Geburtshilfe Frauenheilkd 2006; 66 - PO_G_01_16
DOI: 10.1055/s-2006-952434

Schulterdystokie–eine vermeidbare Komplikation?

K Pohl 1, N Lack 2, M Knüppel 1, A Gingelmaier 1, F Kainer 1
  • 1Ludwig-Maximilians-Universität München, I. Frauenklinik-Innenstadt, München
  • 2Bayerischen Arbeitsgemeinschaft für Qualitätssicherung in der stationären Versorgung, München

Einleitung: Die Schulterdystokie ist bei einer in der Literatur beschriebenen Häufigkeit von 0,15 bis 2,3% ein seltenes Ereignis. Die hohe Rate insbesondere der neonatalen Morbidität mit fetaler Hypoxie sowie traumatischen Schädigungen des Plexus brachialis und Klavikulaverletzungen macht jedoch ein stringentes Management erforderlich. Methode: Anhand der Daten der Perinatalerhebung (n=715 589) der BAQ, die zwischen 1998 und 2004 erhoben wurden, sollen mögliche Risikofaktoren identifiziert werden, um die Komplikation einer Schulterdystokie besser einschätzen zu können. Als unabhängige Prädiktoren wurden Geburtsgewicht des Kindes (300 bis 6000g), Geburtseinleitung mit Oxytocin, vaginaloperative Entbindung, Diabetes mellitus, Gestationsdiabetes, PDA, BMI (145 cm bis 190cm Körpergröße bei 35kg bis 150kg Körpergewicht) und Geburtsdauer verwendet. Zur statistischen Analyse wurde eine logistische Regression mit dem dichotomen Merkmal Dystokie als Zielgröße und den bereits genannten Prädiktoren durchgeführt. Ergebnisse: Im genannten Beobachtungszeitraum kam es in 0,174% der Fälle zu einer Schulterdystokie. Mit Ausnahme der PDA und der Geburtsdauer erwiesen sich die restlichen Prädiktoren als statistisch signifikant. Mittels eines aus den statistischen Daten erarbeiteten Scores soll die Geburtskomplikation einer Schulterdystokie durch Erstellen eines individuellen Risikoprofils besser abschätzbar sein (vgl. Tabelle). Unter Addition der jeweils zutreffenden Variablen kann dieser Gesamtscore die Beratung der Schwangeren erleichtern und auch eine Hilfestellung darstellen, um die Wahrscheinlichkeit einer Schulterdystokie voraussagen zu können. Ab einem Punktescore von 8 empfehlen wir die primäre Sektio. Zusammenfassung: Bei einer Sensitivität von 50% und einer falsch-positiv-Rate von 10% kann anhand des gezeigten Scores etwa die Hälfte aller Schulterdystokien mit 90%-iger Sicherheit identifiziert werden.