Fortschr Neurol Psychiatr 1994; 62(7): 233-240
DOI: 10.1055/s-2007-1002353
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Psychopathologie, Coping und Abwehr bei intensivmedizinisch behandelten Patienten

Psychopathology, Coping and Defence in Intensive-Care PatientsG.  Schilling1 , J. W. Scheer2 , W.  Laubach2 , B. F. Klapp3
  • 1Zentrum für Psychiatrie, Justus-Liebig-Universität, Gießen
  • 2Medizinisches Zentrum für Psychosomatische Medizin, Abteilung für Medizinische Psychologie, Gießen
  • 3Abteilung für Psychosomatik und Psychotherapie, Universitätsklinikum Rudolf Virchow, Berlin
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Publication Date:
09 January 2008 (online)

Abstract

We perfonned a follow-up study of psychosocial aspects of intensive care during 3 months on 122 consecutive patients admitted to a medical intensive care unit for at least 8 hours. 54 patients were interviewed in the intensive care unit. These data were evaluated using 2 rating scales for the course of the interview and the psychopathological findings (AMDP-system). Coping patterns based on both rating scales were intra- and interindividually highly variable and did not show systematic trends in time. High variability was interpreted as showing an effort towards more efficient individual coping strategies. The reaction to ICU admission remembered later on general ward was almost uniform: threat to life was minimized and personal capabilities enhanced. Systematically coloured recollections are seen as apart of further coping strategies restoring the individual competence of coping and minimizing the narcissistic offence of illness.

Zusammenfassung

Im Rahmen einer Längsschnittstudie zu psychosozialen Aspekten der Intensivbehandlung wurden 122 Patienten untersucht, die innerhalb eines Vierteljahres auf einer internistischen Universitätsklinik aufgenommen wurden und dort mindestens 8 Stunden verblieben. Mit 54 Patienten konnten auf Intensivstationen Interviews durchgeführt werden, an die sich zwei RatingskaIen zum Interviewverlauf und zum psychopathologischen Befund (AMDP-System) anschlossen. Aufdiesen beiden Einschätzungen basierende "Bewältigungsmuster" erwiesen sich als intra- und interindividuell hochvariabel und ließen keine systematischen Trends im Zeitverlauf erkennen. Die hohe Variabilität wurde als Ausdruck der Suche nach ,,effizienteren" Bewältigungsprozessen im Rahmen individueller Möglichkeiten interpretiert. Die erinnerte Reaktion zur Intensivaufnahme (nach Verlegung auf Allgemeinstation) zeigte im Gegensatz dazu ein fast monomorphes Bild: Minimierung der Gefahr und Aufwertung eigener Ressourcen. Diese systematischen Erinnerungsverfalschungen sind, so wurde postuliert, im Rahmen weiterer Bewältigungsprozesse zu sehen, die die eigene Bewältigungskompetenz wiederherstellen und die krankheitsbedingte narzißtische Kränkung reduzieren.

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