenn die betroffenen Patientinnen umfassend über Ort und Umstände der Beerdigung aufgeklärt waren (Verbleib des Kindes [*]). Letzteres wird unter Berücksichtigung des seit April 1994 bundesweit geltenden neuen Personenstandsrechts und den im September 1994 angepaßten landesrechtlichen Bestattungsbestimmungen erläutert.

Abstract

Course of Grief Response, Influencing Factors, Satisfaction with treatment, Need for Psychotherapeutic Support: The emotional response to a late miscarriage or a stillbirth was examined retrospectively in a systematic study involving 51 patients. The women had lost a child either by stillbirth (beyond the 20 th week of gestation) or shortly after delivery. We assessed the long-term course of possible determinants of grief, a complicated grief response, as well as the patients' satisfaction with the treatment and their need for further psychotherapeutic support. The mourning response was complicated by a depressive reaction in 22%. Major risk factors were individual disposition, lack of partner and professional support. The findings reveal that the course of the grief response is positively influenced by: 1. open discussion (thematisation) with the skilled personnel and the patients' families, 2. direct or indirect contact with the deceased child (concretisation) and 3. the patients concerned being extensively informed as to place and circumstances of the funeral (whereabouts of the child).

1 Die Begriffe werden für das Untersuchungskollektiv abweichend von der üblichen Nomenklatur gebraucht - Erläuterungen im Text.

1 Die Begriffe werden für das Untersuchungskollektiv abweichend von der üblichen Nomenklatur gebraucht - Erläuterungen im Text.

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