Dtsch Med Wochenschr 2006; 131(46): 2618
DOI: 10.1055/s-2006-956265
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Frakturen vitaler Zähne unter chronischer Schmerztherapie mit Oxycodon

Zum Beitrag aus DMW 34/35A. Weber
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Publication Date:
09 November 2006 (online)

Oxycodon ist ein etabliertes Schmerzmittel in der Therapie akuter und chronischer Schmerzen, wie wir sie im täglichen Alltag behandeln. In Ihrer Mitteilung [5] berichten Sie über das Vorliegen eines UAW-Berichtes, welcher der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft vorliegt. Es handelt sich um einen 71-jährigen Patienten, welcher seit 2 Jahren aufgrund chronischer Schmerzen wegen Rheumatoidarthritis mit Oxycodon behandelt wurde. Im Verlauf kam es zu Zahnschmelz- bzw. Dentinerweichung. Diese haben zum Teil zu spontanen Frakturen vitaler Zähne geführt. Die Arbeit geht ausführlich auf die Datenlage von Dentin- und Zahnschmelzschädigungen aufgrund einer Langzeittherapie mit Opiaten ein. Diese führen zu einer Immunsuppression und rufen so die genannten Zahnveränderungen hervor.

Leider wurde aus meiner Sicht ein wesentlicher Sachverhalt übersehen. Als Dauermedikation erhält der Patient Prednison 10 mg pro Tag. Wie bekannt, hat dieses Präparat ebenfalls eine immunsupprimierende Wirkung und wird im o.g. Fall als Antiphlogistikum und Immunsuppressivum in der Dauertherapie eingesetzt. Im Tierversuch konnte nachgewiesen werden, dass Glukokortikoide einen deutlichen Einfluss auf den Kalzium-Phosphor-Stoffwechsel und somit die Dentinbildung haben [1] [3] [4]. Beim Menschen wurden in der Langzeitanwendung von Kortikosteroiden ebenso Veränderungen in der Mineralisation beobachtet. Ob diese prädisponierend für Frakturen vitaler Zähne sind, ist jedoch noch unklar [2]. Die Kausalitätsbeurteilung fällt somit im o.g. Fall schwer. Die Mundtrockenheit als Nebenwirkung der Opiate kann die schädigende Wirkung von säurehaltigen Nahrungsbestandteilen auf die Zahnhartsubstanz begünstigen. Im o.g. Fall kann aus meiner Sicht Oxycodon allein nicht für die Zahnschmelz- und Dentinerweichung und die damit verbundenen Spontanfrakturen der vitalen Zähne verantwortlich gemacht werden. Daher sollten, wie von Ihnen bereits vorgeschlagen, experimentelle Studien zur Untersuchung des möglichen Pathomechanismus von Oxycodon induzierten Zahnschmelz- und/oder Dentinschäden und klinische Fallkontrollstudien initiiert werden, um das Risiko entsprechender Zahnschädigungen abschätzen zu können. In der Kurzzeittherapie mit Opiaten spielt dies jedoch eine eher untergeordnete Rolle, so dass entsprechende Hinweise an die Patienten eher eine zusätzliche Verunsicherung hervorrufen, welche nach wie vor beim Einsatz von Opiaten besteht.

Erklärung: Der Autor erklärt, dass er keine finanziellen Verbindungen mit einer Firma hat, deren Produkt in diesem Beitrag eine wichtige Rolle spielt oder mit einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt.

Literatur

  • 1 Huumonen S, Larmas M. Effects of continuous glucocorticoid infusion on the progression of dental caries in growing rats.  Acta Odontol Scand. 1998;  56 276-280
  • 2 Naastrom K. Dentin formation after cortico-steroid treatment. A clinical study and an experimental study on rats.  Swed Dent J Suppl. 1996;  115 1-45
  • 3 Nasstrom K, Odselius R, Petersson A. Energy dispersive X-ray microanalysis of the dentin in rat molars after corticosteroid treatment.  Scanning Microsc. 1996;  10 339-346
  • 4 Pawlicki R, Knychalska-Karwin Z, Stankiewicz D, Jakob-Dolezal K, Karwan T. Disturbances of mineral metabolism in teeth of rats receiving corticosteroids for 3 generations.  Folia Histochem Cytobiol. 1992;  30 75-78
  • 5 Schindler. et al . Frakturen vitaler Zähne unter chronischer Schmerztherapie mit Oxycodon.  Dtsch Med Wochenschr. 2006;  131 1878-1879

Dr. med. Andreas Weber

Gabelsbergerstraße 19

01307 Dresden

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